Ein paar wenige Pharma-Unternehmen machen dank Patenten mit dem Corona-Impfstoff viel Geld. Gleichzeitig produzieren sie trotz rascher Zulassung zu wenig, als dass damit die Weltbevölkerung schnell immunisiert werden könnte. Das soll sich ändern, fordern Wissenschaftler, NGOs und Parteien. In Österreich fordert die SPÖ, eine “Krisenproduktion” der Impfstoffe zu forcieren.
Nach nicht einmal einem Jahr stehen der Welt mehrere Impfstoffe gegen den Corona-Virus zur Verfügung. Das Problem: Die Unternehmen kommen nach der Zulassung mit der Produktion nicht hinterher. Es kommt zu Lieferengpässen, nationale Impfpläne kippen. Dabei gäbe es einen einfachen Weg: Wenn die Unternehmen mehr Lizenz-Produktionen zuließen, könnten auch andere die Impfdosen herstellen und die Versorgung sichern.
Statt auf Patenten zu sitzen und Milliardengewinne zu machen, würden sie ihr Wissen weitergeben. Je mehr Impfdosen, desto schneller wäre die Pandemie beendet. Das wäre fair, immerhin wurden Milliarden an Steuergeld in die Erforschung der Impfdosen gesteckt.
„Derzeit sind der Schutz der Gesundheit von 500 Millionen Menschen in der EU von einer Handvoll Unternehmen abhängig, das kann nicht sein!“, kritisiert Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) in einem Presse-Statement.
Den Forscherinnen und Forschern gebührt Respekt, in so kurzer Zeit wirksame Impfstoffe entwickelt zu haben. Noch wichtiger als Anerkennung und Patente sind die Menschen, die Impfungen brauchen, um gesund zu bleiben.
Mehr Corona-Impfstoff: “Geht nicht, gibt’s nicht”
„Es gibt immer Möglichkeiten“, sagt Rendi-Wagner. „Wenn es einen Satz gibt, den ich jetzt nicht hören will, dann ist es ‚Das geht nicht.’ Man kann immer etwas tun.“
Eine Krise wie die aktuelle hat es noch nicht gegeben und erfordert besondere Wege. Deshalb fordert Rendi-Wagner eine „Krisenproduktion“ der dringend benötigten Impfstoffe. Es sollen sich mehrere Pharma-Unternehmen daran beteiligen können, Impfdosen zu produzieren und zu verteilen. „Diese Möglichkeit muss die Bundesregierung gemeinsam mit den Verantwortlichen in der EU sofort prüfen. Es geht um Menschenleben“, erklärt die SPÖ-Vorsitzende.
Staatlich angeordnete Lizenzen als Möglichkeit
Zwei Wege sind denkbar, damit mehr Pharma-Unternehmen produzieren. Zunächst könnten sie versuchen, sich selbst mit dem Patentinhaber zu einigen. Gelingt das nicht, kann der Staat einschreiten. Er kann anordnen, dass ein fremdes Patent für bestimmte Zeit und einen ganz konkreten Zweck genutzt werden darf. Für diese Zwangslizenzen braucht es rechtlich ein öffentliches Interesse. In Pandemiezeiten wäre das der Schutz der Gesundheit in der Bevölkerung.
Ähnliche Regelungen haben auch andere Länder. In Deutschland bekam das Gesundheitsministerium im letzten Jahr mehr Befugnisse, um beispielsweise Patentierungen zu beschränken. Kanada hat im vergangenen Monat eine Notstandsgesetzgebung verabschiedet, die es dem Gesundheitsminister erlaubt, das Patentrecht zu umgehen und sicherzustellen, dass medizinische Produkte vor Ort hergestellt werden können.
Darüber hinaus gibt es das TRIPS-Abkommen der WTO, das in diesem Fall herhalten könnte. Es ist ein Abkommen, das Handelsfragen bei geistigem Eigentum regelt. Es legt für 149 Vertragsstaaten – darunter Österreich – zwölf Voraussetzungen fest, die vorliegen müssen, um eine Zwangslizenz zu erteilen.
Corona-Impfstoff: Entwicklung mit Milliarden aus öffentlicher Hand gefördert
Dass so schnell Corona-Impfstoffe entwickelt werden und zur Zulassung gelangen konnten, hängt mit der guten Ausgangslage zusammen. Seit Jahren gibt es weltweit Forschungen an öffentlich finanzierten Universitäten, auf die Pharma-Unternehmen in der Corona-Forschung zurückgreifen konnten.
Hinzu kommen speziellen Förderungen im letzten Jahr. Als Beispiel: Biontech bekam von deutschen Steuerzahlern etwa 375 Millionen Euro.
Die Ökonomin Mariana Mazzucato betont seit Jahren, dass die öffentliche Hand in der Pharma-Forschung Wirkstoffe lange vor der Marktreife mit großen Summen unterstützt, die Gewinne aber später alleine von privaten Investoren eingesteckt werden.
Auch internationale Organisationen drängen – Konzerne blockieren
Auch internationale Organisationen wie die UN-Menschenrechtskommission, die UNESCO und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordern eine breite Produktion der Impfstoffe. Pharma-Konzerne haben dem bisher eine Absage erteilt, darunter auch Pfizer-Chef Albert Bourla. Suerie Moon, Co-Direktorin des Global Health Centre in Genf, findet, dass jetzt Staaten am Zug sind und sich auf gegenüber Pharma-Konzernen auf die Beine stellen müssen. Die Corona-Impfstoffe sollen zu einem „globalen öffentlichen Gut“ werden.
Was man über die Corona-Impfung wissen muss – einfach erklärt!