Mondragón im spanischen Baskenland ist die größte Genossenschaft der Welt und eines der erfolgreichsten Unternehmen in ganz Spanien. Die Arbeiterinnen und Arbeiter des Genossenschafts-Verbundes Mondragón besitzen ihr Unternehmen und treffen selbst die Entscheidungen. Heute ist Mondragón nicht nur ein Global Player in einer Vielzahl von Industrien, sondern ein Vorbild für jene, die unser Wirtschaftsleben demokratisch und solidarisch gestalten wollen.
Wenn wir in Österreich an Genossenschaften denken, kommen uns Wohnbau-Genossenschaften oder am Land vielleicht Weide-Genossenschaften in den Sinn. Kleine Strukturen, die eine untergeordnete Rolle im Wirtschaftsleben spielen. Ganz anders ist das im spanischen Baskenland. Dort ist die Genossenschaft Mondragón das erfolgreichste Unternehmen und der größte Arbeitgeber der Region. Und nicht nur das: Mondragón ist nicht nur eine der größten Firmen in ganz Spanien, sondern hat Niederlassungen in 31 verschiedenen Ländern und über 80.000 MitarbeiterInnen. Es ist die größte Genossenschaft der Welt.
Die Entstehung der Genossenschaft
Begonnen hat die Geschichte von Mondragón nach dem spanischen Bürgerkrieg. Damals herrschte in der Kleinstadt Massenarbeitslosigkeit und Armut. Der Priester von Mondragón, José María Arizmendiarrieta, wollte seiner Gemeinde aus der wirtschaftlichen Notlage helfen. Gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt gründete er eine Berufsschule. Die Absolventen dieser Schule gründeten die ersten Genossenschaften der Stadt. Kurz darauf gründeten diese Genossenschaftler eine Kreditanstalt, um die Arbeit der Genossenschaften zu unterstützen – und bei der Finanzierung neuer Genossenschaften zu helfen.
In den darauf folgenden Jahren wuchs die Genossenschaft Mondragón ständig. Bereits sieben Jahre nach der Gründung gab es mehr als zwanzig Genossenschaften, die Teil von Mondragón waren. Zusätzlich übernahmen die Genossenschaften immer mehr Industrien. Die erste Genossenschaft stellte vor allem Haushalts-Elektronik her. Bald war Mondragón auch im Maschinenbau, Finanzsektor, Einzelhandel und der Bauwirtschaft tätig. Eines der Prestige-Projekte der Genossenschaft ist die Dachkonstruktion des berühmten Guggenheim-Museums in Bilbao.
Das Prinzip Mondragón
Das Erfolgsrezept von Mondragón? Die Beschäftigten führen ihr Unternehmen selbst. Anstatt Aktionären oder Milliardären zu gehören, besitzen die Beschäftigten von Mondragón ihr Unternehmen selbst und treffen die Entscheidungen selbst. Der Gewinn des Unternehmens wird nicht an Off-Shore-Konten in Steuersümpfen ausgezahlt, sondern geht an jene, die den Gewinn erwirtschaftet haben: Die Arbeiterinnen und Arbeiter von Mondragón.
Diese Wirtschafts-Demokratie findet auf allen Ebenen von Mondragón statt. In den einzelnen Genossenschaften finden regelmäßig Versammlungen statt, wo über künftige Investitionen, Verwendung der Profite und ähnliches entschieden wird. Außerdem schickt jede Genossenschaft Delegierte zur Generalversammlung des Mondragón-Verbunds, wo die großen strategischen Fragen des Verbunds entschieden werden. Dadurch wurde nicht nur sicher gestellt, dass die Genossenschaften im Interesse ihrer Beschäftigten geführt werden, sondern auch, dass alle MitarbeiterInnen eine starke Bindung an Mondragón haben.
Solidarisches Wirtschaften
Neben der Mitbestimmung auf allen Ebenen ist es die gelebte Solidarität, die Mondragón so erfolgreich macht. Die spiegelt sich auch im Lohngefälle wieder. Während andere Unternehmen ihren Managern oft astronomische Gehälter zahlen, ist das bei der baskischen Genossenschaft anders. Der Präsident von Mondragón verdient nur 6 mal so viel wie die unterste Lohngruppe der Genossenschaft. Dazu kommt, dass die unteren Lohngruppen weit mehr verdienen als der regionale Durchschnitt, während sich das Management mit weniger zufrieden geben muss als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Firmen. Die Belegschaft honoriert diese Lohngerechtigkeit. So ist die Abwesenheitsrate um die Hälfte niedriger als in gewöhnlichen Betrieben und die Produktivität um acht Prozent höher.
Solidarität wird aber auch zwischen den verschiedenen Teil-Genossenschaften von Mondragón gelebt. Wenn eine der Teil-Genossenschaften in finanzielle Schwierigkeiten gerät, bekommt sie oft Zuschüsse von dem Genossenschafts-Verbund, um sich zu stabilisieren. Außerdem können die Mitarbeiter der Genossenschaft vorübergehende Gehaltskürzungen beschließen, um die Genossenschaft zu sanieren. Sollten alle diese Maßnahmen nicht helfen und eine Genossenschaft in Konkurs gehen, werden ihre MitarbeiterInnen nicht auf die Straße gesetzt. So weit es möglich ist, übernehmen andere Genossenschaften diese MitarbeiterInnen in ihrem eigenen Betrieb.
Mondragón heute
Mondragón besteht heute aus fast 100 verschiedenen Teil-Genossenschaften und beschäftigt über 80.000 Menschen auf allen 5 Kontinenten. Gestützt werden die wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht nur durch eine eigene Bank, sondern auch durch ständige Forschung und Verbesserungen. Die Genossenschaft hat 15 Innovationszentren und seit 1997 sogar eine eigene Universität mit fast 5.000 Studierenden.
Der Erfolg von Mondragón zeigt, dass ein Unternehmen auf Solidarität, Demokratie und hohen Löhnen beruhen kann – und international erfolgreich bleibt. Für die Führung des Genossenschafts-Verbunds ist klar:
„Unser oberstes Ziel ist es, mit der Schaffung und dem Erhalt von Arbeitsplätzen den Wohlstand der Bevölkerung zu mehren.“ – Mikel Lezamiz, Director of Cooperative Dissemination Mondragón
Mondragón als Vorbild
Die Genossenschaft aus dem Baskenland ist heute Vorbild für Unternehmen und Regierungen. Ein Beispiel dafür ist Cleveland in den USA. Früher war Cleveland eine blühende Industrie-Stadt. In Folge der De-Industrialisierung in weiten Teilen der USA, schlossen aber viele der Fabriken in Cleveland. Oft haben Firmen die Produktion in Billiglohnländer verlagert. Das Ergebnis war zunehmende Arbeitslosigkeit und ein wirtschaftlicher Niedergang wie in vielen ehemaligen Industriegegenden der USA.
Die Menschen von Cleveland wollten diese Situation aber nicht einfach hinnehmen. Sie nahmen sich den Erfolg der Genossenschaften von Mondragón als Vorbild und schufen einen städtischen Wirtschaftsplan mit Genossenschaften und lokaler Produktion im Zentrum. Heute blüht Cleveland dank der Inspiration aus dem Baskenland wieder auf. Genossenschaften in Cleveland betreiben die größte Solarenergie-Anlage der USA, sowie das größte System an Gewächshäusern.
Auch in England wurden Anleihen am Mondragón-Modell genommen. Die nordenglische Stadt Preston hat eine ähnliche Geschichte wie Cleveland. Preston war früher eine pulsierende Industriestadt, die De-Industrialisierung hat die Stadt jedoch hart getroffen. Genauso wie Cleveland, ist mit einem lokalen Wirtschaftsplan, basierend auf Genossenschaften, die Kehrtwende gelungen. Heute ist das sogenannte Preston-Modell offizieller Teil des Wirtschaftsprogramms der britischen Labour-Party.
Warum mir das gefällt: Weil nicht, wie meistens zum Geistesbetrug unterrichtet, der Arbeitgeber die Löhne bezahlt, sondern der Kunde. Der Arbeitgeber nimmt das Geld und reicht einen Teil an den Arbeitnehmer, dem, der die Güter erzeugt wohlgemerkt, weiter, das ist alles.
Fazit: Umso mehr Arbeitnehmer ein sogenannter Arbeitgeber auszubeuten vermag, desto reicher wird er selbst. Das andere ist, dass ein Arbeitgeber selten selbst imstande ist, die Güter zu erzeugen, von denen er überproportional profitiert. Er lebt somit auf KOSTEN der ANDEREN.