Schriftsteller Robert Menasse erklärt in einem Facdebook-Kommentar, warum der Werbe-Slogan von Bürgermeister-Kandidat Gernot Blümel nichts ist als heiße Luft.
Finanzminister Gernot Blümel möchte Wiener Bürgermeister werden. In seiner Wahlwerbung spricht er davon, dass er “Wien nach vorne bringen” möchte.
Das bringt ihm auch in den Sozialen Medien mitunter recht heftige Kritik ein. Viele Wiener wollen die Stadt nicht im Sinne der ÖVP verändert haben und sehen vor allem nicht ein, dass Wien “nach vorne” zu bringen sei.
Jetzt hat auf Facebook auch der Schriftsteller Robert Menasse auf Blümels Ansagen reagiert und schreibt einen öffentlichen Kommentar unter ein Facebook-Posting Blümels:
Was ist “vorne”? Wo ist dieses “vorne”? Wieso “wieder”? Das bezieht sich offenbar auf die Geschichte der Stadt – wann war Ihrer Meinung nach Wien “vorne”, und daran müsse man nun “wieder” anschließen? Meinen Sie Zeit VOR dem roten Wien, als die Stadt einen antisemitischen Bürgermeister hatte, von dem Hitler lernte? Können Sie sich bitte konkret ausdrücken?
Ich möchte Sie an Folgendes erinnern: So gut wie alles, was Wien heute so lebenswert macht und international bewundert und von den Wienern geliebt wird, hätte es mit Christdemokratischer bzw ÖVP-Regierung nicht gegeben: Gemeindebauten, sozialer Wohnbau (und dadurch immer noch einigermaßen leistbares Wohnen), denn Christdemokraten haben nie gezeigt, dass sie in Wien bauen können oder wollen, sie haben nur gezeigt, dass sie in Gemeindebauten hineinschießen, weiters: es gäbe keine Fußgängerzonen (ich erinnere mich, wie die ÖVP schon gegen die erste Fußgängerzone, am Graben, mobilisiert hat), es gäbe keine U-Bahn (ich erinnere mich, wie die ÖVP gestänkert hat, dass mit der U1 jetzt Proleten in 10 Minuten in die City kommen können…), es gäbe keine Donauinsel (ich erinnere mich, wie die ÖVP dagegen mobilisiert hat, zum Glück hilflos!), es gäbe keine UNO-City und kein Konferenz-Zentrum (die ÖVP hat ein Volksbegehren gegen Wien als Internationale Metropole gestartet), und es gäbe keine Stadterneuerung (die ÖVP wollte, dass Hauseigentümer abreißen und demolieren können, wenn es Spekulantenprofit verspricht), und und und und – und Sie, Herr Blümel, wagen es, Wien schlecht zu machen und glauben im Ernst, dafür gewählt zu werden?
Sie, als Vertreter einer Partei, die, zum Glück erfolglos, die Entwicklung Wiens zu einer lebenswerten und bunten Metropole bekämpft hat, wollen Wien in ein “vorne” bringen, das Sie selbst nicht genauer definieren können, das aber nach allen Erfahrungen mit Ihrer Partei näher beim Mittelalter ist als bei den Bedürfnissen der Zeitgenossen. Als Finanzminister wurden Sie auffällig als einer, der sechs Nullen vergisst. Dann waren Sie nicht imstande, ein EU-Formular korrekt auszufüllen. Ich empfehle Ihnen zu schweigen.
Wenn man sich seinen Kommentar genauer anschaut, wird klar, wie viel sich in den letzten Jahrzehnten in Wien getan hat.
SOZIALER WOHNBAU ALS GARANT FÜR LEISTBARE MIETEN IN WIEN
Was den Wohnungsmarkt in Wien von allen anderen europäischen Städten unterscheidet, ist der hohe Anteil an sozialem Wohnbau. 60 Prozent aller Wienerinnen und Wiener leben im Gemeindebau oder in Genossenschafts-Wohnungen. Das ist mit Abstand der höchste Wert in ganz Europa. Diese 60 Prozent haben bedeutend niedrigere Mieten als am privaten Markt. Im neusten Gemeindebau etwa, dem Barbara-Prammer-Hof, beträgt die Höchstmiete 7,50 Euro pro Quadratmeter. Das ist etwa um ein Viertel billiger als bei privaten Vermietern. Die billigen Wohnkosten im sozialen Wohnbau wirken dann auch auf den privaten Markt. Denn solange für die Wienerinnen und Wiener die Möglichkeit besteht, am sozialen Wohnmarkt eine Wohnung zu finden, werden sie nicht ähnlich astronomische Mieten wie in London oder Paris akzeptieren. Damit Wohnen in Wien weiter leistbar bleibt, geht die Stadt auch gegen Spekulanten vor. Seit 2019 muss überall, wo Flächen in Wohngebiet umgewandelt werden, zwei Drittel für den sozialen Wohnbau vorgesehen werden. Die ÖVP stimmt im Gemeinderat gegen den Antrag.
Der Erfolg des sozialen Wohnbaus hat Wien zum internationalen Vorbild in der Wohnbau-Politik gemacht. Aufgrund der steigenden Wohnpreise, schauen immer mehr Städte auf der ganzen Welt nach Wien um sich Tipps zu holen wie boomende Stadt leistbaren Wohnraum für seine Bevölkerungen zur Verfügung stellen kann.
Donauinsel als Naherholungsgebiet
An sonnigen Wochenenden sind bis zu 300.000 Wiener auf der Donauinsel und beim Donauinselfest bis zu drei Millionen Menschen. Doch die ursprüngliche Funktion der Donauinsel war nicht nur die Erholung, sondern vor allem der Hochwasserschutz. Die Donauinsel macht Wien so sicher vor Überflutungen wie sonst kaum eine Stadt.
Beim Bau der Donauinsel Ende der 1960er Jahre war die ÖVP dagegen: Sie stimmte nicht nur dem Beschluss nicht zu, sondern kündigte aufgrund ihrer Gegnerschaft zur Donauinsel die Koalition mit der SPÖ auf.
WIEN WÄRE OHNE UNO-CITY NICHT DIE 3. UNO-STADT GEWORDEN
1957 zog die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) als erstes UNO-Organ an den Wiener Opernring. Die Organisation für Industrielle Entwicklung (UNIDO) folgte 10 Jahre später. Die ÖVP-Regierung beschloss auf Bundesebene, der UNO einen Amtssitz im 22. Bezirk auf Kosten des Staats zu bauen. Jedoch wurde das Projekt erst von der SPÖ-Regierung unter Kreisky umgesetzt, wobei der Architekt Johann Staber ausgewählt wurde.
Eine weitere Diskussion folgte beim bereits geplanten Bau des Konferenzzentrums. Die ÖVP startete ein Volksbegehren, das gegen den Ausbau war. Die SPÖ machte allerdings weiter. Schlussendlich beschloss die UNO weiter Organisationen nach Wien zu verlegen. Über 4 500 Beamte der Vereinten Nationen zogen ein und Wien wurde nach New York und Genf zur dritten UNO-Stadt.
Robert ist nicht nur ein begnadeter Schriftsteller, er findet regelmäßig passende Worte dazu, wie es um sein Heimatland steht.
Wie Österreich mit progressiver Mehrheit ausschauen könnte:
Wie Österreich mit linker Mehrheit wäre: 4-Tage-Woche, billiger Wohnen und mehr Öffis
Nicht nur Wien, ganz Österreich würde sehr anders ausschauen, wenn die ÖVP alleine das Sagen gehabt hätte.
So ganz stimmt der Kommentar aber nicht, die U-Bahn hat tatsächlich die ÖVP durchgesetzt, die SPÖ war immer für die Unterflur-Straßenbahnen….deshalb wurde die schwarze U-Bahn auch an den roten Bahnhöfen vorbei geplant….
Das ist wiederum so etwas verdreht dargestellt, denn in welcher Regierungsverantwortung hätte denn die ÖVP den U-Bahnbau durchsetzen können?