Anstatt in den nächsten Monaten Milliarden Euro für Kurzarbeit und Arbeitslosengeld auszugeben, könnte der Staat zumindest einen Teil das Geldes in Betriebe investieren, die ihren Angestellten eine 30-Stunden-Woche ermöglichen – und für die freigewordene Arbeitszeit neue Arbeitnehmer anstellen. Das schafft Arbeitsplätze und kostet kein zusätzliches Geld. Das AMS betreibt dieses Modell bereits seit einigen Jahren. Mit der sogenannten Solidaritäts-Prämie konnte allein die Voest Alpine in drei Jahren 230 Menschen einen Job geben.
Mehr als 561.000 Menschen suchen in Österreich einen Arbeitsplatz. Durch die Corona-Krise sind zusätzlich 1,1 Millionen Menschen auf Kurzarbeit: Sie arbeiten weniger und beziehen dementsprechend weniger Gehalt – bis zu 20 Prozent sind möglich. Arbeitslose bekommen hingegen nur 55 Prozent ihres Verdienstes. Österreich gehört damit zu den Ländern in der EU mit dem niedrigsten Arbeitslosengeld.
Der Bund hat für die Kurzarbeit 10 Mrd.Euro zur Verfügung gestellt. Die Arbeitslosigkeit wird den Staat noch einmal ca. die Hälfte kosten. Dieses Geld könnte man auch vorausschauend nutzen, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Konjunktur wieder anzukurbeln. Denn bis die Arbeitslosigkeit wieder auf das Niveau vor der Krise zurückgeht, wird es lange dauern. Und schon Anfang des Jahres waren die Arbeitslosenzahlen in Österreich sehr hoch – sieben Prozent der Erwerbsfähigen waren ohne Job, weil das Arbeitsvolumen schlicht nicht für alle Arbeitssuchenden reicht.
15 Mrd. Euro könnte der Staat neu investieren
Jeder und jede Arbeitslose kostet den Staat durchschnittlich 2.000 Euro im Monat. Diese Summe ergibt sich dem Arbeitslosengeld und der entgangenen Lohnsteuer. Durch die Corona-Krise ist die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 200.000 gestiegen. Das verursacht Kosten von 400 Mio. Euro pro Monat. “Sollte die höhere Arbeitslosigkeit, die sicherlich noch deutlich steigen wird, ein ganzes Jahr anhalten, so kostet dies den österreichischen Steuerzahler rund 5 Milliarden Euro”, erklärt der Finanzwissenschafter Jürgen Huber.
Zusammen mit den 10 Mrd. Euro, die der Staat für Kurzarbeit ausgibt, wären das also 15. Mrd. Euro. Die könnte der Staat auch zur Finanzierung kürzerer Arbeitszeiten bei gleichem Lohn nutzen – dann wäre die vorhandene Arbeit immerhin unter mehr Menschen aufgeteilt.
Solidaritäts-Prämie: Weniger Normalarbeitszeit, weniger Arbeitslose
Das AMS zeigt, wie’s geht. Die Solidaritäts-Prämie funktioniert folgendermaßen: Ein Unternehmen lässt seine MitarbeiterInnen die Arbeitszeit verkürzen, und stellt dafür im gleichen Stundenausmaß Arbeitssuchende ein. Das AMS bezahlt nun statt des Arbeitslosengeldes den Angestellten mindestens die Hälfte des durch die Verkürzung entstehenden Lohnverlusts. So arbeiten zum Beispiel vier Menschen 30 Stunden statt drei Menschen 40 Stunden und bekommen dafür mindestens das Gehalt von 35 Stunden. Die Lohnkosten übernimmt das AMS bis zu zwei Jahren, bei Arbeitslosen über 45 bis zu drei Jahren.
Aktuell arbeitet der AK-Ökonom Simon Theurl an einem Modell, wie eine Solidaritäts-Prämie auch gegen die Massenarbeitslosigkeit nach der Corona-Krise helfen könnte. Er denkt an ein sanftes Auslaufen der Kurzarbeit durch eine staatliche Subvention verkürzter Arbeitszeiten:
„Man muss die Kosten für eine Arbeitszeitverkürzung, die der Staat für einige Zeit fördert, mit den Kosten für die Arbeitslosigkeit gegenrechnen. In der aktuellen Situation wäre es sinnvoll, die Kosten für die Arbeitslosigkeit in eine Unterstützung der Arbeitszeitverkürzung umzuleiten“, sagt Theurl.
So könnte man Österreichs Unternehmen auch eine Art Modellversuch zur Arbeitszeitverkürzung finanzieren, sagt der Ökonom: „Mit dem Anspruch: Die sollen dann schauen, wie stark die Produktivität steigt, wenn die Leute weniger arbeiten und welche Vor- und Nachteile das für sie bringt.“
Voest: 34-Stunden-Woche, 230 neue Arbeitsplätze
2014 startete die Voest Alpine in Oberösterreich ein Pilotprojekt: Man reduzierte die Normalarbeitszeit für 1.000 ArbeitnehmerInnen auf 34,4 Stunden und konnte dafür 230 Menschen einen neuen Job geben. Das Projekt war so erfolgreich, dass man das Arbeitszeitmodell gleich beibehielt.
Die Studie, die das innovative Arbeitszeitmodell begleitete, ergab: 97 Prozent der Beteiligten bewerteten die neuen Arbeitszeiten als (sehr) gut – 37 Prozent waren ein Jahr zuvor, vor Beginn der Umstellung, negativ eingestellt. 100 Prozent gaben an, dass sich das Modell positiv auf die Zeit mit der Familie auswirkt.
Die Studie zeigt außerdem einen Rückgang an Arbeitsbelastung und gesundheitlicher Belastung.
Burnout kostet Staat 12,8 Mrd. Euro
Weniger Regelarbeitszeit hat viele Vorteile: Männer und Frauen können sich die Hausarbeit besser aufteilen, es fällt aufgrund weniger Meetings weniger Papiermüll an und die Lohnschere zwischen Männern und Frauen würde ein Stückchen weiter zusammengehen, wenn Frauen nicht durch Teilzeit schlechter verdienen. Denn eine 30-Stunden-Woche bedeutet vor allem auch: Ein deutlich höheres Einkommen für Teilzeit-Beschäftigte.
Aber auch für das Gesundheitssystem wäre eine Umverteilung der Arbeit eine enorme Entlastung. Denn überarbeitete Beschäftigte und verzweifelte Arbeitssuchende leiden gleichermaßen – und sind burnout-gefährdet. Eine Langzeitstudie der JKU zeigt, dass frühzeitige Burnout-Prophylaxe – und dazu gehört vor allem auch weniger Stress in der Arbeit – bis zu 12,8 Milliarden Euro Therapie-Kosten sparen kann. Das ist Geld, das nicht nur direkt in Arbeitsmarktprogramme gesteckt werden könnte, sondern auch in die medizinische Versorgung.
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So viele Arbeitslose wie noch nie: Die Diskussion um die 30-Stunden-Woche ist eröffnet
Eine generelle Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist die Zukunft.
Nur ein 6 Stundentag bzw.. 30 Wochenstunde mit 17.-€ Netto = 2208.-€, wo es diesen Lohn noch nicht gibt für die Arbeitnehmer, kann es eine Rückkehr zum normalen Leben, für die Bevölkerung, geben!! Da brauchen wir keine ÖFFNUNG bis 20 h , um die Kundenströme zu entzerren. Das kommt dann AUTOMATISCH!