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ÖVP-Wirtschaftsbund will Hartz IV für Österreich: Anstieg der Armut & großer Niedriglohnsektor

ÖVP-Wirtschaftsbund will Hartz IV für Österreich: Anstieg der Armut & großer Niedriglohnsektor

Nikolaus Kowall Nikolaus Kowall
in Niki Kowall redet Tacheles
Lesezeit:5 Minuten
2. Februar 2022
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Der ÖVP-Wirtschaftsbund, die marktliberale Think Tank Agenda Austria, die NEOS und andere Neoliberale wollen Hartz IV für Österreich. Nichts anderes ist nämlich die Abschaffung der Notstandshilfe, die sie fordern. Das gleiche wollte auch die Kurz-Strache-Regierung. Wieso wollen Neoliberale diese Verschärfungen? Damit die Menschen im Job spuren, kuschen und froh sind, dass sie sich überhaupt ernähren können.

Wieso Neoliberale es auf die Notstandshilfe abgesehen haben und wieso dieses Instrument ein Stützpfeiler für alle ist, erkläre ich in „Kowall redet Tacheles“, Folge 16:

Das nachfolgende Transkript des Videos entstammt dem Blog von Nikolaus Kowall:

Neoliberale haben es immer wieder ganz besonders auf die Notstandshilfe abgesehen. Die marktliberale Think Tank Agenda Austria und viele andere möchten die Notstandshilfe zurechtstutzen oder überhaupt abschaffen. Wieso ist ihnen ausgerechnet die Notstandshilfe so ein Dorn im Auge?

Reden wir einmal Tacheles!

In Österreich kann ich zwischen fünf Monaten und anderthalb Jahren Arbeitslosengeld beziehen. Danach falle ich in die Notstandshilfe, die ein bissl weniger ausmacht. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Arbeitslosengeld und Notstandshilfe einerseits und der Sozialhilfe andererseits. Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sind Versicherungsleistungen die mir zustehen, weil ich in eine Versicherung eingezahlt habe. Das ist so wie bei der Pensionsversicherung in die ich einzahle und später was herausbekomme. Die Notstandshilfe wird vom AMS ausbezahlt und nicht aus dem Steuertopf. Im Jahr 2019 hat das AMS ca. sieben Milliarden Euro für Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ausgegeben. Gleichzeitig hat der Staat sieben Milliarden Euro aus der Arbeitslosenversicherung eingenommen. Das heißt in einem Jahr, wo die Beschäftigungssituation ganz okay ist, sind die Ausgaben dieser Versicherung durch die Einnahmen gedeckt.

Die Sozialhilfe ist hingegen eine Fürsorgeleistung, die aus Steuermitteln bezahlt werden muss. Am besten lässt sich der Unterschied verstehen, wenn wir das Thema Vermögen betrachten. Wenn ich Notstandhilfe bekomme, ist es egal welches Vermögen ich habe, weil ich ja Anspruch auf meine Versicherungsleistung habe. Wenn ich aber Sozialhilfe beziehe, zum Beispiel in Niederösterreich, darf mein Barvermögen nicht höher sein als 6.000 Euro, alles andere muss ich schon aufgebraucht haben. Und nach drei Jahren Bezug kann sich der Staat auch ins Grundbuch meiner Eigentumswohnung oder meines Hauses reinschreiben.

Noch dazu gibt es in Österreich neun verschiedene Sozialhilfesysteme, weil die türkis-blaue Bundesregierung die alte bundeseinheitliche Mindestsicherung zerschossen hat. Ich gehe also nicht zum AMS und fordere meine Versicherungsleistung ein, sondern ich muss zur Gemeinde gehen und um eine Fürsorgeleistung ansuchen. Das empfinden viele Menschen als Bettelei und schämen sich dafür. Aus diesem Grund beziehen etliche keine Sozialhilfe, obwohl sie eigentlich Anspruch darauf hätten. Wir sehen also: die Fürsorgeleistung Sozialhilfe ist viel schwächer als die Versicherungsleistung Notstandshilfe.

Also: Das Arbeitslosengeld ist eine Leistung, um ein paar Monate für die Jobsuche zu überbrücken. Neoliberale wollen den Zugang zwar strenger gestalten, können aber prinzipiell damit leben, dass es Arbeitslosengeld gibt. Auch die Sozialhilfe könnte aus Perspektive Neoliberaler geringer sein, sie ist aber trotzdem unumgänglich, weil irgendwie muss man ja schauen, dass die Leute nicht verhungern. Dafür sollen die Betroffenen, so denken Neoliberale, wenigstens die Verachtung der Gesellschaft spüren. Aber die Notstandshilfe, also eine Versicherungsleistung die prinzipiell bis zur Pension geht und für Vollzeit-Durchschnittsverdiener über 1.000 Euro liegt, das ist für sie ein Albtraum. Neoliberale hassen diesen Trick!

Und jetzt wundert uns auch nicht, was damals der Kern der berühmt-berüchtigten Hartz IV-Reformen in Deutschland war: Die Abschaffung der Notstandshilfe und der direkte Übergang von der Arbeitslosen in die Sozialhilfe. Dies hatte fatale soziale Folgen. Die Armut ist in Deutschland sprunghaft angestiegen und liegt heute um die Hälfte höher als in den 1990er-Jahren. Gleichzeitig arbeitet jeder Fünfte zu sehr geringen Löhnen. Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in Westeuropa.

Wir verstehen nun auch warum die türkis-blaue Bundesregierung, also die mit Kurz und Strache, eigentlich geplant hatte, die Notstandshilfe abzuschaffen. Erinnern wir uns an FPÖ-Sozialministerin „von 150 Euro im Monat kann man leben“ Beate Hartinger-Klein. Leider kam Ibiza dazwischen. Auch die NEOS möchten die Sozialhilfe und die Notstandshilfe zusammenführen und damit letztere abschaffen. Der ÖVP-Wirtschaftsbund hat im Mai die gleiche Idee vorgestellt. Passend dazu hat sich der türkise Arbeitsminister Kocher für ein Modell ausgesprochen, wo das Arbeitslosengeld mit der Zeit immer weniger wird. Vor seiner Tätigkeit als Arbeitsminister war Kocher Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts IHS. Der neue Kandidat für Kochers Nachfolge ist der Deutsche Lars Feld. Und dieser Mann hat überhaupt radikale Ideen, die auf den schönen Namen „aktivierende Sozialhilfe“ hören.

Dabei soll erstens das Arbeitslosengeld in der Bezugsdauer verkürzt und in der Höhe beschränkt werden. Das Herzstück ist aber zweitens, die Abschaffung der Notstandshilfe. Wer also nach Auslaufen des Arbeitslosengeldes keinen Job gefunden hat, fällt dann direkt in die Sozialhilfe von der wir ja wissen, dass es die wesentlich schwächere Maßnahme ist. Und jetzt kommt die dritte Maßnahme, die dem Paket die Krone aufsetzt. Die Sozialhilfe wird nämlich „deutlich abgesenkt. Dieses neue Mindestniveau ist so niedrig, dass der Verbleib in dieser Stufe bestenfalls für schwarz arbeitende oder anderweitig gesicherte Personengruppen attraktiv ist.“ Auf Deutsch: Von der Sozialhilfe soll man nicht mehr leben können. Dazu heißt es lapidar: „Diese Härte ist erforderlich, weil sonst die gewünschten Anreizeffekte nicht erzielt werden.“

Das sind die Kernpunkte der deutschen HARTZ-Reformen. Und Lars Feld war in Deutschland immer ein großer Fan von Hartz IV. Dieser Hardliner wird bald als Experte getarnt durch Österreich rennen und versuchen seine radikalen Ideen umzusetzen. Und auf genau das sind auch der ÖVP-Wirtschaftsbund, die Agenda Austria und andere scharf. Wieso? Weil sie die Menschen, die von ihrer Arbeit leben müssen, vollkommen abhängig vom Arbeitsmarkt machen möchten. Damit sie spuren, kuschen und froh sind, dass sie sich überhaupt ernähren können. Um das zu verhindern, müssen wir alle sehr wachsam sein. Weil der Sozialstaat ist eben nicht nur eine Absicherung für die Betroffenen. Er ist ein Stützpfeiler für uns alle. Damit wir uns freier fühlen können in dieser Welt.

P.S. Wenn ihr genauer über meine Tätigkeiten informiert sein möchtet, dann meldet euch auf kowall.at für meinen Newsletter an. Wenn ihr meine Videoserie unterstützen wollt, dann teilt, liked mich oder folgt mir. Ihr könnt das auch auf meiner Webseite mit einer Spende machen. Danke für euer Interesse!

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mayday
mayday
3. Februar 2022 09:51

SIE geben einfach keine ruhe

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Cesar
Cesar
3. Februar 2022 09:13

Die ÖVP ist ja schon ein ziemlich gerissener dreckiger verseuchter Huren-Misthaufen an Leuten, die sich selbst als was besseres sehen als alle anderen.
Ich hoffe nur diese Figuren die sich so einen Dreck ausdenken fallen mit dem Gesicht auf Asphalt.

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Seit Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident erlebt die amerikanische Demokratie eine Krise. Radikale Gruppierungen gewinnen zunehmend Einfluss. Im Interview spricht die Journalistin und Autorin Annika Brockschmidt über die Entwicklung der Republikanischen Partei, die rechten Strömungen, die sie geprägt haben, und darüber, warum es innerhalb der Republikaner heute kaum noch eine Grenze zwischen konservativen Positionen und offenem Rechtsextremismus gibt. Zitat: Rechtsradikale und Rechtsextreme geben bei den Republikanern jetzt den Ton an. Sie streiten sich zwar, welches inhaltliche Sub-Thema sie betonen, aber insgesamt ist diese Partei fest in der Hand von Extremisten. Auch unabhängig davon, wie sich die Partei personell weiter entwickelt - das wird sich so bald nicht ändern. Annika Brockschmidt

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