Der Lebenspartner wird schwer krank. Die Eltern können das tägliche Leben nicht mehr alleine bewältigen. Solche Schicksalsschläge treffen tausende Menschen in Österreich. Und sie bedeuten, dass wir uns dann plötzlich die Frage stellen, wie wir unsere Lieben versorgen und versorgen lassen. Welche Pflegeleistungen nehmen Menschen in Anspruch? Wer stellt die Pflegekräfte? Und welche Zukunft hat die 24h-Pflege? Hier die Statistik mit den wichtigsten Zahlen aus Österreich.
Immer mehr Pflegebedürftige – in 30 Jahren werden es 750.000 sein
456.000 Menschen sind heute in Österreich auf Pflegeleistungen angewiesen. Das ist mehr als das Bundesland Vorarlberg Einwohner hat.
Jeden Tag kommen 27 neue Fälle dazu. Im Jahr 2050 werden 750.000 Menschen Pflegeleistungen brauchen.
Pflegeorganisationen schätzen, dass es bis 2050 rund 40.000 zusätzliche Fachkräfte in der Langzeitpflege braucht, um den Bedarf zu decken.
Fast 950.000 Angehörige sind in die Pflege ihrer Lieben involviert – und viele von ihnen sind mit der Situation überfordert. Sie müssen sich mühsam Informationen und Hilfe organisieren und Plätze in Pflegewohnheimen sind nicht ausreichend vorhanden.
Besonders am Land ist die Herausforderung groß
In entlegenen Gemeinden ist es für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen besonders schwer, Unterstützung zu finden. Es gibt keine zentrale Anlaufstelle, die Fragen beantwortet oder Hilfestellen koordiniert. Egal, ob Essen auf Rädern, Haushaltshilfe oder einen mobilen Friseur: alles ist schwieriger, zu organisieren. Mit Plätzen in Pflegewohnheimen ist es nochmal schwieriger als in Städten oder großen Gemeinden.
SPÖ fordert Pflegegarantie und zentrale Anlaufstelle für alle Pflege-Fragen
Geht es nach den Sozialdemokraten, soll es künftig sogenannte Pflegeservice-Stellen geben: Sie dienen als zentrale Anlaufstellen für Pflegebedürftige und Angehörige. Dort sollen sie Antworten auf alle Fragen bekommen – von barrierefreier Wohnungsgestaltung bis hin zu Pflegeleistungen zu Hause, Pflegegeld, Pflegekarenz und Heimplätzen in der Umgebung.
Angehörige, die pflegen, sollen die Sicherheit haben, ausreichend freigespielt zu sein, um diese Aufgabe zu übernehmen. Die SPÖ fordert deshalb einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit – damit sich Pflege mit dem Job vereinbaren lässt.
Und zuletzt soll niemand Angst vor dem finanziellen Ruin haben, wenn der Vater oder die Oma Pflege braucht und beispielsweise eine Betreuung im Heim braucht. Über eine Pflegegarantie sollen alle Kosten für die Pflege vom Staat gedeckt werden.
Die Ausgaben für Pflege in Österreich: 5,7 Milliarden Euro
In Österreich werden 5,7 Mrd. für Pflege ausgegeben. 5 Milliarden davon bezahlt der Staat, der Rest muss privat getragen werden. ÖVP und FPÖ sinnieren nun über eine Pflegeversicherung. Die würde wie folgt aussehen: Sie würde von den Beschäftigten bezahlt werden, die Lohnnebenkosten müssten um 3 Prozent erhöht werden. Erst dann kommen genug Einnahmen zusammen, um den Pflegebedarf über eine zusätzliche Versicherungsleitung zu decken.
Die Tücken einer Pflegeversicherung
Doch so eine Pflegeversicherung hat Tücken: Sie belastet beispielsweise Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einseitig. Denn die kommen mit ihren Abgaben dann für ihre eigenen Angehörigen, aber auch für Jobsuchende, Bauern und Selbstständige auf, wenn diese pflegebedürftig werden. Diese Gruppen würden jedoch nicht in die Pflegeversicherung – wie sie derzeit angedacht ist – einzahlen.
Die Alternative: ein Pflegefonds
Eine Möglichkeit wäre, einen Pflegefonds einzurichten. In diesen sollen die Länder und der Bund Mittel einzahlen. Und zwar in der Höhe, die die öffentliche Hand jetzt auch schon deckt: etwa 5,1 Milliarden Euro. Die Differenz zu den Ausgaben bisher (5,7 Milliarden) könnte durch zweckgebundene Erbschafts- und Schenkungssteuern ausgeglichen werden. Somit würden die Vermögenden des Landes – und allein die unselbstständig Beschäftigten aller Einkommensklassen – den Erhalt und Ausbau der Pflege in Österreich deutlich mitfinanzieren.
Pflegedienstleistungen in Österreich im Überblick
Etwa 80 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen in Österreich werden laut Sozialministerium von Angehörigen zu Hause gepflegt.
Darüber hinaus stehen den Pflegebedürftigen aber noch andere Möglichkeiten zur Verfügung, die sie zusätzlich oder anstatt der Angehörigen-Pflege nutzen.
Art der Dienstleistung | Pflegebedürftige, die Dienste nutzen |
mobile Dienste | 147.000 |
Case- und Care-Management | 97.700 |
stationäre Einrichtungen | 74.700 |
alternative Wohnformen | 11.900 |
Kurzzeit-Pflege | 9.300 |
teilstationäre Einrichtungen | 7.500 |
Was bieten stationäre Einrichtungen?
Sie betreuen die Pflegebedürftigen vollständig.
Was bieten teilstationäre Pflege- und Betreuungsleistungen?
Die Pflegebedürftigen leben zu Hause und besuchen vorübergehend Einrichtungen, wie zum Beispiel Tageszentren.
Was bietet Kurzzeit-Pflege?
Kurzzeit-Pflege bedeutet, dass Pflegebedürftige für einen kurzen Zeitraum (einige Wochen) in teilstationären Einrichtungen versorgt werden. Der Grund dafür kann sein, dass pflegende Angehörige aufgrund von Urlaub oder Krankheit die zu Hause unterbrechen müssen, oder ältere Personen nach einem Krankenhausaufenthalt noch nicht in der Lage sind, in ihren Wohnbereich zurückzukehren.
Was bieten mobile Dienste?
Die Pflegebedürftigen leben zu Hause und werden von Pflegekräften besucht und unterstützt.
Was bieten alternative Wohnformen?
Dabei handelt es sich um betreute Wohnprojekte für ältere bzw. pflegebedürftige Menschen.
Was bietet Case- und Care-Management?
Care-ManagerInnen sind Schnittstellen zwischen der pflegebedürftigen Person sowie deren Angehörigen und den Krankenkassen sowie deren Vertragspartnern. Care-ManagerInnen beraten über Leistungen in der Pflege, helfen bei Behördengängen. Sie selbst pflegen allerdings nicht und greifen auch sonst nicht in medizinische Behandlungen ein.
Betreuung im Bundesländervergleich
In Wien ist das Angebot alternativer Wohnformen besonders groß. Auch mobile Betreuungs- und Pflegedienste werden in der Bundeshauptstadt stärker in Anspruch genommen, gefolgt von Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol.
Bei der stationären Pflege sticht die Steiermark mit den meisten Pflegebedürftigen in diesem Bereich hervor.
Sowohl bei den Gepflegten als auch bei den Pflegenden betrifft es vor allem Frauen
Zwei Drittel (mobile Dienste) bis annähernd drei Viertel (stationäre Dienste, Kurzzeitpflege, alternative Wohnformen) der betreuten Menschen in Österreich sind Frauen (Quelle: Statistik Austria, 2016).
Bei den Pflegekräften ist der Frauenanteil noch höher: 92 Prozent bei den mobilen Diensten, 84 Prozent bei den stationären Diensten.
24h-Betreuung – das leisten vor allem Frauen aus Nachbarländern
Die Betreuung erfolgt zu Hause durch Pflegekräfte, die meist selbständig tätig sind und über Agenturen vermittelt werden. 2016 wurden rund 33.000 BetreuerInnen in Privathaushalten öffentlich gefördert und die Kosten beliefen sich auf rund 150 Mio. Euro. Es gibt viele Anbieter, die Kräfte aus osteuropäischen Ländern vermitteln. Einen einheitlichen Qualitätsstandard gibt es keinen.
In Österreich arbeiten aktuell etwa 65.000 24h-PflegerInnen. Fast alle von ihnen kommen aus Nachbarländern – und es sind vor allem Frauen. Etwa jede 3. Pflegekraft bezieht für ihre Kinder Familienbeihilfe – die nun gekürzt wird. Die Kinder können nicht in Österreich leben. Die PflegerInnen wohnen während ihrer Arbeit meist direkt bei den betreuten Personen und haben keine eigene Wohnmöglichkeit. Welche groß die Folgen der Familienbeihilfe-Kürzung für die Pflegeversorgung sind, ist noch unklar.
Eine Umfrage unter 24h-Pflegerinnen zeigt: Mehr als die Hälfte von ihnen würde aufhören, in Österreich pflegebedürftige Menschen zu betreuen. Ein knappes Drittel muss künftig mehr für ihre Dienste verlangen.
- Jede 3. 24-Stunden-Pflegerin aus dem Ausland wird die Arbeit in Österreich beenden.
- 26 Prozent der Pflegerinnen müssen mehr Geld verlangen.
Interessant, dass es immer mehr pflegebedürftige gibt. Aber es macht Sinn, da unsere Gesellschaft immer älter wird. Ich beobachte in meinem Umkreis, dass der Trend von der stationären Pflege immer mehr zur ambulanten Pflege geht.
WARUM wird die Diskussion über “Pflege” auch bei Kontrast immer noch ohne den extra Punkt “Pflege von behinderten oder schwerkranken Kindern/Jugendlichen” geführt?
Ich bin selbst pflegende Mutter eine behinderten Kindes, alleinerziehend und arbeite Vollzeit. Case Management gibt es nicht und die bürokratische Ignoranz ist himmelschreiend. Es macht sehr wohl einen Unterschied ob ich einen alten Menschen am Ende seines Lebens begleite oder einen sehr jungen Menschen überhaupt “ins Leben” helfen muss. Wir Mütter und Väter von KIndern mit Behinderung sind genauso “pflegende Angehörige” stehen aber oft noch selbst voll im Beruf, haben Pläne und Ziele. Der Bedarf an Unterstüzung und Hilfsmitteln ist ein ganz anderer. Der Umgang mit unseren Kindern(Schule, Kindergarten, Freizeitgestaltung) muss ein anderer sein. Hilfe und Aufschrei ist angebracht.