Deutschland hat den EU-Vorsitz übernommen und hat dabei vor allem ein Ziel: Europa aus der Wirtschaftskrise zu holen und gemeinsame Corona-Bonds zu beschließen. Dabei kommen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vier Staaten in die Quere, angeführt von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Denn sie blockieren Corona-Bonds. International wird die Kurzsichtigkeit Österreichs kritisiert, auch für Österreich ist die Ablehnung des Kanzlers gefährlich. Denn Krisenländer wie Italien gehören zu den wichtigsten Handelspartnern Österreichs.
Am 1. Juli hat Deutschland den Vorsitz über den Europäischen Rat übernommen, den sogenannten EU-Ratsvorsitz – der wechselt alle 6 Monate zwischen den EU-Ländern. Deutschland muss jetzt zwischen den EU-Ländern vermitteln und bei wichtigen Themen Kompromisse finden.
Um welche Themen will Deutschland sich nun vorrangig kümmern?
Ganz oben auf der Agenda steht der Corona-Wiederaufbau und das EU-Budget. Die Staaten müssen sich einig werden, wie viel Geld sie für Corona-Fonds und das EU-Budget beisteuern – eine der schwersten Aufgaben. Denn der Kompromiss muss einstimmig beschlossen werden, hat aber vier Gegner: Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande. Sie werden auch die geizigen Vier genannt.
Ein Rückblick:
Wie bereits berichtet, entfachte die Corona-Pandemie die Diskussion um gemeinsame europäische Anleihen neu. Statt von Eurobonds, sprach man dann aber von Corona-Bonds. Gemeinsame Bonds bzw. Anleihen, die EU-Ländern in Zeiten wirtschaftlicher Krise helfen sollen. Das ist der Vorschlag des deutsch-französischen Duos Angela Merkel und Emmanuel Macron. Konkret geht es um Zuschüsse in der Höhe von bis zu 500 Milliarden Euro, und Kredite bis zu 250 Milliarden Euro. Diese sollen ausschließlich für die Auswirkungen der Corona-Pandemie eingesetzt werden. Außerdem soll es einen europäischen Kontrollmechanismus zur Überwachung geben.
Besonders hart getroffene Staaten – wie Italien oder Spanien – sollen so direkt unterstützt werden. Insgesamt wird so der gesamten europäischen Wirtschaft wieder auf die Beine geholfen. Denn: Im Endeffekt kann kein EU-Land aus der Krise, solange es seinem Nachbarn schlecht geht. Die Verflechtungen im europäischen Binnenmarkt sind dafür einfach zu groß.
Deutschland erkennt den Ernst der Lage
Der Merkel-Macron Plan gilt als weitsichtiger Vorstoß. Auch die EU-Kommission unterstützt ihn. Dass also sogar extrem sparsame Staaten wie Deutschland solch einen Rettungsplan vorlegen, zeigt den Ernst der Lage. Auch, dass Merkel und Macron sich diese Woche zum ersten Mal seit Corona-Ausbruch wieder persönlich trafen, ist symbolkräftig.
Österreich blockiert, Deutschland moderiert
Dass sich nun aber ausgerechnet Österreich dagegen stellt, darf verwundern. Schließlich ist Österreichs Wirtschaft sogar noch mehr von Exporten abhängig als Deutschland. Und Österreichs Nachbarstaaten können dessen Exportgüter nur abnehmen, wenn sie selbst aus der Krise kommen.
Deutschland hat nun zum Ziel, die Wogen zu glätten – und dass so schnell wie möglich. Denn stark betroffene Staaten wie Italien und Spanien warten nun auf gelebte europäische Solidarität und wichtige finanzielle Unterstützung.
Macron: „Im Juli muss eine Einigung erzielt werden, das ist unsere oberste Priorität“
Und die Zeit läuft: Am 18. Juli findet ein Gipfel-Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs statt. Geht es nach Macron, soll dort bereits der Corona-Wiederaufbaufonds beschlossen werden. Denn das Warten würde die Dinge nicht einfacher machen, so der französische Präsident.
Den geizigen Vier bringt Europa am meisten
Dass sich alle Staatschefs nun erstmals wieder persönlich treffen, zeigt die Dringlichkeit der Lage. Wie aber die vier Blockierer überzeugen? Im Grunde ist ihr Einspruch unlogisch, wie Macron erklärt: „Die [geizigen Vier] sind die Netto-Begünstigten des Binnenmarktes, er bringt ihnen viel mehr als anderen.“ Die deutsche Kanzlerin muss nun Überzeugungsarbeit leisten – denn die Lage in Europa verschärft sich zusehends.
Österreich gibt sich als „antieuropäischer Egoist“
Dass sich Österreich so entschieden gegen ein gemeinsames europäisches Corona-Wiederaufbauprogramm stellt, stößt auf internationales Kopfschütteln. Das Argument des Kanzlers lautet stets: Kredite ja, Zuschüsse nein. Verschulden sich bereits stark verschuldete Staaten nun aber weiter, droht ihnen die Staatpleite. Und das könnte dann schnell einen Dominoeffekt in der Eurozone auslösen.
„Österreich ist wirtschaftlich gesehen ein Bestandteil des europäischen Binnenmarktes, so etwas wie eine österreichische Volkswirtschaft gibt es streng genommen nicht mehr. Wenn wir uns zur Belebung des europäischen Binnenmarktes solidarisch zeigen, sind wir solidarisch zu uns selbst!“, so auch die Einschätzung des Ökonomen Nikolaus Kowall.
Denn Italien ist „too big to fail“: Italien ist der zweitgrößte Handelspartner Österreichs und der drittwichtigste Absatzmarkt. In Zahlen heißt das: Um 7 Milliarden Euro kauft Italien bei Österreichs Wirtschaft ein. Außerdem ist Italien die drittgrößte Volkswirtschaft der EU, der zweitgrößte Produzent von Industriegütern in der EU und einer der größten Netto-Zahler. Italien verzeichnet Exportüberschüsse und hat die EU-Sparvorgaben oft strikter eingehalten als Deutschland und Österreich.
Kanzler Kurz hingegen bedient sich bewusst falscher Klischees über Italien. Er macht seine(n) Nachbarn und die EU schlecht, um sich innenpolitisch zu inszenieren. Eine beliebte populistische Taktik (kontrast.at hat berichtet).
Das ist „zukunftsfeindlich“ – denn „wenn der europäische Wiederaufbau misslingt, verlieren wir alle. Auch Österreich.“, so der SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder im Europaparlament. Durch sein Verhalten stellt Bundeskanzler Kurz das Land international in ein „europapolitisches Abseits.“, so Schieder weiter.
Dass Kurz „zweifellos ein Profi des politischen Handwerks im Sinne des Erkennens von Stimmungslagen von Message-Control und parteitaktischen Manövern“ ist, findet auch Ökonom Kowall. Bloß gefährdet er dadurch die europäische Zukunft.
Und was sagen eigentlich die Grünen dazu?
Die Grünen-Delegationsleitern Monika Vana im Europäischen Parlament begrüßt den Finanzhilfen-Mix der EU grundsätzlich, bemängelt aber gemeinsam mit Europa-Sprecher Michel Reimon, dass dieser zu niedrig ausfalle. Die Grünen in Österreich festigen durch ihr Schweigen dagegen Österreichs „Image als antieuropäischer Egoist“ und lassen den türkisen Kanzler weiter walten.
Habe interessiert angefangen, den Artikel zu lesen. Dann ist er immer subjektiver geworden, bis ich schließlich unten auf die Links zu regelrechten “Kurz-Verarschen” gestoßen bin. Leider wieder keine objektive Seite.
Ich begrüße ja nicht alle seine Entscheidungen und der Geiz wenn es um die Rettung anderer Staaten geht ist sicher nicht vorteilhaft, aber mal ehrlich: Ihr schreibt doch negativ über alles was jeder macht wenn er/sie ein türkises Leiberl an hat. Schade
Also anstelle mal einen Schlussstrich zu ziehen, soll weiterhin auf ein krankes Pferd (Italien, Spanien, usw.) gesetzt werden um es unter höchster Anstrengung (Kosten) und nur mit Müh und Not am Leben zu erhalten. Die in Folge angeführten 7 Fakten über Italien sind auch nur ein Versuch das Land schön zu reden.
Das Land hat mehr als genügend Versäumnisse, weshalb viele der Probleme hausgemachter Natur sind.
Die Zahlen im Artikel suggerieren ein positives Bild, wie sehr AT von IT profitiert. Dabei zeigt die Aussenhandelsstatistik ein ausgeglichenes Bild: Wir importierten 2019 etwas mehr als wir exportieren (10,387 Mrd zu 9,758 Mrd). Auch nicht so toll.
Nur weil sich jemand Ökonom nennt, heißt das noch lange nicht, dass er nicht eine falsche Sicht auf die Dinge haben kann. Zu sagen, dass man die Zukunft Europas gefährde, nur weil man nicht rigoros Schulden machen oder unterstützen will, ist schon sehr gewagt.
Schulden sind Schulden, egal wie man sie benennt (Kredite, Bonds, etc.). Seit Jahrzehnten steigen die Staatsschulden innerhalb der EU Jahr für Jahr. Die EZB kauft Anleihen noch und nöcher, obwohl eigentlich kein Geld dafür da ist. Alles wird auf Schulden aufgebaut, die gesamte Wirtschaft, Inflation und Währung läuft nur mehr über Schulden und wird auch nur mehr über Schulden gestützt. Wir haben ein schuldenbasierendes Wirtschaftswachstum – also im Grunde genommen keines.
Dieser Schuldenballon bläht sich immer mehr auf und wir wissen alle, dass das nicht ewig geht. Keine Volkswirtschaft auf Erden (egal ob alleine oder in Gemeinschaft) kann dies auf Dauer durchhalten. Die Zinsen und der Zinseszins fressen sie auf und es kommt der Punkt, wo es dann zu kippen beginnt. Und der ist nicht mehr allzu fern! Daher gefährdet die Politik des ewigen Schulden machen die Zukunft Europas noch wesentlich mehr.
Typen wie Macron (ein Banker) unterstützen natürlich eine solche Vorgehensweise und fahren im Endeffekt die gesamte EU damit an die Wand. Wie toll dieser Typ ist, sieht man ja anhand seiner eigenen Wirtschaft…
Mit Sicherheit wird Europa aber nicht durch “solidarisches Schulden aufnehmen” gerettet. Das dürfen sich auch sogenannte Ökonomen hinter die Ohren schreiben….