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Eine dubiose Stiftung und der absolute Gehorsam: Erwin Prölls Machtsystem

Foto: Google Maps: Mainburg in Niederösterreich (Nähe St. Pölten), Doktor-Erwin-Pröll-Allee

Boris Ginner Boris Ginner
in Politik
Lesezeit:5 Minuten
12. Januar 2017
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Die Privatstiftung des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll verfügt über mehr als eine Million Euro. Der Großteil des Geldes stammt aus Steuermitteln. Die Existenz der Stiftung wirft viele Fragen auf, ebenso die fehlenden Kontroll- und Einsichtsmöglichkeiten. Doch wenn JournalistInnen nachfragen, kommen Angriffe statt Antworten. Was sagt das über den Machtapparat aus, den sich Landeshauptmann Pröll in den letzten 25 Jahren aufgebaut hat? Ein Blick in das System des mächtigsten Mannes der ÖVP.

Edit 16.10.2018: Mittlerweile wurde die Dr. Erwin Pröll Stiftung aufgelöst.

Mehr als eine Million Euro Steuergeld für Pröll-Stiftung

Die Wochenzeitung Falter berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe über eine fragwürdige Stiftungskonstruktion rund um den niederösterreichischen Landeshauptmann: Vor zehn Jahren wurde die Erwin-Pröll-Privatstiftung gegründet, dotiert mit 150.000 Euro. Geld, das der Landeshauptmann zu seinem 60. Geburtstages von anonymen Spendern erhalten und 2007 in eine Stiftung transferiert hat.

In den darauffolgenden zehn Jahren hat die Stiftung insgesamt 1,35 Millionen Euro an Förderungen aus Steuergeld angesammelt. 150.000 Euro pro Jahr, beantragt vom damaligen Finanzlandesrat und heutigen Innenminister Wolfgang Sobotka und zuletzt von der jetzigen Landesrätin Johanna Mikl-Leitner. Der schwammig formulierte Zweck der Stiftung ist die „Förderung des kulturellen Lebens, des sozialen Zusammenlebens im ländlichen Raum und des harmonischen Zusammenlebens von Generationen“. Im Stiftungsvorstand sind drei Personen:

  • Dr. Erwin Pröll
  • Erwin Hameseder – Raiffeisen-Chef
  • Johannes Coreth – damals stv. Generaldirektor der NÖ Landesversicherung

Über das Vermögen kann der Vorstand frei verfügen und ist niemandem Rechenschaft schuldig. Wer das Geld unter welchen Bedingungen überreicht bekommt, bleibt geheim. Weder Landtag noch Landesrechnungshof können die Gebarung der Stiftung kontrollieren, so der Vorwurf des „Falter“. Das wirft viele Fragen auf. SPÖ und Opposition fordern daher eine Prüfung der Stiftung durch den Bundesrechnungshof.

Warum vergibt das Land Förderungen nicht direkt, sondern schaltet eine völlig intransparente Privatstiftung des Landeshauptmanns dazwischen? Warum wird jährlich Steuergeld in eine Stiftung ohne Kontroll- und Einsichtsmöglichkeit verschoben? Der Journalist Florian Klenk, der die Geschichte für den Falter recherchiert hat, sagt dazu:

„Der Landeshauptmann, der die Interessen des Volkes vertreten sollte, beantragt und bekommt für seine Privatstiftung regelmäßig Geld des Volkes, um es im eigenen Namen auszugeben. Und hat dafür nicht einmal eine Leistung erbracht. Das ist Feudalismus pur.“

Bei den zuständigen Pressestellen des Landes ist diesbezüglich wenig zu erfahren. Auch die Pressesprecher von Innenminister Sobotka und Raiffeisen-Chef Hameseder wollen keine Auskunft dazu geben. Verwiesen wird auf Pröll-Sprecher Kirchweger, der allerdings statt zu antworten zum Angriff auf den Falter-Journalisten Florian Klenk übergeht.

Inzwischen hat allerdings die  Präsidentin des Rechnungshofes, Margit Kraker, angekündigt die Förderungstätigkeit des Landes Niederösterreich für die umstrittene „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ zu prüfen. Der Landeshauptmann denkt indes laut über seinen Rücktritt nach.

„Pröll macht mir Angst“

Das fügt sich ein, in eine politische Kultur, in der von Medien erwartet wird, dass sie dem Landeshauptmann stets wohlgesonnen sind. Werden dubiose politische Praktiken ernsthaft hinterfragt, hagelt es Vorwürfe von „landesfeindlich“ bis „terroristisch“. So konnte der Landeshauptmann bisher auch noch so große Skandale immer gut durchtauchen.

„Wer, vom Pfarrer bis zum Journalisten, zur falschen Zeit aufmuckt, wird mitunter zusammengestaucht. Widerspruch ist in Prölls politischem Mikrokosmos nicht vorgesehen“, sagt etwa Gerald John vom Standard. Und Eric Frey meint sogar: „Pröll macht mir Angst. Er ist ein charismatischer, aber willkürlicher, autoritärer und nachtragender Machtmensch, der glaubt, dass sein Wille Gesetz ist.“

Spekulationsskandal: Rund eine Milliarde Euro verloren

Den wohl größten finanziellen Schaden haben Pröll und sein langjähriger Finanzlandesrat Sobotka mit der Spekulation von Wohnbaugeldern angerichtet: rund eine Milliarde Euro wurden dabei in den Sand gesetzt. Im Jahr 2002 hat Niederösterreich 8,2 Milliarden Euro an Wohnbaudarlehen und Landesbeteiligungen um nur 4,4 Milliarden Euro auf dem Finanzmarkt verkauft. Ein riskantes Geschäft: Um zumindest den ursprünglichen Betrag wieder zu erreichen, hätte es Zinserträge von rund 5 Prozent gebraucht. Da diese Mindest-Rendite aber weit unterschritten wurde, hat das Land Niederösterreich mindestens eine Milliarde Euro verloren.

Zum Vergleich: Der Salzburger Finanzskandal, der Landeshauptfrau Burgstaller und mehreren BeamtInnen das Amt gekostet hat, soll einen Schaden von rund 340 Millionen Euro angerichtet haben.

Auf die Kritik des Rechnungshofs an den Spekulationsgeschäften Niederösterreichs reagierte die Pröll-ÖVP in gewohnter Manier mit Angriff: Der Rechnungshof agiere „landesfeindlich“, hieß es.

Dubiose Bankgeschäfte und Schuldenexplosion

Zum Pröll-Imperium zählen auch parteinahe Firmen, Landesunternehmen und die Hypo Niederösterreich. Auch hier schossen die Skandale zum Teil wie Pilze aus dem Boden. So haben dubiose Geschäfte der Hypo NÖ vor fünf Jahren zu Hausdurchsuchungen an 27 Orten geführt. Die Vorwürfe reichen von Bilanzfälschung bis Untreue.

Die verantwortungslose Finanzpolitik Prölls kommt auch im hohen Schuldenberg Niederösterreichs zum Ausdruck. Als Pröll 1992 sein Amt angetreten hat, hatte das Land 14,3 Milliarden Schilling Schulden – rund eine Milliarde Euro. Unter Pröll hat sich der Schuldenstand mehr als verdreifacht. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von fast 5.000 Euro liegt Niederösterreich nur knapp hinter Kärnten, wo allerdings mit dem Hypo-Desaster das größte Finanzdebakel der zweiten Republik voll eingeschlagen hat.

Landesmittel werden nach Gunst vergeben

Im Laufe seiner jahrzehntelangen Allmacht in Niederösterreich schuf Pröll ein enges Netz an Abhängigkeiten und Zwängen. Wer nicht im Sinne der Landes-ÖVP agiert, ist schnell einmal mit wirtschaftlichem Druck konfrontiert – bis hin zur Angst um den Job. Denn egal, ob es um einen Platz im Kindergarten, einen Job im Krankenhaus oder einen Kredit bei der örtlichen Raiffeisen-Filiale geht: Am Goodwill der ÖVP führt oftmals kein Weg vorbei.

BürgermeisterInnen müssen beim Landeshauptmann um Audienz ansuchen und um Bedarfszuweisungen bitten. Das Ergebnis sind BürgermeisterInnen, die sich ihren Draht ins Büro des Landeshauptmanns nicht verscherzen wollen. ÖVP-Gemeinden steigen natürlich durch die Bank besser aus– ein Beispiel:

Während bei der Verteilung der Landesmittel das schwarz regierte Waidhofen/Ybbs pro EinwohnerIn 73,71 Euro bekommt, erhält das rot regierte Amstetten wenige Kilometer weiter nur 5,89 Euro.

Geld für Prestigeprojekte

Während unter Pröll die Regionalbahnen reihenweise stillgelegt oder gekürzt, sowie Bahntrassen herausgerissen und durch Radwege ersetzt werden, scheint genügend Geld für Prestigeprojekte da zu sein. Etwa für die Landesgartenschau Tulln, bei der sich zwischen 2003 und 2009 eine regelrechte Kostenexplosion ereignete: Anstelle der geplanten 5 Millionen Euro verschlang das Projekt insgesamt 21 Millionen Euro. Zudem soll Prölls Intimus Sobotka, selbst leidenschaftlicher Hobbygärtner, laut Landesrechnungshof einer Planungsgesellschaft für die Landesgartenschau freihändig eine Förderung von 2,5 Millionen Euro zugeschanzt haben. Auch hier zeigt sich: Wer den Segen des allmächtigen Landesvaters genießt, für den herrscht in Niederösterreich beinahe Narrenfreiheit.

Überhaupt nimmt der niederösterreichische Personenkult zum Teil skurrile Aumaße an. Da gibt es etwa die Dr. Erwin Pröll-Allee oder die Dr.-Erwin-Pröll-Warte. In kaum einem anderen demokratischen Land werden Straßen und Denkmäler nach aktiven Politikern benannt.

Pröll-Ziehsohn Strasser wanderte ins Gefängnis

Der erste Proponent des System Pröll, der hinter Gitter wanderte, ist der ehemalige Innenminister Ernst Strasser. Strasser ist 2011 über eine Korruptionsaffäre gestolpert und wegen Bestechlichkeit zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Als EU-Abgeordneter hatte Strasser JournalistInnen, die sich als Lobbyisten vorgestellt haben, die Änderung von EU-Gesetzen gegen Geld in Aussicht gestellt. Der Politiker aus dem Herzen des Pröllschen Imperiums gilt als dessen politischer Ziehsohn.

Zwischen 1992 und 1998 war Strasser Landesgeschäftsführer in NÖ, kurz darauf wurde er von Pröll als Innenminister in die damalige schwarzblaue Koalition geschickt. Ebenfalls auf Druck Prölls wurde Strasser 2009 zum ÖVP-Spitzenkandidaten bei den EU-Wahlen und in der Folge Delegationsleiter der schwarzen Fraktion im EU-Parlament.

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Rolf-Dieter Herzog
Rolf-Dieter Herzog
5. März 2019 18:39

Und wo sitzt der Sobotka Heute?

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer
In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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