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Erfahrungsbericht: Härte statt Hilfe – Faßmann bringt Studierende zum Verzweifeln

Dora Jandl Dora Jandl
in Bildung
Lesezeit:4 Minuten
1. Februar 2021
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Viele Studentinnen und Studenten in Österreich hat die Corona-Krise hart getroffen. Nicht nur im Distance Learning sind sie auf sich allein gestellt. Zweidrittel von ihnen arbeiten – vor allem in Branchen wie der Gastro, die von Corona besonders hart getroffen sind. Von der Regierung gibt es keine Hilfe. Schwarz-Grün hat die Studiengebühren trotz allem nicht erlassen. Dazu drohen auch noch Verschärfungen im Studienrecht.

Ich bin Studentin und 25 Jahre alt – damit bin ich Teil der „jungen Menschen“ in Österreich, denen seit Monaten in Kommentaren, Diskussionsrunden oder auf Twitter vorgehalten wird, sie sollten uns nicht so anstellen: Wir müssten doch nur auf Partys verzichten, das könnte doch nicht so schwer sein. Mal ganz davon abgesehen, dass auch junge Menschen mehrfach von der Coronakrise betroffen sind, offenbart sich da ein scheinbar noch immer tief sitzendes Bild der jungen Generation: Speziell Studierende wären faul, feiern viel, lernen wenig. Eine recht zynische Annahme, wenn man bedenkt, dass die Masse der Studierenden viel zu abhängig von Beihilfen ist, um faul zu sein; nicht genug Geld hat, um jede Woche drei Mal fortzugehen; zu viel Zeitdruck hat, um sich mit dem Studium ewig Zeit lassen zu können. Das zeigen uns auch die Zahlen, wie beispielsweise die Studierendensozialerhebung (die noch vor Corona durchgeführt wurde). Sie zeichnet ein anderes Bild von Studierenden.

Zweidrittel der Studierenden arbeiten

Nämlich jenes, dass Zweidrittel der Studierenden erwerbstätig sind – und ein großer Teil davon gar keine andere Wahl hat. Wer das Glück hat, staatliche Beihilfen zu beziehen, wird davon trotzdem nicht reich: Auch die Höchststudienbeihilfe liegt 250 Euro unter dem Existenzminimum. Nicht verwunderlich also, dass 22 Prozent der Studierenden angeben, von starken finanziellen Schwierigkeiten betroffen zu sein. Das bedeutet, dass sich für sie kein neuer Laptop ausgeht, wenn der alte kaputtgeht – in Zeiten von Distance Learning für viele ein Horrorszenario.

Mehr als die Hälfte der Studierenden sind von Stress und damit einhergehenden gesundheitlichen Problemen betroffen; ein Fünftel leidet unter Existenzangst. Wir können also festhalten: Studieren in Österreich ist nichts, was man einfach so nebenbei machen kann, sondern ein finanzieller und damit auch emotionaler Kraftakt, der für viele wohlüberlegt sein muss. 

Faßmann lässt uns mit unseren Sorgen alleine

Seit über zehn Monaten sind die Unis geschlossen, unsere WG-Zimmer sind neben Wohnbereich auch Hörsaal und Bibliothek geworden. Verschiedenen Erhebungen ergaben schon im Frühsommer: Es gibt sowohl bei Lehrenden als auch bei Lernenden zu wenig technisches Equipment, um erfolgreich am Distance Learning teilnehmen zu können – während der Aufwand für die Vorlesungen und Seminare enorm steigt.

Viele Studierende haben vor den Lockdowns in den Branchen gearbeitet, die besonders stark betroffen sind: in der Gastronomie, im Tourismus, im Handel. Zu den Belastungen durch Social Distancing kommen bei vielen von uns auch existenzbedrohende Probleme. Laut einer aktuellen Studie leiden 50 Prozent der 18- bis 25-Jährigen an Depressionen. Zigtausende haben ihre Jobs verloren. 

Wir Studierende sind in dieser Krise mit unseren Problemen komplett alleingelassen worden. Monatelang hat Bundesminister Faßmann (ÖVP) kein Wort zur Situation auf den Hochschulen verloren oder uns irgendeine Art von Perspektive gegeben.

Während Unternehmen mit Milliardenpaketen gefüttert worden sind und Skiliftbetreiber entgegen jedem besseren Wissen aufsperren dürfen, war sich Schwarz-Grün zu gut, Studierenden zumindest die Studiengebühren zu erlassen.

Ministerium droht mit Verschärfungen

Und als wär das nicht alles schon genug, liegt nun eine Neufassung des Studienrechts vor, die sich in nicht mit diesen Problemen beschäftigt, sondern neue schafft. Wer nicht genug ECTS macht, fliegt von der Uni. Wir sollen so schnell wie möglich studieren, um so schnell wie möglich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen.

Uni-Novelle: Wer arbeiten muss und nicht schnell genug studiert, fliegt aus dem Studium

Was man der Novelle anmerkt, ist, wer sie geschrieben hat: Faßmann als ehemaliger Vizerektor und sein Regierungs-Pendant Eva Blimlinger als ehemalige Rektorin wissen am besten, was die Rektorate wollen. Wichtiger wäre es aber gewesen, auch andere Gruppen an den Unis miteinzubeziehen. Schwarz-Grün muss damit aufhören, den Studierenden bei jeder Gelegenheit das Bein zu stellen, sondern zuhören, wenn wir sagen, was wir tatsächlich brauchen. Das sind momentan vor allem drei Dinge: soziale Absicherung, sinnvolles Distance Learning und eine ernsthafte Corona-Kommunikation mit uns Studierenden.

Was Studentinnen und Studenten brauchen

Die ECTS-Punkte, die wir für das Ministerium absolvieren müssen, zahlen uns keine Miete. Wir brauchen Beihilfen, die uns tatsächlich unterstützen. Und zwar die alleinerziehende Studentin genauso wie den Studenten, der hochbegabt ist, aber dessen Eltern das Geld nicht haben, um ihm das Studium zu finanzieren. Die Altersgrenze der Beihilfen ist mit 24 viel zu niedrig, die Bezugsdauer zu kurz. Zusätzlich braucht es natürlich auch Senkung der Ausgaben. Vor allem beim Thema leistbares Wohnen hätte die Regierung noch einiges an Hausaufgaben nachzuholen.

Auch nach einem Jahr funktioniert das Distance Learning nicht so, wies sollte: Nicht alle Studierenden haben Laptops, die mehrstündige Zoomsessions mitmachen. Die wenigsten Studierenden oder Lehrenden haben einen wirklich stabile Internetverbindung – auch auf der Uni.

Ich habe irgendwann aufgehört mitzuzählen, in wie vielen Corona-Pressekonferenzen Minister Faßmann von Schulen spricht. Die, bei denen es um uns Studierende gegangen ist, kann man aber an einer Hand abzählen. Dass die Situation volatil ist, hat sich auch mit der neuesten Corona-Mutation wieder unter Beweis gestellt. Aber es kann nicht sein, dass wir Studierende immer als Letzte informiert werden und sich niemand wirklich darum schert, was auf den Unis passiert.

Es gibt einige Baustellen, derer sich die Bundesregierung annehmen müsste. Sie sollte sich aber auf jeden Fall eher darum kümmern, dass Studierende sicher durch das Studium kommen, als darum, diejenigen rauszuschmeißen, die arbeiten müssen, weil ihre Eltern nicht reich genug sind. 

 

Dora Jandl ist Vorsitzende des Verbands Sozialistischer Student_innen. Bis zur Auflösung der ÖH-Koalition im September 2020 war sie stellvertretende Vorsitzende des Österreichischen Hochschüler_innenschaft. Jandl lebt in Wien und studiert Bildungswissenschaften im Master.

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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