Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt, dass ein Teil der massiven Teuerung nicht mit höheren Kosten zu erklären ist. Stattdessen würden Unternehmen die Inflation als Vorwand verwenden, um ihre Preise überproportional zu erhöhen und so ihre Gewinne zu steigern. Das würde auch für Österreich gelten, sagt der Direktor des WIFO, Gabriel Felbermayr.
Die Reallöhne sinken in Österreich heuer um rund 4 Prozent. Die Inflation trifft auch viele Unternehmen hart. „Wir werden aufgrund der hohen Preise alle ärmer“, fasste das Wirtschafts- und Arbeitsminister Kocher einmal zusammen. Doch Kochers Darstellung hat mit der Realität nicht viel zu tun: Denn während die Sozialmärkte überfüllt sind und sich 20 Prozent der Bevölkerung nur noch lebensnotwendige Güter leisten können – haben manche ein Geschäft aus der Teuerung gemacht.
Gewinnsteigerungen der Unternehmen heizen Preise weiter an
Eine Studie des deutschen IFO-Institutes zeigt, dass die Unternehmen mancher Branchen die Preise deutlich stärker erhöhten, als es aufgrund der Kosten gerechtfertigt wäre. Die Studie vergleicht, grob gesagt, die Preiserhöhungen, die die Branchen betrafen, mit den an die Konsument:innen weitergegebenen Preisen. Dabei stechen vor allem folgende Bereiche heraus:
Die Preise von landwirtschaftlichen Produkten wurden um 60 Prozent teurer als nötig. Das Baugewerbe erhöhte seine Preise um 20 Prozent und der Handel um 9 Prozent stärker, als man erwarten konnte. Die Ökonom:innen kommen in ihrer Studie zu dem Schluss:
“Unternehmen haben in einigen Wirtschaftsbereichen trotz steigender Kosten ihre Gewinne ausweiten können und damit die Inflation auf der Verbraucherstufe sogar noch verstärkt”. Deutschland habe daher „ganz offensichtlich auch eine Gewinninflation“.
Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO), Gabriel Felbermayr erklärte auf Twitter, dass dies in Österreich wohl nicht anders sei.
Warum die Preise steigen
Die massive Überinflation bei den landwirtschaftlichen Produkten erklären sich die Ökonom:innen dadurch, dass Lebensmittel oft global gehandelt werden würden. Durch den Ukraine-Krieg ist es in vielen Bereichen zu einer weltweiten Verknappung mancher Güter gekommen und das schlägt sich auch auf die heimischen Preise nieder. Weniger leicht erklärbar ist es hingegen, dass auch Preise im Bau und im Handel so stark zugelegt haben. Schließlich gibt es hier keine Orientierung an Weltmarktpreisen.
„Dies lässt nur den Schluss zu, dass hier offenbar viele Unternehmen die Gunst der Stunde genutzt haben, über die Verteuerung der Vorleistungsbezüge hinaus ihre Preise anzuheben“, schlussfolgern die Ökonom:innen.
Diese Preisrally nach oben funktioniere deshalb, weil alle Unternehmen einer Branche dabei mitmachen. Sobald ein Unternehmen ausschert, würde der Markt die Preise wieder regulieren, glauben die Ökonom:innen. Übergewinnsteuern und andere Eingriffe in die Preisbildung lehnen sie deshalb auch ab.
Diese Einschätzung ist auch unter Ökonom:innen umstritten: Für Energiekonzerne wurde die Einführung einer Übergewinnsteuer schon EU-weit beschlossen – wenn auch nur bescheiden. Historisch wurde schon öfter mit Steuern oder anderen Maßnahmen erfolgreich in die Preisbildung unter anderem während Kriegs- und Krisenzeiten eingegriffen.
Preisdatenbank könnte Gewinninflation eindämmen
Auf eine andere Maßnahme, um diese „Gewinninflation“ zu beenden, müssten sich eigentlich alle einigen können: mehr Preistransparenz am Markt. Der Ökonom Stephan Schulmeister machte im Kontrast-Interview einen Vorschlag dazu:
„Man könnte sämtliche Handelsketten in Österreich verpflichten, täglich ihre Datenbank über die Waren und die Preise online zu veröffentlichen. Wenn Lebensmittelketten mit enormer Marktmacht in Krisenzeiten in die Versuchung geraten, die Preise etwas mehr zu erhöhen als gerechtfertigt ist, dann ist mehr Markttransparenz ein Gegenmittel. Dann könnte zum Beispiel die Agentur für Markttransparenz oder eine andere Tochter des Staates eine Software für diese Plattform entwickeln, die jedem Haushalt ermöglicht, den kostengünstigsten Einkaufszettel zusammenzustellen. Dadurch würde endlich einmal eine wirkliche Preistransparenz entstehen.“