Jetzt ist es fix: Das MAN-Werk in Steyr wird an den Investor Siegfried Wolf verkauft. Der hat nach einer ersten Ablehnung durch die Belegschaft sein Angebot nachgebessert, 150 Menschen weniger verlieren ihren Arbeitsplatz im Werk. Aber Wolf besteht weiter auf Lohnkürzungen und für die Gewerkschaft ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ob MAN so einfach aus dem Standortvertrag bis 2030 kommt, ist noch nicht klar.
MAN will das LKW-Werk in Österreich schließen und die Produktion nach Polen verlagern. Im April sprachen sich die Beschäftigten in Steyr mehrheitlich gegen das Übernahmeangebot des Investors Siegfried Wolf aus. Wolf wollte die Hälfte der Belegschaft kündigen und den restlichen Beschäftigten den Lohn um 15 Prozent kürzen. Wolf hatte sich im Vorfeld der Abstimmung eine Zweidrittelmehrheit gewünscht. Bekommen hat er das Gegenteil: Fast zwei Drittel der Belegschaft stimmten dagegen. Er zog sein Angebot zurück.
Die Empörung in der Regierung und seitens der Wirtschaft war groß, dass die Arbeiter:innen in Steyr sich das trauten. Doch die Verhandlungen der letzten Monate zeigen, dass ihre Zurückweisung des Angebots zumindest einige Nachbesserungen brachte. Im Juni hat sich das MAN-Management mit Siegfried Wolf nun geeinigt. Von den 1.900 MAN-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern will Wolf jetzt 1.400 Stellen statt 1.250 behalten, 500 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz im Werk. Sie sollen aber zumindest den besseren deutschen Sozialplan bekommen.
Auch 166 Lehrstellen sind gesichert. 150 zusätzliche Stellen werden über eine Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft, weitere 150 in Kooperation mit dem Land Oberösterreich geschaffen. So können zumindest zwei Drittel der Stammbelegschaft bleiben.
“Das letzte Wort noch nicht gesprochen”
Arbeiter-Betriebsrat Helmut Emler nimmt die Einigung zwischen MAN Und Wolfs “WSA-Invest” zur Kenntnis, er sei sehr überrascht gewesen. Nachdem die MAN-Beschäftigten das Angebot im April abgelehnt hatten, entließ der Konzern 250 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter. Das war eine Drohgebärde, denn die Auftragsbücher in Steyr sind voll, der Standort ist für die nächsten zwei Jahre ausgelastet. Für die Gewerkschaft ist das “letzte Wort noch nicht gesprochen”, wie sie in einer Aussendung mitteilt. „Es gibt bisher nur einen Deal von Wolf mit MAN. Es gibt aber noch keinen Deal mit den ArbeitnehmerInnen und den Gewerkschaften”, erklären die beiden Gewerkschafter Alois Stöger (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). Wolf übernehme als neuer Eigentümer alle MAN-Verträge und damit auch alle Vereinbarungen. “Das bedeutet, dass auch die bestehenden Verträge mit den ArbeitnehmerInnen weiterhin Gültigkeit haben.”
Konkret geht es um die Standortgarantie bis 2030. MAN hat im Dezember 2019 einen Vertrag zur Standortsicherung bis 2030 unterschrieben. Die Beschäftigten haben im Gegenzug auf Pausen verzichtet und dadurch einen LKW mehr pro Schicht gefertigt – ohne Lohnausgleich, wie der Betriebsrat stets betont. Die Gewerkschaft besteht auf den Vertrag, auch Zivilrechtsexperten wie der Rektor der Johannes Kepler Universität (JKU), Meinhard Lukas, waren der Meinung, MAN müsse die Löhne der Beschäftigten in jedem Fall bis 2030 weiterzahlen. Die Gewerkschaft hat den Vertrag im Mai vor Gericht eingeklagt.
MAN will aus dem Standortvertrag hinaus
Die deutsche Konzernmutter VW will den ArbeiterInnen in Steyr die entgangenen Löhne bis 2030 nicht zahlen, es geht um rund eine Milliarde Euro. Der Rechtsstreit bringt ein enormes Risiko für den Konzern. Da kam die Variante einer Übernahme durch den Investor Wolf gelegen: Der übernimmt das Werk, kürzt die Löhne und kündigt einen Teil der ArbeiterInnen, aber ohne VW gefährlich zu werden. MAN könnte in der Zukunft das Werk sogar wieder zurücknehmen – mit niedrigeren Löhnen und weniger MitarbeiterInnen.
„Verwerflich wäre das nicht“, sagte Wolf den Oberösterreichischen Nachrichten sogar ganz offen auf deren Frage: „Was sagen Sie jenen, die argumentieren, Siegfried Wolf hilft dem VW-Konzern, ein teures Produktionswerk loszuwerden und später als billigeren Standort wieder zurückzukaufen?“
ArbeitnehmerInnen zittern, Konzern-Mutter erzielt Rekordergebnisse
MAN geht es wirtschaftlich nicht schlecht: Die Münchner Konzernmutter Traton erzielte heuer ein Rekordergebnis. Die Aktionäre beschlossen erst im September 2020, sich eine halbe Milliarde Euro Dividende auszuschütten. Die Vorstände kassierten Bezüge von 11 Mio. Euro. Der Standort in Steyr schrieb 2019 noch einen Gewinn von 20 Millionen. Durch die Verlagerung in den Osten will die Konzernführung in drei Jahren die Umsatzrendite auf acht Prozent erreichen. „Es geht in Wirklichkeit um Gier und ein Management, das über Jahre Dinge versäumt hat“, sagt Alois Stöger.
E-Mobilität wird ausgebaut
Die Zukunft des Standortes sieht Neo-Chef Siegfried Wolf in der E-Mobilität. Laut Pressemeldung sollen bis Anfang 2023 weiter Lkw und Lkw-Teile produziert werden. Parallel dazu will Wolf eine neue Fertigung installieren, um ab 2023 sieben neue Fahrzeugtypen unter der Marke “Steyr” für den direkten Export bereitzustellen. Diese konzentrieren sich auf die Mobilität der Zukunft, wie Elektro- und Wasserstofftechnologie sowie autonomes Fahren.
Wo bleibt da der ÖGB und die Partei, für KAMPFMAßNAHMEN??? Nur eine Staatsbeteiligung bringt den Menschen etwas,oder?
“Es zeigt sich einmal mehr, eine auf Wettbewerbs- und Standortvorteile ausgerichtete Wirtschaft und Politik geht auf Kosten der Beschäftigten.
Sie nützt nur dem Kapital, das so seine Gewinne maximieren kann. Es ist nicht hinnehmbar und eine reine Kapitulationserklärung, wenn der Abbau von einem Drittel der Jobs im Werk, 15 Prozent weniger Lohn und weitere Verschlechterungen für die Beschäftigten von der Politik freudig bejubelt wird.
spricht sich deshalb für eine Beteiligung der öffentlichen Hand und der Beschäftigten bei der Erhaltung des Standortes und der Sozial- und Lohnstandards aus. Gleichzeitig gefordert eine Strategie der Bundes- und Landesregierung für einen sozial-ökologischen Umbau der Fahrzeugindustrie.