Japans Walfangflotte erlegt jährlich 300-400 Wale, Norwegens Fischer erlegen jährlich gegen 700 Wale, Island 200. Im kleinen Stil gehen auch noch einige indigene Völker in Russland, Grönland und den USA auf Walfang. Im 20. Jahrhundert wurden geschätzte 3 Millionen Wale getötet und dabei zahlreiche Populationen kommerziell ausgerottet.
Kommerzieller Walfang kann nie nachhaltig sein
Kommerzieller Walfang ist nicht nachhaltig und wird es nie sein. Im Gegenteil. Die sich sehr langsam fortpflanzenden Meeressäuger können dem nicht standhalten. Ein kleiner Überblick über die Geschichte des industriellen Walfangs:
Geschichte der instriellen Walfangs – der Glattwal als erstes Opfer
Glattwale sind die durch Jagd am stärksten dezimierte Art von Walen. Der Grund dafür ist, dass der etwa 18 Meter lange und 90 Tonnen schwere Wal, der sich von Plankton ernährt, für Fischer schon immer eine leichte Beute war. Der Glattwal schwimmt langsam und in Küstennähe. Wird er von einer Harpune getötet, treibt er auf der Wasseroberfläche. Mit der schweren Jagd nach Moby Dick, wie wir das vom Buch oder Film kennen, hat das wenig zu tun. Die englischen Walfänger nannten den Glattwal deshalb „Right Whale“, den leicht zu fangenden “richtigen Wal”. Dehalb waren die Glattwale bereits im Jahr 1935 kommerziell ausgerottet. Es gab nur mehr so wenige von ihnen, dass die Jagd nach ihnen nicht mehr lukrativ war.
Trotzdem und trotz internationaler Vereinbarung zu ihrem Schutz hat sich der Glattwal-Bestand seither kaum erholt. Im Gegenteil. Im Nordatlantik wird der Bestand auf weniger als 450 Tiere geschätzt. Von den 450 Tieren sind maximal 100 fortpflanzungsfähige Walkühe. Und Wale vermehren sich langsam. Aktuelle Gefahren wie Kollisionen mit Frachtschiffen oder das Verfangen in Fischereigerät töten mehr Tiere als Nachkommen gezeugt werden. Wissenschaftler schätzen, dass der Glattwal im Nordatlantik im Jahr 2040 defacto ausgestorben sein wird – 105 Jahre nach Inkrafttreten des Jagdverbotes.
Industrialisierung der Jagd
Die Industrialisierung beschleunigte auch den Walfang. Dampfbetriebenen Schiffe ermöglichten es, die Wale in die entlegensten Gebieten bis an die Pole zu verfolgen. Auch die Erfindung explosiver Harpunen, die im Körper des Tieres detonieren, machte den ungleichen Kampf noch ungleicher. Die Erfindung der Fetthärtung führte zur Spezialisierung der Flotten. Es gingen neben Fangschiffen auch Verarbeitungsschiffe auf See.
Aus dem Walfett konnte eine breite Produktpalette hergestellt werden – von Beleuchtungsmitteln über Speisefette bis hin zu chemischen Produkten wie Farben, Seifen und Sprengstoff. Die Nationalsozialisten schickten in den 30er Jahren dutzende Fangboote und einige Fabrikschiffe in die Antarktis, um an die Fettreserven zu gelangen. Um damit eben Sprengstoff herzustellen, aber auch für weniger einschlägige Produkte wie Waschmittel.
Blauwale statt Glattwale
Wegen der Ausrottung der Glattwale begannen die Walfänger schnellere Furchenwale zu jagen. Finn- und Blauwale gehören zu dieser Gruppe, und die sind wegen ihrer Größe, trotz ihrer Schnelligkeit, für die Fänger interessant. In der Fangsaison 1930/31 wurden bereits 30.727 Blauwale getötet. Nur 50 Jahre später galt auch diese Art als kommerziell ausgerottet und wurde unter strikten Schutz gestellt.Anzahl getöteter Wale von 1945 bis 2017 (Grafik: OceanCare)
Nach dem 2. Weltkrieg verhandelten die damaligen Walfangnationen einen internationalen Vertrag zur Regulierung des Walfangs, mit dem auch die Internationale Walfangkommission (IWC) 1946 gegründet wurde. Doch ging es nicht um den Schutz der Wale, sondern um die Aufteilung von Fangquoten und Gebieten. Es folgte die vielerorts auch als Walfangolympiade benannte Epoche der 1950er Jahre. Hunderttausende Wale mussten ihr Leben lassen. Allein im Jahr 1950 wurde 25.000 Pottwalen, den größten Zahnwalen des Planeten, die Tatsache zum Verhängnis, dass sie zum Atmen an die Wasseroberfläche kommen müssen.
Erst in den 1970er Jahren entstand eine Walschutzbewegung. Zu diesem Zeitpunkt sind von den sogenannten Großwalen, lediglich die Zwergwale, die kleinsten Bartenwale, in größerer Anzahl übrig geblieben. Ihre geringere Masse schützte sie vor der exzessiven Jagd. Engagierte Meeresforscher versetzten mit neuen Erkenntnisse über die Tiere eine breite Öffentlichkeit in Staunen und im Einklang mit der Friedensbewegung begannen Menschen sich für ein Walfangverbot zu engagieren.
Das Moratorium: Ein Meilenstein für den Artenschutz
Im Jahr 1982 war es dann so weit. Die Internationale Walfangkommission (IWC) beschloss ein international gültiges Verbot des kommerziellen Walfangs, auch als Moratorium bekannt. Dieses trat im Jahr 1986 in Kraft und bewahrte zahlreiche Walarten vor der vollständigen Ausrottung.
Aus der Begeisterung über die Sanftheit der Meeresriesen und die Gesänge der Buckelwale, sowie aus der steigenden Zahl faszinierender Informationen über Wale entstand eine neue Form der kommerziellen Nutzung der Wale: die Walbeobachtung. Doch nicht alle Regierungen waren von der Entscheidung überzeugt. Norwegen, Japan, Peru und die Sowjetunion legten ein Veto gegen das Moratorium ein.
Wer vor allem Walfang betreibt: Japan, Island und Norwegen
Japan widerrief später den Einspruch und führte unter der Berufung auf den Passus „Special Permit Whaling“ den Walfang weiter. Diese spezielle Berechtigung sagt, dass der Fang wissenschaftliche Gründe haben muss. Das bezweifelte die australischen Regierung und klagte gegen das Walfangprogramm Japans. Im Jahr 2014 entschied der Internationale Gerichtshof, dass Japans Walfangprogramm nicht den Kriterien der Wissenschaftlichkeit entspricht und in dieser Form einzustellen ist. Japans Regierung widersetzt sich diesem Urteil, legte das Programm neu auf und setzt die Waljagd im Nordpazifik und im Walschutzgebiet der Antarktis eigenmächtig fort.
Island hatte zunächst das Moratorium anerkannt, den Walfang eingestellt und zehn Jahre später die IWC verlassen. Im Jahr 2002 trat der Inselstaat der IWC wieder bei. Allerdings unter Vorbehalt gegen das Moratorium. Island nahm sowohl den wissenschaftlichen als auch den kommerziellen Walfang wieder auf. Und berät derzeit über die Fortsetzung oder die Einstellung des Walfangs – denn die Nachfrage blieb aus.
Norwegen setzt unbeirrt den kommerziellen Walfang fort, erteilt sich selbst Walfangquoten, die nicht auf Grundlagen des
Wissenschaftsausschusses der Walfangkommission beruhen. Auch wenn es im reichen Industriestaat kaum Absatz für die erlegten Zwergwale gibt. Fleisch wird Touristen angeboten, einige Teile werden in Pelzfarmen verfüttert, andere Teile werden nach Japan exportiert, trotz bestehenden Handelsverbots mit Walprodukten. Norwegen, Japan und Island haben gegen den Beschluss des Handelsverbotes mit Walprodukten einen Vorbehalt eingelegt.
Blutrausch weicht Faszination
Dem zahlenmäßigen Schwund der Wale steht in den letzten Jahrzehnten der Zuwachs an Wissen über die Meeressäuger gegenüber. Wissenschaftler untersuchen die Kommunikation der Meeresriesen, ihr soziales Lernen und ihre Wissensvermittlung innerhalb kleiner sozialer Einheiten – in Fachmagazinen spricht man von Walkulturen. Der Blutrausch weicht der Faszination.
Doch Wale sind mit zahlreichen anderen Gefahren konfrontiert: Unterwasserlärm, Veränderungen im marinen Ökosystem durch den Klimawandel, Überfischung, Beifang, Plastikverschmutzung – um nur einige zu nennen. Aus kommerziellem Interesse Wale zu fangen, ist nicht mehr nachvollziehbar. Subsistenzielle Notwendigkeit ist lediglich bei einigen wenigen indigenen Ethnien gegeben.
Nicolas Entrup
Konsulent der Meeresschutzorganisation OceanCare (www.oceancare.org)
Nimmt seit dem Jahr 2000 regelmäßig an den Tagungen der Internationalen Walfangkommission (IWC) teil und wird an der IWC-Tagung im September in Brasilien vor Ort sein.
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Walfangverbot soll gekippt werden – Die Jagd auf Wale ist eigentlich verboten, doch viele Länder halten sich nicht daran. Japan will nun durchsetzen, dass bestimmte Arten wieder zum Abschuss freigegeben werden – und könnte damit sogar Erfolg haben.