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Das Letzte, was Studierende während Corona brauchen: Schärfere Regeln

Dora Jandl Dora Jandl
in Bildung & Wissenschaft
Lesezeit:3 Minuten
2. November 2020
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Nachdem Wissenschaftsminister Faßmann im ersten Halbjahr 2020 gewirkt hat, als wäre ihm entfallen, dass er neben Schulen auch für die österreichischen Hochschulen und damit auch für Österreichs Studierende zuständig ist, will er jetzt die Unis umkrempeln. Die Untätigkeit während der Coronakrise (Stichwort: immer noch fehlender Erlass der Studiengebühren) versucht er durch eine umfassende Novellierung des Universitätsgesetzes auszubügeln. Für die Studierenden schaut dabei nur sehr wenig raus.

Nicht nur Österreichs Studierende beobachten die aktuellen Entwicklungen in der österreichischen Hochschulpolitik mit Besorgnis. Zwar wurde noch nichts offiziell durch einen Gesetzesentwurf oder eine Pressekonferenz (oder eine Ankündigung einer Pressekonferenz in einer Pressekonferenz) verlautbart. Aber es sickern immer mehr geplante Änderungen im österreichischen Universitätssektor durch:

Verpflichtende Mindeststudienleistungen inklusive drohender Exmatrikulation bei Nicht-Einhalten, lebenslange Sperren eines Studiums bei Nicht-Bestehen der StEOP, rigorose Machtverschiebungen von demokratisch gewählten hin zu politisch bestellten Gremien.

Und das sind nur die Vorhaben, von denen wir bis jetzt wissen. Wir stehen vor weitreichenden Einschnitten in die österreichische Universitätslandschaft, so wie wir sie kennen – während einer globalen Pandemie, unter deren Folgen Studierende gerade besonders leiden.

Wer nicht genug ECTS bringt, fliegt

Was in Schulen und auf Fachhochschulen gängige Praxis ist, soll jetzt also auch auf öffentlichen Universitäten umgesetzt werden: Wer in einem Jahr eine Studienleistung von 16 ECTS-Punkten nicht erbringen kann, wird exmatrikuliert. Auf gut Deutsch:

Wer nicht schnell genug leistet, fliegt aus dem Studium.

Diese Maßnahme gründet wohl in der Sorge um das österreichische Abschneiden in internationalen Universitätsrankings. Die Rankings befassen sich damit, wie schnell und effektiv Universitäten Absolvent_innen für den wartenden Arbeitsmarkt produzieren können. In der Praxis haben die Positionen in diesen Rankings für uns Studierende kaum Auswirkungen – es geht um politisches Prestige.

94.000 studieren an der Uni Wien. Bald könnten es sehr viel weniger sein.

Was dabei von politischer Seite ausgeblendet wird: die Lebensrealitäten von uns Studierenden. Wir wissen nicht erst seit gestern, dass in Österreich zwei Drittel aller Studierenden arbeiten müssen, um sich ihr Studium zu finanzieren.

Ungefähr ein Viertel der Studierenden gibt in der Studierendensozialerhebung an, nicht genügend Geld auf der Seite zu haben, um einen (für das Studium notwendigen) Laptop zu kaufen.

Viele von uns kümmern sich um Kinder oder Eltern oder sind selbst mit Krankheiten oder Behinderungen konfrontiert. Parallel dazu hat Corona Studierende besonders stark getroffen: Jobverlust, lange Unklarheit über die Prüfungsmöglichkeiten und auch die psychische Belastung durch Lockdown und Social Distancing.

Verschärfung ohne Grund

Warum will man uns in dieser Situation ohne Not wegnehmen, was so viele Generationen Studierende – übrigens auch heutige Politiker_innen – vor uns genießen durften? Studierende, die weniger als 16 ECTS im Jahr erbringen (im law-and-order-Jargon von Ministerium und Universitäten sogenannte “prüfungsinaktive Studierende”) kosten den Unis nicht mehr als diejenigen, die 50 ECTS-Punkte absolvieren.

Warum also diese Einschnitte? Und wieso gerade jetzt? Das Wissenschaftsministerium schafft es nicht einmal, die Karten hier offen auf den Tisch zu legen. Das lässt natürlich Raum für Spekulationen nach der Motivation der Novelle – wie beispielsweise die Verdrängung der arbeitenden Studierenden von den Universitäten oder eine noch stärkere Orientierung der öffentlichen Bildung an ökonomischen Motiven. Minister Faßmann ist uns die Antworten auf diese Frage schuldig.

Wo wir uns jedenfalls sicher sein können: Diese Novellierung wird nicht ohne Widerstand durchgehen. Auch wenn immer wieder viel unternommen wird, um Studierende davon abzuhalten, sich zu organisieren und politisch für ihre Rechte einzustehen: Diese Novelle ist nicht im Sinne der Studierenden, und das werden wir auch zeigen.

Petition “NEIN zu noch mehr Leistungsdruck im Studium!”

Auf mein.Aufstehn.at gibt es eine Petition gegen die Novelle:

„Anstatt uns ein flexibleres Studium zu ermöglichen, werden wir behandelt wie Schulkinder, die jedes Jahr eine fixe Leistung erbringen müssen, weil wir sonst rausgeschmissen werden. Ein Universitätsstudium soll uns eigentlich Freiraum bieten, unsere Interessen kennen zu lernen und uns wissenschaftlich mit verschiedenen Themen zu beschäftigen. An dieser Stelle hätte die Regierung die Chance dazu, Studieren tatsächlich für alle zugänglich zu machen, aber stattdessen wird die UG Novelle für höhere Barrieren und mehr soziale Selektion genutzt.

Wir könnten das jetzt ändern: überzeuge mit viel öffentlichem Druck den Bundesminister Faßmann und seine Regierung, die Mindeststudienleistungen aus der UG Novelle zu streichen!“

Unterstützung der Petition  geht’s hier lang.

Dora Jandl ist Vorsitzende des Verbands Sozialistischer Student_innen. Bis zur Auflösung der ÖH-Koalition im September 2020 war sie stellvertretende Vorsitzende des Österreichischen Hochschüler_innenschaft. Jandl lebt in Wien und studiert Bildungswissenschaften im Master.

Parlament Das Thema "Hochschulnovelle" im Parlament

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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