Bei den Verhandlungen der Metaller im Jahr 2018 ging es nicht nur um einen guten Lohnabschluss in boomenden Produktionszeiten. Die Gewerkschaft will Gegenleistungen für den 12-Stunden-Tag: Bezahlte Pausen als Schutz vor Arbeitsunfällen, einen 6-monatigen Kündigungsschutz und eine 4-Tage-Woche für Beschäftigte, die vom 12-Stunden-Tag betroffen sind. Die Arbeitgeber gingen auf die Forderungen nicht ein – nun streiken die Metall-Beschäftigten!
Seit 1. September ist die 60-Stunden-Woche erlaubt: Beschäftigte können fünf Tage hintereinander bis zu 12 Stunden arbeiten. Die Regierung spricht von Freiwilligkeit und die Gewerkschaft nimmt sie beim Wort – und will Schutzbestimmungen im Kollektivvertrag verankern, die diese Freiwilligkeit garantieren.
1 – Besserer Kündigungsschutz bei 12-Stunden-Tagen
Was passiert, wenn Beschäftigte einen 12-Stunden-Tag ablehnen? Sie haben Angst vor der Rache eines Chefs und brauchen daher mehr Schutz – findet die Gewerkschaft. Deswegen sollen Beschäftigte einen 6-monatigen Kündigungsschutz erhalten. Denn ohne zusätzliche Bestimmungen im Kollektivvertrag haben Arbeitnehmer „de facto nicht die Wahl, selbst zu entscheiden“, sagt AK-Direktor Christoph Klein. Wer ein legales Arbeitszeitmodell ablehnt, gefährdet seinen Arbeitsplatz – das weiß man aus der Beratungspraxis. „Das trauen sich sie meisten nicht.“
Ein weiteres Argument der Gewerkschaft für den Kündigungsschutz: 12-Stunden-Tage werden vom Arbeitgeber dann verlangt, wenn die Auftragslage gut ist – sonst müsste ja nicht 12 Stunden gearbeitet werden. In solchen Phasen ist der Abbau von Mitarbeitern in Betrieben ohnehin kein Thema. Und der österreichischen Industrie geht es ausgezeichnet: Die Produktion wächst seit 2015 doppelt so rasch wie in Deutschland. In einigen Industrieregionen werden die Fachkräfte knapp.
2 – Eine Stunde bezahlte Pause bei 12-Stunden Arbeit
Bei überlangen Arbeitstagen steigt die Zahl der Unfälle im Straßenverkehr und in der Arbeit. Außerdem sind die gesundheitlichen Schäden enorm, wie unzählige Studien feststellen:
Wer 50 oder mehr Stunden pro Woche arbeitet, hat ein erhöhtes Risiko, psychische Probleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere Schlaganfälle und Diabetesfälle zu bekommen.
Daher sollen bezahlte Pausen zur Erholung beitragen. Alle Mitarbeiter sollen bei 8 Stunden Tagen eine halbe Stunde bezahlte Pause erhalten – ab der 11. und 12. Stunde sollen jeweils 15 Minuten hinzukommen. Bei einem 12-Stunden-Tag also insgesamt eine Stunde bezahlte Pause. Damit würde die tatsächliche Arbeitszeit auf 11 Stunden am Tag sinken. Das würde gesundheitlichen Beschwerden vorbeugen.
3 – Recht auf eine 4-Tage-Woche
Auch dabei geht es um die Gesundheit der Beschäftigten: Nach 10 Stunden Arbeit erleiden die meisten Menschen einen deutlichen Leitungsknick. Den auszugleichen kostet viel Energie und das führt zu Erschöpfung. Wer 12 Stunden am Tag arbeitet, ist dreieinhalb Mal so erschöpft wie nach einem freien Tag.
Nach drei aufeinanderfolgenden 12-Stunden-Tagen braucht man 3 freie Tage am Stück um sich wieder vollständig zu regenerieren.
Die Gewerkschaft fordert: Nicht der Chef soll bestimmen dürfen, wann sich jemand Zeitausgleich nimmt, sondern die Beschäftigten selbst. Damit sollen längere Freizeitblöcke für Beschäftigte möglich werden. Auch mit dieser Forderung soll das Arbeitszeitgesetz der Regierung repariert werden. Denn damit würde der nicht im Gesetz verankerte Anspruch auf eine 4-Tage-Woche Realität.
4 – 100 Prozent-Zuschläge für 11. und 12. Stunde
12-Stunden-Tage müssen die Ausnahme bleiben. Um das garantieren zu können, müssen sie teuer für die Unternehmen sein. Darum auch die Forderung der Gewerkschaft, die 11. und 12. Arbeitsstunde immer mit 100 % Zuschlägen zu bezahlen. Schon zuvor waren in vielen Unternehmen, in denen 12-Stunden-Tage möglich waren, solche Zuschläge in Betriebsvereinbarungen verankert. Durch das Arbeitszeitgesetz von ÖVP und FPÖ sind diese Vereinbarungen aber nicht mehr notwendig, um Mitarbeiter länger arbeiten zu lassen.
5 – Metaller fordern um 5 Prozent höhere Löhne und Gehälter
Die wohl klassischste Forderung in den Metaller-Verhandlungen ist jene nach einem Plus bei den Löhnen und Gehältern um 5 Prozent. Für jene, die wenig verdienen, soll es eine Mindesterhöhung um 100 Euro geben. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft ProGe Rainer Wimmer nennt das eine „selbstbewusste Forderung von selbstbewussten Arbeitern und Angestellten“. Und die Metaller haben allen Grund, selbstbewusst aufzutreten. Schließlich gab es in der Branche ein Produktivitätsplus von 6 Prozent.
Die Lohnerhöhung würde also durch die Produktivitätsgewinne ausgeglichen. Die für die Verhandlungen relevante Inflation liegt bei 2,1 Prozent. Das ergibt ein reales Lohnplus von 2,9 Prozent. Das wäre auch nötig, schließlich stagnieren die Reallöhne seit 2010. Die Lohnerhöhungen wurden von der Inflation aufgefressen und den Beschäftigten hatten nicht mehr zum Leben.
Dass das nicht so sein muss, zeigt der europäische Vergleich: In Österreich sind die Reallöhne im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozent gesunken. Die Slowakei verzeichnete hingegen ein Plus von 3,1 Prozent. Österreich gehört also zu den europäischen Schlusslichtern.
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