Geht es nach dem Wirtschaftswissenschaftler Stephan Schulmeister, müsste man in Österreich das Arbeitslosengeld dringend erhöhen – weil genau das die Wirtschaft ankurbeln würde. Man hat zwar zig Milliarden in den letzten zwei Jahren ausgegeben, doch jene Menschen, die ihre Jobs in der Krise verloren haben, leben mit einem Mal an der Armutsgrenze. Das muss sich ändern, sagt der Ökonom.
Die Wirtschaftshilfen, die die Regierung für die Wirtschaft bereitstellt, haben laut dem Ökonom Stephan Schulmeister einen groben Fehler: Sie kurbeln die Nachfrage nicht an. Ein Hotelier bekommt zwar Verluste ausgeglichen, investiert das Geld aber nicht. Ein Arbeitsloser würde dagegen jede Erhöhung des Arbeitslosengeldes sofort in besseres Essen oder eine neue Hose stecken – das wiederum würde Nachfrage und Wirtschaft ankurbeln. Schulmeister rät daher, das Arbeitslosengeld so schnell wie möglich zu erhöhen.
Generell wünscht er sich mehr Anteilnahme für die, denen die Krise am meisten zu schaffen macht. “Wir können die arbeitslos gewordenen Menschen nicht einfach so hängen lassen kann”, warnt Schulmeister. Enttäuscht und zurückgelassen würden sie den Rechtspopulisten Zulauf bescheren.
In einem langen Interview rät der Ökonom, sofort mit grünen Investitionen in die energetische Sanierung aller Häuser zu beginnen und den Sozialstaat auszubauen. Corona traf auf eine Wirtschaft, die bereits tief in der Krise steckte. “Klug wäre daher, die Krise für einen grundlegenden Kurswechsel zu nutzen”, sagt Schulmeister.
Österreich hat im Jahr 2020 den stärksten Wirtschaftseinbruch in der EU erlitten. Von Oktober bis Dezember 2020 schrumpfte die österreichische Wirtschaft 8-mal so stark wie im EU-Schnitt. Woran liegt das?
Schulmeister: Ein Grundproblem besteht darin, dass die Regierung beim “Koste es, was es wolle” zu wenig darauf geachtet hat, ob man mit den Geldausgaben auch gleichzeitig die reale Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen stärkt. Wenn zum Beispiel ein Hotelier aufgrund seiner großen Umsatzeinbrüche Entschädigungen bekommt, ist das verständlich und beruhigt ihn, aber es führt nicht zu mehr Nachfrage. Er wird trotz der Wirtschaftshilfen nicht anfangen, genau jetzt ein größeres Investitionsprojekt in Angriff zu nehmen.
Wenn man die Maßnahmen Österreichs mit Deutschland vergleicht, dann fällt schon auf, dass in Deutschland viel mehr Geld für ökologische Investitionen verwendet wurde – etwa ein Drittel des deutschen Corona-Pakets. Und das hat dann natürlich auch Auswirkungen auf die Realwirtschaft.
Wir brauchen in Österreich dringend ein Großprojekt, um schnell das Schlimmste zu überwinden. Man könnte den gesamten Gebäudebestand in den nächsten 10 Jahren energetisch sanieren. Die Einfamilienhäuser sollen durch die Kombination von besserer Wärmedämmung, Photovoltaik, Wärmepumpen und Stromspeichern zu kleinen Kraftwerken umgebaut werden. Stellen wir uns eine Gemeinde mit 1.000 Einfamilienhäusern vor, jedes Jahr werden 10 Prozent davon thermisch saniert: Bei Investitionskosten von rund 60.000 pro Einfamilienhaus würden 6 Millionen Euro in den regionalen Wirtschaftskreislauf gepumpt werden – flächendeckend von Vorarlberg bis ins Burgenland. Davon profitiert auch der lokale Gasthausbesitzer, der Einzelhandel und so weiter.
Aber natürlich wäre das eine andere Art der Wirtschaftspolitik: Da geht es nicht darum, irgendeinen Fördertopf neu aufzumachen, sondern um eine große Kampagne: Österreich nimmt den Klimawandel ernst und gleichzeitig tun wir etwas für unsere Wirtschaft, die örtlichen Banken werden eingebunden usw. Ein bisschen in der Tradition des New Deal von US-Präsident Roosevelt.
In einer schweren Krise braucht es große Projekte, die den Menschen auch wieder Mut machen und die etwas bewegen.
Und damit sollte man schon jetzt beginnen, oder auf die Zeit nach der Corona-Krise warten?
Schulmeister: Die energetische Sanierung aller Häuser ist Corona-kompatibel. Da braucht es oft nur einen einzigen Maurer, der am Gerüst die Wärmedämmung vornimmt, einen Installateur oder Elektriker. Aber das setzt voraus, dass die Regierung jetzt Leadership zeigen will und das ist komplizierter als einfach zu sagen “Koste es, was es wolle”.
Derzeit werden zig Milliarden ausgegeben, aber die realwirtschaftlichen Effekte sind eigentlich erbärmlich. Wenn man sich vorstellt, dass mehr als zehn Prozent des österreichischen BIP durch diese Geldspritzenpolitik ausgegeben wurden und die Wirtshaft dennoch um 7,5 Prozent oder eventuell noch mehr schrumpft, dann ist das Ergebnis sehr ernüchternd.
Warum funktionieren die Hilfspakete nicht?
Schulmeister: Allgemein wird die Krise ja mit dem Virus erklärt, aber die Ursache der Krise ist nicht die Pandemie. Die Pandemie ist ein ganz schwerwiegendes Ereignis, aber sie trifft auf ein System, dessen Krise sich über Jahrzehnte ausgebreitet hat. Es war ja nicht so, dass wir vor dem Ausbruch der Pandemie in einer hervorragend funktionierenden Gesellschaft gelebt haben. Die Krisenerscheinungen von der Arbeitslosigkeit, der prekären Beschäftigung, der Armut, der Ungleichheit, bis hin zur Erderwärmung waren schon vorher ganz offensichtlich. Klug wäre daher, die jetzige Krise für einen grundlegenden Kurswechsel zu nutzen.
Dass die Politik jetzt kein Leadership zeigen kann, hat natürlich mit 30 bis 35 Jahren neoliberalem Denken zu tun. Durch diesen Slogan “Mehr Privat, weniger Staat” hat sich die Politik selbst entmündigt und muss erst wieder lernen, dass es ihre Aufgabe ist, Ideen zu entwickeln und voranzuschreiten – gerade in solchen Krisen. Noch dazu, weil diese Krise in eine richtige Depression münden kann, weil sich die Corona-Krise mit einer Systemkrise trifft.
Die USA scheinen wirtschaftlich besser durch die Krise zu kommen als die EU-Länder. Woran liegt das?
Schulmeister: In keinem Land in Europa ist das Arbeitslosengeld massiv erhöht worden. Warum haben die USA das anders gemacht? Schon unter Präsident Trump wurde das Arbeitslosengeld um 600 Dollar pro Woche erhöht. Pro Woche! Manche Österreicher können froh sein, wenn sie 600 Euro im Monat bekommen. Das ist natürlich eine gewaltige Erhöhung der Massenkaufkraft. Dahinter steckt keine besonders soziale Politik, sondern der schlichte Gedanke, dass in einer Krise die Kaufkraft der sozial Schwächeren gestärkt werden muss. Denn das geht eins zu eins in die Konsumnachfrage. Wenn man dagegen einen wohlhabenden Hotelier entschädigt, dann mag das beruhigen und vielleicht auch gerechtfertigt sein, aber für die wirtschaftliche Nachfrage hilft das nichts.
Dieser Unterschied zwischen den USA und Europa hat sich in den letzten 30 Jahren vertieft: In Europa hängt man viel mehr den neoliberalen Glaubensvorstellungen an, dass man den Handlungsspielraum des Staates einschränken muss. Das fing mit den Maastricht-Kriterien und den Budgetregeln 1992 an und geht bis zum EU-Fiskalpakt. Die USA haben in den letzten dreißig Jahren eine sehr pragmatische Makropolitik verfolgt. Wann immer die USA in eine Wirtschaftskrise geschlittert sind, haben sie die Nachfrage gestärkt, die Zinsen gesenkt und sind so rasch aus den Krisen rausgekommen. Europa hat daran viel länger laboriert und das wiederholt sich jetzt wieder.
Im letzten Jahr ist die US-Wirtschaft um dreieinhalb Prozent geschrumpft, aber die europäische um siebeneinhalb Prozent und das hat mit dem unterschiedlichen Ansatz in der Wirtschaftspolitik zu tun.
Sollte Österreich das System der Corona-Hilfen neu aufsetzen oder ist es dafür jetzt zu spät?
Schulmeister: Das wäre ganz leicht, es geht ja nur um einige wenige Maßnahmen. Die österreichische Geldspritzenpolitik schaut so aus, dass diejenigen, die größere Vermögen haben viel mehr bekommen als diejenigen, denen es schlecht geht. Man muss nur schauen, wie viele Milliarden für die Unternehmen ausgegeben werden, wie viele Milliarden für die Angestellten, die noch nicht arbeitslos sind, sondern in Kurzarbeit – und wie wenig für die Arbeitslosen. Aber die sind am meisten betroffen. 115.000 Menschen sind in der Corona-Krise arbeitslos geworden, das sind fast ausschließlich Arbeiterinnen und Arbeiter, das wird viel zu wenig gesehen.
Die Zahl der Angestellten, die arbeitslos geworden sind, ist vernachlässigbar. Bei denen greift die Kurzarbeit gut. Und das macht ein doppeltes Problem: Arbeiter verdienen an sich schon weniger als Angestellte. Jetzt werden aber fast nur Arbeiter arbeitslos und fallen auf 55 Prozent ihres Letzteinkommens zurück, während Angestellte 80 bis 90 Prozent bekommen. Das ist ungerecht und ökonomisch absolut unsinnig. Dadurch zerstört man Kaufkraft, die in Österreich ausgegeben werden könnte. Arbeitslose würden ja keinen französischen Wein importieren, sie würden etwas besseres Essen kaufen – das käme der österreichischen Wirtschaft zugute.
Also das Arbeitslosengeld sollte rasch erhöht werden?
Schulmeister: Ja, und auch die Mindestsicherung. Das ist sozialpolitisch wirklich bedrückend, dass die Ärmsten der Armen überhaupt nichts bekommen. Die sind in der Krise auch betroffen und die Kinder werden durch den Fernunterricht abgehängt. Es braucht keine Systemänderung bei den Hilfen, sondern ein bisschen mehr Großzügigkeit und ein bisschen mehr anteilnehmendes Denken.
Und die Politik sollte sich bei jeder ihrer Maßnahmen vor Augen führen, um welche Menschen es geht. Das sollte auch einer christlich-sozialen Partei klar sein, dass man 115.000 arbeitslos gewordene Arbeiter nicht einfach so hängen lassen kann.
Aber die Großzügigkeit ist nach oben schon da, aber nach unten nicht…
Damit wird die Politik fortgesetzt, die schon unter der schwarz-blauen Regierung begonnen hat. Das ist eine Regierung, die viel stärker für die Interessen der Vermögenden eintritt als für die Interessen derer, denen es in unserer Gesellschaft nicht so gut geht. Das ist ja offensichtlich!
Sollen wir uns also die USA zum Vorbild nehmen?
Schulmeister: Nein, man könnte sogar noch weit bessere Politik machen als die USA. Nämlich nicht nur die Kaufkraft stärken, sondern dabei gleich die gravierenden Probleme mit bekämpfen. Etwa durch eine energetische Generalsanierung des Gebäudebestands – das dient beiden Zwecken.
Im Regierungsprogramm steht, bis 2030 sollen eine Million Dächer mit Photovoltaik versehen werden. Aber es ist kaum etwas geschehen. Man hätte bei Ausbruch der Krise so ein Sonderprogramm auflegen sollen, aber das ist nicht passiert.
Aber auch im Sozialbereich: Warum können wir die Krise nicht nützen, um das Pflegesystem auf eine sozialstaatliche Basis zu stellen. Das System der 24 Stunden-Pflege stellt einen Skandal dar, der über Jahrzehnte herangewachsen ist. Es ist ja absurd, dass man 65.000 Frauen zu Hungerlöhnen als Scheinselbstständige nach Österreich transportiert und nach 14 Tagen wieder zurückschickt – das ist langfristig nicht tragfähig und widerspricht unserem sozialstaatlichen System. Das könnten wir umstellen, aus Scheinselbstständigen werden ordentlich bezahlte Pflegerinnen mit speziellen Kollektivverträgen. Das können auch Menschen aus Osteuropa machen, aber nicht in einem sozialstaatlichen Niemandsland, sondern wie bei anderen Berufen auch mit Kollektivvertrag und in einem Angestelltenverhältnis. So könnte man ordentliche Jobs schaffen – dort, wo der Sozialstaat in den letzten Jahren verschlampt wurde.
Welche Auswirkungen wird die Rekordarbeitslosigkeit unter Arbeitern auf den Arbeitsmarkt haben? Droht ein größerer Niedriglohnsektor, wenn man nicht gegensteuert?
Schulmeister: Natürlich! Weil Menschen, die jetzt ums Überleben kämpfen, jeden Job annehmen müssen. Man sieht ja auf den Straßen die Fahrer, die das Essen ausliefern – solche Jobs werden weiter zunehmen.
Mein Appell an die Wirtshaft ist aber: So eine unsoziale Politik schadet der Wirtschaft. Es ist einfach falsch davon auszugehen, dass wir einen starken Wirtschaftsaufschwung bekommen werden, wenn die Pandemie überwunden ist. Wer soll in dieser Situation massiv Investitionen und Konsumausgaben ausweiten? Die, die es könnten, werden es nicht tun, weil unklar ist, wie sich die Weltwirtschaft entwickeln wird. Und die ärmeren Haushalte können es nicht tun, weil sie die Kaufkraft nicht haben. Drum muss die Kaufkraft der sozial Schwächeren gestärkt werden und es braucht öffentliche Investitionen, die unmittelbar soziale und ökologische Probleme lösen. Ein solches Programm ist derzeit nicht vorhanden.
Auf EU-Ebene gibt es den European Green Deal, aber die Umsetzung braucht viel zu lange. Es wird 2021 kaum deutliche ökologische Investitionen geben und da läuft uns ein bisschen die Zeit davon. Wenn eine Wirtschaftskrise mit einer solchen Dimension lange anhält, nährt sie sich selbst. Die Menschen haben immer mehr Ängste und geben immer weniger aus, das verhindert dann den Wirtschaftsaufschwung.
In den nächsten Monaten drohen Konkurswellen. Sollte der Staat auf Staatsbeteiligungen setzen, um noch mehr Jobverluste zu vermeiden? Und wenn ja, in welchen Bereichen?
Schulmeister: Die Austrian Airlines waren so ein Beispiel: Bevor ich hunderte Millionen quasi verschenke, sollte als Gegenleistung eine entsprechende Beteiligung herausschauen. Wenn es sich um Produkte und Dienstleistungen handelt, wo das öffentliche Interesse von großer Bedeutung ist (wie etwa beim Verkehr), sollte der Staat mit Sicherheit eher einspringen als solche Unternehmen in Konkurs gehen oder von ausländischen Konzernen übernehmen zu lassen. Aber auch bei der pharmazeutischen Industrie ist ein größerer Staatseinfluss unabdingbar. Weil die Pandemie gezeigt hat: Wenn wir bei Medikamenten in so hohem Ausmaß von Indien und China abhängig sind, dann gefährden wir unser Gesundheitssystem.
Der Staat hat viel Schulden gemacht in der Krise, brauchen wir Vermögenssteuern?
Schulmeister: Wir hätten schon vor der Krise Vermögenssteuern gebraucht. Sämtliche Untersuchungen zeigen, dass die Verteilung von Vermögen in den letzten Jahrzehnten in unglaublichem Ausmaß ungleicher geworden ist – und das hat auch die wirtschaftliche Dynamik geschwächt.
Aber ich warne davor zu glauben, dass eine sehr hohe Vermögenssteuer alle Finanzierungsprobleme des Staates lösen kann. Entscheidend ist: Wofür verschuldet sich der Staat und steht den Schulden ein realer Wert gegenüber? Wenn Investitionen realen Wert schaffen, ist es sehr vernünftig, Schulden zu machen. Entscheidend ist, dass mit den Schulden reale Werte geschaffen werden und gleichzeitig die Umweltbedingungen verbessert werden – das ist bei den jetzigen Geldspritzen nicht berücksichtigt.
Viele sagen, eine Lehre aus Corona muss die Besinnung auf das Wesentliche sein: Die Fürsorge und Pflege voneinander etwa durch einen starken Sozialstaat, die Aufwertung systemrelevanter Berufe, der Kampf gegen den Klimawandel. Ist eine solche Umorientierung unserer Wirtschaft möglich?
Schulmeister: Ökonomisch möglich ist es natürlich. Das Schicksal des Menschen ist der Mensch und nicht der Markt. Natürlich können Menschen ihr Zusammenleben und ihre Wirtschaft regeln und verändern, das hat ja gerade die Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren gezeigt. Damals hat Roosevelt die USA mit dem New Deal zweifellos auf einen besseren Weg geführt als die Nationalsozialisten in Deutschland.
Aber damit sich tatsächlich etwas zum Guten verändert, braucht man ein Konzept und eine Erklärung, warum man in diese Krise geraten ist. Die Eliten, die jetzt oben sind, haben mit ihren Empfehlungen in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass diese Systemkrise immer gravierender wurde. Die haben natürlich große Schwierigkeiten, das auch einzusehen. Aber diese Einsicht ist wiederum die Voraussetzung dafür, dass man eine grundlegende Änderung in der Politik in Angriff nimmt.
Die Dimension des Klimawandels könnte bei einem Kurswechsel helfen. Die neoliberale Ideologie ist in erheblichem Maße mit Schuld am Klimawandel. Denn die Naturwissenschaftler warnen seit 50 Jahren vor dem Klimawandel, aber genau in diesen 50 Jahren hat der Neoliberalismus an Einfluss gewonnen und “Mehr Markt weniger Staat” gepredigt. Aber die bedrückende Lage bringt den Staaten eine ganz neue Legitimation zum Eingreifen, weil klar ist: Die Märkte können das Problem des Klimawandels nicht lösen. Im Gegenteil: Sie sind sogar die Hauptverursacher des Klimawandels, weil die Kosten des Klimawandels in den Preisen nicht berücksichtigt werden.
Die zweite Bedrohung sind die Rechtspopulisten: Jetzt beginnen Konservative, wie der CDU-Kandidat Friedrich Merz, schon wieder darüber nachzudenken, mit einer Sparpolitik die gestiegenen Staatsausgaben zu bekämpfen Dann werden die Nationalpopulisten enormen Zulauf bekommen. Und ich hoffe, dass sich die konservativen Eliten drei Mal überlegen werden, ob sie das wirklich wollen. Die Stärke des europäischen Gesellschaftsmodells liegt in der Balance – zwischen Markt und Staat, Unternehmerschaft und Gewerkschaft. Es war die neoliberale Ideologie, die diese Balance verteufelt hat – das ist so total gescheitert, hat aber die Rechtspopulisten stark gemacht.
Führt Einsicht wirklich zum Umdenken? Braucht es da nicht Druck von unten, von sozialen Bewegungen?
Schulmeister: Ja, das ist ein riesen Problem. Die Verbitterten, die Enttäuschten, die Zurückgelassenen wenden sich den Rechtspopulisten zu. Rein von der Gefühlslage dieser Menschen kann ich das verstehen. Bleiben wir bei dem Beispiel:
Der gesamte Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich ist auf die Arbeiter gefallen und es wird nicht einmal darüber gesprochen. Geschweige denn, dass man sich Gedanken darüber macht, wie man denen helfen kann. Die fühlen sich im Stich gelassen.
Und wenn die Traditionsparteien sich nicht viel klarer für diese Menschen einsetzen, dann werden sie bei der nächsten Krisenverschärfung wieder irgendwelchen Populisten auf den Leim gehen.
Dass der Druck nachlässt, das hat in Wahrheit schon in den 50er Jahren begonnen. Damals waren viele Sozialdemokraten der Meinung: Den Sozialstaat nimmt uns niemand mehr weg. Man hat auf die Mobilisierung der Anhänger verzichtet, mit der Zeit dann auf die eigenen Zeitungen, weil das gar nicht mehr nötig sei. Das war eine fatale Fehleinschätzung.
Es ist unendlich schwer, Menschen aufzuklären, die verbittert und orientierungslos sind. Was sind die eigentlichen Ursachen gesellschaftlicher Krisen? Wo könnten und sollten sie sich engagieren? Aber ursprünglich ging es der Arbeiterbewegung genau um diese Aufklärungsarbeit. Und um die kleinen Leute, die ja keine dummen Leute sind und in der Lage sind, Zusammenhänge besser zu verstehen und nicht irgendwelchen Populisten auf den Leim zu gehen.
Aktionskonferenz 6. März: Arbeitslosengeld rauf!Einladung zur AktionskonferenzFür eine sofortige und dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes!
Samstag, 6. März 2021
14.00 – 18.00 Uhr
WUK, Währing
Arbeitslose werden nicht nur in Bezug auf Geldhöhe in Stich gelassen, sondern auch noch durch das AMS-Sanktionenregime – die permanente Androhung der Existenzvernichtung durch auf reinen Verdacht hin vom AMS verhängten Bezugssperren (also immer 100% Geld weg !!!) – drangsaliert!
Na Ja, die Chefetage des AMS ist doch, bis auf die KNOCHEN “SCHWARZ”!!
Die müßen doch die AL – Menschen drangsalieren, so wie es HEUTE mit dem Corona-Virus passiert, da werden die Freiheits-GRundrechte der Bevölkerung entzogen!
Ich bin 58 Jahre alt und seit fast einem Jahr arbeitslos. Es ist sehr frustrierend wenn man arbeiten will aber trotzdem keinen Job bekommt. Ich fühle mich von der Politik im Stich gelassen. Für die Firmen hat man Milliarden bei den Arbeitslosen ist nicht mal eine Erhöhung des AMS Bezuges drin
Die NVP hat noch das Menschenbild des 19. Jhd, dass alle unter den Kleinbürgern (EPU), die als Geldpumpe in die Finanzwirtschaft dienen, schauen sollen wo sie bleiben. Leider sieht auch die SPÖ nichtmehr, dass die soz. Sicherheit nur aus der Gemeinsch. kommt. Heute schafft es niemand mehr alleine.