Bei den Parlamentswahlen in Frankreich hat der französische Präsident die absolute Mehrheit verloren – und muss sogar wichtige Minister*innen neu ernennen, weil sie den Einzug ins Parlament nicht geschafft haben. Das Linksbündnis Nupes wird stärkste Oppositionskraft. Doch auch Marine Le Pens RN fährt das beste Ergebnis ihrer Geschichte ein. Präsident Macron ist angeschlagen.
Dem Präsidenten die absolute Mehrheit nehmen – das war es, was seine Gegner*innen in dieser zweiten Wahlrunde der Parlamentswahlen in Frankreich noch hoffen konnten – und was sie am Sonntagabend erreicht haben. Selten waren Parlamentswahlen in Frankreich mit so viel Spannung erwartet worden. Wenige Wochen nach der Präsidentschaftswahl passiert meistens nicht mehr viel: Der neu gewählte Präsident (bis jetzt immer Männer) erhält seine absolute Mehrheit im Parlament und kann durchregieren.
Dieses Mal aber hat der linke Kandidat Jean-Luc Mélenchon dem frisch gewählten Präsidenten Macron mit einer gewagten Kampagne einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Wählt mich zum Premier Minister“, lautete Mélenchons Wahlslogan. Denn das Amt des Premierministers kann von der Person besetzt werden, die bei den Parlamentswahlen eine absolute Mehrheit erhält – somit kann der französische Präsident dazu verpflichtet sein, einen Premierminister aus der Opposition zu ernennen. Mit diesem geradezu frechen Ziel vor Augen – Mélenchon war bei den Präsidentschaftswahlen ja gerade erst Dritter geworden und hatte keine absolute Mehrheit in Aussicht – gab es bei einigen linken Wähler*innen eine Art Euphorie.
Erste Putzfrau der Geschichte zieht ins französische Parlament ein
Die steigerte sich noch, als Mélenchons Partei „Unbeugsames Frankreich“ (LFI) unter dem Namen „Nupes“ (Neue sozialökologische Union) ein Bündnis schuf, das die linken Parteien des Landes zusammenführte. Ein bemerkenswerter Schritt, waren sich die Parteien links der Mitte doch über Jahrzehnte Feind gewesen. So gingen die gefallene Sozialistische Partei (PS), die Kommunistische Partei (PFC) sowie die französischen Grünen mit Mélenchons „Unbeugsames Frankreich“ zusammen ins Rennen. Vor den Präsidentschaftswahlen hatten die meisten von ihnen – Mélenchon inklusive – einen solchen Zusammenschluss noch abgesagt. Viel zu spät passiere das nun also, klagten Kritiker*innen, nachdem Macron ja nun schon Präsident ist. Besser spät als nie, jubelten andere.
Das Bündnis schaffte es, sich einigermaßen divers und bewegungsnah aufzustellen.
Besonders hervorzuheben ist hier Rachel Kéké, die als erste Putzfrau der Geschichte ins französische Parlament einzieht. Sie hatte den fast zweijährigen Streik einer Gruppe von Reinigungskräften angeführt und den mächtigen Hotelkonzern Accor bezwungen. Ihren Wahlkreises hat sie gegen Macrons Sportministerin Roxana Mărăcineanu für sich entschieden.
Nicht ins Parlament geschafft hat es der Bäcker Stéphane Ravacley, der sich zuvor mit einem Hungerstreik gegen seinen von Abschiebung bedrohten Lehrling eingesetzt hatte und für Nupes angetreten war.
Die politischen Ziele von Nupes richteten sich auf Umverteilung: Eine höhere Besteuerung der Reichen und von Vermögen allgemein; ein höherer Mindestlohn, mehr Budget für Klimaschutz, sowie eine strikte Absage an das von Macron geplante höhere Renteneintrittsalter.
Linke hat 8x mehr Parlamentssitze
2017 noch war die linke Partei „Unbeugsames Frankreich“ mit nur 17 Sitzen von 577 im Parlament vertreten gewesen, andere linke Parteien mit noch weniger – ab jetzt werden ganze 142 Sitze vom Linksbündnis Nupes besetzt. Das reicht bei weitem nicht, um auch nur daran zu denken, den Premierminister zu stellen. Es ist aber auch fraglich, ob dieses „Ziel“ nicht ohnehin nur eine freche Maximalforderung war, um die Wähler*innen an die Urnen zu bringen.
„Unser Ziel ist erreicht: Wir haben das komplette Debakel der Präsidentschaftspartei erreicht!“, ruft jedenfalls Mélenchon kurz nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen.
Es sei eine „komplett unerwartet und eine noch nie dagewesene Situation“. In weniger als einem Monat habe das Wahlbündnis denjenigen gestürzt, der „mit so viel Arroganz dem ganzen Land den Arm verrenkt hatte“.
Demütigung für Präsident Macron
Der Ausgang der Wahlen ist in der Tat eine Demütigung für den gerade wiedergewählten Präsident Emmanuel Macron und seine Partei. Mit der absoluten Mehrheit im Parlament verliert er die Möglichkeit, „durchzuregieren“ – das ist seit mehr als 30 Jahren keinem französischen Präsidenten mehr so passiert. Macron hatte in seiner ersten Amtszeit viele neoliberale und unternehmensnahe Reformen ohne Rücksicht durchdrücken können, dieses freie Spiel hat er jetzt nicht mehr. Während die rechtsextreme Marine Le Pen und der Nupes-Anführer Mélenchon jeweils ihre Reden von jubelnden Anhänger*innen hielten, trat der Präsident an diesem Abend nicht vor die Kameras. Aus seinen Umfeld hieß es, man befürchte eine „komplette Lähmung“. Insbesondere seine Reform für ein höheres Renteneintrittsalter wird nun schwer durchzusetzen sein. Macron plant außerdem, die Rundfunkgebühren abzuschaffen, Studiengebühren an öffentlichen Universitäten einzuführen und das Arbeitslosengeld an eine Gegenleistung der Empfänger*innen zu binden. In all diesen Vorhaben ist er jetzt mindestens gebremst.
Doch die Demütigung geht noch weiter. Denn einige von Macron ernannte Minister*innen haben die Stichwahl verloren – also nicht einmal den Einzug ins Parlament geschafft. Das betrifft prominente Kandidat*innen: Etwa die Umweltministerin Amélie de Montchalin, die in ihrem Wahlkreis hinter einem Nupes-Kandidaten zurückblieb, und Brigitte Bourgignon, die Gesundheitsministerin hätte werden sollen. Auch der zukünftige Parlamentspräsident Richard Ferrand verlor in der Stichwahl gegen Nupes den Einzug ins Parlament. Und selbst Christophe Castaner, Parteivorsitzender von Macron‘s En Marche und ehemaliger Innenminister, fliegt aus dem Parlament. Eine unglaublich peinliche Angelegenheit für Macron, der wichtige Posten in seiner Partei angesichts der Niederlagen jetzt neu besetzten muss.
Macrons Premierministerin schafft den Einzug ins Parlament ganz knapp
Nur Elizabeth Borne konnte dem kompletten Gesichtsverlust gerade noch entrinnen. Die frühere Unternehmerin in Verkehrs- und Baukonzernen war in den letzten fünf Jahren Arbeitsministerin und wurde für die kommende Amtszeit bereits von Macron zur Premierministerin ernannt. Die Stichwahl zwischen ihr und dem 22-jähirgen Nupes-Kandidat Noé Gauchard war ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das sie sehr knapp mit 52,5 Prozent gewann. Trotzdem bleibt ihre Ernennung als Premierministerin ohne absolute Mehrheit anfechtbar – es bleibt abzuwarten, ob aus der Opposition entsprechende Anträge kommen.
Allerdings gibt es ein paar realpolitische Dämpfer. Der Präsident wird angesichts seiner verlorenen absoluten Mehrheit ständig auf der Suche nach Kompromissen und Allianzen sein müssen – und dabei verstärkt nach rechts blicken, etwa wenn es um unbeliebte Reformen wie die Anhebung des Pensionsantrittsalters geht. Die rechtskonservativen Republikaner jedoch, die für eine parlamentarische Unterstützung in Frage kommen, hatten schon im Vorhinein angekündigt, in die Opposition zu gehen und keine dauerhafte Koalition eingehen zu wollen. Das könnte bedeuten, dass sie dem Präsidenten einiges an konservativen Ideen auf die Tagesordnung schreiben werden. Macron könnte das Spiel mitspielen und ihnen Zugeständnisse machen, um umgekehrt Unterstützung für seine Vorhaben zu bekommen. Im Ergebnis ist also durchaus mit einem konservativen Ruck zu rechnen.
Marine Le Pen fährt bestes Ergebnis der Geschichte ein
Darüber hinaus hat die Rechtextreme Marine Le Pen mit ihrer Partei RN („Nationale Versammlung“) das höchste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Ihre Partei kommt mit 89 Sitzen auf eine so hohe Anzahl wie keine andere Einzelpartei. Alle, die stärker sind als RN, sind Bündnisse aus mehreren Parteien: Macron‘s „Ensemble!“ und Mélenchon‘s Nupes.
„Wir haben alle drei Ziele erreicht, die wir uns gesetzt haben“, rief Le Pen am Sonntagabend vor ihren jubelnden Anhänger*innen. „Aus Emmanuel Macron einen Minderheitenpräsidenten machen“, war neben nationalistischen Floskeln das erste Ziel, das sie nannte. Le Pen kündigte eine standhafte Opposition an – und die Machtübernahme nach Macron‘s jetziger Amtszeit.
Die Ergebnisse der Parlamentswahlen können sowohl als Niederlage wie auch als Sieg der linken Parteien gedeutet werden. Es ist eine demokratische Tragödie, dass Rechtstextreme historische derart gut im Parlament vertreten sind. Andererseits wurde die Macht von der RN eben gerade dadurch begrenzt, dass linke Parteien als Bündnis, und nicht als vier verschiedene Splitterparteien ins Rennen gegangen sind. Dass Mélenchons Partei gemeinsam mit Grünen, Sozialdemokraten und Kommunisten angetreten ist, hat Le Pens Platz als Oppositionsführerin verhindert. Ihr Slogan „Die einzige Opposition gegen Macron“ hat das Linksbündnis zunichte gemacht. Die stärkste Opposition ist von nun an Nupes. Das bringt auch Raum und Elan, um medial ein Gegengewicht zu Macron zu sein. Vielleicht ist das die einzige Chance einer gesellschaftlichen Linken, den kompletten Rechtsruck in Frankreich zu verhindern.
Macrons Partei rief zum Nicht-Wählen auf
Der Erfolg der Rechtsextremen Kandidatin hat allerdings einen doppelt bitteren Beigeschmack. Das Macron-Bündnis „Ensemble!“ hatte in vielen Wahlbezirken, wo sich Rechtsextreme und Nupes in der Stichwahl gegenüberstanden, zu Enthaltung aufgerufen, „um die Extreme zu verhindern“ – das geschah in 56 von 61 Fällen so. Und tatsächlich gingen Macron-Unterstützer*innen zu 72 Prozent nicht wählen, wenn in ihrem Wahlbezirk die linke Nupes gegen die rechtsextreme RN antrat. Die Ironie dabei: Macron hat es vor allem linken Wähler*innen zu verdanken, dass er in der Stichwahl zur Präsidentenwahl zwei Mal gegen Le Pen gewann. Viele Linke wählten ihn wider Willen, um Le Pen zu verhindern. Immer hatte er diese Wähler*innen dazu aufgerufen, eine Brandmauer gegen rechts zu bilden. Umgekehrt waren seine Wähler*innen, Parteikolleg*innen und Bündnistpartner*innen offenbar nicht dazu fähig, die Unterschiede zwischen Le Pen und Mélenchon und seinen Bündnispartner*innen zu erkennen – besonders was den Rechtsstaat und die Menschenrechte betrifft. Mehr noch: 12 Prozent der Macron-Wähler*innen optierten in solchen lokalen Stichwahlen für die rechtsextreme RN. Damit und mit der parlamentarisch angestrebten Nähe zu den rechtskonservativen Republikanern dürfte mittlerweile auch in den letzten Reihen der Weltöffentlichkeit angekommen sein, wo Macron wirklich steht. Und dass „linksliberal“ oder auch „Mitte“ keine adäquaten Beschreibungen seiner Partei sind.
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Als ob Moslems gleich die Macht in FR übernehmen, Hauptsache FPÖ-Hysterie! Eher wird Le Pen in 5 Jahren Präsidentin werden und FR an die Wand fahren. Aber ihr Kleronazis seid selber schuld! Ihr hättet zehn Kinder machen können und es kämen keine Moslems!