Als Arbeiterkind kam Andi Babler schon früh mit Politik in Berührung und sah, dass man sich gegen ungerechte politische Zustände wehren muss. Seit 6. Juni 2023 ist der Bürgermeister von Traiskirchen neuer Bundesparteivorsitzender der SPÖ. Im Superwahljahr 2024 wird er sich im Herbst erstmals einer Nationalratswahl stellen. Ein Rückblick auf sein Leben und ein Ausblick auf die politische Zukunft, die sozial gerechter für alle sein sollte.
Politische Anfänge von Andi Babler
1973 in eine Arbeiterfamilie in Traiskirchen geboren, war Andreas Bablers Kindheit und Jugend geprägt vom Arbeiterleben. Der Konzern Semperit war für viele Menschen in Traiskirchen, wie auch für die Familie Babler, Arbeitsplatz, aber auch Ort des Austausches. Semperit lässt sich ebenso wenig von Bablers Lebenslauf und Politisierung trennen, wie von der Stadtgeschichte Traiskirchens. In den Neunzigerjahren wurde die Fabrik gegen den Willen von Angestellten und Bevölkerung geschlossen, viele Menschen verloren ihre Arbeit.
“In den 90er-Jahren haben wir hautnah erlebt, was passiert, wenn Konzerne in ihrem Profit- und Auslagerungswahn Jobs in Österreich einstampfen. Die Stadt und die Traiskirchner:innen sind in den Kampf gegen die Konzernmacht gegangen und da habe ich gelernt, dass man sich wehren kann und wehren muss”, erzählt er von dieser Zeit.
Politische Teilhabe hat Andreas Babler in der Sozialistischen Jugend (SJ) gelernt. Mit 16 trat er der Organisation bei. Anschließend verdiente er Geld als Maschinenschlosser, Lagerarbeiter und Schichtarbeiter in einem Werk für Mineralwasserproduktion. Nach dem Bundesheer arbeitete er auch beruflich für die SJ. Er war zuerst Landessekretär der Sozialistischen Jugend Niederösterreich, 1996 Bundessekretär und später Vizepräsident der IUSY (sozialistische Weltjugendinternationale). Berufsbegleitend absolvierte er außerdem den Master-Lehrgang Politische Kommunikation an der Universität Krems. Trotz seines internationalen Interesses und Einsatzes war Bablers politische Laufbahn lange Zeit eng mit seiner Heimatstadt Traiskirchen verbunden. 1995 wurde er Mitglied des Gemeinderats und 2014 mit dem bis dato besten Ergebnis der SPÖ in der Stadt zum Bürgermeister gewählt. Mit seinem Erfolg erlangte Babler auch erstmals österreichweite Bekanntheit.
Traiskirchen: Eine Stadt mit politischen Herausforderungen
Die Stadt Traiskirchen steht nicht nur industriepolitisch beispielhaft für innerösterreichische Entwicklungen und Herausforderungen, sondern wird mit dem größten Flüchtlingslager Österreichs immer wieder zur Bühne für bundespolitische Auseinandersetzungen rund um das Thema Asyl und Fluchtbewegungen.
Das Flüchtlings-Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen wurde besonders im Jahr 2015 breit medial diskutiert. Wie kaum ein anderer Ort stand es symbolisch für die tausenden Menschen, die vom Bürgerkrieg in Syrien nach Europa flohen. Als Bürgermeister wurde Babler zum Sprachrohr für die schlimme Lage im überfüllten Lager, sammelte Spenden und mahnte Menschlichkeit ein.
Als die Regierung ihre amateurhafte Asylpolitik nicht ändern wollte, kritisierte er die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner scharf und organisierte eine Demonstration vor dem Ministerium unter dem Motto „Flüchtlinge menschlich unterbringen – Massenlager abschaffen“.
Babler arbeitet in der Stadtpolitik aber auch über Asylfragen hinaus an einer menschenfreundlichen Sozialpolitik. Bablers SPÖ setzte ein kostenloses Mittagessen und Nachmittagsbetreuung für Kinder aus einkommensarmen Familien um. Weitere Initiativen sind der gemeinschaftliche Obst- und Gemüseanbau mit Traiskirchner:innen und Geflüchteten oder auch geförderte Urlaube für Pensionist:innen. Auch den Klimawandel sieht Andreas Babler als drängende soziale Frage. 2019 rief Traiskirchen als erste Stadt Österreichs den Klimanotstand aus und machte damit erneut bundesweit Schlagzeilen.
Das Konzept seiner fortschrittlichen Sozial- und Klimapolitik ging auf. Bei den Landtagswahlen 2023 kandidierte Babler auf dem letzten Listenplatz der SPÖ und zog durch Vorzugsstimmen so in den Bundesrat ein.
Seinen gesamten netto Funktionsbezug spendet Babler. Insgesamt fließen pro Jahr 24.000 Euro aus Bundesrats-Bezügen an das Volkshilfe-Projekt „Mut schaffen“. Die restlichen Bundesrats-Bezüge gehen als Spende an regionale Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und Fähigkeiten.
Knapp zwei Monate nach der Niederösterreichwahl begann das nächste Kapitel von Bablers raschem Aufstiegs in der SPÖ.
Babler wird SPÖ-Bundesparteivorsitzender
Am 23. März verkündete er seine Kandidatur für den Parteivorsitz. Im Vorfeld der Wahl traten rund 9.000 Menschen der Partei neu bei, um bei der Mitgliederbefragung wahlberechtigt zu sein, eine Dynamik, die großteils auf Bablers Kandidatur zurückzuführen ist. Der unklare Ausgang der Befragung — auf alle drei Kandidat:innen entfiel in etwa ein Drittel der Stimmen — führte zu einer Stichwahl am Bundesparteitag in Linz. Tosender Applaus und Standing Ovations für seine Rede schienen vielversprechend für einen Wahlsieg, doch dann wurde doch Hans-Peter Doskozil zum Sieger gekürt. Weniger als 48 Stunden später folgte die große Überraschung: Beim Eintragen der Stimmen in eine Excel-Tabelle ist ein Fehler passiert, verkündete die Leiterin der Wahlkommission, Michaela Grubesa. Die Stimmen der beiden Kandidaten wurden vertauscht. Andreas Babler wurde neuer Bundesparteivorsitzender.
Kürzere Arbeitszeiten, Erbschaftssteuer und leistbares Wohnen: Das Wahlprogramm von Andi Babler
In seiner Rede am Bundesparteitag sprach Babler bereits seine Kernthemen an, in einer Basis-Tour in den Bezirken Österreichs über den Sommer 2023 stellte er sie schließlich auch einem breiteren Publikum vor.
Mit Forderungen nach Verkürzung der Arbeitszeit, Vermögens- und Erbschaftssteuer und leistbarem Wohnraum konzentriert er sich auf sozialdemokratische Kernwerte.
1. Teuerung stoppen
Von der eigenen Arbeit soll man gut leben können – das ist die zentrale Forderung von Andreas Babler. In den letzten Jahren ist das immer schwieriger geworden. Während die realen Löhne seit Jahrzehnten nur wenig oder gar nicht gestiegen sind, sind die Preise explodiert, besonders seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine.
Die steigenden Preise sind jedoch nicht nur das Ergebnis von globaler Politik. Viele Konzerne nutzen die Teuerungskrise für ungerechtfertigte Preiserhöhungen und vergrößern so ihre Gewinne. Darunter leiden besonders Menschen mit geringem Einkommen, aber die Krise geht weit bis in die Mittelschicht hinein.
Die Teuerungskrise ist bei uns besonders schlimm, weil sich die türkis-grüne Bundesregierung weigert, Konzerne einzuschränken und die Preise zu regulieren. Andere Länder wie Spanien, Portugal oder Deutschland haben durch Eingriffe in den Markt die Preise reduziert und so die Bevölkerung weitgehend vor der Inflation geschützt. Für die Regierung unter Karl Nehammer haben jedoch die Profite von Konzernen Vorrang vor den Bedürfnissen der Bevölkerung. Das Ergebnis: Die Inflation in Österreich ist seit Monaten eine der höchsten in ganz Westeuropa.
Andreas Babler will hier einen anderen Weg gehen. Damit die Bevölkerung sofort mehr im Geldbörsel hat, will er die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wie Mehl, Milch und Butter aussetzen. Das mach diese Nahrungsmittel um 10 Prozent billiger und hilft vor allem Menschen mit geringem Einkommen, die einen besonderes großen Teil ihres Einkommens für diese Produkte ausgeben.
Auch Wohnen soll wieder billiger werden. Andreas Babler will die letzten drastischen Mieterhöhungen rückgängig machen und die Mieten bis 2025 einfrieren. Danach soll der Mietanstieg mit max. 2 Prozent pro Jahr begrenzt werden.
Konzerne dürfen kein Geld mit der Krise machen. Deshalb will Babler die Übergewinne von Banken und Energiekonzernen abschöpfen und mit diesen Einnahmen die Bevölkerung entlasten. Spanien hat genau so eine Abgabe bereits implementiert.
Damit sich eine Teuerungskrise wie die jetzige nicht wiederholt, soll eine schlagkräftige Anti-Teuerungskommission gegründet werden. Sie soll sicherstellen, dass die Unternehmen die Mehrwertsteuersenkung und milliardenschwere Hilfszahlungen an Kund*innen weitergeben. Sollte die Kommission aufdecken, dass gewisse Unternehmen mit den staatlichen Unterstützungen ihre eigenen Gewinne erhöhen, sollen hohe Geldstrafen verhängt werden.
2. Millionärssteuern
Andreas Babler setzt sich seit jeher für eine gerechtere Besteuerung von großen Vermögen und Erbschaften ein. In einem Land, in dem die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht, wird Arbeit noch immer sehr hoch besteuert, Vermögen und Erbschaft allerdings gar nicht.
Eine Einführung einer Millionärssteuer auf die größten Vermögen und Erbschaften würde Österreich jedes Jahr 5 bis 6 Milliarden Euro bringen – Geld, das für die Entlastung des Gesundheitssystems und die Senkung von Steuern auf Arbeit dringend benötigt wird.
Menschen mit durchschnittlichen Einkommen und Erbschaften sind von den Steuern in keiner Weise betroffen. Eigenheime sind aus seinen Plänen für eine Erbschaftssteuer von über einer Million und Vermögen von über 10 Millionen Euro zusätzlich ausgenommen.
3. Gute Arbeit und faire Arbeitsbedingungen für alle
Durch eine progressive Sozial- und Arbeitspolitik möchte Andreas Babler gesunde Arbeitsplätze für alle Menschen zugänglich machen. Die 4-Tage-Woche ist eine seiner Kernforderungen. Sie soll bei vollen Bezügen mehr Lebensqualität und Vereinbarkeit von Job und Familie bringen. Letzteres soll auch durch flächendeckende, ganztägige Kinderbetreuung ermöglicht werden, die besonders Frauen bessere Möglichkeit zur Vollzeit-Arbeit geben und damit unter anderem Altersarmut vorbeugen soll.
Auch strikte Regeln für mehr Lohntransparenz sollen zur Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen. Eine staatliche Job-Garantie für Menschen, die länger als ein Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen sind, sowie eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Lehre runden Bablers Vision für Arbeitnehmer:innen ab.
4. Stärkung des Gesundheitssystems
Die Zwei Klassen-Medizin sieht Babler in Österreich bereits als Realität, gegen die dringend Maßnahmen gesetzt werden müssen. Sein Ziel ist die Garantie eines Facharzt-Termins innerhalb von 14 Tagen, die Voraussetzung dafür ist ein österreichweiter Ausbau der Primärversorgung. Außerdem sollen eine Verdopplung der Medizinstudienplätze und eine Bevorzugung von Medizinstudierenden, die sich fürs öffentliche Gesundheitssystem verpflichten, den Ärztemangel mittelfristig bekämpfen. Zusätzliche Kassenärzte-Stellen sollen geschaffen werden und die Arbeitsbedingungen für Gesundheitspersonal verbessert werden. Boni und andere Maßnahmen des Wiedereinstieges sollen Menschen die Rückkehr in die Pflege schmackhaft machen.
All diese Maßnahmen sollen die österreichische Gesundheitskasse gegenüber privaten Anbietern stärken.
5. Menschliche Asyl-, Migration- und Integrationspolitik
Der Einsatz für eine menschliche Asylpolitik zieht sich wie ein roter Faden durch Bablers politische Arbeit, als Bürgermeister von Traiskirchen genauso wie in der Bundespolitik. Trotz inner- und außerparteilichem Druck spricht er sich stets für Reformen statt Restriktionen im Asylbereich aus. So möchte Babler statt illegalen Pushbacks an den EU-Außengrenzen eine europäische Seenotrettung und legale Asyl-Routen.
In Österreich müssen Asyl-Verfahren verbessert und beschleunigt werden. Menschen auf der Flucht sollen schneller die Sicherheit eines positiven oder negativen Asyl-Bescheids bekommen, anstatt Monate oder sogar Jahre in Unsicherheit zu schweben. Während dieser Zeit müssen sie menschenwürdig untergebracht werden. Massenlager sollen kleinen Unterkünften weichen.
Babler will Integration einfordern, aber auch erleichtern. Ein wichtiger Schritt dazu: Arbeit. Menschen, die auf ihren Asyl-Bescheid warten oder denen bereits Asyl gewährt würde, sollen die Möglichkeit haben, auf die Rot-Weiß-Rot-Card umzusteigen. Anstatt sie zur Untätigkeit zu verdammen, könnten sie dadurch in den Mangelberufen dringend gesuchte Stellen füllen, Steuern und Abgaben zahlen und sich in Österreich eine eigene Existenz aufbauen. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Fälle wie jener in Haslach sich nicht wiederholen. Dort sind eine Köchin und eine angehende Pflegerin – beide voll integriert – abgeschoben wurden.
Auch andere EU-Länder will Babler in die Pflicht nehmen. Österreich habe schon viel geleistet. Andere Länder müssen in die Pflicht genommen werden, damit sich die Ankünfte in Österreich reduzieren, allen voran Ungarn. Orban winkt die Flüchtende nach Österreich durch und übernimmt keine Verantwortung. Das widerspricht EU-Recht. Hier kritisiert Babler ÖVP und FPÖ. Beide Parteien haben vor einer Auseinandersetzung mit Orban zurückgeschreckt. Auch haben sie es verpasst, Rückführungs-Übereinkommen mit den Herkunftsstaaten zu schließen. Für Babler geht es ÖVP und FPÖ beim Thema Asyl und Migration nicht um Lösungen, sondern nur um Showpolitik.
6. Soziale Klimapolitik durch Ausbau der öffentlichen Infrastruktur
Babler plädiert für einen sozial-ökologischen Umbau des Wirtschaftssystems, des Sozialsystems und des Energiesystems durch den Ausbau öffentlicher Infrastruktur und öffentliche Investitionen. Dadurch soll nicht nur dem Klimawandel begegnet, sondern auch sozialer Ausgleich geschaffen werden. Mithilfe von staatlichen Investitionen in Dekarbonisierung und Arbeitsplätze im Bereich des Klima- und Umweltschutzes sowie eines Verbots für Luxus-Emissionen soll soziale Gerechtigkeit mit Klimaschutz Hand in Hand gehen.
Ausblick
Die Nationalratswahl 2024 ist eine Richtungsentscheidung für Österreich. Sie wird das Land noch Jahrzehnte lang beeinflussen wird. Das Duell heißt Andi Babler und die SPÖ gegen Herbert Kickl und die FPÖ. Denn eins steht bereits fest: Die ÖVP wird massive Verluste erleiden und Platz 1 verlieren.
Die Gefahr droht, dass die ÖVP eine Koalition mit der FPÖ bildet und dann Herbert Kickl zum Bundeskanzler macht, sollten beide Parteien genügend Stimmen bekommen. Die ÖVP schließt aus, diese Koalition einzugehen. Eine Koalition mit der FPÖ haben sie aber auch vor der Wahl in Salzburg und in Niederösterreich ausgeschlossen. In beiden Bundesländern ist es dann aber zu einer ÖVP-FPÖ-Koalition gekommen.
Eine Stimme für Andi Babler und ein starkes Ergebnis für die Sozialdemokratie verhindert Kanzler Kickl und eine ÖVP-FPÖ-Koalition. Babler hat eine Koalition mit der FPÖ in jeder Form ausgeschlossen und auch der Parteitag der Sozialdemokratie hat das bestätigt. Eine Regierung ohne die FPÖ heißt aber gleichzeitig eine Regierung mit der SPÖ. Ohne eine der beiden Parteien wird es keine Mehrheit geben.
Eine Regierung unter der Führung der SPÖ würde den Kahlschlag in unserem Sozialsystem nicht nur stoppen, sondern umdrehen und unser Gesundheitssystem und unsere Bildungseinrichtungen stärken. Ein Kanzler Babler würde die öffentliche Infrastruktur und nachhaltige Energie ausbauen und so den Klimawandel eindämmen. Er würde für gute Arbeitsbedingungen für die Bevölkerung sorgen und sicherstellen, dass die Reichsten der Reichen ihren fairen Anteil zahlen.
Bei der Nationalratswahl im Herbst ist die Entscheidung: Kahlschlag-Kanzler Kickl oder Reformkanzler Babler.