Die Journalistin Annika Brockschmidt erklärt, wie die religiöse Rechte ihren politischen Einfluss in den USA ausgebaut hat. Dieser geht es nicht um Moral und den Glauben, sondern um die Vorherrschaft Weißer Christen in allen Institutionen der USA. Die religiöse Rechte wurzelt im Widerstand gegen die Bürgerrechtsbewegung, ihre Gegner sind Gleichheit und Vielfalt. Um die Vorherrschaft zu sichern, setzen sie auf aggressive rechte Politiker wie Trump, die gerade nicht für einen “frommen” Lebensstil bekannt sind.
Kontrast.at: Wenn man Ihr Buch liest, hat man den Eindruck, dass religiöse Einstellungen viel zu wenig thematisiert werden, wenn es um Wahlanalysen in den USA geht. Ist „Religiöse Zugehörigkeit“ die geeignete Kategorie, um die Entscheidung von WählerInnen zu verstehen?
Annika Brockschmidt: Es ist etwas komplizierter. Es ist nicht die einzige wichtige Kategorie. In den USA ist auch „race“ bedeutsam. Tatsächlich ist nicht Religion, sondern konkret “christlicher Nationalismus” der zuverlässigste Prädiktor dafür gewesen, wie jemand 2016 (Anmk. Präsidentschaftswahl in den USA) abgestimmt hat. Mit der Zugehörigkeit zum Weißen Christlichen Nationalismus sind auch bestimmte politische Positionen verbunden: autoritäre, rassistische und anti-demokratische. Aus diesen Punkten lassen sich also schon Schlüsse für künftiges Wahlverhalten ziehen.
Nicht die Religionszugehörigkeit ist die entscheidende Kategorie, sondern die Zugehörigkeit zum Christlichen Nationalismus. Es reicht nicht, zu fragen, ob jemand evangelikal ist oder nicht. Sondern man muss danach fragen, wie stark jemand fordert, dass die USA ein Land der Weißen Christen für Weiße Christen sein soll.
Oder man fragt danach, wie jemand zur Säkularisierung Amerikas steht. Christlicher Nationalismus verbindet Religion und Politik miteinander, die Identitäten von “Christ” und “Amerikaner” verschmelzen. Anhänger des christlichen Nationalismus können religiös sein, müssen es aber nicht. Es ist also viel komplexer als die reine Frage nach der Religionszugehörigkeit.
Die Forscher Samuel L. Perry und Andrew L. Whitehead haben 2020 mit ihrem Buch „Taking America Back for God“ die erste umfassende, datenbasierte Erhebung zu Christlichem Nationalismus in den USA veröffentlicht. Die Autoren werten in ihrer Umfrage die Zustimmung oder Ablehnung zu sechs Aussagen aus. An ihnen kann man messen, wie stark jemand einer christlich-nationalistische Weltanschauung anhängt oder umgekehrt: wie sehr jemand diese ablehnt. Die 6 Aussagen im Überblick:
Christlicher Nationalismus-Umfrage aus 2020
Das Ziel ist, die Macht im Staat zu bekommen – und die Gesellschaft umzukrempeln
Ist christlicher Nationalismus ausschließlich etwas, das man bei WählerInnen der Republikaner findet?
Annika Brockschmidt: Durchaus nicht. Es gibt ihn auch bei Demokraten, aber in anderer Form. Diese Form, über die wir hier sprechen, dieser weiße christliche Nationalismus, der kommt fast ausschließlich bei Republikanern vor. Für diese christlichen Nationalisten ist das Weiß-Sein besonders wichtig. Für sie sind Religion und Politik nicht voneinander trennbar. Nach außen hin geben sich rechte, christliche Think Tanks natürlich anders: Sie geben vor, dass sie lediglich Glaubensfragen diskutieren. Doch in Wahrheit geht es darum, mehr Macht in der Politik zu bekommen und die Gesellschaft nach den eigenen Vorstellungen umzukrempeln.
Wie mehrheitsfähig sind diese christlich-nationalistischen Einstellungen denn?
Annika Brockschmidt: In einer großen Studie der Soziologen Perry und Whitehead aus 2020 sind fast 52 Prozent der Befragten dem christlichen Nationalismus gegenüber eher positiv bis sehr positiv eingestellt. Das zeigt, dass der Wirkungsbereich der christlichen Rechten viel größer ist. Weiße Evangelikale sind jedoch innerhalb der Bewegung nach wie vor tonangebend und haben im kulturellen Bereich viel Einfluss. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Zahl der Weißen Evangelikalen schrumpft.
Wer sind die Christen in den USA? |
Laut der Erhebung des Forschungsinstituts «Public Religion Research Institute (PRRI) bezeichnen sich 7 von 10 US-AmerikanierInnen als „Christen“. Weiße Christen machten 2020 noch 44 Prozent der US-Bevölkerung aus. Dazu gehören:
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1960er: Die religiöse Rechte wollte an der “segregation” (“Rassentrennung”) festhalten
Woher stammt dieser Einfluss denn, wenn Sie sagen, dass das – demographisch betrachtet – eine schrumpfende Gruppe ist?
Annika Brockschmidt: Die „Architekten“ der christlichen Rechten haben in den 1960er Jahren begonnen, ihre Netzwerke aufzubauen. Und sie haben gezielt die Schlupflöcher des US-amerikanischen politischen Systems ausgenutzt. Das heißt: Sie sind bei Wahlen gezielt in jenen Bundesstaaten auf Wählerfang gegangen, in denen eine Stimme, gemessen an der Bevölkerung, mehr zählt als in anderen. Dann braucht man keine zahlenmäßige Mehrheit mehr, um Wahlen zu gewinnen.
Sie zeichnen in Ihrem Buch insgesamt nach, dass die 1960er ein mobilisierendes Jahrzehnt waren – und dass gar nicht so sehr die Debatte rund um Schwangerschaftsabbrüche ausschlaggebend für christliche Nationalisten war, sich zu organisieren. Auch wenn sie das selber behaupten. Vielmehr war es die Aufhebung der segregation, also – zu Deutsch – die Aufhebung der „Rassentrennung“.
Annika Brockschmidt: Genau. Die religiöse Rechte ist nicht, wie sie immer erzählt, aus der Gegnerschaft zu Abtreibung heraus entstanden, sondern weil sie gegen die Aufhebung der segregation an Schulen war. Als Reaktion gründete man „Segregation Academies“, also christliche Privatschulen für Weiße, sowie christliche Universitäten – und später auch Mediennetzwerke: Zeitungen, Radiostationen, Fernsehsender.
Rassismus ist und war schon immer eng mit christlichem Nationalismus verflochten. Die religiöse Rechte will auch nicht, dass man an Schulen kritisch über die Geschichte der USA, der Sklaverei und der „Segregation“ diskutiert.
Die Bibel in der einen Hand, die Peitsche in der anderen
Annika Brockschmidt: Die Wurzeln für all das reichen weit zurück: Sklavenhalter in den Südstaaten haben die Ausbeutung Schwarzer Menschen anhand der Bibel argumentiert, beispielsweise der Geschichte von Noah und seinen Söhnen im Genesis-Abschnitt. Schwarze, so die Interpretation, seien ein von Gott verfluchtes Volk, das zeige schon die Hautfarbe – und darum seien sie verdammt, als „Knechte“ zu dienen.
„Die Wahrheit ist, dass der heutige Christliche Nationalismus nicht aus der religiösen Bewegung, die sich gegen rigide Hierarchien stellte, entstanden ist. Er entstand aus der Bewegung, die genau das bewarb – mit der Bibel in der einen und der Peitsche in der anderen Hand.“ – Katherine Stewart, Journalistin (In: The Power Worshippers: Inside the Dangerous Rise of Religious Nationalism)
Nochmal zurück zu christlichen Nationalisten heute und zu Donald Trump. Es hat ja auch politische KommentatorInnen aus aller Welt 2016 überrascht, dass Trump gewonnen hat. Mehr noch, dass er von Evangelikalen gewählt wurde, von denen man im Kopf hat, dass diese gottesfürchtig, stark moralisierend, konservativ etc. sind. Also alles Dinge, die man nicht mit Trump in Verbindung bringt.
Annika Brockschmidt: Bei vielen Wahlen davor stand die religiöse Rechte zähneknirschend hinter moderaten republikanischen Kandidaten. Die haben dann entweder verloren oder als Präsidenten nicht die Agenda verfolgt, die sich christliche Nationalisten gewünscht haben. Der entscheidende Bruch mit diesen moderaten Aushängeschildern fand unter anderem deswegen statt, weil der – gefühlte – demografische „Druck“ immer größer wird. Die religiöse Rechte weiß, dass die USA so nah wie noch nie dran sind, wirklich zu einer multiethnischen, pluralistischen Demokratie zu werden.
Die religiöse Rechte will keine bürgerliche Fassade mehr, keine moderaten Erzählungen. Trump ist rhetorisch hart aufgetreten, hat „kein Blatt vor den Mund genommen“, wie es hieß. Diese Leute dachten sich: Er mag zwar wie ein Schulhof-Bully sein, aber genau so jemanden brauchen wir in dieser gefährlichen Welt, in der wir uns keine Kompromisse mehr leisten können!
Trump war sicherlich nicht der bevorzugte Kandidat der Parteiführung. Was die Weltanschauung anbelangt, gab es durchaus andere Kandidaten mit glaubhaften evangelikalen oder rechts-religiösen credentials. Aber Trump war, mit seinem aggressiven Auftreten, der bevorzugte Kandidat der Basis. Ich denke, es ist ein Fehlschluss, wenn man sagt: Die Religiöse Rechte hat Trump trotz seines Auftretens gewählt. Wahr ist: Sie haben ihn wegen seines Auftretens gewählt.
Hier haben sich 2016 viele KommentatorInnen überrascht gezeigt, als Trump Präsident geworden ist. Man hat gefragt ‚Wie können denn Frauen so jemanden wählen nach all den Skandalen’ oder man meinte ‚Warum wählen den Weiße Evangelikale? Der kann doch nicht einmal einen Bibelvers zitieren!’ Aber man muss sagen, dass sich viele JournalistInnen nunmal nicht mit der religiösen Rechten in den USA auskennen. Wenn man das aber verfolgt, merkt man, dass das kein Bruch war, sondern eine konsequente Fortsetzung.
Man muss über über das autoritäre, kriegerisch denkende Christentum der Gegenwart reden
Können Sie das bitte näher ausführen?
Annika Brockschmidt: Eine Schwierigkeit ist, dass wir wahrscheinlich oft denken: Evangelikale, das sind christliche, fromme Menschen.
Unsere Gesellschaft setzt “christlich” oft mit “moralisch gut” gleich, das ist jedoch ein Ausdruck von Christian Supremacy. Wir selbst blenden oft aus, dass es ja auch ein autoritäres Christentum gibt. Ein Glaube und ein daraus abgeleiteter Lebensentwurf, in dem z.B. Jesus nicht der sanfte Almosengeber ist. Deren Jesus ist der blutbefleckte Krieger, der in die Schlacht reitet, um die Feinde Gottes zu bekämpfen.
Dieses Jesus-Bild stützt sich genauso auf die Bibel wie das eines progressiven Christentums. Innerhalb dieser Vorstellung gibt es ein klares Gut und Böse. Also: Feinde von Außen und Innen, gegen die man täglich kämpfen muss. Da gibt es klare Hierarchien: Ganz oben ist Gott, dann kommen die Prediger, die Väter als Oberhäupter der Familien. Auch Familienleben ist hierarchisch und autoritär. Für die heterosexuelle “Kernfamilie” hat der Vater dieselbe Rolle wie Jesus für die Kirchen bzw. alle Gläubigen. Es geht um Führung, Regeln und Unterordnung. Und man darf nicht vergessen: Es geht darum, die Welt nach den eigenen, sehr eng definierten, Vorstellungen und Interpretationen umzubauen zu einer Welt, in der die privilegierte Stellung Weißer, konservativer Christen in allen Bereichen der Gesellschaft gesichert ist – politisch wie kulturell.
Das alles macht die Menschen nicht weniger zu Christen, nicht weniger fromm. Aber es macht sie ansprechbar für eine Politik, die für die mitunter gewaltsame Verteidigung der ‚Nation’ eintritt. Für rassistische Ressentiments, für einen ausgehöhlten Sozialstaat, für antidemokratische und frauenfeindliche Politik. Alles was in Richtung Gleichheit, Selbstbestimmung, Pluralität und Säkularisierung geht, lehnen diese rechten Christen ab. Und sie wollen Politiker, die dafür sorgen, dass es genau davon weniger gibt.
Gewählt wird, wer Politik für Weiße, rechte Christen macht – nicht, wer selbst der frommste Christ ist
Weiße, nationalistische Evangelikale wählen also nicht unbedingt jemanden, der selbst verkörpert, was Christentum ausmacht – solange die Politik stimmt.
Annika Brockschmidt: Richtig. Das gab es übrigens auch schon mal zuvor. 1980 hat die christliche Rechte Ronald Reagan unterstützt. Einen ehemaligen Schauspieler, der Nationalstolz propagierte. Er versprach die Rückkehr in ein goldenes, amerikanisches Zeitalter. Reagan sprach über seine Zweifel an der Evolutionstheorie und sicherte den Evangelikalen seine Unterstützung zu. All das kam gut an.
Man könnte sagen, in Summe ist die religiöse Rechte in ihrem Rassismus 2016 wieder da angekommen, wo sie in den 1960ern begonnen hat – sie hat jenem Kandidaten zugejubelt, der ganz offen gesagt hat: Mexikaner sind gefährlich und Vergewaltiger, vor denen man sich mit einer Mauer schützen muss. Obendrein gab es dann ja auch die Interpretationen, dass Trump höchstpersönlich von Gott auserwählt wurde, um die USA zu führen und für die weiße, christliche Vorherrschaft zu sorgen.
Ist das, zusammengefasst, das Ziel der religiösen Nationalisten? Die Vorherrschaft von Weißen Christen?
Annika Brockschmidt: Ja. Diese Vorherrschaft soll in allen Bereichen der Gesellschaft erreicht oder gesichert werden. Der Politik, der Justiz, der Bildung bis hin zu Kultur und Medien. In der Praxis sieht das dann so aus, dass man versucht, die Erfolge durch Frauen- und Bürgerrechtsbewegungen schrittweise rückgängig zu machen. Man will in die Zeit vor den 1960er Jahren zurück. „States’ rights“ – mit all den rassistischen Implikationen des Begriffs – rücken wieder in den Vordergrund. Das heißt: Über Fragen wie die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs sollen die Bundesstaaten selbst entscheiden können.
Oder sehen wir uns an, wie mit transgender Kindern umgegangen wird. In Texas hat der Gouverneur die MedizinerInnen und LehrerInnen im Land dazu aufgefordert, behördlich zu melden, wenn sie glauben, dass ein Kind transgender ist und von den Eltern medizinisch unterstützt wird. Dann soll das als „Kindesmissbrauch“ gemeldet werden.
In Florida wurde ein Gesetz verabschiedet, laut dem in Schulen nicht mehr über LGBTQ-Themen gesprochen werden darf. Wenn ein Kind eine Frage dazu hat und die Lehrerin beantwortet sie, genügt es, dass ein anderes Kind das zu Hause erzählt und die Eltern das melden – weil die sich und ihre Familie in ihrer christlichen Identität bedroht sehen. Da drohen den Lehrenden massive Geldstrafen. Das alles geht in eine gefährliche Richtung.
Medien der christlichen Rechten: Mit Geld aus der Ölindustrie gegen Gewerkschaften, Sozialleistungen und Säkularismus
Mit welchen Mitteln verbreitet dieses Spektrum seine Ideologie? Sie hatten ja Mediennetzwerke in Radio und TV erwähnt.
Annika Brockschmidt: Die religiöse Rechte hat früh angefangen, frei werdende Informationsräume zu besetzen. Es gibt zum Beispiel einen Zusammenhang zwischen dem Niedergang – oder sagen wir Rückgang – des Lokaljournalismus und dem Aufstieg evangelikaler Medien. Gleichzeitig gibt es enge Verbindungen zu den Großspendern der Republikanischen Partei, zum Beispiel über den Council for National Policy.
Solche Großspender stammen häufig aus der Ölindustrie. Und mit diesem Geld lassen sich dann mitunter Radiostationen finanzieren, in denen gegen Feminismus, gegen Säkularismus etc. tagein, tagaus Stimmung gemacht wird. Oder auch gegen Sozialleistungen, Gewerkschaften, Arbeitsschutz – da decken sich die Interessen der Spender mit jenen der religiösen Rechten.
Und man muss sich vorstellen, es gibt zum Beispiel in Oklahoma einfach Ortschaften, wo du solche Sender im Radio empfängst, vielleicht umschalten willst und merkst: Es gibt nichts anderes. Da gibt es einfach keine Informationsvielfalt oder dergleichen. Oder ein anderes Beispiel: Evangelikale Popkultur. Die wirkt ja weit über den evangelikalen Kreis hinaus. MusikerInnen oder Filme, die evangelikale Botschaften nett verpackt verbreiten. Und dann sind da noch reichweitenstarke bzw. einflussreiche Pastoren, MedienmacherInnen, Think Tanks und dergleichen. Sie haben nicht nur politischen, sondern auch meinungsbildenden Einfluss.
Klar kann man jetzt sagen „Man kann sich dem doch entziehen – und: Auf Google findet man eh alles, auch Gegenmeinungen“. Aber wenn man so aufwächst mit all diesen rigiden Vorstellungen, muss man erst einmal wissen, wonach man genau sucht und welche Informationsquellen vertrauenswürdig sind und welche nicht. Das setzt eine Medienbildung voraus, die viele nicht haben.
Stichwort Medienmacht. Wenn wir aktuell anlässlich des Krieges in der Ukraine einen Blick nach Europa werfen, stellt man sich bei Ihrem Thema sofort die Frage: Gibt es in Sachen religiöse Rechte Parallelen zwischen den USA und Russland? Der Hass auf einen „verweichlichten Westen“, auf Pluralität, LGBTQ-Personen, Endzeit-Erzählungen, eine mediale Parallelwelt… das kommt einem bekannt vor.
Annika Brockschmidt: Was es auf jeden Fall gibt, sind gute Beziehungen zwischen der US-amerikanischen und der russischen Rechten seit den 1990er Jahren. Denn beide Gruppen haben tatsächlich dasselbe Feindbild: einen vermeintlich dekadenten, säkularen Westen, in dem Werteverfall und Dekadenz herrschen. Putin wird von diesen Spektren gelobt. Ähnlich sieht es mit Orbán aus. Die US-amerikanische Rechte sieht in diesen Ländern, wie das aussehen könnte, die Gesellschaft umzubauen, Kontrolle über Medien zu bekommen, die Verfassung umzuschreiben und nationalistische Politik für Weiße Christen zu machen.
Es gibt übrigens auch Kooperationen, zum Beispiel über die Organisation World Congress of Families. Dort wird eine rechte, christliche Weltanschauung propagiert, die Organisation wurde von zwei Russen und einem Amerikaner gegründet – gefunden haben sie sich über ihre gemeinsame Sorge vor einem “demografischen Winter”. Also kurz gesagt, der Sorge, dass es bald zu wenige Weiße Babys geben würde und dass man dem entgegen wirken müsse.
Jetzt aktuell ist es für die US-amerikanische Rechte angesichts der Bilder aus der Ukraine schwierig, Putin wirklich offen zu loben: Der aktuelle Spin lautet dann eher: „Die USA sollen sich da nicht einmischen, das ist nicht unser Krieg. Warum sollen US-Soldaten da kämpfen? Wir haben ja genug eigene Probleme und werden von Migranten bedroht.“ Es ist mehr eine isolationistische Haltung. Es fehlen sozusagen die sonst üblichen Mobilisierungsmomente, weil jetzt Rassismus kein Thema ist – Islamfeindlichkeit ist hier kein Moment, anders als bei 9/11 und dem folgenden Irakkrieg zum Beispiel.
Man hegt Sympathien für Russland und gibt viel mehr dem Demokratischen US-Präsident Joe Biden die Schuld, weil er, so das rechte Narrativ, Putin durch seine eigene Schwäche den Anlass gegeben habe, die Ukraine anzugreifen. Am russischen Krieg gegen die Ukraine ist nach dieser Erzählung Joe Biden schuld.
Annika Broschmidt: Amerikas Gotteskrieger |
Die Journalistin und Podcasterin Annika Brockschmidt geht in ihrem Buch “Amerikas Gotteskrieger” (Rowohlt Verlag) der Geschichte der Religiösen Rechten in den USA von den 1960er Jahren bis heute nach und entfaltet das Spektrum einer vielschichtigen Gruppierung, die mittlerweile über Sieg und Niederlage bei Präsidentschaftswahlen entscheiden kann – und den Ton in einer der beiden großen Parteien des Landes angibt. Den Podcast “Kreuz und Flagge”, der sich demselben Thema widmet, kann man sich hier anhören! |