Kinder von armutsbetroffenen Familien sind drei Mal so stark von der Corona-Krise belastet. Die Volkshilfe hat 100 Familien befragt. Die Kinder und Jugendlichen machen sich Zukunftssorgen und sind trauriger als ihre Altersgenoss*innen. Den Maßnahmen der Regierung geben die Eltern keine guten Noten.
Die Volkshilfe Österreich hat im Februar 2021 eine telefonische Umfrage unter 100 armutsbetroffenen Familien in ganz Österreich durchgeführt. Erhoben wurde, wie es den Kindern der Einschätzung ihrer Eltern nach in der Krise geht. Die Ergebnisse sind schockierend: Die Lebensqualität ist drastisch gesunken, die Kinder sind trauriger, einsamer und schlafen schlechter.
Während die Situation von Kindern und Jugendlichen in der ersten Welle des Lockdowns vor einem Jahr kaum thematisiert wurde, läuten nun von allen Seiten die Alarmglocken. Paul Plener, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie im AKH Wien, alarmierte Ende Jänner die Öffentlichkeit, weil seine Abteilung überfüllt war: Man konnte nicht mehr alle Hilfesuchenden aufnehmen, denn immer mehr Kinder leiden an Essstörungen und Depressionen. Das Ausmaß der Gesundheitskrise bei Jugendlichen zeigte auch eine Studie der Donau-Uni-Krems auf, die rund 3.000 Schülerinnen und Schüler ab 14 Jahren aus ganz Österreich zu ihrer psychischen Gesundheit befragte. Die schockierenden Ergebnisse zeigen, dass 56 Prozent unter depressiver Symptomatik, die Hälfte unter Ängsten und ein Viertel unter Schlafstörungen leiden. 16 Prozent der befragten Schüler*innen haben suizidale Gedanken.
Bei den jüngeren Kindern ist die Situation nicht besser. Forscher*innen der Universität Salzburg haben eine Studie zu den Auswirkungen der Pandemie auf Volksschulkinder veröffentlicht. Jedes dritte Kind ist öfter wütend oder genervt, jedes fünfte ist öfter traurig oder fühlt sich einsam. Jedes dritte Kind schläft aktuell schlechter.
Kinder sind einsamer und trauriger
Im Februar 2021 hat das Team der Volkshilfe Österreich 100 armutsbetroffene Familien mit Kindern unter 18 Jahren befragt. 6 von 10 Kindern sind laut ihren Eltern einsamer als vor der Corona-Krise. Mehr als die Hälfte der Mütter und Väter schätzen ihre Kinder jetzt trauriger ein. Vergleicht man diese Zahlen mit den genannten Ergebnissen der Universität Salzburg, wird deutlich, dass armutsbetroffene Kinder härter durch die Corona-Krise getroffen werden: Während in der allgemeinen Befragung der Uni Salzburg 2 von 10 Kindern trauriger und einsamer sind, liegt der Anteil im Segment der Armutsbetroffenen 3 Mal so hoch. Dazu kommen noch 20 Prozent, die in der Volkshilfe-Befragung angeben, dass ihre Kinder bereits vor Corona traurig waren und sich das durch die Krise nicht verändert habe. Ein Wert, der die bereits vor Corona schlechte Lage von armutsbetroffenen Kindern illustriert.
Armutsbetroffene Kinder leben durchschnittlich in kleineren Wohnungen, ihre Eltern sind stärker von den Einkommenseinbußen betroffen. Ihre Eltern konnten weniger oft im Homeoffice arbeiten und sie daher weniger beim Homeschooling betreuen.
Gleichzeitig haben die Kinder aus armutsbetroffenen Familien auch deutlich mehr Sorgen, wie die Umfrage der Volkshilfe zeigt. Von jenen Kindern, die nach Wahrnehmung ihrer Eltern besorgt sind, macht sich die Hälfte Sorgen um ihre schulischen Leistungen und ebenso viele haben soziale Sorgen oder Angst, ihre Freund*innen zu verlieren. Knapp ein Drittel dieser Kinder hat Sorge um die Gesundheit. Dazu ergänzt eine Mutter im Gespräch: „Meine Tochter hat Angst vor einem positiven Corona-Test, aus Sorge, dass sie dann niemand mehr mag – auch bei Kindern läuft das Kopfkino.“ Diese Sorge vor dem sozialen Ausschluss im Falle eines positiven Corona-Tests teilen offenbar viele Kinder, wie die Eltern in der Umfrage berichten.
Schon Kinder haben Zukunftssorgen
Fast jedes fünfte Kind macht sich auch finanzielle Sorgen, 17 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben Zukunftssorgen, besonders ältere Kinder, die vor dem Schulübertritt stehen oder z.B. keine Lehrstelle finden. Die Zukunftsperspektiven sind trist, wie ein Erfahrungsbericht zeigt: “Meine Kinder haben Angst, dass sie für immer so leben müssen”, sagt ein Elternteil. Ein Vater erzählt: „Meine Tochter ist auf der Suche nach einer Lehrstelle, sie wollte in die Gastronomie. Sie ist verzweifelt.“
Die Sorgen der Kinder und Jugendlichen sind nicht unbegründet. Nicht nur die Wirtschaftskrise, sondern auch die Schulschließungen werden ihre Spuren lange zeigen. Eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) hat Lehrer*innen aus NMS und AHS zu ihren Einschätzungen über die Auswirkung von Homeschooling im ersten Lockdown befragt. 12 Prozent der Schüler*innen konnten in der ersten Phase von Homeschooling nicht oder nur schlecht erreicht werden. Dieser Anteil steigt in der Gruppe der als benachteiligt eingeschätzten Kinder auf das Dreifache. Gerade bei dieser Zielgruppe waren Lehrkräfte besorgt, dass sich das Kompetenzniveau durch das Homeschooling verschlechtert hat. Zudem wurde deutlich, dass die Unterstützung, die Kinder von ihren Eltern beim Homeschooling erhalten können, nicht für alle Kinder gegeben ist: Mehr als jedes fünfte Kind bekam keine Hilfe beim Homelearning. Das IHS verweist zusätzlich darauf, dass Lehrer*innen davon ausgehen, dass 86 Prozent der Eltern benachteiligter Kinder mit dem Homeschooling überfordert sind. Von einer Verschärfung der Bildungsungleichheiten ist also auszugehen.
Diese Auswirkungen werden Kinder auch finanziell ein Leben lang spüren. Schulschließungen werden für Kinder zu signifikanten Wohlstandsverlusten führen – und Kinder aus benachteiligten Haushalten davon noch stärker betroffen sein. In finanzieller Hinsicht haben die Schulschließungen für die zukünftigen Erwachsenen einen größeren Effekt als die Einkommensverluste ihrer Eltern. Studien rechnen mit einem Einkommensrückgang von 3 Prozent für jene Kinder und Jugendliche, die zumindest von den Schulschließungen im Frühjahr 2020 betroffenen sind.
Lebensqualität der Kinder
Die Umfrage der Volkshilfe zeigt, dass es eine eklatante Verschlechterung der Lebensqualität der Kinder gibt: Doppelt so viele Eltern wie im letzten Sommer vergeben jetzt ein „Nicht Genügend“. Mehr als die Hälfte der Befragten beurteilt die Lebensqualität ihrer Kinder aktuell mit der Schulnote 4 bis 5.
Durchschnittlich rutscht die Lebensqualitätseinschätzung der Eltern um eine ganze Schulnote gegenüber der vorangegangenen Studie ab.
Armutsbetroffene Eltern beobachten bei ihren Kindern starke Veränderungen. Eine Mutter sagt: „Meine Tochter lacht nicht mehr sehr viel, sie nicht mehr so fröhlich wie früher und will ihre Aufgaben nicht mehr machen“, eine andere erzählt: „Mein Kind zieht sich zurück, lacht weniger und hat oft schlechte Stimmung“.
Viele der Kinder der befragten Familien tragen in der Corona-Krise auch schwere Verantwortung, weil ihre Eltern oder Geschwister zu Risiko-Gruppen gehört. Eine Mutter mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung erzählt: „Meine Kinder wollen nicht mehr raus, aus Angst, dass sie die Krankheit nach Hause bringen.“ Schon vor der Corona-Krise lag eine überdurchschnittliche Armutsbetroffenheit für Haushalte vor, wenn eine erwachsene Person eine Behinderung aufweist. Gleichzeitig hat Armut signifikante gesundheitliche Risiken und begünstigt etwa die Chronifizierung verschiedener Symptome, wie zahlreiche Studien zeigen. All diese Umstände verschärfen sich durch die Pandemie noch.
Armutsbetroffene können sich nicht auf Regierung verlassen
Schlechte Noten vergeben die befragten Familien an die Regierung zur Unterstützung armutsbetroffener Kinder. 53 Prozent benoten die Arbeit der Regierung mit einem Vierer oder Fünfer. Durchschnittlich geben die Menschen der Regierung eine 3,6 für die Unterstützung von armutsbetroffenen Kindern und Jugendlichen in der Corona-Krise. Nur 7 Prozent vergeben ein Sehr Gut.
Fragt man genauer zu den einzelnen Maßnahmen der Regierung nach, zeigt sich, dass viele armutsbetroffene Familien nicht ausreichend informiert wurden. So kennt die Hälfte der Befragten den Familienhärtefonds nicht. Von den übrigen 50 Prozent findet etwa ein Drittel die Einmalzahlung aus dem Familienhärtefonds zu gering. Die einmalige Verdoppelung der Familienbeihilfe hält rund ein Viertel für zu wenig. Zur Einrichtung eines Notbetriebs für Schulen sprach sich fast die Hälfte positiv aus, allerdings gibt auch jede/r Fünfte an, diese Maßnahme gar nicht zu kennen. 42 Prozent haben die Mehrkosten für die Ausstattung für den Fernunterricht selbst getragen, 11 Prozent sind immer noch nicht gut versorgt.
Versäumnisse im Bildungsbereich
Die Bundesregierung hat nach dem ersten Lockdown verabsäumt, Schulen nicht einfach nur zu öffnen – sondern sie sicher zu machen. Die Kindergärten scheinen für sie einfach nicht zu existieren, von den Kleinkindgruppen ganz zu schweigen. Angesichts der Cluster in Schulen und Kindergärten, müssen sich Eltern ohne Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit oder die Möglichkeit einer Corona-Karenz, selbst überlegen, wie sie mit der Situation umgehen. Ältere Kinder und Jugendliche leben in ständiger Ungewissheit, welche Öffnungsschritte und Schließungen für die Verantwortlichen im Hinblick auf deren Beliebtheitswerte gangbar sind.
Schüler*innen können sich morgen nicht darauf verlassen, was sie heute noch in der Zeitung lesen. Dabei sind gerade sie von Einsamkeit und depressiven Symptomen betroffen. Dass es selbst in der Corona-Krise noch eine Kontingentierung von Psychotherapie-Plätzen und eine Ressourcenknappheit im Bereich der stationären Versorgung psychischer Erkrankungen gibt, ist eine Gefährdung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Die Öffnungsschritte in der außerschulischen Jugendarbeit kommen ebenso zu spät, wie die sozial wenig treffsicheren Einmalzahlungen für Familien. Angesichts des Krisenausmaßes brauchen Kinder und Jugendliche eine echte finanzielle Absicherung, wie sie die Kindergrundsicherung bieten könnte.
Und warum will unsere Vorsitzende JOY, ALLES zusperren und runterfahren? Mit dem kommte die Arbeitslosigkeit, Kinderarmut, Obdachlosigkeit, Insolvenzen bei den EPUs + KMUs. Und wer soll die riesengroßen SCHULDEN bezahlen? Diese schwere Krankheit wird uns noch Jahre “begleiten”.
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Channuka?
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