Der Verfassungsschutzbericht sorgt für Aufregung. Ein rechtsextremer Terrorist plante 2021 ein Attentat auf das Volksstimmefest der KPÖ. Der damalige Innenminister Nehammer informierte die Veranstalter nicht.
Der aktuelle Bericht des Verfassungsschutzes schlägt hohe Wellen. Darin wird ein geplanter Bombenanschlag eines Rechtsextremen auf das KPÖ-nahe Volksstimmefest in Wien 2021 beschrieben. Nur wenige Wochen zuvor fanden bei dem 78-Jährigen Hausdurchsuchungen statt und er wurde in Untersuchungshaft genommen. Bei ihm zu Hause fand man NS-Devotionalien, zahlreiche Waffen, Sprengmittel und „detaillierte Anleitungen zum Bomben- und Waffenbau“, wie im Bericht zu lesen ist. Auf einem USB-Stick fanden die Beamten außerdem eine „Freundes- und Feindesliste“ sowie Listen mit mehreren politisch links gerichteten Organisationen, die als potenzielle Ziele geführt wurden. Die Beamten fanden auch gerahmte Bilder des Massenmörders Anders Breivik und anderen rechtsextremen Terroristen wie Franz Fuchs sowie Beate Zschäpe, wie der Standard berichtet.
Bedrohte Institutionen wurden nicht informiert
Es gab also vor zwei Jahren konkrete Pläne eines rechtsextremen Terroristen, einen Anschlag auf das Volksstimmefest durchzuführen, doch in den Medien las man überraschend wenig davon. Einer größeren Öffentlichkeit wurde die Causa erst durch einen Artikel des Journalisten Michael Bonvalot, den er auf seinem Blog veröffentlichte, bekannt.
Das liegt wohl auch an der zurückhaltenden Kommunikation des Innenministeriums in der Causa. Vergleicht man das mit der Berichterstattung über islamistische Anschläge, wirkt das doch eigenartig. Eine eilig einberufene Pressekonferenz des damaligen Innenministers Karl Nehammer, in der er eindrücklich vor der terroristischen Gefahr warnt, blieb aus. Doch das ist nicht das Einzige, das für einen fahlen Beigeschmack sorgt: Weder hat die Polizei, noch der Verfassungsschutz die Veranstalter gewarnt. Laut der „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst“ (DSN) bestand keine Gefahr mehr für die Veranstaltung. Auch andere Bedrohte kontaktierten die Behörden nicht. Laut Falter Chefredakteur Florian Klenk sah der Terrorist auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als mögliches Ziel an. Nicht einmal diese Institution wurde kontaktiert.
Auf der Liste der Anschlagsziele des Rechtsextremisten stand auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW). Auch diese Institution wurde laut meinen Recherchen nicht informiert. Auch im Verfassungsschutzbericht wird diese sehr brisante Info verschwiegen
— Florian Klenk (@florianklenk) May 17, 2023
Zum Glück wurden diese Anschläge durch die Verhaftung des 78-Jährigen verhindert. Er saß zum Zeitpunkt des Volksstimmefestes in Untersuchungshaft und wurde 2022 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Jedoch nicht wegen des geplanten Anschlages, sondern wegen mehrerer schwerer Delikte nach dem Verbotsgesetz, wegen Wiederbetätigung, Verhetzung und der Vorbereitung eines Sprengstoff-Deliktes.
Keine Auskunft zu den Kontakten in die rechtsextreme Szene
Bereits im September 2022 machte SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz auf den Fall aufmerksam. Im Europol-Bericht „European Union – Terrorism Situation and Trend Report 2022“ stand bereits, dass ein Anschlag auf ein linkes Fest verhindert worden war. Daraufhin stellte sie an ÖVP-Innenminister Gerhard Karner eine parlamentarische Anfrage, um die Ermittlungsergebnisse aufzuklären. Doch die Antworten fielen recht dürftig aus. Die Frage etwa, ob der Täter mit den Identitären oder anderen Rechtsextremisten vernetzt war, wollte er nicht beantworten. Grund dafür sei der Datenschutz, das Amtsgeheimnis bzw. allfällige Ermittlungsergebnisse nicht zu konterkarieren.
Dabei gibt der Bericht des Verfassungsschutzes darüber recht deutliche Hinweise:
„Er ist langjähriger Anhänger der rechtsextremen „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ) und führte mehrere Zahlungen auf das Konto der IBÖ sowie IBÖ-naher Vereine durch. Ebenso konnten diverse Demo- und Werbeutensilien bei dem Verdächtigen sichergestellt werden. Durch die Ermittlungen wurden zahlreiche Kontakte zu Mitgliedern der IBÖ festgestellt. Auch in Chatgruppen (WhatsApp und Telegram) der IBÖ war der Verdächtige sehr aktiv“, ist im Bericht zu lesen.
Was im Bericht nicht zu lesen ist: Der Täter war FPÖ Ortsparteivorsitzender einer Gemeinde im Burgenland, wie Falter Chefredakteur Klenk auf Twitter anmerkte.
Zum Zeitpunkt der Anschlagspläne war Nehammer Innenminister
Besonders brisant: Karl Nehammer war zu dem Zeitpunkt des geplanten Bombenanschlages noch ÖVP-Innenminister.
„Es fiel unter seine Zuständigkeit, die KPÖ über den geplanten Terroranschlag auf das Volksstimmefest zu informieren und mit ihr Schutzmaßnahmen zu planen. Warum ist das nicht passiert?”, richtet SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz an den Bundeskanzler.
„DSN-Generaldirektor Haijawi-Pirchner betont laufend, dass rechtsextremer Terror momentan die größte Bedrohung für die Sicherheit der Österreicher:innen ist. Der Innenminister muss uns endlich über die tatsächliche Lage informieren“, fordert sie weiter.
KPÖ: Befremdlich, nicht über Anschlagspläne informiert worden zu sein
Die DSN reagierte in einer Stellungnahme auf die aktuelle Diskussion und hält fest, dass eine Presseaussendung des BMI vom April 2022, in der über den und andere Fälle gesammelt informiert wurde. Allerdings erst nach der Verurteilung des Täters, nicht nach seiner Festnahme 2021. Außerdem wurde erneut betont, dass es sich um einen Einzeltäter handelte und keine Gefahr mehr zum Zeitpunkt des Volksstimmefests bestand. Die Veranstalter seien deshalb auch nicht informiert worden. Denn die „disruptive Intention terroristischer Vorhaben“ sei zu negieren. Man wolle den Menschen demnach keine Angst machen. Außerdem sei für zusätzliche Schutzmaßnahmen auf dem Fest gesorgt worden. In einem Facebook-Posting machte die KPÖ aber klar, dass sie es als befremdlich empfinde, nicht über einen geplanten Terroranschlag auf ihrem Fest informiert worden zu sein.
Es wurde nichts gesagt, na weil die Verantwortlichen, mehrheitlich, bei der AUF sind. Und da kann man die LINKEN doch nicht informieren.