Weniger Kinderbetreuungsplätze, kein gleicher Lohn für gleiche Arbeit und Kürzungen bei Frauenhäusern – das ist die Frauenpolitik der ÖVP. Seit fast einem Jahrhundert blockiert die ÖVP Reformen und kürzt wichtige Gelder. Wir haben für euch recherchiert, wie die ÖVP Politik gegen Frauen macht.
ÖVP blockierte wichtige Reformen in der Frauenpolitik
Die ÖVP präsentiert sich gerne als „Familienpartei“. Familie bedeutet für die ÖVP aber: Die Frau ist Mutter und Hausfrau, der Mann ist Familienoberhaupt. So bremst die ÖVP seit fast einem Jahrhundert bei wichtigen Reformen in der Frauenpolitik. So brauchten Frauen bis in die 1970er Jahre die Erlaubnis ihres Ehemannes, um arbeiten gehen zu dürfen. Erst die Alleinregierung der SPÖ konnte 1975 wichtige Reformen durchsetzen. Auch die Vergewaltigung in der Ehe wurde erst 1990 von der SPÖ verboten. Diese Rechte, die wir heute für selbstverständlich halten, hat die ÖVP lange blockiert.
Bis heute hält sich dieses überholte Frauenbild in der ÖVP: In seinem Burger-Video verhöhnte Nehammer Frauen, die in Teilzeit arbeiten. Gleichzeitig kürzt die ÖVP bei Betreuungsplätzen für Kinder und sie kürzt bei Beratungsangeboten für Frauen, die von Gewalt betroffen sind.
ÖVP verhindert flächendeckende Kinderbetreuung
Dass das Bild der Frau als Mutter und Hausfrau tief in der ÖVP verankert ist, zeigen die Äußerungen von ÖVP-Politikern aus den Bundesländern: Der oberösterreichische ÖVP-Klubobmann Christian Dörfel äußerte sich noch im Juni 2023 skeptisch über die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr: Dieser führe auf „direktem Weg zur Zwangsarbeit junger Mütter“.
Dieses Bild zeigt sich auch in der Politik der ÖVP: Ausgerechnet in den ÖVP-mitregierten Bundesländern gibt es die wenigsten Kinderbetreuungsplätze – und die kürzesten Öffnungszeiten. Im ÖVP-FPÖ-regierten Oberösterreich müssen Eltern seit 2018 eine Gebühr für die Nachmittagsbetreuung zahlen. Das kostet den Eltern bis zu 119 Euro im Monat. Dadurch ging die Nachmittagsbetreuung in einigen Gemeinden zurück – das heißt: Viele Frauen in diesen Gemeinden können es sich nicht mehr leisten, ihr Kind am Nachmittag in den Kindergarten zu schicken.
Zusätzlich hat Sebastian Kurz 2016 über eine Milliarde Euro für flächendeckende Kinderbetreuung verhindert. So sind viele Frauen gezwungen, ihre Arbeitszeit zu kürzen, um ihre Kinder betreuen zu können. Die Folgen: Diese Frauen verdienen weniger und haben weniger Karrieremöglichkeiten. Mit einem geringeren Einkommen steigt auch die Gefahr, nicht genügend in die Pension einzahlen zu können. In Österreich erhalten Frauen jetzt schon im Schnitt rund 40,1 % weniger Pension als Männer. 18 % aller Frauen über 65 sind armutsgefährdet.
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Der schwarz-blaue Familienbonus: Besserverdienende Familien wurden begünstigt
2019 hat die schwarz-blaue Regierung den Familienbonus Plus eingeführt. Damit konnten Familien für jedes Kind bis zu 1.500 Euro Steuern sparen. Das klingt erst mal positiv, allerdings kam der Familienbonus vor allem besserverdienenden Familien zugute, die monatlich einige hundert Euro Steuern zahlen. Alleinerziehende bzw. Frauen mit niedrigem Einkommen, profitierten kaum davon.
Dass Geringverdiener:innen – und das sind oftmals Frauen – von den ÖVP-Steuer-Plänen nichts haben, war für ÖVP-Chef Sebastian Kurz kein Problem. Darauf angesprochen, entgegnete er: „Na ja, (…), das ist selbstredend.“ Sein Alternativvorschlag: Die Frauen können sich den Bonus doch einfach von ihren ehemaligen Partnern holen.
ÖVP gegen Lohntransparenz: Kein gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Der Gender-Pay-Gap, also der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau, liegt in Österreich noch immer weit über dem EU-Durchschnitt. Umgerechnet arbeiten Frauen rund 45 Tage im Jahr gratis. Die EU-Regelung zur Lohntransparenz, die das ändern soll, hat die ÖVP noch nicht umgesetzt. Im EU-Parlament haben alle ÖVP-Abgeordneten – mit Ausnahme von Othmar Karas – gegen die Richtlinie gestimmt.
Mit der Regelung müssen Unternehmen ihren Mitarbeitenden offenlegen, wie viel ihre Kolleg:innen im selben Arbeitsbereich verdienen. Wenn Frauen ohne Grund weniger bekommen als ihre männlichen Kollegen, müssen die Unternehmen Strafen zahlen.
ÖVP-Frauenministerin Raab: Kürzungen bei Beratungsstellen und Frauenhäusern
Jede dritte Frau in Österreich erlebt körperliche und/oder sexualisierte Gewalt. Statt dagegen Maßnahmen zu ergreifen, spricht ÖVP-Familienministerin Susanne Raab davon, dass sie die hohe Zahl an Frauen-Morden in Österreich „nicht politisch instrumentalisieren wolle“. Dass in Österreich das Geld für Beratungsstellen und Frauenhäuser gekürzt wird, schiebt sie ihren Vorgängerinnen in die Schuhe. Doch die kamen auch von der ÖVP.
Beispielsweise wurden 2018, als Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) noch Frauenministerin war, bereits große Geldsummen für Vereine und Beratungsstellen für Frauen gekürzt. Selbst kleine Vereine waren betroffen – innerhalb von wenigen Monaten wurden in einer Kürzungswelle ca. 200.000 € Förderung für lokale Projekte gestrichen. Eine Summe, die für das Frauenministerium selbst sehr gering ist, aber für die Organisationen einen großen Unterschied macht. Betroffen waren zum Beispiel der Verein Autonome Frauenhäuser sowie „One Billion Rising Austria“. Beides sind Projekte, die Frauen und Mädchen vor Gewalt schützen.
Insgesamt hat Juliane Bogner-Strauß in ihrer Amtszeit mehr als eine Million Euro für Fraueninitiativen wie Beratungs- und Interventionsstellen gestrichen. Statt also mehr Geld in den Gewaltschutz zu investieren, kürzt die ÖVP in genau diesem Bereich – und das schon seit Jahren.
Gegen Gratis-Verhütung und Schwangerschaftsabbruch: ÖVP rüttelt am Recht auf körperliche Selbstbestimmung
Dass die ÖVP wenig für die Rechte von Frauen übrig hat, sieht man auch an ihrem Abstimmungsverhalten im Parlament: Die Partei stimmte gegen kostenlose Verhütung für Jugendliche und Frauen mit geringem Einkommen, gegen die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und gegen die rezeptfreie Abgabe der Abbruch-Pille Mifegyne. Das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch hat die wichtigsten Abstimmungen zum Thema Schwangerschaftsabbruch und das Abstimmungsverhalten der Parteien zusammengestellt:
ÖVP-Politiker:innen sind auch durch Aussagen aufgefallen, die sie ins Milieu von radikalen Abtreibungsgegner:innen rücken. Unter Beifall der ÖVP sagte die ÖVP-Abgeordnete Gudrun Kugler bei einem Redebeitrag im Parlament:
“Ich zitiere aus dem Brief einer Sechsjährigen, die adoptiert wurde, an ihre leibliche Mutter: „Für“ Claudia „von“ Anna: „Danke, dass Du mich nicht abgetrieben hast. Ich habe dich ganz lieb. Alles Gute, Deine Anna.”
Kugler ist in Verbindung mit der christlich-fundamentalistischen Gruppe „CitizenGo“ in geheimen Dokumenten erwähnt worden, die 2021 veröffentlicht wurden. Die Organisation soll in mehreren Ländern Einfluss auf rechte und konservative Parteien haben. Ziel der Organisation ist es, gegen die Rechte von Frauen und queeren Menschen vorzugehen.
ÖVP-Frauenpolitik in der EU: Kein Grundrecht auf Abtreibung
Auch das Abstimmungsverhalten der ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament zeigt: Die ÖVP blockiert alle Gesetze, die die Rechte von Frauen stärken sollen. So stimmten die Abgeordneten der ÖVP gegen ein europaweites Grundrecht auf Abtreibung, das das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen im EU-Grundrecht verankern würde.
Weiters stimmten die ÖVP-Abgeordneten gegen Entgelt-Fortzahlung und Sozialschutz im Mutterschaftsurlaub und gegen die gezielte Förderung von sexueller Gesundheit von Frauen. Eine Resolution vom Juni 2021 zur Förderung von Geschlechtergleichheit und Chancengleichheit auf lokaler Ebene wurde von der EVP, der europäischen Mutterpartei der ÖVP, ebenfalls abgelehnt. Zudem sprachen sich ÖVPler gegen Untersuchungen in einem #MeToo-Vorfall im EU-Parlament aus.