Der Tischlerei Schneider im steirischen Murtal geht es ausgezeichnet. Viele große Aufträge stehen an, bis Februar ist der Betrieb ausgelastet und fünf neue MitarbeiterInnen werden gesucht. Dafür bietet das Unternehmen die Möglichkeit, die 40 Wochenstunden in 4 Tagen zu arbeiten – bei einem Mindestlohn von 2.600 brutto.
“Seit mittlerweile zwei Jahren bieten wir die Möglichkeit zur 4-Tage-Woche an”, sagt Johannes Forstner von der Tischlerei Schneider in der steirischen Gemeinde Neumarkt. Derzeit wirbt das Unternehmen auf vier Plakaten im Murtal um Fachkräfte – auch mit der 4-Tage-Woche. Dem Unternehmen geht es gut, zusätzlich zu den 11 bestehenden MitarbeiterInnen sollen fünf weitere aufgenommen werden. Der Mindestlohn liegt bei 2.600 Euro brutto und die Woche endet am Donnerstag, wenn man das will.
Dass die Arbeitswoche in der Tischlerei Schneider nur vier Tage hat, ist nicht alleine der Suche nach Bewerbern geschuldet.
“Ich bin fest davon überzeugt, dass die 4-Tage-Woche positive Auswirkungen auf die Arbeitsleistung unserer bestehenden Mitarbeiter*innen hat. Subjektiv nimmt man den Unterschied zwischen 8 oder 10 täglichen Arbeitsstunden kaum war. Ein weiterer freier Tag tut das hingegen schon! Man kennt das Gefühl von Wochen mit einem Feiertag”, sagt Forstner, Sohn von Eigentümerin Sonja Forstner und Leiter der Verkaufs- und Projektabteilung.
Kaum Arbeitslose in Neumarkt
Gearbeitet wird in der Tischlerei Schneider zwar weiter 40 Stunden in der Woche, aber die Mitarbeiter haben das Recht auf drei freie Tage. Die Arbeitszeiten sind entweder von Montag bis Donnerstag von 6:00 bis 16:30 oder von Montag bis Freitag von 6:00 bis 14:30. “Man kann sich ein Arbeitszeitmodell aussuchen”, sagt Schneider.
In Neumarkt ist die Arbeitslosigkeit sehr niedrig, mit 2,6 Prozent hat die Gemeinde den niedrigsten Wert in der Steiermark. Dementsprechend schwierig ist es auch für die Tischlerei Schneider neues Personal zu finden. Die Firma wächst und bald müssen Aufträge abgelehnt werden, wenn keine passenden Bewerber gefunden werden. Daher hat die Familie Forstner jetzt Plakate in der Umgebung aufgestellt. Darauf zu lesen: „Die Woche hat vier Tage – zumindest bei uns“ samt einem Bewerbungsaufruf für Tischler, Helfer und CNC-Techniker. Auf Interesse stoßt die Aktion jedenfalls, mehrere Medien und auch Bürger aus der Region haben Forstner bereits darauf angesprochen.
Forstner ist jedenfalls ganz grundsätzlich ein Befürworter von drei freien Tagen pro Woche:
“Unser Mitarbeiter*innen haben mehr Zeit für Familie und Hobbies und wir als Unternehmer können am Freitag in Ruhe Arbeiten erledigen, für die man sonst eher wenig Zeit hat”, sagt Forstner.
In der heutigen Arbeitswelt müsse alles extrem schnell gehen, sagt Forstner – zum Beispiel gibt es extrem kurze Zeitfenster zwischen der Ausschreibung und der Projektumsetzung. “All das erzeugt Stress”, erklärt der Tischlereiunternehmer – und da helfe ein langes Wochenende, “um mit frischer Energie und Motivation in die neue Woche zu starten.” Das sei mittlerweile “auch empirisch mehr als ausreichend belegt.”
Kein Rechtsanspruch auf 4-Tage Woche in Österreich
In Österreich gibt es nach wie vor keinen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer*innen auf eine 4-Tage-Woche. Im Zuge der Einführung des 12-Stunden-Tages und der 60-Stunden-Woche unter Türkis-Blau forderten Gewerkschaft, Arbeiterkammer und Sozialpartner diesen Rechtsanspruch zwar, ÖVP und FPÖ lehnten ihn aber ab. Die 4-Tage-Woche muss daher mit dem Arbeitgeber vereinbart werden; wenn dieser das nicht will, gibt es sie für Arbeitnehmer*innen nicht.
International wird die 4-Tage Woche immer öfter auch mit einer Arbeitszeitverkürzung verbunden. Island hat den weltweit größten Pilotversuch zur 4-Tage-Woche gemacht und diesen wissenschaftlich begleitet. Der Pilotversuch war so erfolgreich, dass jetzt 86 Prozent der Beschäftigten entweder schon in Arbeitszeitverkürzung sind oder die Möglichkeit dazu bekommen. Auch Spanien, Schottland und Irland planen Pilot-Projekte zur 4-Tage Woche. In Österreich forderte die SPÖ zuletzt eine staatlich geförderte 4-Tage Woche ähnlich dem isländischen Modell.