Vor, während und jetzt nach dem erfolgreichen Misstrauensantrag gegen die Regierung von Sebastian Kurz entwickelt die ÖVP drei Erzählungen. Diese werden uns auch im kommenden Wahlkampf begleiten. Die Politikwissenschafterin Natascha Strobl erklärt die Kurz-Rhetorik und mit welchen Spins die ÖVP auf Stimmenfang gehen wird.
1 – “Volk gegen Parlament”
Das ist seit dem erfolgreichen Misstrauensantrag die bestimmende Erzählung von Sebastian Kurz. Sie wird offensiv in den sozialen Medien und den Statements von ÖVP-PolitikerInnen vorgetragen. Die Erzählung: “Diesmal hat das Parlament lediglich bestimmt, entscheiden wird das Volk.” Was sagt Kurz damit? Er sagt aus:
Kurz ist direkt vom Volk legitimiert, das Parlament hat nichts zu sagen.
Dazu passt, dass Kurz sich nach seiner Absetzung entschieden hat, nicht Teil des Nationalrats zu werden. Er begibt sich nicht hinab in die Niederungen parlamentarischer Arbeit, wo es um Verhandeln, um Dialog, um das Finden von Kompromissen geht. Er festigt lieber seinen Platz außerhalb des Systems – damit er sich zu 100% auf seine Inszenierung für den Wahlkampf konzentrieren kann.
Die Erzählung “Volk gegen Parlament” entstammt dem Strategie-Katalog der Neuen Rechten. Die Vorstellung ist: Es gibt eine direkte Linie zwischen “Volk” und “Anführer”. Das Parlament und die repräsentative Demokratie stören nur. Das ist tief antidemokratisch und gefährlich. Die ÖVP spielt hier auf der Klaviatur der extremen Rechten und versucht, Kurz außerhalb des politischen Systems zu stellen und dadurch unantastbar zu machen.
Dieser Anti-Parlamentarismus gehört zur Propaganda der extremen Rechten seit 1919. Das Parlament wird als abgehoben, schwach und illegitim dargestellt, während der vom Volk auserwählte Führer direkt mit diesem verbunden ist – und sich nicht demokratischen Mechanismen unterwerfen muss. Das ist die Basis für einen autoritären Staat. Die ÖVP ist die erste konservative Partei seit knapp 90 Jahren, die dieses Denken so offensiv bewirbt.
2 – “Hier bildet sich eine Rot-Blaue Koalition, die nur ein Ziel hat: Kurz stürzen.”
Eine interessante Behauptung – auch angesichts dessen, dass SPÖ-Chefin Rendi-Wagner in einem ZIB-Interview am 19. Mai 2019 eine Koalition ausgeschlossen hat. Aber die ÖVP bleibt bei der Schauer-Erzählung – obwohl es ja die ÖVP selbst war, die die FPÖ in die Regierung geholt hat, um Kurz zum Kanzler zu machen.
Ziel der Erzählung ist es, die SPÖ zu spalten und damit direkt in die SPÖ hinein zu intervenieren. So etwas ist klassisches Negative Campaigning.
Hier geht es nicht um positive Selbstdarstellung, sondern darum, eine andere Partei anzupatzen.
Ziel ist es, die SPÖ als heuchlerisch darzustellen. “Die SPÖ wirft ihre Prinzipien über Bord, nur um Kurz eins auszuwischen”, lautet die Erzählung. Damit ist sie kindisch, irrational und hassgetrieben. Und Ausgangsbasis ist ausgerechnet ein gemeinsames Stimmverhalten – das wohlgemerkt im Nationalrat oft vorkommt. Viele Gesetze werden auch einstimmig verabschiedet.
Doch die ÖVP verkauft ein Stimmverhalten als “Koalition”, also als dauerhaftes Arbeitsübereinkommen. Aber die ÖVP möchte das jetzt als illegitim hinstellen, so als müsste die SPÖ alles ablehnen wo die FPÖ zustimmt und umgekehrt. Zudem kommt der Antrag von der SPÖ und es lag an den anderen Parteien, zuzustimmen oder nicht.
3 – “Der Misstrauensantrag gegen Kurz hat den Bundespräsidenten brüskiert!”
Sebastian Kurz kettet sich in seinen Reden an Bundespräsident Alexander Van der Bellen – wie bei seiner Neuwahl-Rede am 19. Mai 2019. Und das führt er nun weiter. Van der Bellen kann sich dagegen nicht wehren. Mit dieser Strategie stellt sich Kurz über die Regierung und das Parlament. Er ist quasi das egalitäre Gegenstück zum Bundespräsidenten. Wir sollen denken: “Die beiden Staatsmänner manövrieren uns aus der Krise und garantieren Stabilität.” Das sollte die emotionale Hürde vor einem Misstrauensantrags erhöhen.
Aber auch das ist natürlich eine groteske Verdrehung der Wirklichkeit. Van der Bellen hat mit der Abberufung von FPÖ-MinisterInnen und der Einsetzung einer ersten Übergangsregierung nach Protokoll gehandelt: nach dem Protokoll namens Bundesverfassung. Wenn der aktuelle Kanzler neue MinisterInnen vorschlägt, gelobt der Bundespräsident diese natürlich an.
Ein Bundespräsident kann nicht taktieren und Präferenzen äußern, sondern handelt wie es die Verfassung vorsieht. Daraus einen Van der Bellen-Kurz-Kurs zu fabulieren, ist dreist.
leider lesen solche seiten, die leute die das bürschchen wählen, nicht. d
Ich bin zwar ein Freiheitlicher, habe den nie gewählt, aber diesen Beitrag habe auch ich geteilt! Weil er zu 100% passend ist und auch die Realität wieder gibt! Wenn die SPÖ auf diesem Faktenbasierten Level weiter macht, dann kann man als Demokrat nur gratulieren!
Der schwache Punkt der SPÖ ist, dass sie sich zu sehr darauf konzentriert, WOGEGEN und GEGEN WEN sie ist. Das ist viel zu wenig.
Parteien werden in erster Linie gewählt, WOFÜR sie stehen und wie glaubwürdig sie diese positive Botschaft rüberbringen.
Beispiel: Auf den Plakaten mit Schieder stand u.a. “Gegen den Rechtsruck”, es stand aber nichts darüber auf den Plakaten, wofür sich die SPÖ speziell engagiert.
„DER MISSTRAUENSANTRAG GEGEN KURZ HAT DEN BUNDESPRÄSIDENTEN BRÜSKIERT!“
Egal, andere normale Menschen werden auch brüskiert. Das muss man locker aushalten.
htt
ps://you
tu.be/FUJ-FXIP8F8
Zum Beispiel gleiche Löhne von Frau und Mann.
Freiheit der Meinung.
Kontrolle der Wirtschaftsmächtigen.
Ausbau der AK, Kontrolle der WKn
und vieles mehr.
Die Grünen haben davon mehr erkannt als alle anderen.
Und Schwarz-Türkis ist der Menschenfeind Nr. 1 gewesen.
Gut, dass die zerbröselt sind. Zumindest vorübergehend!
Wo sind unsere eigenen Geschichten? Wo sind die Themen, die die Bürger interessieren???? Die Analysen von Euch sind ja super, aber was nützt es????
Machen Sie bitte diese Analyse hörbar, verwandeln Sie in die Botschaften, die ausgesprochen werden müssen bei den Wahlkampfauftritten.
Am wichtigsten, bitte, die Gefühle von Menschen müssen angesprochen werden!
Zum Beispiel, wie steht es in Österreich mit dem Respekt der arbeitenden Menschen gegenüber?
Meine Erfahrung nach: Sehr schlecht! Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen werden am Arbeitsplatz geschimpft, erniedrigt, sexuell belästigt! Reden Sie Klartext! Diese Menschen sind genauso gleich in Würde wie ihre Arbeitgeber oder Vorgesetzte! Diese Würde wird täglich am Arbeitsplatz verletzt!
Artikulieren Sie das bitte, liebe SPÖ, das ist auch Ihr Grundsatz!
In dem Fall muss sich mal der Einzelne direkt vor Ort zur Wehr setzen. Wer seine Mitarbeiter als Knechte sieht ist wohl selbst der dümmste Bauer. Wohl aber haben auch diese gerne die dicksten Kartoffeln. Wenn Klartext vor Ort nicht genügt, dann klagen und gehen. Im Rahmen eines Unternehmens wird die Zusammenarbeit organisiert und nicht ein hierarchisches Herrschaftsverhältnis. Tatsächlich gibt es genug die das glauben, insbesondere jene die sich das alles gefallen lassen.
Danke für diese drei Punkte, dich ich gestern beim Live-Viewing genaus herausgehört habe.
Nun muss es aber unbedingt und rasch Ziel sein in der SPÖ, dieses “Erzählungen” von KURZ zu entlarven und zu benennen und immer wieder zu wiederholen.
Warum erzählt uns immer nur Kontrast.at so wichtige Details und nicht die SPÖ-Führung in genau diesen Worten? Könnt Ihr euch nicht mal verknüpfen?