SPÖ, FPÖ und NEOS wollen die Machenschaften des „Systems Kurz“ sehr bald auch im Parlament untersuchen. Unter dem Titel „ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss“ sollen die schweren Vorwürfe gegen die türkise ÖVP aufgearbeitet werden.
Das Einsetzungsverlangen für den Untersuchungsausschuss wird noch am Mittwoch im Nationalrat eingebracht und debattiert – eine Woche nach den Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt, im Finanzministerium und in der ÖVP. Anlass sind die “vorgelegten Belege für ein System des parteipolitischen Missbrauchs öffentlicher Gelder und Strukturen unter der Führung von Sebastian Kurz”, heißt es im eingebrachten Verlangen.
Wann es tatsächlich zu Befragungen kommen kann, hängt ganz von den Regierungsparteien ab, wie der SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer bei einer Pressekonferenz betont. Wenn die ÖVP Interesse an der Aufarbeitung hat, dann kann es bereits im November los gehen. Verzögert die ÖVP aber die Lieferung der Akten wie in der Vergangenheit und beeinsprucht den Untersuchungsgegenstand beim Verfassungsgericht, kann es bis Februar oder März dauern, bis es zu ersten Befragungen kommt.
Wichtig ist den Oppositionsparteien aber, keine Zeit zu verlieren. “Man hört von Schreddern und Löschen von Daten, daher muss der U-Ausschuss rasch starten”, sagt der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker. Neos-Abgeordneter Nikolaus Scherak sieht die Aufarbeitung im U-Ausschuss als Voraussetzung für eine “Politik der reinen Hände”. Das “korrupte ÖVP-System” müsse beendet werden, bisher habe man davon nur die Spitze des Eisbergs gesehen.
Untersucht werden soll der Zeitraum vom 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021. Konkret geht es um die Frage, ob Regierungsmitglieder und -mitarbeiter ihre Ämter und öffentliche Gelder ausgenützt haben, um der ÖVP Vorteile zu verschaffen – ob es “zum Zweck der Förderung der parteipolitischen Interessen der ÖVP gekommen und dadurch staatlichen Interessen möglicherweise ein Schaden entstanden ist”, wie es im Verlangen heißt. Hier das U-Ausschuss Verlangen im Wortlaut.
Wer trägt “die politische Verantwortung dafür, dass in unserem Land in den letzten Jahren ein mutmaßliches System der Korruption und des Machtmissbrauchs zum zentralen Instrument von Regierungspolitik werden konnte”, heißt es im Verlangen auf Einsetzen eines Untersuchungsausschusses zur “Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder”. Die Aufklärung soll dort fortgesetzt werden, wo der Ibiza-Untersuchungsausschuss enden musste – die Regierungsparteien ÖVP und Grüne bestanden sogar auf die Löschung aller Akten im Parlament.
Untersucht werden soll, ob zwischen 18.12.2017 und 11.10.2021 Regierungsmitglieder oder Mitarbeiter:innen in Ministerien ihre Position ausgenutzt haben, um der ÖVP und Sebastian Kurz einen politischen Vorteil zu verschaffen – zum Schaden der Republik.
Untersucht werden sollen
- Die Vergabe von Inseraten an Medien und öffentlichen Aufträgen an Umfrage-, Kommunikations- oder Werbefirmen, um festzustellen, ob es zu versteckter Wahlkampfhilfe durch Steuergelder kam.
- Die politische Einflussnahme auf staatsnahe Unternehmen und die ÖBAG – bei der Personalbesetzung und bei Privatisierungsentscheidungen.
- Die absichtliche Behinderung der juristischen Ermittlungen und der parlamentarischen Aufklärungsarbeit “im parteipolitischen Interesse der ÖVP”.
- Die Besetzung von Spitzenpositionen in der Verwaltung, um festzustellen, ob ÖVP-Loyale bevorzugt wurden – trotz fehlender Qualifikation.