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Massensterben droht: Wirtschaftshilfen benachteiligen kleine Betriebe und Selbständige

Alina Bachmayr-Heyda Alina Bachmayr-Heyda
in Wirtschaft und Finanzen
Lesezeit:4 Minuten
15. Mai 2020
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Bei den Finanzhilfen für Selbständige kommt die Regierung nicht mehr aus der Kritik. Unternehmerinnen und Selbstständige erteilen den Hilfspaketen in einer Umfrage ein „Nicht Genügend“. Hört man sich unter Wiener Geschäftsleuten um, bestätigt sich das Bild: Das Geld dürfte woanders hin fließen, bei kleinen Unternehmen und Selbständigen kommt es jedenfalls nicht an. 

Spricht man mit Friseurinnen, Lokalbesitzern oder Taxifahrern, es ist immer das gleiche zu hören: Die Wirtschaftshilfen sind kompliziert, unpraktikabel und benachteiligen kleine Betriebe und Selbstständige. Viele Unternehmen fielen in der ersten Runde des Härtefallfonds ganz durch, in der zweiten Phase wurden sie nur gering gefördert. Und auch der Fixkosten-Zuschuss bringt nicht die erhoffte Hilfe. „Das wurde von Menschen geplant, die noch nie in der Praxis eines Betriebes waren,“ so SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter in einer Aussendung.

„Am Schreibtisch geplant, nicht für die Praxis“

Ein Restaurant mit 350.000 Euro Jahresumsatz und Fixkosten von 2.700 Euro im Monat kriegt 6.000 Euro, ein Hotel mit 40 Mio. Euro Jahresumsatz und 350.000 Euro monatlichen Fixkosten 650.000 Euro, so der Finanzminister.

„Viele Einpersonenunternehmen und Kleinstunternehmen werden vom Fixkostenzuschuss de facto ausgeschlossen.“ Im Herbst droht ein „Massensterben“ bei den kleinen Betrieben, die das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft sind,“ warnt Matznetter.

Laut Verordnung gibt es den Fixkostenzuschuss erst ab 40 Prozent Umsatzverlust und ist nach der Höhe des Verlusts gestaffelt. 25 Prozent Ersatz gibt es bei einem Umsatzausfall von 40 bis 60 Prozent, 50 Prozent bei einem Umsatzausfall von 60 bis 80 Prozent und 75 Prozent bei einem 80-prozentigen bis totalen Umsatzausfall. Er wird allerdings nur dann ausbezahlt, wenn der Zuschuss mindestens 2.000 Euro beträgt.

Die Kleinen fallen durch

Wenn ein kleiner Betrieb während des Coronavirus-Stillstands Fixkosten von 7.500 Euro und einen Umsatzausfall von 50 Prozent nachweisen kann, bringt das einen Fixkostenzuschuss von 1.850 Euro (25 Prozent von 7.500 Euro). Da die Summe aber unter dem Mindestbetrag von 2.000 Euro liegt, bekommt das Unternehmen gar nichts.

„Mit 40 Prozent weniger Umsatz müsste ich schließen, da brauch ich dann auch keine Wirtschaftshilfe mehr“, erzählt eine Kaffeehaus-Besitzerin in Wien. Sie hat drei Angestellte, die sie durch die Kurzarbeit halten konnte. Mit 15. Mai sperrt sie wieder auf. Die 500 Euro, die sie aus dem Härtefall-Fonds bekommen hat, musste sie in die Sicherheitsmaßnahmen für die Wiedereröffnung investieren. Eine weitere Unternehmerin hat – trotz Sockelbetrag von 500 Euro – sogar nur 13,73 Euro bekommen. Denn Zusagen aus dem Härtefallfonds werden von der Fördersumme abgezogen.

Hinzu kommt: Der Abrechnungszeitraum ist 15. März bis 15. September: „Keine Buchhaltung rechnet so.“ Das alles bedeutet Mehraufwand – und Hochsaison für Steuerberater und Wirtschaftsprüferinnen. Denn diese müssen die Angaben der Betriebe erst prüfen.

„Ich habe 150 bis 170 Klienten. Und ich muss leider sagen: Nicht einer von ihnen hat die Hilfe bekommen, die er braucht“, meint Wirtschaftsprüferin Kirstin Stanzel.

Nicht Genügend, setzen!

Eine Studie der Universität Wien zeigt, dass sowohl Härtefallfonds als auch Corona-Hilfspaket bei den Unternehmen durchfallen. Auf die Frage: „Mit welcher Schulnote würden Sie Ihre finanzielle Unterstützung durch das Corona-Hilfspaket beurteilen?“ antworten nur zwei Prozent der EPUs und drei Prozent der Kleinstunternehmen mit „Sehr gut“. Einen Fünfer gibt es hingegen von mehr als der Hälfte (56 %) der Einpersonen-Unternehmen und von 49 Prozent der Kleinstunternehmen.

Die Berichte von Betroffenen häufen sich.

Gastro-Paket: „Wem soll das helfen?“

Auch andere Hilfspakete der Regierung treffen nicht das, was Betroffene brauchen: Nach zwei Monaten Schließung öffnet jeder zehnte Gastro-Betrieb nicht mehr – trotz groß angekündigtem Wirte-Pakets der Regierung. Clemens Wratschko, Inhaber des Wiener Restaurants „Wratschko“, sieht nicht, dass die Hilfen ankommen. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke sei eine Förderung für „große, amerikanischen Burger-Ketten, die zuckerhaltige Limonaden verkaufen“. Er mache lediglich 3,5 Prozent seines Umsatzes mit Limonaden, Säften und Kaffee. „Das sind 70 Euro im Monat, die ich nicht abführen muss. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein.“

Die Kaffeehausbesitzerin hält ebenso wenig vom Gastro-Paket: „Bei all dem Kummer und all den Sorgen verstehe ich nicht, warum man von Geschäftsessen-Absetzbarkeit redet. Welchen Betrieben nutzt denn das? In welchem Beisl trinkt man Sekt?“ Sie spart durch die Abschaffung der Schaumweinsteuer– trotz Brunch-Buffets – „wahrscheinlich sechs Euro die Woche“.

Selbstständige schauen durch die Finger

„Überall steht: Kurz gibt Milliarden. Ich kriege davon gar nichts“, sagt ein Taxi-Fahrer auf der Fahrt vom achten in den dritten Wiener Bezirk. Es ist eine „gute Fahrt“ für ihn, wie Herr F. sagt: 15 Euro – inklusive Trinkgeld. Denn die großen Fahrten wie etwa zum Flughafen entfallen, ebenso die Geschäftsreisenden, Touristinnen oder Messe-Besucher, die auch innerhalb der Stadt mehr Taxi fahren als die Wiener. Das ist das Hauptgeschäft der Taxler. Jetzt sind die Standplätze leer.

Nur vorm Allgemeinen Krankenhaus stauen sich die Autos mit den gelben Schildern. An ihnen lehnen viele Männer und ein paar wenige Frauen, die auf Fahrgäste warten. Einer von ihnen erzählt, dass sie auf einen Fahrgast zwei bis drei Stunden warten. Tags zuvor hat er einen älteren Mann von einem Kontroll-Termin im Krankenhaus nach Hause in die Hernalser Hauptstraße gebracht. Das ist eine Fahrt von zehn Minuten – Maximum. „Aber soll ich Nein sagen? Das geht ja nicht.“ Und dann wartet er wieder drei Stunden auf den nächsten Gast. Zu Hause hat er vier Kinder, die Älteste sechs Jahre alt, die jüngsten sind Zwillinge, die im März zur Welt gekommen sind.

An guten Tagen macht Herr F. normalerweise bis zu 150 Euro Umsatz, im Durchschnitt sind es 80 Euro, rechnet er vor. „Jetzt sind es 30, vielleicht 40 Euro. Da rentiert sich das Arbeiten gehen gar nicht.“ Aber arbeitslos melden kommt für ihn nicht infrage.

„Ich bin seit 2009 selbstständig. Habe nie Schulden gemacht. Nie schwarz gearbeitet, war immer Vollzeit angestellt. Und jetzt kriege ich 300 Euro. Was soll ich damit anfangen?“

„Ich kenne niemanden, dem wirklich geholfen wurde“

Er hat Fixkosten von 1.500 Euro im Monat. Da ist seine private Miete, die Kosten für die Kinder nicht mitgezählt. „Ich erwarte mir nicht 3.000 Euro im Monat. Aber wie soll ich jetzt leben?“ Er zahlt Versicherung für zwei Autos, hinzu kommen Versicherung und Vorsorge. „Weniger Umsatzsteuer bringt mir nichts: Ich habe ja keinen Umsatz!“ Auch von den den Stundungen hält er wenig: „Ich verdiene nichts. Wie soll ich in drei Monaten die dreifachen Kosten zahlen?“ Kredit bekommt er von seiner Bank – trotz Ankündigungen der Regierung – keinen. Für Herrn F. klingt da der Rat von WKO-Präsident Harald Mahrer, man solle doch die Hausbank wechseln, wenn es keine Darlehen gebe, wie blanker Zynismus.

Angesprochen auf die angekündigten 38 Mrd. Euro meint er, er kenne niemanden, der schon echte Hilfe gesehen habe. Dabei geht es nicht um Neid, betont er: „Ich habe nichts gegen die Leute. Es sollen alle Hilfe kriegen. Aber wir Selbstständigen eben auch.“

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Bertl
Bertl
21. Mai 2020 08:17

schade um die vergebenen chancen, denn was letzlich rausgekommen ist, ist, dass der tod der kleinen, die im hamsterrad laufen müssen, bloß verlängert wird, während der teil2 von lobbyisten für lobbysten gemacht worden ist und die leute die jetzt das meiste bekommen, die sind die eigentlich gar nichts wirklich benötigen und bekommen sollten, während die, die am meisten benötigen, leer ausgehen oder bestenfalls almosen bekommen. so werden letzlich nur dutzende milliarden verdummt (und spekulanten ihre verlust ersetzt). auch diese ganze kurzzeitfarce sollte ordentlich kontrolliert werden, den da ergaunern sich viele konzerne weitere 100te millionen.

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Privatstiftungen sollten ursprünglich einem gemeinnützigen Zweck dienen, etwa in den Bereichen Soziales, Bildung oder Kultur. Doch heute sind sie vor allem ein beliebtes Werkzeug, um Vermögen zu sichern und Steuern zu vermeiden. Sie sind besonders beliebt bei den Reichsten der Reichen – auch weil sie kaum von den Steuerbehörden kontrolliert werden. Zitat: Privatstiftungen sind eine Rechtsform, die beinahe ausschließlich von den Reichsten der Reichen genutzt wird. 40 Prozent aller Privatstiftungen befinden sich im unmittelbaren Umfeld der 60 reichsten Familien. Sie werden von Superreichen benutzt, um ihr Vermögen vor Steuerbehörden zu verschleiern. Auch deshalb weil drei Viertel aller Privatstiftungen überhaupt noch nie von den Steuerbehörden kontrolliert worden sind. Stephan Pühringer

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