International agierende Konzerne müssen in Zukunft offenlegen, wo sie Gewinne machen und wo sie Steuern bezahlen. Das sogenannte Country-by-Country-Reporting ist somit europäische Realität geworden. Die Verhandler:innen von EU-Parlament und Rat der EU-Mitgliedstaaten haben sich am Dienstag Abend auf eine Richtlinie zur öffentlichen, länderweisen Konzernberichtspflicht, das sogenannte public country-by-country reporting (pCBCR), geeinigt.
Die österreichsiche EU-Abgeordnete Evelyn Regner hat die Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Rat geführt. Sie zeigt sich zufrieden: „Transparenz ist die Vorbedingung für wirkliche Steuergerechtigkeit und somit für eine umfassende Reform des europäischen Steuersystems. Heute haben wir nach Jahren der Blockade einen zentralen Etappensieg erreicht. Große multinationale Unternehmen müssen in Zukunft offenlegen, wo sie Gewinne machen und wo sie Steuern bezahlen. (…) Betroffen sind alle in der EU tätigen Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro.“
80 % der Gewinnverlagerungen geschehen innerhalb der EU
„80 Prozent der Gewinnverlagerungen geschehen zwischen EU-Ländern“, erklärt der deutscher EU-Abgeordnete Sven Giegold von den Grünen. Wenn Großunternehmen Gewinne und bezahlte Steuern also je EU-Land offenlegen müssen, dann sind auch Steuerflucht und Steuerdumping kaum noch möglich.
Das ist gerade in der aktuellen Covid-19 Krise noch wichtiger: Unternehmen erhalten viel Steuergelder als Coronahilfen und Digitalmultis wie Amazon und Co. wachsen immer weiter. Die Krisenkosten sollen derweil die Bürger:innen schultern, und das kann so nicht sein! Bürger:innen haben ein Anrecht darauf, zu erfahren, wo und wie viel Abgaben ein Unternehmen tatsächlich leistet oder wo eben nicht.
Nächste Etappe: Abschaffung des Einstimmigkeitszwangs in Steuerfragen
Kritik kommt von ÖGB, AK und einer Reihe weiterer Organisationen wie Attac: Ihnen geht die Transparenz nicht weit genug. Sie sehen die Gefahr, dass Aktivitäten in Drittstaaten verlagert werden könnten, um die Veröffentlichungspflicht in der EU zu umgehen. Auch die Grenze von 750 Millionen Euro Umsatz sei zu hoch. Die EU-Abgeordneten betonen allerdings, dass das erreichte Abkommen ein fundamentaler Schritt für Steuergerechtigkeit sei. Man betont, dass es wichtig war, nach nun 5 Jahren Verhandlungen eine erste Einigung mit den Mitgliedsstaaten zu erzielen. Und das ist mit allen 27 Länderchefs kein einfaches Unterfangen. Zudem ist im Abkommen eine Klausel inkludiert, mit welcher man das Vereinbarte nach vier Jahren in einem „Review-Prozess“ wieder neu überprüfen und erweitern kann.
Und das ist von der österreichischen Verhandlerin so auch gewünscht. Denn Evelyn Regner fordert bereits weitere Reformschritte: So etwa die Abschaffung des Einstimmigkeitszwangs in Steuerfragen. Bisher können nämlich einige EU-Länder steuergerechte Beschlüsse blockieren. Durch die Einführung einer Digitalsteuer könnten aber endlich Digital-Multis wie Amazon verpflichtet werden, ihre Abgaben auch dort zu leisten, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften. Genauso braucht es globale Mindeststeuersätze für echte Steuergerechtigkeit, so Regner weiter. Nur wenn sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Linie einigen werden können, können sie der Konzern(über)macht auch wirksam entgegentreten.
So schauts aus.Die aktuellen Pläne der G7 für eine globale Reform der internationalen Konzernbesteuerung schaffen kein gerechtes globales Steuersystem, kritisiert Attac. Sie benachteiligen ärmere Staaten, die schon jetzt am meisten unter den Gewinnverschiebungen leiden, massiv.
Der Grundsatz, Konzerne dort gerecht zu besteuern, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften, werde nicht erreicht.
„Das ist eine Reform von reichen Staaten für reiche Staaten.
Die G7 maßen sich an, die Steuerregeln für die ganze Welt zu gestalten, um sich selbst den Löwenanteil der Einnahmen zu sichern“, kritisiert David Wach von Attac Österreich.
Zumindest eine 25% Steuer müßte es sein!