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Der Amoklauf in Graz hat eine Debatte über strengere Waffengesetze in Österreich ausgelöst. Denn Studien belegen: strengere Waffengesetze führen zu weniger Gewaltdelikten. Bisher war das Waffengesetz in Österreich alles andere als streng. Fast nirgends in der EU kam man so leicht an eine Waffe wie hierzulande. Experten schätzen, dass in Österreich rund 2,5 Millionen Waffen im Umlauf sind – die meisten davon legal, viele auch illegal. Das ändert sich nun. Denn die Regierung verschärft das Waffengesetz. Es kommen höhere Alterslimits, strengere psychologische Tests und längere „Abkühlphasen“.
Österreich hat eine besonders hohe Waffendichte
In Österreich gibt es extrem viele Schusswaffen. Laut einer Schätzung des Small Arms Survey, einer renommierten Forschungsstelle für Waffenbesitz weltweit, befinden sich hierzulande rund 2,5 Millionen Schusswaffen im Umlauf – das entspricht etwa 30 Waffen pro 100 Einwohner. Diese Zahl beinhaltet alle Waffen: sowohl registrierte, als auch eine Schätzung für alle Waffen, die illegal im Umlauf sind. Damit zählt Österreich zu den Ländern mit der höchsten Waffendichte Europas. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2018.
Laut offiziellen Daten des Innenministeriums – ohne Schätzung für alle illegalen Waffen – waren im Jahr 2025 exakt 1.518.873 Waffen legal registriert, verteilt auf 374.141 Personen – Bei etwa 9 Millionen Einwohner:innen ergibt das etwa 17 registrierte Waffen pro 100 Einwohner. Der Unterschied zur Schätzung des Small Arms Survey zeigt eine erhebliche Dunkelziffer.
Zum Vergleich: In Deutschland und Frankreich gibt es laut der Small Arms Survey jeweils rund 19 bis 20 Waffen pro 100 Einwohner – sowohl registrierte als auch illegale. Österreich liegt mit seinen rund 30 Waffen pro 100 Personen also deutlich darüber – sowohl absolut als auch relativ zur Bevölkerungsgröße.
Waffenbesitz in Österreich: Alle Parteien – außer der FPÖ – für strengere Regeln
Warum gibt es in Österreich so viele Waffen? Ein Grund liegt in der lange liberalen Gesetzeslage. Über viele Jahre galt: Ab 18 Jahren darf praktisch jeder und jede in Österreich eine Waffe besitzen – teilweise waren nicht einmal Überprüfungen vorgesehen, ob die Käufer:innen sachgemäß mit Waffen umgehen können.
Nach dem tragischen Amoklauf in Graz, bei dem ein ehemaliger Schüler legal erworbene Waffen benutzte, forderten viele Politiker:innen, Kinderschutz-Organisationen, Frauenhäuser und Gewaltschutzzentren strengere Gesetze beim Waffenbesitz in Österreich. Auch 81 Prozent der Bevölkerung befürworten das. SPÖ-Abgeordnete Julia Herr sagte dazu: „Es ist Wahnsinn, dass ein 18-Jähriger leichter an eine Schrotflinte kommt als ein 10-Jähriger an einen Fahrradführerschein.“ Im September stimmten – mit Ausnahme der FPÖ – alle Parteien für schärfere Waffengesetze. Hier ein Überblick.
Waffenbesitzkarte künftig auch für Langwaffen (Gewehre & Schrotflinten)
Für Langwaffen (Kat. C und D, z.B. Jagdgewehre, Schrotflinten) gilt nun ein Mindestalter von 21 Jahren (statt wie bisher 18), ein EU-Wohnsitz und es darf natürlich kein aktuelles Waffenverbot bestehen. Außerdem braucht man künftig auch eine Waffenbesitzkarte. Das gilt auch rückwirkend für alle Personen, die in den letzten zwei Jahren ein Gewehr o.ä. erworben haben. Damit gehen mehrstufige psychologische „Eignungstests“ einher sowie eine vierwöchige Wartefrist nach dem Erwerb einer Waffe. Diese lag bis jetzt lediglich bei drei Tagen. Jäger:innen und Sportschützen sind allerdings vom Gesetz ausgenommen.
Höheres Mindestalter für Kurzwaffen (Pistolen & Revolver)
Nochmal strenger geregelt ist der Erwerb von Kurzwaffen (Kategorie B, z. B. Pistolen oder Revolver). Hierfür wurde das Mindestalter auf 25 Jahre angehoben – und die Abkühlphase nach dem Erwerb von drei Tagen auf vier Wochen verlängert. Man brauchte bereits zuvor eine Waffenbesitzkarte (berechtigt nur zum Besitz einer Waffe) oder einen Waffenpass (berechtigt zum Gebrauch einer Waffe). Das dafür notwendige psychologische Gutachten wurde durch die Gesetzesänderung verschärft: Vor dem Erwerb einer Waffe muss ein mehrstufiges waffenpsychologisches Gutachten erstellt werden – und ein weiteres Mal nach fünf Jahren. Alle Waffenbesitzer:innen werden automatisch alle fünf Jahre auf ihre „Verlässlichkeit“ (einschließlich psychologischer Merkmale) überprüft und müssen eine Nachschulung nachweisen können (Waffenführerschein). Das gilt rückwirkend für alle Personen, denen seit dem 1. Juni 2025 eine Waffenbesitzkarte ausgestellt wurde.
Denn der Test, der für das psychologische Gutachten absolviert werden muss, galt lange Zeit als veraltet. Expert:innen kritisieren, dass so gut wie jeder den Test bestehen würde. Die Durchfallquote lag nur bei etwa fünf Prozent. Der Amokläufer von Graz hat den Test beispielsweise bestanden, obwohl er bei der Stellung aus psychologischen Gründen untauglich war. Auch das soll künftig nicht mehr passieren.
Datenaustausch: Waffenverbot bei psychologischer Untauglichkeit
In Zukunft soll es nicht mehr möglich sein, dass sich jemand wie der Täter von Graz – trotz psychologischer Auffälligkeiten bei der Musterung – zwei Waffen anschaffen kann. Ab September 2025 gilt: Werden psychologische Auffälligkeiten bei der Stellung oder anderswo festgestellt, wird der Person künftig ein Waffenverbot auferlegt. Um das umsetzen zu können, schafft man einen neuen Informationsfluss, der bislang nicht existierte. Denn nach der aktuellen Gesetzeslage durfte das Bundesheer seine Einstufung einer Person als untauglich zum Dienst an der Waffe nicht mit zivilen Behörden teilen. Grund dafür sind Datenschutzregelungen. In Zukunft werden die Ergebnisse der psychologischen Untersuchung für Waffenbehörden zugänglich sein.
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Waffenverbot bei Ermittlungen wegen Gewaltverbrechen
Verhängung eines (vorläufigen) Waffenverbots bei Ermittlungen wegen gefährlicher Delikte und Gewaltverbrechen sowie bei Ermittlungen wegen möglicher Straftaten im nahen privaten Umfeld, insbesondere in der Partnerschaft oder Familie, sowie bei Betretungs- und Annäherungsverboten.
Verstärkter Kampf gegen illegalen Waffenhandel: Begriff der Waffe wird erweitert
Eigentlich fallen in Österreich auch die Einzelteile unter das Waffenrecht. Doch seit vielen Jahren bestand eine Lücke im Gesetz: Der Griff einer Waffe (Handgriff, Schaft, Griffstück ohne Funktion als Rahmen) galt mitunter nicht als Einzelteil, weil er keine unmittelbare Funktion für die Schussabgabe hat. Er war somit weder registrier- noch waffenscheinpflichtig – ein Einzelfall in der EU. Das führte dazu, dass sich schwedische Banden mit Original-Griffstücken des österreichischen Herstellers Glock zusammen mit weiteren Teilen aus den USA „hybride Glocks“ bastelten. Laut schwedischen Behörden gab es innerhalb von fünf Jahren mehr als 30 Morde mit solchen Waffen. Bereits 2022 machte deshalb Schweden Österreich auf diesen Missstand aufmerksam. Doch die ÖVP-Grünen-Regierung konnte sich nicht auf eine Gesetzesänderung einigen. Erst die Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos nimmt die Griffstücke explizit in das neue Waffengesetz auf. Mehr dazu gibt es hier.
Menschen mit Waffenverbot kommen schwerer an Waffen
Ein besonders kritischer Punkt war der Privatverkauf. Frei verkäufliche Gewehre (Kat. C) dürfen von Privatpersonen ohne Händler oder Kontrolle weitergegeben werden – die einzige Verpflichtung: Der Käufer muss die Waffe innerhalb von sechs Wochen registrieren. Ob er das wirklich tut, wurde nicht kontrolliert. So konnten also auch Personen mit bestehendem Waffenverbot im Privaten an Gewehre gelangen.
Diese Gesetzeslücke nutzte etwa der 18-jährige Österreicher, der im September 2024 mit einem Repetiergewehr auf das israelische Generalkonsulat und das nahe gelegene NS-Dokumentationsarchiv in München schoss. Der Schütze stand bereits seit einem Jahr im Visier des österreichischen Verfassungsschutzes und war mit einem aufrechten Waffenverbot belegt. Trotzdem konnte er in Österreich die Waffe nur einen Tag vor der Tat privat kaufen. Schon damals wunderten sich deutsche Journalist:innen über die österreichischen Gesetze:
“Ich verstehe nicht so ganz, warum das österreichische Waffenrecht an der Stelle so relativ liberal ist”, sagte etwa ARD-Terrorismus-Experte Holger Schmidt.
Das ändert sich nun. Denn der private Waffenverkauf darf künftig nur über registrierte Händler abgewickelt werden.
Schärferes Waffengesetz: Ansturm auf Waffengeschäfte
Vergleich mit anderen EU-Ländern: Österreich hatte besonders liberales Waffengesetz
Im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich war Österreichs Regelwerk besonders locker. Diese Länder gehen nochmal einen Schritt weiter. So braucht man etwa in Deutschland für nahezu jede Waffe eine Genehmigung, inklusive eines Bedürfnisnachweises, einer regelmäßigen Schießpraxis und umfassender Prüfungen. Ein Waffenpass zur Selbstverteidigung ist dort praktisch nicht mehr zu bekommen. Auch Frankreich verlangt für die meisten Waffenarten ein Genehmigungsverfahren, Atteste und polizeiliche Zustimmung. De facto gelten also in beiden Ländern fast durchgehend Waffenbesitz- und Trageverbote für Zivilisten. Darüber hinaus gilt in vielen anderen EU-Ländern Selbstverteidigung nicht als legitimer Grund für einen Waffenpass – was in Österreich schon der Fall ist.
Starke heimische Waffenindustrie
Österreich ist auch ein bedeutender Waffenexporteur. Weltweit bekannt sind Firmen wie Glock (Pistolen) oder Steyr Mannlicher (Jagdbüchsen). Laut eines Berichts des EU-Rats exportierte Österreich 2021 allein in einer Kategorie Waffen im Wert von 306 Millionen Euro. Kein EU-Land exportierte mehr in dieser Kategorie. Bei Handfeuerwaffen könnte Österreich laut profil sogar Export-Weltmeister sein. Genau weiß man das allerdings nicht. Denn transparente Informationen über Waffenexporte gibt es nur dort, wo die EU sie vorschreibt. Fakt ist aber: Österreichische Waffen sind auf allen Kontinenten im Einsatz. Jeder dritte US-Polizist trägt eine Glock-Pistole und in Tunesien schießen die Streitkräfte mit Steyr-Sturmgewehren.
Diese Exporte stehen zunehmend in der Kritik: 2021 lieferte Österreich nach eigenen Berichten Schusswaffen und Munition im Wert von 1,7 Millionen Euro nach Russland, obwohl die EU Rüstungsexporte in Krisengebiete verbietet. Die Verträge waren offenbar noch vor 2014 geschlossen worden. Erst mit Kriegsbeginn wurde die Lieferung gestoppt.
Lobbying von Waffenkonzernen?
Kritiker:innen sehen einen Zusammenhang zwischen dem Erfolg der heimischen Waffenindustrie und den viele Jahre äußerst liberalen Gesetzen zum Waffenbesitz. Konkrete Beweise für erfolgreichen Lobbyeinfluss der Waffenbranche sind allerdings selten. Bekannt ist aber, dass in Österreich Interessenvereinigungen wie die Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht (IWÖ) agieren. Auf ihrer Homepage gibt die IWÖ an, “für ein liberales, sparsam vollziehbares und leicht verständliches Waffengesetz” einzutreten. Denn dem legalen Waffenbesitz drohe seit dem EU-Beitritt und der seither geltenden EU-Waffenrichtlinie “Gefahr”.
Die 1996 beschlossene Reform der EU-Waffenrichtlinie hat die IWÖ laut eigener Angabe aktiv beeinflusst. Auf ihrer Homepage schreibt sie:
“Viele unserer Funktionäre haben dann [1996] bei der Neugestaltung des EU-konformen Waffenrechtes mitgewirkt und dabei das Schlimmste verhindert. So ist das Waffengesetz 96 trotz vieler Kritikpunkte einigermaßen liberal und bürgerfreundlich geblieben.”
Auch der Einfluss der Waffenlobby auf nationale oder Landesgesetze in Österreich wird immer wieder kritisiert. So kritisierte zum Beispiel die Grünen-Politikerin Helga Krismer und der Tierschützer Martin Balluch, die niederösterreichische Landesregierung habe 2018 bei einem Entwurf der Jagdgesetz-Novelle dem „Druck der Gatterjagdlobby massiv nachgegeben“ und das Gesetz dadurch verwässert. Laut Balluch war die Jagdlobby “zu mächtig”.
Waffen per App kaufen? Wie Telegram zur Extremismus-Gefahr beiträgt
Der Artikel erschien am 13. Juni 2025, wurde am 5. September 2025 aufgrund der bevorstehenden Gesetzesänderung und am 24. September 2025 aufgrund der beschlossenen Gesetzsänderung aktualisiert.
Ich bin mir nicht sicher, ob allein eine Neureglementierung des Kaufes von Waffen zur Lösung des Problems des unkontrollierten Waffenbesitzes beiträgt. Nicht außer Acht zu lassen sind jene Waffen, die im Wege von Erbschaften den Besitzer wechseln. Mir ist nicht bekannt, ob bei Verlassenschaftsabhandlungen der Besitzwechsel von Behörden registriert bzw. begleitet wird.
Es lässt sich auch anders rechnen auf 100 Einwohner kommen 4,1 Einwohner mit einer oder mehreren Schusswaffen. Ob eine Person eine oder mehrere Schusswaffen besitzt, verschärft oder reduziert die Gefahrenlage kaum.
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Der Artikel wird peinlich in Österreich kommen auf 100.000 Einwohner 3,3 Straftaten mit Schusswaffen, in Deutschland sind es 10,7 somit mehr als 3 mal so viel.
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Ich mag keine Schusswaffen, von daher lehne ich es ab, was ich aber genau so ablehne, Statistiken und Fakten so zu verdrehen und zu verzehren das daraus Fake wird. Mit so etwas ist niemanden geholfen, im Gegenteil, das ist Öl ins Feuer jener die für liberale Waffengesetzte sind.
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Genau genommen müsste die Statistik auch noch Todesfälle durch Schusswaffen aufgenommen werden, allerdings wird auch daraus nichts, weil in Deutschland wesentlich mehr Menschen durch Schussabgabe durch Polzisten verstarben als in Österreich. Wenn man sich dann noch Schweden ansieht, dann ist die Situation so das in Österreich eigentlich nur marginaler Handlungsbedarf besteht.
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Meine konkreter Vorschlag ist, und so geht er auch an das Finanzministerium, eine Waffenerwerbssteuer in der Höhe von 2.000 bis 5.000 Euro, eine monatliche Waffenbesitzgebühr von 200 bis 500 Euro, sowie bei illegalen Waffenbesitzt eine Pauschale Gebühr von 50.000 Euro. Der Österreicher ist viel zu geizig, was dazu führt das der Großteil der Waffen von selbst verschwinden wird. Bei diversen Berufsgruppen und in besonders begründeten Ausnahmefällen könnte eine auf 3 bis 5 Jahre befristet Waffenbefreiungsgebühr eingeführt werden, die regelmäßig neu beantragt werden muss.
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Den Waffenschein betreffend, 20 Stunden Psychotherapie vorab, eine umfangreiches psychologisches Gutachten und 240 Stunden Ausbildung, die Hemmschwelle ist derart hoch das es für die meisten vollkommen unattraktiv wird, von dem abgesehen das sich diesen Luxus auch nur die wenigsten leisten werden können.
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Jetzt könnte man einwenden das das etwas für reiche ist, stimmt, allerdings tendiert diese Bevölkerungsschicht eher wenig zu Gewalttaten mit Todesfolge, schließlich will man sich sein schönes Leben nicht versauen. Diese Personengruppe findet sich vorwiegend in der Wirtschaftskriminalität wieder.