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Wettbewerbsbehörde untersucht Markt: Bald wissen wir, warum unsere Lebensmittel so teuer sind

Foto: Unsplash (bearbeitet) armut österreich essen

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Kathrin Glösel Kathrin Glösel
in Interview, Teuerung
Lesezeit:5 Minuten
28. August 2023
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Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) nimmt seit fast einem Jahr die österreichische Lebensmittelbranche unter die Lupe. Wohin fließen die Preissteigerungen? Sind die Preise gerechtfertigt? Und: Hat sich die Marktmacht bestimmter Supermarktketten verschärft? Im Oktober veröffentlicht die BWB ihren Bericht. Wir haben mit der BWB-Leiterin Natalie Harsdorf-Borsch über die große Marktuntersuchung während der Teuerung gesprochen. Ebenso über vorhandene und fehlende Kompetenzen der BWB – und die Frage, warum hierzulande Produkte so viel teurer sind als in Deutschland. 

Kontrast: Die BWB hat im letzten Jahr eine Branchenuntersuchung im Bereich Lebensmittel gestartet. Wie läuft sowas ab, was genau untersuchen Sie da?

Natalie Harsdorf-Borsch: Die allgemeine Marktuntersuchung ist ein Instrument, das die BWB einleiten kann, wenn es noch keine konkreten, gerichtsfesten Hinweise gibt, dass es zum Beispiel Preisabsprachen oder dergleichen gibt. In so einem Fall könnte man nämlich als BWB gleich ein Ermittlungsverfahren einleiten, sich einen Hausdurchsuchungsbefehl holen etc. Wenn es derartige Hinweise noch nicht gibt, aber wir dennoch Anzeichen sehen, dass der Wettbewerb verfälscht sein könnte, dann leiten wir eine Marktuntersuchung ein. Im letzten Herbst haben wir eben beobachtet, dass es massive Preissteigerungen gab.

Eine Branchenuntersuchung ist noch kein Ermittlungsverfahren

Wie geht die BWB da vor – wenn es nun so etwas wie Hausdurchsuchungen, Zeug:innenbefragungen und dergleichen noch nicht als Instrumente gibt?

Harsdorf-Borsch: Wir holen uns Daten. Die Unternehmen sind verpflichtet, uns diese auszuhändigen und unsere Fragen über Kostensteigerungen und Preisbildung zu beantworten. Dann kann es natürlich sein, dass bei so einer allgemeinen Untersuchung dann doch noch konkrete Hinweise über rechtswidriges Verhalten eingehen oder gefunden werden. Dann würden wir parallel ein Ermittlungsverfahren einleiten. Wenn das nicht der Fall ist, schreiben wir am Ende der Untersuchung einen öffentlichen Bericht und beleuchten, was auf dem Markt passiert, wie der Wettbewerb funktioniert, wie sich Preise zusammensetzen.

Kann die BWB irgendwelche Sanktionen aussprechen, wenn sie findet, dass sich etwas falsch, also zum Schaden der Konsument:innen entwickelt?

Harsdorf-Borsch: Nein, so etwas könnte beispielsweise das Kartellgericht auf Antrag der BWB im Anschluss an entsprechende Ermittlungsverfahren und unabhängig von einer Branchenuntersuchung. In Großbritannien ist das zum Beispiel anders. Wenn dort die Behörde feststellt, dass es Wettbewerbsfehler gibt, dann kann sie direkt Verfahren und Maßnahmen anordnen. Wir als BWB können einen Bericht veröffentlichen und die Politik könnte regulatorisch eingreifen – im Rahmen ihrer Kompetenzen.

Ich glaube, es gibt öffentlich ein bisschen ein Missverständnis. Viele fragen sich sicher, „Warum greift die BWB da nicht ein?“ Aber wir haben schlicht nur den Instrumentenkoffer, den uns der Gesetzgeber zugewiesen hat. Diesen schöpfen wir natürlich voll aus.

Aber auch wir kommen an unsere Grenzen, auch bei dieser Untersuchung jetzt. Da sind wir wirklich am Limit der Ressourcen mit allem, was wir machen. Aber der Rahmen ist so, wie er ist.

Vor dem Sommer hat die Regierung eine Verschärfung des Kartellrechts in einem Ministerrat angekündigt, konkrete Erweiterungen unserer Instrumente würden wir sehr begrüßen.

Bundeswettbewerbsbehörde ist am Limit: 7 Personen stemmen die Lebensmittelmarkt-Untersuchung

Wie viele Personen sind denn an so einer Untersuchung beteiligt?

Harsdorf-Borsch: Marktuntersuchungen sind sehr, sehr aufwendig. Wir sind als Behörde verpflichtet, dass wir ein ganzheitliches Bild zeichnen, dass wir tief in die Daten reingehen, um dann wirklich einen Faktencheck zu machen. Wir müssen alles, was wir in den Bericht schreiben mit Zahlen, Fakten, Daten belegen. Wir müssen natürlich auch hier eine gewisse Übersetzungsarbeit leisten, wenn wir 1.500 Lieferanten befragen. Aktuell arbeiten an der Marktuntersuchung zwischen 5 bis 7 Personen gleichzeitig. Der Schwerpunkt liegt bei uns im Team auf der Ökonomie, aber wir arbeiten auch mit Jurist:innen. Dazu gibt es einen administrativen Aufwand, es bedarf insgesamt einer erheblichen Anstrengung.

Die Bundesregierung hat angekündigt, dass es für Marktuntersuchungen zehn weitere Planstellen geben soll. Wir hoffen, dass dem so ist und dass dann unsere Ressourcen verstärkt sind.

Nochmal zurück zu den Lebensmittelkosten. Die Preissteigerungen dort belasten die Konsument:innen gerade sehr. Angenommen, es gibt keinen Whistleblower oder dergleichen. Wie findet die BWB heraus, ob Preise ungerechtfertigt erhöht wurden? Wie findet man die „Lücke“ bei der Berechnung der Preise?

Harsdorf-Borsch: Die Wettbewerbsbehörden an sich wurden ja geschaffen, um den Prozess des Wettbewerbs zu schützen. Wir können aber nicht in die Preisbildung eingreifen. Wir müssen uns den Wettbewerb als Ganzes ansehen. Denn das Prinzip sagt: Wenn der Wettbewerb funktioniert, sind die Preise günstig für die Konsument:innen.

Die BWB hat nicht das Mandat, eine Preisbehörde in dem Sinn zu sein. Für uns ist es aber natürlich beunruhigend, wenn wir sehen, dass sich in einem bestimmten Marktsegment Preise sehr gleichförmig entwickeln. Denn das kann natürlich ein Hinweis sein, wo wir sagen: Da schauen wir jetzt genauer hin, da versuchen wir investigativ tätig zu sein.

Manchmal gelingt uns das auch, ein Kartell aufzudecken. Manchmal steht aber auch gar kein Kartell dahinter, weil die Unternehmen sich einfach sehr genau beobachten und vielleicht einem unter ihnen, der vielleicht immer die günstigsten Preise setzt, gewissermaßen folgen. Solche Phänomene gibt es auch.

Eigenmarken bergen das Risiko, andere Produkte zu verdrängen – wodurch der Handel mehr Macht bekommt

Sie sehen sich bei der Marktuntersuchung unter anderem Eigenmarken an. Was ist denn hinsichtlich des Wettbewerbs das Problem bei den Eigenmarken?

Harsdorf-Borsch: Die Eigenmarken sind natürlich ein zusätzliches Angebot im Supermarkt – und es kann auch sein, dass sie günstiger angeboten werden können. Das heißt, es kann ein zusätzlicher Wettbewerbsdruck im Markt entstehen dadurch. Auf der anderen Seite entwickelt sich durch diese Eigenmarken eine Verschiebung der Marktmacht in Richtung Handel, weil dieser auch als Produzent auftritt. Und das kann negative Auswirkungen haben, weil es Verdrängungseffekte geben kann. Man muss also fragen: Habe ich am Ende mehr oder weniger Wettbewerb? Das sehen wir uns genauer an.

Gibt es irgendeinen Austausch mit der Bundesregierung in Sachen Marktuntersuchung bei den Lebensmitteln? Fragt dort jemand nach, wie es aussieht oder dergleichen?

Harsdorf-Borsch: Als BWB sind wir weisungsfrei und unabhängig – unsere Arbeit muss ohne jeden externen politischen Einfluss ablaufen. Es ist immer möglich, mit der BWB in Kontakt zu treten und uns auf sachliche Aspekte aufmerksam zu machen oder einen Input zu bringen.

Es gibt für Konsument:innen die Möglichkeit, uns Hinweise zu geben. Wir bemühen uns, allem nachzugehen und zeitgerecht zu antworten.

Warum sind Lebensmittel in Deutschland viel billiger als in Österreich?

In Österreich haben im Lebensmittelhandel einige wenige sehr viel Marktmacht, der Markt ist also unter einigen wenigen aufgeteilt. In Deutschland ist das anders, da gibt es beispielsweise auch viel mehr verschiedene Diskonter. Wie kommt das?

Harsdorf-Borsch: Man muss das in den historischen Kontext setzen. Die BWB hat man im Jahr 2002 geschaffen. In Österreich gab es davor keine eigene Behörde für den Wettbewerb – und dementsprechend keine funktionierende Fusionskontrolle. Viele kleine Märkte wurden von Größeren übernommen, bevor eine unabhängige nationale Wettbewerbsbehörde das begutachten konnte.

Das heißt, wir haben gewisse historische Entwicklungen, mit denen wir jetzt auch umgehen müssen. Wir haben eine hohe Konzentration im Lebensmittelhandel in Österreich, die noch höher ist als in Deutschland. Dort, wo die BWB die Möglichkeit hatte, in den letzten Jahren hier Einfluss zu nehmen, hat sie sich auch dagegen gestellt. Zum Beispiel bei den Tankstellenshops wollte die REWE die Lekkerland übernehmen. Das hat dann für Österreich nicht stattgefunden. Hier sieht man, wie eine Wettbewerbsbehörde wirken kann.

In den letzten Tagen haben User:innen vermehrt Beispiele ins Netz gestellt, von Produkten – auch in Österreich hergestellten Produkten – die in Österreich teurer sind als in deutschen Supermärkten. Wie kann das sein?

Harsdorf-Borsch: Zunächst mal: Dass sich Konsument:innen informieren und Preisvergleiche anstellen, ist positiv und das erzeugt auch eine gewisse Dynamik. Wir haben auch mit privaten Preisvergleichsplattformen Kontakt aufgenommen. Was den grenzüberschreitenden Aspekt angeht: Es ist tatsächlich eine Schwierigkeit für die BWB, dass wir auf das Territorium Österreich beschränkt sind. Wir können Auskunftsersuchen nach Deutschland schicken – wie die ihre Preise berechnen. Aber dort sind die Unternehmen nicht verpflichtet, unserem Ersuchen nachzukommen. Unsere Kompetenz endet an der Grenze. Aber natürlich interessiert uns das Thema und wir versuchen, mit den österreichischen Unternehmen dieser Frage nachzugehen. Die BWB wird in der ersten Septemberhälfte einen vorgezogenen Teilbericht zum Thema der Preisvergleichsplattformen veröffentlichen und auch Empfehlungen aussprechen.

Die BWB-Marktuntersuchung der Lebensmittelbranche
Die BWB untersucht seit Oktober2022  die Lebensmittelbranche beziehungsweise die Preise für die wichtigsten Nahrungsmittel. Im Oktober 2023 soll der Endbericht veröffentlicht werden. Eine derart umfangreiche Untersuchung habe es in der zwanzigjährigen Geschichte der Bundeswettbewerbsbehörde noch nie gegeben, sagt Natalie Harsdorf-Borsch, Leiterin der BWB. Ihre Behörde hat in den vergangenen Monaten mehr als 2.200 Unternehmen aus der Lebensmittelbranche befragt: 700 Lebensmittelhändler und 1.500 Lebensmittelproduzenten
Parlament Das Thema "Bundeswettbewerbsbehörde" im Parlament

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Privatstiftungen sollten ursprünglich einem gemeinnützigen Zweck dienen, etwa in den Bereichen Soziales, Bildung oder Kultur. Doch heute sind sie vor allem ein beliebtes Werkzeug, um Vermögen zu sichern und Steuern zu vermeiden. Sie sind besonders beliebt bei den Reichsten der Reichen – auch weil sie kaum von den Steuerbehörden kontrolliert werden. Zitat: Privatstiftungen sind eine Rechtsform, die beinahe ausschließlich von den Reichsten der Reichen genutzt wird. 40 Prozent aller Privatstiftungen befinden sich im unmittelbaren Umfeld der 60 reichsten Familien. Sie werden von Superreichen benutzt, um ihr Vermögen vor Steuerbehörden zu verschleiern. Auch deshalb weil drei Viertel aller Privatstiftungen überhaupt noch nie von den Steuerbehörden kontrolliert worden sind. Stephan Pühringer

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