Seit einem halben Jahr wird die Steiermark von FPÖ und ÖVP regiert. Neben Kürzungen im Kultur- und Sozialbereich spart Blau-Schwarz auch im Bereich Integration und Gewaltschutz. Hunderte Menschen demonstrierten in Graz bereits gegen die geplanten Kürzungen.
Bei der letzten steirischen Landtagswahl im Dezember 2024 konnte die FPÖ ihre Stimmen mehr als verdoppeln – von 17,49 Prozent auf 34,76 Prozent. Damit sicherten sich die Freiheitlichen den Sessel des Landeshauptmanns. Ein historischer Moment, schließlich steht mit Mario Kunasek das erste Mal in der Geschichte der Zweiten Republik ein FPÖ-Politiker an der steirischen Landesspitze. Es ist erst das zweite Mal, dass ein Vertreter der Freiheitlichen ein Bundesland regiert – erstmals war das in Kärnten unter Jörg Haider der Fall. Kunasek regiert in einer Koalition mit der ÖVP und löste damit die schwarz-rote Koalition ab. Doch was hat sich seit dem Machtantritt der FPÖ verändert? Eine Zwischenbilanz.
Förderungen im Sozialbereich gekürzt: Sprachförderung, Gewaltschutz und Integrationsarbeit massiv betroffen
Die neue Regierung rund um Landeshauptmann Kunasek kürzt ab Juli Förderungen im Sozialbereich in der Höhe von 2,5 Millionen Euro. Betroffen davon sind Integrationsprogramme, Gewaltschutz und Beratungsangebote. Vereine wie die Caritas, das Interkulturelle Beratungs- und Therapiezentrum Zebra und die Anti-Diskriminierungsstelle erhielten Förderabsagen oder drastische Kürzungen – und das ohne jegliche Begründung. Auch das Straßenmagazin „Megaphon“ erhält aktuell keine finanziellen Mittel mehr.
Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler kritisiert die Kürzungen scharf: „Gerade im Bereich Integration, Gewaltschutz, Gewaltprävention sind einfach auch Förderungen komplett auf Null gestellt worden.“ Betroffen davon sind auch Schulen und Sozialbetreuungsberufe.
„Es ist unvorstellbar, warum die Landesregierung das so durchgeführt hat“, sagt die Caritas-Direktorin.
Die Organisationen betonen, dass diese Kürzungen menschenfeindlich sind, weil sie wehrlose Personen in allen sozialen Bereichen treffen: Sprachförderungen, Integrationsprogramme für junge Menschen, Gewaltschutz, kommunale Integrationsarbeit in Gemeinden und Beratungsangebote – all das wird laut den Organisationen nicht mehr möglich sein.

Auch der Migrant:innenbeirat der Stadt Graz kritisiert die Kürzungen. Das Argument, das Land müsse sparen, lässt der Beirat nicht gelten: „Die Behauptung, die Kürzungen seien wirtschaftlich notwendig, ist aus unserer Sicht nicht haltbar. Eine Sparpolitik auf dem Rücken der Schwächsten ist unsozial, ungerecht und kurzsichtig. Die Streichung dieser Angebote wird unserer Gesellschaft letztlich mehr kosten, als sie einspart.“
Rund 2.000 Menschen demonstrierten bereits in Graz gegen die geplanten Kürzungen für soziale Organisationen. Genau diese Organisationen drängen nun auf einen Krisengipfel mit der Landesregierung, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Viele Maßnahmen der Präventionsarbeit gegen Diskriminierung – etwa Deutschkurse, Unterstützung bei der Jobsuche oder Hilfe zum selbstständigen Leben – werden in der Steiermark künftig nicht mehr wie bisher angeboten. Martin Schenk, stellvertretender Direktor der Diakonie Österreich sagt: „Man muss sich insgesamt die Frage stellen: ‚Ist man an den Problemen interessiert oder an den Lösungen?‘“ Wenn man an den Lösungen interessiert ist, dann wird man laut Schenk für Leute, die es schwerer haben, sich integrieren wollen und Begleitung benötigen auch die Infrastruktur dafür brauchen. „Von ganz alleine geht da gar nichts, dann wird man auch die richtigen Maßnahmen zur Verfügung stellen“.
Gesellschaft braucht Zusammenhalt statt Ausgrenzung
Werden Präventions- und Integrations-Maßnahmen gekürzt, kann das der Allgemeinheit Milliarden kosten, so Schenk. „Es kommt auch uns allen teuer, weil wir ja wollen, dass sich die Gesellschaft über sozialen Zusammenhalt definiert und nicht über Ausgrenzung. Und wenn wir Leute nicht hereinlassen und ihnen alle Steine in den Weg werfen, dann muss man sich nicht wundern, dass sie nicht in der Gesellschaft ankommen.“
FPÖ-Einsparungen sorgen für großen Aufruhr in der Kulturszene der Steiermark
Seit Monaten rumort es auch in der steirischen Kulturszene. Nicht ohne Grund, denn seitdem die Blau-Schwarze-Landesregierung im Amt ist, werden kritische Stimmen in der Kulturbranche immer lauter. Grund dafür: Kürzungen bei den Kulturförderungen und die Neubesetzung des Kulturkuratoriums. Letzteres ist ein zentrales Beratungsgremium, das jährlich rund 1.000 Kulturförderanträge fachlich bewertet und der Landesregierung empfiehlt, wer gefördert werden soll – und wer nicht. Ende Februar wurde das Gremium auf Initiative der neuen Landesregierung grundlegend neu besetzt: 13 der 15 Mitglieder wurden ausgetauscht, lediglich Willi Gabalier – der Bruder von Andreas Gabalier – und Johann Baumgartner blieben.
Kritik äußerte im Vorfeld bereits die IG Kultur Steiermark, denn das bisherige Kuratorium wäre regulär noch bis Ende 2026 im Amt gewesen. Ein derart umfassender Austausch während einer laufenden Funktionsperiode ist bislang beispiellos. „Wir befinden uns in einer sehr volatilen Situation, in der die Zeit für die Abwicklung der Anträge für mehrjährige Förderungsvereinbarungen äußerst knapp bemessen ist. Gerade vor diesem Hintergrund wäre es wichtig, auf die Expertise eines eingearbeiteten Gremiums zurückzugreifen […]“, heißt es vonseiten der IG Kultur Steiermark.
„Politisch motiviert“: Heftige Vorwürfe gegen FPÖ-Einsparungen in der Steiermark
Auch die Opposition – SPÖ, Grüne, Neos und KPÖ – steht den aktuellen Entwicklungen kritisch gegenüber. Die Kulturpolitik der Blau-Schwarzen Landesregierung sei laut ihnen „nicht inhaltlich begründet, sondern politisch motiviert.“
Die Kritik beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Opposition und einzelne Interessensvertretungen. Über 900 steirische Kulturschaffende haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie ihre Besorgnisse über die aktuellen Entwicklungen zum Ausdruck bringen. In dem Schreiben an Landesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) wird die Neubesetzung des Kulturkuratoriums als „parteipolitisch motiviert“ kritisiert. „Bei einigen Vertretern des Kuratoriums erkennen wir keinerlei fachliche Kompetenz in der zeitgenössischen Kunst – oder generell im kulturellen Feld“, heißt es darin. Besonders alarmierend ist, dass „manche Vertreter des Kuratoriums eine große Nähe zur rechtsextremen Szene“ haben, was die Autor:innen des Briefes als „kulturpolitischen Dammbruch“ bezeichnen.
Baustelle Leitspital: Wie geht es weiter mit der Gesundheitsversorgung in der Obersteiermark?
Einer der größten landespolitischen Aufreger war und ist bis heute das Leitspital Liezen. Der ursprüngliche Plan, die Standorte Bad Aussee, Schladming und Rottenmann zu einem zentralen Krankenhaus zusammenzufassen, verursachte großen Unmut in der Bevölkerung. Berufen hat sich die damalige Schwarz-Rote Landesregierung auf die Expertise von Gesundheitsökonom:innen, die keinen Weg an der Zusammenlegung vorbeisahen. Die FPÖ unter Kunasek wetterte gegen die Spitalspläne – mit Erfolg. In den betroffenen Gemeinden konnte die FPÖ massive Gewinne einfahren. So machten beispielsweise über 50 Prozent der Wähler:innen in Rottenmann und Schladming ihr Kreuz am Wahlzettel bei den Freiheitlichen. Keine allzu große Überraschung also, dass die aktuelle Landesregierung das Projekt Leitspital gestoppt hat. Was nun, Monate nach der Wahl bleibt, ist vor allem Ungewissheit.

Vorstellung von „Plan B“ sorgt für Unmut
Vor kurzem wurde der „Plan B“ für das Leitspital der Landesregierung bekannt. Statt des Baus eines neuen modernen Krankenhauses sieht der neue Entwurf den Standort Rottenmann mit kleineren Anpassungen als künftiges Leitspital vor. Geplant sind unter anderem die Einrichtung einer Abteilung für Orthopädie und Traumatologie sowie ein ambulantes Angebot für Kinder- und Jugendmedizin. Das Krankenhaus in Schladming bliebe demnach erhalten, verliert aber die Geburtenstation. Das Spital in Bad Aussee wird auf nur ein einziges Fach zusammengekürzt. Geplant sind dort eine Abteilung für Akutgeriatrie/Remobilisation sowie ein Gesundheitszentrum.
Die betroffenen Bürgermeister in und um Bad Aussee erfuhren von den Plänen aus den Medien. Gegenüber der Kleinen Zeitung fürchtet der Bürgermeister von Grundlsee, Franz Steinegger (ÖVP), „Verschlechterungen in Dimensionen, die wir noch gar nicht erahnen können“. Es komme zukünftig zu einer Fahrtzeit von mindestens 45 Minuten bis zum nächstgelegenen Spital. Die Bürgermeister haben Widerstand angekündigt.
Auch der ärztliche Leiter des Diakonissenspitals Schladmings wandte sich vergangene Woche an die Belegschaft und Öffentlichkeit. Er zeigte sich verärgert über eine Aussage von Landeshauptmann Mario Kunasek in der ORF-Sendung „Steiermark heute“ am vergangenen Montag. Dort hatte Kunasek behauptet, die Krankenanstalten Schladming und Rottenmann seien „hochzufrieden“ mit dem Plan B. „Tatsache ist: Wir sind nicht hochzufrieden“ stellt Wohak klar und distanziert sich deutlich von Kunaseks Darstellung. Woher Kunasek das wisse, sei verwunderlich, denn „bislang wurde kein offizieller Kontakt mit uns aufgenommen, um unsere Sichtweise zum derzeitigen Vorschlag einzuholen“.
Der designierte SPÖ-Landesparteichef Max Lercher erinnert daran, dass die Freiheitlichen vor der Wahl zugesichert hätten, alle drei Krankenhausstandorte auszubauen. Doch nun geschehe das Gegenteil – die Situation verschlechtere sich.
„Es wird nicht mehr, es wird weniger, was Versorgung und Betten betrifft. Es steht der Landesregierung definitiv zu, dass man Plan B jetzt angeht. Da wären wir auch dabei, aber nicht so“ betont Lercher.