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Franz Vranitzy: „Zurück zum Respekt“ – Eine Rezension

Franz Vranitzy: „Zurück zum Respekt“ – Eine Rezension

Gregor Tatschl/flickr

Manfred Lang Manfred Lang
in Kultur
Lesezeit:3 Minuten
28. September 2017
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„Franz Vranitzy: Zurück zum Respekt.“ Für beckmesserische Maßstäbe ist der Titel zwar nicht ganz korrekt  – vor dem Bundeskanzler würde noch ein „Alt“ gehören. Nur „Respekt, Herr Alt-Bundeskanzler“ – wie hört sich denn das an?

Franz Vranitzky hat uns zu seinem 80. Geburtstag ein Präsent gemacht, indem er ein Buch über Respekt in der Politik schrieb.  Es ist aber keine politische Benimmfibel, auch wenn man sich manchmal  – und das immer öfter – dabei ertappt, so einen Elmayer des guten Benehmens in der Politik  herbeizuwünschen. Dieser Wunsch ist sicher nur auf Wahlzeiten zurückzuführen. Für Nichteingeweihte:  der Elmayer ist in Wien eine Tanzschule bürgerlichen Zuschnitts, wo hoffnungsvollen Sprösslingen die Geheimnisse und Fertigkeiten des Gesellschaftstanzes näher gebracht werden und auch die des guten Benehmens. Wer aber sagen würde, dass man es mit gutem Benehmen in der Politik sehr weit brächte, wird wohl ein eher abschätziges Achselzucken ernten als Zustimmung. Das nehmen wir einmal zur Kenntnis und schauen, ob wir mit Vranitzky und seinem Respekt weiterkommen.

Welche Art der Umgangsformen unterstützen WählerInnen

Im Respekt steckt das lateinische specere, also sehen, schauen; und daraus abgeleitet respectare, also zurückschauen, sich umsehen, Rücksicht nehmen. Gut, jetzt werden auch wieder einige ob solcher Naivität den Kopf schütteln, aber: Das können doch auch politische Tugenden sein. Und würde es uns nicht gut anstehen, statt die Untugenden zu beklagen die Tugenden zu pflegen?

Vranitzky ist eindeutig: „Man sollte in der Öffentlichkeit einen Minimalstandard an Respekt und Fairness verlangen.“ (S. 21) Wobei es ihm klar ist, dass sich Verhaltensmuster nicht verordnen lassen: „Letztendlich werden die Wähler entscheiden, welches Verhalten sie für angemessen halten, welche Art der Politik und der Umgangsformen sie unterstützen.“ (S. 21) Vranitzky hält es auch für eine „höchst überflüssige Routine“ (S. 20), wenn im politischen Tagesgeschäft die Leute in Parteien, deren Zuständigkeit im Angriff auf den politischen Gegner liegt, es an Respekt und Höflichkeit mangeln lassen.

15 Rezepte gegen die Respektlosigkeit in der Politik

Respekt als „Voraussetzung für einen friedlichen, harmonischen und produktiven Umgang von Politikern miteinander und mit den Bürgern“ setze „ein gewisses Maß an innerer Stärke voraus.“ (S. 83) Diese Stärke bräuchten nicht nur die Politikerinnen und Politiker, sondern auch die politischen Strukturen. Fünfzehn Probleme, die unserer Stärke im Wege stünden, benennt Vranitzky: Abkapselung, Anti-Eliten-Stimmung, Mittelschichtstraumata, Migration, machtlosere Politik und Parteien, die Banken, Bedeutungsverlust der Familien, Gefährdung der Aufklärung, schwindende Bindungskraft der Religionen, EU-Solidaritätsmangel, Autoritätsverlust der Medien und damit einhergehend verunsicherte Konsumenten, Justizversagen im politischen Bereich, gutes, aber umstrittenes Bildungssystem, Chaos vergrößernde Referenden, Föderalismus im Gesundheitssystem.

So weit, so gar nicht gut. Aber es wäre nicht Vranitzky, wenn er uns mit den Problemen am Hals stehen ließe. Das letzte Kapitel – Titel: „Mit Gelassenheit und Respekt gegen das Chaos“  (S. 125) –  hat fünfzehn Rezepte, die gleichzeitig Forderungen an die Politik sind. Wer bei Rezepten an Arzt denkt und dann den Vranitzky zugeschriebenen Sager, wird wohl nicht ganz falsch liegen. Peter Pelinka spricht ja im Vorwort von „oft erstaunlicher Selbst-Ironie“ (S. 9) des Autors. Hier nun  – ganz unironisch – die Rezepte: Amerikanisierung der Politik europäisch gestalten, mutige, keinesfalls autoritäre Politiker, Neu-Gestaltung der EU und der Globalisierung, faire Koalitionen mit fairen Umgangsformen, Respekt für Minderheiten, Zuwanderung mit Menschlichkeit und Realismus, Anerkennung der Gleichheit aller Menschen, Grundsätze der Aufklärung tatsächlich leben, Achtung des Rechts und Rechtsstaates, (Aus-) Bildung!, mehr Leistung und mehr Leistungsanreize, Nutzen der digitalen Revolution, mehr Leistungsbereitschaft zur Erhaltung des Sozialstaates, das Potenzial der Älteren nutzen, und – „Optimismus statt Pessimismus“ (S. 159).

Neigung, sich über Nebensächlichkeiten aufzuregen

Zu Beginn seines Buches liefert Franz Vranitzky ein Psychogramm des Österreichertums, die innere Logik, die Österreich zusammenhält. Denn trotz der österreichischen Erfolgsgeschichte der vergangenen siebzig Jahre blieb „eine Ambivalenz von schwerem Minderwertigkeitskomplex und leichtem Größenwahn, eine Mischung aus Harmoniebedürfnis und Granteln, eine Neigung, sich über Nebensächlichkeiten aufzuregen“  (S. 13) erhalten. Es ist wohl höchste Zeit, sich dieses Nationalkonstrukts zu entledigen. Und wer für diese Aufgabe erfolgversprechende Ideen und Vorschläge brauchte, der lese dieses Buch.

Zum Schluss gibt es noch eines zu tun: Franz Vranitzky zum 80. Geburtstag mit allem Respekt das Allerbeste zu wünschen!

Franz Vranitzy: Zurück zum Respekt. Überleben in einer chaotischen Welt. Aufgezeichnet von Peter Pelinka. edition a, 160 Seiten, Wien 2017

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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