Wohnungsbesitzer und Immobilienunternehmen beauftragen Makler, um für ihre Wohnungen Mieter zu finden. Die Mieter bezahlen das meist mit zwei Monatsmieten. Ein Gesetz sollte diesen Missstand beseitigen und die Eigentümer als Auftraggeber zum Zahlen bringen. ÖVP und Grüne wollten das Maklergesetz mit Jahresbeginn reformieren, scheiterten aber daran. Nach langem Hin und Her soll die Änderung jetzt doch mit 1. Juli 2023 kommen – doch auch der neue Entwurf enthält eine Vielzahl an Lücken, wie die Mietervereinigung kritisiert, die derzeit an einer detaillierten Analyse arbeitet.
Zwei Monatsmieten zahlen Mieterinnen und Mieter an Maklergebühren, wenn sie über deren Dienste zu einer neuen Wohnung kommen. Immerhin eine Monatsmiete wird fällig, wenn die Wohnung für maximal drei Jahre angemietet wird. Seit Jahren kämpfen Mietervereinigungen, die Arbeiterkammer, die Gewerkschaften und die SPÖ dafür, dass diese Ungerechtigkeit beseitigt wird. Denn schließlich handeln die Makler vor allem für ihre Auftraggeber, die Vermieter. Diese sollen demnach auch die Kosten für die Makler tragen.
Am 23. März 2022 präsentierte die Regierung ein Gesetz, das seitdem als Entwurf am Tisch liegen geblieben ist. Diese Novelle des Maklergesetzes sollte dafür sorgen, dass Mieter ab 2023 nur noch dann eine Provision an den Makler bezahlen müssen, wenn sie diesen selbst beauftragt haben.
Der vereinbarte Kompromiss scheiterte dann aber im Dezember 2022. Laut Grüne wollte die ÖVP die Maklergebühren zwar abschaffen, aber im Gegenzug andere Belastungen für die Mieter wieder erlauben. „Die ÖVP will der Immobilienlobby erlauben, Ablösen anstatt Maklerprovisionen von den Mieterinnen und Mietern zu verlangen“, ärgert sich die Grünen-Politikerin Nina Tomaselli. Das seien „politische Spielchen auf dem Rücken der Mieter“. Kurz darauf kam doch wieder alles anders: Jetzt soll die geplante Änderung nun doch mit 1. Juli 2023 kommen.
Die Hoffnung war: Ab Jänner 2023 sollten Vermieter den Makler bezahlen
Ab Jänner 2023 sollte in Österreich für Mieter das sogenannte „Bestellerprinzip“ bei Maklerprovisionen gelten. Damit ist gemeint, dass derjenige, der einen Makler beauftragt, diesen auch bezahlt – in den meisten Fällen ist das der Vermieter. Bisher konnte der Makler vom Mieter im Regelfall zwei Monatsmieten an Provision kassieren, auch wenn er vom Vermieter beauftragt wurde.
Künftig sollte der Mieter, wenn er den Makler nicht mit der Wohnungssuche beauftragt hat, keine Provision mehr zahlen. Das Justizministerium legte im März einen Gesetzesentwurf vor und rechnete vor, dass sich Mieter jährlich rund 55 Millionen Euro an Maklerprovision sparen. Weil sich die Regierungsparteien nicht einigen konnten, müssen die Mieter jetzt noch weitere sechs Monate warten, bis diese Regelung kommt.
Vorbild Deutschland: Provisionsverbot für Makler
Erklärtes Ziel des ursprünglichen Gesetzesentwurfs war es, zur Entlastung der Wohnungssuchenden beizutragen. Der einfachste Weg wäre, einen an Mieter gerichteten Provisionsanspruch des Maklers generell auszuschließen.
In Deutschland, wo das Bestellerprinzip 2015 eingeführt wurde, besteht für Makler ein Provisionsverbot gegenüber den Mietern. Nur bei Vorliegen einer Ausnahme darf doch eine Provision vereinbart werden: Wenn der Mieter den Makler selbst schriftlich beauftragt hat und der Makler aufgrund dieses Auftrags tätig wird und eine Wohnung beschafft, über die schließlich auch ein Mietvertrag zustande kommt. Die Beweispflicht für diesen Ablauf trifft den Makler.
Info: Das Bestellerprinzip in Deutschland |
Das deutsche System wirkt. Einer Studie im Auftrag des Berliner Justizministeriums zufolge ist keine Überwälzung der Maklerkosten auf die Miete zu erkennen. Auch die Anzahl an öffentlich zugänglichen Inseraten für Mietwohnungen blieb konstant. Weitere Effekte: Vermieter setzten vermehrt auf Selbstvermarktung (der Anteil stieg von 29 % auf 52 %). Die anfangs auch in Deutschland geäußerte Befürchtung, die Beratungsqualität bei der Anmietung einer Wohnung nehme für Mieter tendenziell ab, hat sich nicht bestätigt. „Die Zufriedenheit der Mieter mit der Beratungsqualität ist bei der Vermietung durch den Vermieter oder Vormieter sogar höher als durch den Makler“, hält die Studie fest. |
Das Gesetz von ÖVP und Grünen hatte von Anfang an zahlreiche Lücken
Die Experten der MVÖ haben den geplanten Gesetzesentwurf bereits im September 2022 gründlich geprüft, einige Lücken gefunden und in einer Stellungnahme Verbesserungen eingemahnt.
Der Gesetzesentwurf des österreichischen Justizministeriums sah nämlich kein Provisionsverbot vor, in dem der Makler etwaige Ausnahmen beweisen muss. Stattdessen wurde formuliert, dass der Makler mit dem Mieter eine Provision vereinbaren kann, wenn ihn dieser als „erster Auftraggeber“ mit der Vermittlung des Mietvertrages beauftragt hat. Nun ist es in der Praxis aber so, dass der Mieter selten der erste Auftraggeber ist – sondern eben der Vermieter beauftragt hat, Mieter:innen für die Wohnung zu finden. Nur: Das kann der Mieter im Nachhinein nicht beweisen – ihm wäre jedoch diese Beweislast in diesem Gesetz von ÖVP und Grünen übertragen worden.
Die MVÖ forderte daher, dass sich die Regelung am funktionierenden deutschen Bestellerprinzip (siehe Info-Kasten) anlehnt: Ein klares Provisionsverbot für Makler gegenüber dem Mieter – mit der Ausnahme, dass der Makler im schriftlichen Auftrag des Mieters tätig wird. Die Beweislast sollte den Makler treffen.
Der Entwurf in Österreich ließ auch breiten Raum für Umgehungsversuche. So sah das geplante Gesetz vor, dass der Makler dann eine Provision vom Mieter verlangen kann, wenn er eine zu vermietende Wohnung ohne Einverständnis des Vermieters inseriert. Es ist gängige Praxis, dass Makler und Vermieter – wenn nicht ohnehin eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung am Unternehmen des anderen besteht – oft über eine langjährige Zusammenarbeit in einem Naheverhältnis zueinander stehen.
Es wäre also durchaus denkbar, dass der Vermieter dem Makler diverse Objekte zur Kenntnis bringt, ohne das ausdrückliche Einverständnis zum Inserieren oder anderweitigen Bewerben zu erteilen. Dann wäre der Mieter provisionspflichtig gewesen. Der Vermieter hätte die Mietobjekte etwa auf seiner Homepage anbieten können, von wo aus der Makler die Infos nimmt. Der inseriert dann in Zeitungen und kassiert erst recht wieder Provision vom Mieter.
Die Provisionspflicht für den Mieter wäre nur dann entfallen, wenn er beweisen kann, dass Vermieter und Makler “zumindest ansatzweise” zusammenwirken, wie es in den Erläuterungen zum Entwurf hieß. Das wird in der Praxis vom Mieter kaum zu beweisen sein.
MVÖ forderte Verbesserungen
Die MVÖ forderte, dass bei einer Provisionsforderung des Maklers diesen auch die Beweispflicht für das Vorliegen einer Ausnahme des Provisionsverbotes trifft. Außerdem sollten sämtliche Streitigkeiten zwischen Mietern und Maklern betreffend der Provision im wohn-rechtlichen Außerstreitverfahren geregelt werden können, damit ein einfacher Zugang zum Recht ohne Prozesskostenrisiko geschaffen wird.
Ergänzung der Kontrast-Redaktion:
Immo-Branche feierte die Verhinderung eines wirksamen Bestellerprinzips ab
Dass es vorerst zu keiner wirksamen und also Mieter-freundlichen Regelung für die Bezahlung der Maklergebühren kommt, ist im Sinne der Immobilien-Besitzer. Die feierten in ihrem Heft „Immobilien Magazin“ schon in der Dezember-Ausgabe 2021, dass man die Idee des Bestellerprinzips der Regierung erfolgreich ausgeredet hat. Der Immobilien-Makler Robin Kalandra wurde dafür sogar mit dem „Kopf des Jahres“ ausgezeichnet.
Der Artikel erschien ursprünglich am 28. September 2022, wurde am 13. Dezember 2022 aufgrund des Scheiterns des Gesetzesentwurfs und am 11. Jänner 2023 aufgrund der erneuten Einigung der Koalition aktualisiert.