Frauen & Chancengleichheit

5 Gründe für Frauen, nicht Kurz zu wählen

Unsplash/Jeffrey Wegrzyn

Frauen dürfen sich von der ÖVP unter Sebastian Kurz nicht viel erwarten. Weniger Geld für Alleinerzieherinnen, Kürzungen bei der Kinderbetreuung, Einschnitte beim Gewaltschutz. Und nebenbei auch noch gegen die Anrechnung von Karenzzeiten stimmen. Es gibt viele gute Gründe, warum Frauen nicht die ÖVP wählen sollten.

Sieht man sich die Kurz-Strache-Regierung an, merkt man schnell: Frauen waren für sie nur eine Randgruppe der Gesellschaft. Eine, bei der man ruhig kürzen und die man ignorieren konnte. Ein prägnantes Beispiel war der Umgang mit dem Frauenvolksbegehren: Fast 500.000 Menschen haben für Lohngleichheit, für kürzere Arbeitszeit, für weniger Gewalt unterschrieben. Doch als das Volksbegehren im Parlament diskutiert wurde, schwänzte die gesamte Regierung die Parlamentssitzung:

Regierung schwänzt Volksbegehren Parlament

1 – Alleinerzieherinnen schauen bei Kurz durch die Finger

Der Familienbonus war eines der „Leuchtturm-Projekte“ von Sebastian Kurz. Seit Jänner 2019 können Familien 1.500 Euro pro Kind von der Steuer absetzen. Das Problem dabei: Nur wer mindestens 1.500 Euro Steuern zahlt, bekommt auch die volle Unterstützung. Das ist nur für die 44 Prozent Besserverdiener der Fall. Der Rest bekommt überhaupt keine Unterstützung oder nicht den vollen Betrag. Besonders betroffen: Alleinerzieherinnen. Sie bekommen gerade einmal 250 Euro pro Kind und Jahr. Kinder von Alleinerzieherinnen waren ÖVP und FPÖ also nur 1/6 so viel Wert wie Kinder gutverdienender Eltern.

Dafür kritisiert, antwortete Kurz, dass sich Alleinerziehende doch den Steuerbonus von den Ex-Partnern holen könnten. Was er nicht erwähnt: 1. Wenn der Ex nicht viel verdient, nützt die Kurz-Idee der Mutter nichts. 2. Mütter haben es häufig schon schwer, an den Unterhalt zu kommen, der ihnen vom Ex-Partner für die gemeinsamen Kinder zusteht. Dann zu glauben, sie würden einfach mal einen Steuerbonus weiterüberwiesen bekommen, ist realitätsfern.

Für ihr Projekt „Familienbonus“ haben ÖVP und FPÖ 1,5 Milliarden locker gemacht. Zum Vergleich: Mit dieser Summe könnte man 40.000 neue Kindergarten-Plätze schaffen oder das zweite Gratis-Kindergartenjahr finanzieren: Maßnahmen, von denen jedes Kind profitieren würde.

2 – Kurz ignoriert Frauen mit kleinen Einkommen

Kurz hat im Wahlkampf 2017 noch behauptet, er hätte ein Steuer-Programm für Klein- und Mittelverdiener. Das ließ vor allem Frauen aufhorchen, die im Schnitt niedrigere Einkommen haben als Männer. Doch die Realität sieht anders aus. Armin Wolf hat schon 2017 in der ZIB 2 nachgefragt: Was hat eine Friseurin, die 1.500 Euro verdient, von den ÖVP-Plänen? Offenbar recht wenig: Ein Plus von 9 Euro im Monat, wie Wolf vorrechnet. Im Vergleich dazu würden Frauen (und Männer) etwa 44 Euro monatlich mehr zum Leben haben, wenn man den Steuerfreibetrag auf 1.700 Euro erhöht.

Für jene, die so wenig verdienen, dass sie keine steuerlichen Beiträge leisten können, hatte Kurz nichts im Programm. Der Journalist Peter Lingens brachte es auf den Punkt:

„Die wirklichen Geringverdiener dieses Landes – etwa eine Altenpflegerin mit 900 Euro im Monat – profitieren Null vom VP-Steuer-Konzept.“ (Peter Michael Lingens, Journalist)

356.500 ArbeitnehmerInnen, darunter beispielsweise Supermarkt-Angestellte, Friseurinnen, Rechtsanwaltskanzleiassistenten und Konditoreikellnerinnen, verdienen bei einem Vollzeitjob weniger als 1.700 Euro brutto pro Monat. Zwei Drittel von ihnen sind Frauen. 1.700 Euro Mindestlohn und eine Befreiung von der Lohnsteuer bis zu dieser Grenze würde Frauen mit kleinem Einkommen tatsächlich besserstellen. Doch für die ÖVP ist das keine Option.

Sogar Kurz selbst bestätigt das im ZIB2-Interview:

Wolf: „Für Leute, die keine Steuern zahlen, gibt es gar nichts in Ihrem Programm.“
Kurz: „Na ja, also Herr Wolf, das ist selbstredend.“

3 – ÖVP gegen Rückkehr zu Vollzeit-Job

Auf EU-Ebene haben ÖVP-Abgeordnete mehrmals gegen Gleichstellungs-Vorhaben gestimmt. Am 3. Oktober 2017 beschloss das EU-Parlament eine Resolution, die unter anderem ein Recht auf die Rückkehr zu einem Vollzeitdienstverhältnis nach einem Wechsel in Teilzeit, zum Beispiel nach der Geburt eines Kindes. Die ÖVP-Abgeordneten stimmten auch dagegen.

Dabei würde ein leichterer Wechsel in eine Vollzeit-Stelle vielen Frauen helfen. Jede 2. Frau in Österreich arbeitet Teilzeit. Das ist eine der Hauptursachen für Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen und für zu niedrige Pensionen im Alter. Viele Frauen in Teilzeit-Jobs würden gern mehr arbeiten und mehr verdienen, bekommen aber keinen Vollzeit-Vertrag.

4 – Weniger Kinderbetreuung: Kindergarten-Gebühr in Oberösterreich

Oberösterreich wird von ÖVP und FPÖ regiert. Seit Februar 2018 müssen Eltern in diesem Bundesland für ihre Kindergartenkinder eine Gebühr von 42 bis 110 Euro pro Monat für die Betreuung am Nachmittag bezahlen. In vielen Gemeinden wurden mehr als die Hälfte der Kinder abgemeldet und Kinder-Gruppen haben bereits geschlossen.

Die Folgen in Zahlen: 38 Gemeinden haben nun keine Nachmittagsbetreuung mehr. Insgesamt haben 2018 67 Gemeinden ihr Angebot am Nachmittag reduziert.

„Ohne Nachmittagsbetreuung kann ich nur mehr drei Stunden in der Arbeit sein – mit 2 Stunden Fahrtzeit rechnet sich das nicht. Ich müsste meine 25 Stunden auf 15 kürzen“, sagt Simone Grocher, eine betroffene Mutter im Gespräch mit Kontrast.at.

Weniger Kinderbetreuung heißt in der Regel für Frauen, dass sie ihre Jobs einschränken – oder sogar aufgeben müssen – weil ihre Kinder sonst unbetreut sind. Und wenn doch eine Betreuung vorhanden ist, kommt sie den Familien teuer zu stehen.

5 – Kürzungen bei Gewaltschutz- und Frauen-Einrichtungen

ÖVP und FPÖ haben das Förderbudget des Frauenministeriums 2018 um 179.000 Euro gekürzt. 2019 wurden weitere 230.000 Euro gestrichen. Von den Kürzungen betroffen waren Beratungs- und Interventionsstellen:

  • Gänzlich eingestampft wurde ein erfolgreiches Gewaltschutz-Projekt. Polizei, Gewalt-Schutz-Einrichtungen, Jugendamt und JuristInnen haben in gemeinsamen Sitzungen Hoch-Risiko-Fälle besprochen: Übergriffige Täter wurden beobachtet. Ziel war, Eskalation und weitere Gewalt unterbinden. Doch das Innenministerium stoppte das Projekt.
  • Weniger Geld gab es für Familienberatungsstellen. Das bedeutete weniger Hilfe für 18.000 Familien in Krisensituationen.
  • Anti-Gewalt-Seminare für angehende Polizistinnen und Polizisten waren ebenfalls von Kürzungen betroffen. Konkret wurden 2018 die zweitägigen Seminare über „Gewalt in der Familie“ eingespart.
  • Die Förderung für den Klagsverband wurde halbiert: Er unterstützt Menschen, die z.B. im Job wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Behinderung oder ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt wurden. Der Verband nimmt zu Gesetzes-Entwürfen Stellung, unterstützt Einzelpersonen vor Gericht, dokumentiert Gerichtsurteile und schult BeraterInnen.

Zum Weiterlesen

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Cook
Cook
26. September 2019 18:12

…ich bin alleinerziehend und verdiene 1500 euro und ja ich bekomm einen Familienbonus von 100 euro monatlich…..ich habe freunde, übrigens Österreicher die nicht arbeiten gehen WOLLEN und recht gut vom staat österreich leben….und ja es gibt härtefälle keine frage, auf die muss man schaun….es gibt aber auch genügend sozialschmarotzer….und hand aufs herz, ich sehe nicht ein, dass eine teilzeitkraft mit 900 euro den gleichen familienbonus bekommen sollte wie ich als vollzeitbeschäftige…also meine lieben roten, dass wäre wohl mehr als unfair…und ja.wer arbeitet und in der früh aufsteht, soll mehr im börserl haben, der meinung bin ich auch…

J
J
26. Oktober 2017 14:42

Wenn jemand sich für eine Abtreibung entscheidet, wird die Entscheidung einen guten Grund haben und keine weitere Beratung über andere Möglichkeiten erfordern. Du kannst über diese Möglichkeiten allgemein informieren, BEVOR Betroffene in der Situation sind, sich schon für eine davon entschieden zu haben. Dann ist spezifische Aufklärung über den Eingriff angebracht. So, wie bei jedem medizinischen Eingriff.

Schon einmal vom Begriff einer „psychologischen Hürde“ gehört?

Christopher Ammann
Christopher Ammann
9. Oktober 2017 11:27

Nur zu Punkt 3: Erzkonservative KandidatInnen und Standpunkte.
Seit 2009 wird in Deutschland eine Statistik darüber geführt, warum, wer, wann einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lässt. Warum? Damit man Frauen in oft aussichtslos erscheinenden persönlichen, beruflichen oder finanziellen Situationen in Zukunft HELFEN kann.
Es geht also nicht um Rechtfertigung, sondern um konkrete Hilfestellungen (z.B. finanzielle Hilfe, Mutter-Kind Haus, Adoption,psychologische Betreuung,…)
In Deutschland gibt es auch eine verpflichtende Beratung, bevor man abtreiben will. Dort wird über die 4 Möglichkeiten informiert (Abtreibung, Adoption, Baby Klappe, Mutter-Kind Haus) die eine Frau hat, wenn sie sich nicht in der Lage sieht ein Kind zu bekommen und großzuziehen. Danach bekommt sie einen Beratungsschein, mit dem sie, frühestens nach 3 Tagen, in eine Abtreibungsklinik gehen kann. Wozu die 3 Tage da sind, ist, glaub ich klar.
Bis zum 3. Monat darf in Österreich abgetrieben werden. Keine Frau wird ein paar Tage vor Ablauf dieser Frist eine Beratung machen, um dann zu merken – ups, jetzt darf ich nicht mehr abtreiben, weil ich über die 3 Monate bin. (Statistisch werden übrigens die meisten Schwangerschaftsabbrüche in der der 7-8 SSW durchgeführt)

Zum Schluß: Ein jeder Mensch will sein Leben positiv gestalten – die Frau, die (ungewollt) schwanger ist, genauso wie der Embryo in ihrem Bauch – es gibt viele Möglichkeiten in unserem reichen Land, sodaß beide glücklich werden und ein erfüllendes Leben leben können.

J
J
Reply to  Christopher Ammann
26. Oktober 2017 14:37

Wenn jemand sich für eine Abtreibung entscheidet, wird die Entscheidung einen guten Grund haben und keine weitere Beratung über andere Möglichkeiten erfordern. Du kannst über diese Möglichkeiten allgemein informieren, BEVOR Betroffene in der Situation sind, sich schon für eine davon entschieden zu haben. Dann ist spezifische Aufklärung über den Eingriff angebracht. So, wie bei jedem medizinischen Eingriff.

Schon einmal vom Begriff einer „psychologischen Hürde“ gehört?

Abgesehen davon ist eine Geburt nicht etwas, das man einmal mir nichts, dir nichts macht, sondern extrem anstrengend und wenn ungewollt traumatisch. Menschen sterben oder bleiben danach verletzt oder mit Komplikationen zurück. Du kannst nicht einfach leere Phrasen – von wegen schönem Leben – in den Raum werfen, wenn du die Realität des Schwangerseins und Gebärens nicht kennst oder unverantwortlich aus ideologischen Gründen schönreden willst. Leider tun das aber viele und richten damit immensen Schaden an Leib und Leben der Betroffenen an.

Heringlehner Herbert
Heringlehner Herbert
6. Oktober 2017 12:21

Sebastian Kurz fordert ein Mindesteinkommen von 1500.- Euro für alle also haben auch die Frauen mehr Einkommen. Desweiteren sollen die Löhne steigen es müssen die Unternehmen Ihre Gewinne an Ihre Arbeitnehmer besser verteilen dass fördert die Moral und Leistung.Wer Gut bezahlt wird leistet mehr die Arbeit muß Freude machen.
Heringlehner Herbert

Sybille
Sybille
Reply to  Heringlehner Herbert
26. Oktober 2017 22:46

Sebastian Kurz fordert 1500 Euro Mindestlohn das ein Scherz oder?

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