Finanzminister Blümel klagte einen Pensionisten auf Twitter, der die Türkisen als “vergesslich oder korrupt” bezeichnete. Nachdem ihn das Straflandesgericht verurteilte, entschied das Handelsgericht Wien jetzt, dass der Äußerung ein “hinreichendes Tatsachensubstrat” zugrunde liege und der Tweet ein “gerechtfertigtes” Werturteil sei.
Finanzminister Blümel ist im vergangenen Jahr rechtlich gegen Personen vorgegangen, die ihn in den sozialen Medien wegen seiner Chats und dem Auftritt im Ibiza U-Ausschuss kritisiert haben. Einer von ihnen ist der pensionierte Informatiker Wolfgang P., der die türkise Führung im März als “nur mehr korrupt und machtgeil” bezeichnete: “Und wenn mich auch der laptoplose Blümel verklagt, diese Partei ist vergesslich oder korrupt,” schrieb P. auf seinem kleinen Twitteraccount. Blümel (ÖVP) zeigte ihn daraufhin an, Ende August verurteilte ihn das Wiener Straflandesgericht wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 4.200 Euro – Begründung: Die Richterin könne den Begriff “korrupt” für die ÖVP nicht “freigeben”, weil ihn sonst alle Medien “von ‘Krone’ bis ‘Oe24’ bedenkenlos verwenden könnten. Die Medienanwältin Maria Windhager, die P. verteidigt, legte Berufung an das Oberlandesgericht Wien ein.
Doch im zivilrechtlichen Verfahren ging die Sache gleich anders aus, wie Der Standard berichtet: Den zugespitzten Äußerungen liegt laut dem zuständigen Richter ein “hinreichendes Tatsachensubstrat” zugrunde. Da der Tweet auch kein “Wertungsexzess” sei, liege ein “gerechtfertigtes” Werturteil vor. Dem “Durchschnittsadressaten” sei der politische Gesamtkontext des Tweets bekannt gewesen. Das Geschriebene sei daher vor dem Hintergrund der medialen Berichterstattung über den Ibiza-U-Ausschuss sowie der Korruptionsermittlungen im Umfeld der ÖVP zu betrachten.
Sowohl das Verfahren vor dem Straflandesgericht als auch jenes vor dem Handelsgericht Wien sind nicht rechtskräftig. In zweiter Instanz entscheidet in beiden Angelegenheiten nun das Oberlandesgericht Wien.