Dossier

Gegen diese ÖVP-Politiker und ihr Umfeld wurde und wird ermittelt

Foto: APA Picturedesk_Roland Schlager

Beinahe regelmäßig kommen neue Ermittlungen gegen amtierende oder ehemalige ÖVP-Politiker:innen ans Licht. Um zu untersuchen, wie breit und wie tief die Korruption in der Volkspartei ist, hat das Parlament einen eigenen ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss eingesetzt. Nicht nur gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein engster Beraterkreis stehen im Verdacht, gegen das Gesetz verstoßen zu haben. Sondern etwa auch gegen den Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer und fünf ehemalige ÖVP-Finanzminister wird ermittelt. Es geht um manipulierte Umfragen, gekaufte Berichterstattung, unrechtmäßige Postenbesetzungen, Inseraten-Affären und dubiose Steuernachlässe in Millionenhöhe. Auch die ÖVP als ganze Partei wird als Beschuldigte geführt. Bei dieser Vielzahl an Ermittlungen verliert man leicht den Überblick – hier sind sie zusammengefasst. In allen Fällen gilt die Unschuldsvermutung.

Dieser Artikel wurde am 7. Oktober 2021 veröffentlicht und umfassend am 1. Juni 2022 sowie am 28. September 2022, am 24. Oktober 2022, am 22. November 2022 und am 28. Juli 2023 aktualisiert.

Inhaltsverzeichnis

1. Sebastian Kurz

Unter den Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker ist der prominenteste Beschuldigte der ehemalige Bundeskanlzer Sebastian Kurz. Bislang ermittelten die Korruptionsanwälte gegen Sebastian Kurz wegen des Vergehens der Falschaussage im U-Ausschuss (siehe Bonelli). Seit den Razzien im Bundeskanzleramt am 6. Oktober ist klar: Gegen Kurz wird noch in einer viel größeren Causa ermittelt. Ihm wird vorgeworfen, das Mastermind eines Untreue- und Bestechungsnetzwerks gewesen zu sein. Mit Steuergeldern aus dem Finanzministerium, getarnt mit Scheinrechnungen, sollen ab 2016 manipulierte Studien und bestellte Berichte im Boulevard-Medium Österreich gekauft worden sein. Oder wie die WKStA es in ihrer Durchsuchungsanordnung formuliert:

„Sebastian Kurz ist die zentrale Person: sämtliche Tathandlungen werden primär in seinem Interesse begangen. (…) Alle an der Planung und Umsetzung beteiligten Personen mussten sich dem übergeordneten Ziel – ihn zur Position des Parteiobmanns und in weiterer Folge des Bundeskanzlers zu führen (…) unterordnen. Aus den (…) ausgewerteten Chatnachrichten ist ersichtlich, dass er in allen wichtigen Belangen die Grundsatzentscheidungen trifft (…).“

Am 6. Oktober fanden nicht nur im Bundeskanzleramt statt, sondern auch bei der ÖVP-Bundespartei, bei Kurz engstem Umfeld, der früheren Familienministerin Sophie Karmasin sowie der Tageszeitung “Österreich”.
Sebastian Kurz bestreitet die Vorwürfe als konstruiert – auch nachdem das Geständnis der Meinungsforscherin Sabine Beinschab ihn belastet und eine Chat-Nachricht von Sophie Karmasin nahelegt, dass Sebastian Kurz bestens über die Vorgänge informiert gewesen war.

2. Stefan Steiner, ehemaliger Kurz-Berater

Maßgeblich beteiligt an der Ausführung dürfte auch Stefan Steiner gewesen sein, in der Anordnung zur Hausdurchsuchung wird er eine „Schlüsselfigur in der Ausarbeitung des Tatplans“ genannt. Steiner war seit 2011 nicht mehr von der Seite von Sebastian Kurz gewichen. Nach einer kurzen Phase als ÖVP Generalsekretär in den Jahren 2017/18 arbeitet er als persönliche Berater des damaligen Kanzlers Kurz. Im Fall der mit Steuergeld über Scheinrechnungen finanzierten Studien gab Steiner laut Ermittlern die „inhaltlichen Leitlinien“ der Umfragen vor und entschied, ob sie in den Medien veröffentlicht werden sollen. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue nach § 153 StGB als Beteiligter und des Verdachts der Bestechlichkeit nach § 304 StGB als Beteiligter.

Gegen die Hausdurchsuchung legte Steiners Anwalt Beschwerde ein, sie sei unzureichend begründet und unverhältnismäßig gewesen. Im April 2022 gab das Höchstgericht der WKStA recht. Die Begründung zur Razzia sei sogar besonders ausführlich auf 104 Seiten dargelegt worden.

3. Gerald Fleischmann, Kurz-Beauftragter für Medien

Als Hintermann in der Umfrage-Causa gilt der Medienkoordinator der Regierung Kurz, Gerald Fleischmann. Er taucht in den Chats immer wieder als Ideengeber für bestellte Studien auf. So schrieb Fleischmann an Schmid: „Griss (die ehemalige OGH-Präsidentin und Neos-Kandidatin, Anm.) bringt praktisch 0.“ Gemeint war: Eine bestellte Studie, die zeigen sollte, dass der Antritt von Irmgard Griss für die Partei Neos diesen kein Plus in den Umfragen bringt. So wurde es dann auch kommuniziert. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue nach § 153 StGB als Beteiligter und des Verdachts der Bestechlichkeit nach § 304 StGB als Beteiligter.

Auch er war mit seiner Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung, die im Oktober stattfand, im April 2022 vor dem Höchstgericht abgeblitzt.

4. Johannes Frischmann, Ex-Pressesprecher von Kurz

Der Tiroler ÖVP-Funktionär und ehemlige Kurz-Sprecher Johannes Frischmann wird beschuldigt, maßgeblich an der Entwicklung des sogenannten „B.-Österreich-Tools“ beteiligt gewesen zu sein. Das Tool ist ein interner Name für den Kauf von frisierten Umfragen im Sinne von Sebastian Kurz und der selektiven, bestellten Veröffentlichung der Ergebnisse in der Zeitung „Österreich“ – bezahlt vom Finanzministerium. Frischmann war an der Manipulation der Umfragen („Wir schneiden schlechter ab als SPÖ – da habe ich umgedreht“) beteiligt, aber auch an der Bezahlung mittels Scheinrechnungen. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue nach § 153 StGB als Beteiligter und des Verdachts der Bestechlichkeit nach § 304 StGB als Beteiligter.

5. Sophie Karmasin

Die ehemalige Meinungsforscherin wurde 2013 von der ÖVP zur Familienministerin gemacht. Damit reiht sich der Verdacht gegen sie in die lange Liste von Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker ein. 2016 überredete Sebastian Kurz Karmasin, ihn bei dem System der frisierten Umfragen zu unterstützen. Als Meinungsforscherin hatte sie Geschäftsbeziehungen mit der Verlegerfamilie Fellner. Die nutzte sie, um zwischen Thomas Schmid aus dem Team Kurz und der Boulevard-Zeitung Österreich zu vermitteln. „Alles läuft, es sollte groß Donnerstag kommen und er wird dich anrufen“, schrieb sie etwa an Schmid zur Veröffentlichung einer Umfrage in Österreich.

Die Aussage von Meinungsforscherin Sabine Beinschab belastet nicht nur Sebastian Kurz stark, sondern auch Sophie Karmasin. Diese wurde kurzzeitig wegen Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr” sogar in Untersuchungshaft genommen. Laut Beinschab habe Karmasin bei den an sie vermittelten Aufträgen für das Finanzministerium „mitgeschnitten“, die damalige Familienministerin nahm eine „Vermittlungsprovision“ von 20 Prozent des Umsatzes. Karmasin soll sogar in ihrer Zeit als Ministerin an den Aufträgen verdient haben, das Geld sei an die Firma von Karmasins Mann geflossen, so Beinschab. Letztere erhielt aufgrund ihrer Aussagen den Kronzeugen-Status.

Die WKStA ermittelte gegen Karmasin in der ÖVP-Inseratenaffäre wegen Verdacht auf Untreue und Bestechlichkeit sowie wegen Geldwäscherei, Vergehen gegen wettbewerbsbeschränkende Absprachen und schweren Betrugs. Im Mai 2023 wurde Karmasin wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Vom Betrugsvorwurf wurde sie freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

6. Johannes Pasquali

Dem ehemligen Leiter der Kommunikationsabteilung im Bundeskanzleramt wird vorgeworfen, an der „missbräuchlichen Zahlung von Amtsgeldern“ (also Steuergeldern im Finanzministerium) beteiligt gewesen zu sein. In seine Verantwortung als Kommunikationschef des Finanzministeriums fielen sowohl die Inseraten-Verträge mit dem Fellner-Medium Österreich von 1,1 Mio. Euro als auch die Scheinrechnungen für die Studien im Interesse von Sebastian Kurz um eine halbe Million. Gegen Pasquali, der auch ÖVP-Bezirkspolitiker im 4. Wiener Gemeindebezirk ist, wird wegen Verdacht der Untreue nach § 153 StGB und Verdacht der Bestechlichkeit nach § 304 StGB ermittelt.

7. Bernhard Bonelli, Kabinettschef von Kurz

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Bonelli wegen des Verdachts auf Falschaussage im U-Ausschuss. Wie Sebastian Kurz hat Bonelli im U-Ausschuss zu Protokoll gegeben, nicht in die Bestellung von Thomas Schmid zum Alleinvorstand der Staatsholding Öbag involviert gewesen zu sein. Chatprotokolle lassen anderes vermuten. Die Neos brachten eine Sachverhaltsdarstellung ein, die WKStA nahm Ermittlungen auf.

8. Gernot Blümel: Verbindungsmann zwischen Kurz und Novomatic?

Mit dem Ermittlungsstrang um Blümel wechselt der Schauplatz vom Vorwurf der Inserate-Korruption im Finanzministerium zur Causa Casinos. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt den Ex-ÖVP-Finanzminister hier als Beschuldigten. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Korruption. Die Verdachtslage kurz zusammengefasst: Hat es Geldflüsse der Novomatic an oder in die Sphäre der ÖVP gegeben und gab es dafür politische Gegenleistungen von ÖVP-Politikern? Eine dieser möglichen Gegenleistungen, die die Ermittler untersuchen: Ob Sebastian Kurz, als er 2017 noch Außenminister war, sich dafür einsetzte, dass die Novomatic weniger Steuern in Italien zahlen musste. Darauf deutet der SMS-Verkehr zwischen Gernot Blümel und Novomatic-Chef Harald Neumann hin. Der schreibt an Blümel: „Bräuchte kurzen Termin bei Kurz. 1) wegen Spende 2) wegen des Problems, das wir in Italien haben.“ Fakt ist, dass Kurz acht Tage nach dieser SMS einen 4-Augen-Termin beim italienischen Außenminister hatte und letztlich die Novomatic zwischen 20 und 40 Millionen Euro weniger Steuern in Italien zahlen musste.

Offizielle Spenden der Novomatic gab es jedenfalls keine an die ÖVP – womöglich gab es aber eine andere Gegenleistung. Das legt ein SMS-Verkehr zwischen Harald Neumann und dem Novomatic-Pressesprecher Bernhard Krumpl nahe. Krumpl schrieb an Neumann: „Hahaha … Pierer verdoppelt ÖVP-Spenden.“ Neumann antwortete: „Wir haben noch etwas Besseres vor ;)) hat dir Stefan schon erzählt???“ KTM-Chef Stefan Pierer spendete für den Wahlkampf von Sebastian Kurz 480.000 Euro.

Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker

Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker sind auch im U-Ausschuss des Parlaments Thema.

Als Neumann im Ibiza-Untersuchungsausschuss gefragt wurde, was denn dieses „Bessere“ gewesen sei, entschlug er sich, um sich nicht selbst zu belasten.

9. Thomas Schmid: packte aus und belastet sich und andere ÖVP-Politiker schwer

Mit der Novomatic-Causa war maßgeblich ein enger Vertrauter von Kurz und Blümel befasst: Thomas Schmid. Unter Kurz wurde er Chef der ÖBAG, jener Gesellschaft, die für die Republik Staatsanteile an Unternehmen verwaltet. 2017 war er Generalsekretär im Finanzministerium. In dieser Funktion bekam auch er von Blümel eine SMS: „Bitte ruf den Neumann zurück. Tu es für mich :* Danke!“.

Schmid und Neumann standen dann auch in Kontakt. Schmid berichtete dem Novomatic-Chef von guten Kontakten in das italienische Finanzministerium. Bei Thomas Schmid fand bereits im November 2020 eine Hausdurchsuchung statt. Unmittelbar bevor die Beamten bei Schmid eintrafen, hatte dieser sein Handy auf Werkseinstellungen zurückgesetzt. 300.000 Chatnachrichten konnten die Ermittler aus einem Backup aber sicherstellen – Nachrichten, die auch Blümel belasten. Offen bleibt, woher Schmid von der bevorstehenden Hausdurchsuchung wusste.

Schmid ist aber auch in den Ermittlungen zu den gekauften Umfragen ein zentraler Player. Er soll das System der gekauften Umfragen im Finanzministerium orchestriert haben. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue nach § 153 StGB als Beteiligter und des Verdachts der Bestechlichkeit nach § 304 StGB.

Darüber hinaus ermitteln die Korruptionsstaatsanwält:innen gegen Thomas Schmid auch in der Steuercausa Sigi Wolf, bei dem es um einen Steuernachlass für den MAN-Investor in Millionenhöhe geht (siehe unten). Das ist ein weiterer Schauplatz der Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker und ihr Umfeld.

Im Oktober 2022 wurde öffentlich, dass Thomas Schmid vor der WKStA ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und dabei sich sowie andere ÖVP-Politiker schwer belastet. Auch er will – neben der Meinungsforscherin Sabine Beinschab – Kronzeuge werden. Aufgrund seiner Aussage kam auch ans Licht, dass gegen Schmid in einer weiteren Untreue-Causa ermittelt wird. Es geht dabei um den Vorwurf, dass das Finanzministerium 2017 Steuergeld an die Grazer Beratungsfirma ICG bezahlt habe, um Unterstützung bei den kommenden Koalitionsverhandlungen zu erhalten. Die Leistungen sollen dabei laut Korruptionsermittler:innen „ausschließlich im Interesse der ÖVP“ gelegen sein. Auch der damalige Sektionschef und Ex-Finanzminister Eduard Müller steht in diesem Zusammenhang unter Verdacht.

10. Untreue-Vorwürfe gegen Ex-Sektionschef und Ex-Finanzminister Eduard Müller

Im Zuge des umfangreichen Geständnisses von Thomas Schmid kam eine weitere Ermittlungscausa von mutmaßlichen Steuergeldmissbrauchs bzw. Untreue ans Licht. Demnach soll das Finanzministerium zwischen August und Oktober 2017 die Beratungsagentur ICG für parteipolitische Zwecke beauftragt und bezahlt haben. Und zwar soll es um Vorbereitungen für die kommenden Regierungsverhandlungen der ÖVP gegangen sein. Die Leistungen sollen laut WKStA „ausschließlich im Interesse der ÖVP“ gelegen sein.

Thomas Schmid belastet sich in diesem Fall nicht nur selbst – die Beauftragung ging über seinen Tisch – sondern auch den damaligen Sektionschef im Finanzministerium, Eduard Müller. Dieser habe rund 19.200 Euro freigegeben, obwohl er „wusste, dass es sich dabei um ausschließlich parteipolitisch motivierte (…) Leistungen handelte“, vermutet die WKStA. Eduard Müller war später Finanzminister unter Kanzlerin Bierlein und sitzt jetzt im Vorstand der Finanzmarktaufsicht.
Die SPÖ hatte den Fall bereits im Juli 2022 zur Anzeige gebracht, im Oktober 2022 wurde bekannt, dass die WKStA gegen Thomas Schmid, Eduard Müller und eine Person des Beratungsunternehmens ermittelt. Außerdem fand eine Hausdurchsuchung bei der Grazer Agentur statt, die die Vorwürfe bestreitet.
Es gilt für alle Genannten die Unschuldsvermutung.

11. Christian Pilnacek: Warnte der Justizbeamte einen Milliardär vor einer Hausdurchsuchung?

Christian Pilnacek galt als der mächtigste Sektionschef im Justizministerium und als ÖVP-nahe. Er verhandelte das Justizkapitel bei den Koalitionsverhandlungen für die ÖVP mit und arbeitete als Generalsekretär für ÖVP-Justizminister Moser. Medial fiel er auf, als Aufnahmen öffentlich wurden, in denen er die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aufforderte, Ermittlungen in der Causa Eurofighter zu „daschlogen“. Auch in den öffentlich gewordenen Chats spielt er eine große Rolle, insbesondere als es darum geht, die Ermittlungen der WKStA zu behindern.

Pilnacek hatte bis 2020 auch die Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften inne – wenn er wollte, wusste er über Hausdurchsuchungen Bescheid. Mittlerweile ist der Sektionschef suspendiert. Grund: Auch gegen ihn wurde ermittelt – wegen Amtsmissbrauch und Amtsgeheimnisverrat. Er soll dem Anwalt des Immobilieninvestors und Milliardärs Michael Tojner verraten haben, dass eine Hausdurchsuchung bevorsteht. Im Juli 2022 wurde Christian Pilnacek im Amtsgeheimnisprozess rechtskräftig freigesprochen worden.

12. Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Johann Fuchs: Verdacht auf Geheimnisverrat und Falschaussage

Auch mit dem Leiter der Oberstaatsanwalt Johann Fuchs hatten die Ermittlungsbehörden viel zu tun. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hatte einen Strafantrag eingebracht – es geht um die Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage vor dem „Ibiza“-U-Ausschuss. Im August 2022 wurde er schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 72.000 Euro verurteilt worden. Vier Monate später hob das Oberlandesgericht Innsbruch die Schuldsprüche allerdings wieder auf. Der Prozess musste wiederholt werden. Im März 2023 wurde Fuchs freigesprochen – das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Anklagevertreter legten Berufung gegen den Freispruch ein.

Darüber hinaus haben Fuchs und Pilnacek eng zusammengearbeitet, als es darum ging, die Arbeit der WKStA zu behindern. Unter anderem dachten sie sogar eine Observation von ermittelnden Korruptionsstaatsanwälten an. Außerdem legen Chats nahe, dass sie sich über Ermittlungen austauschten, die sie selbst betrafen, beispielsweise als ZackZack-Herausgeber Peter Pilz den damaligen Sektionschef Christian Pilnacek anzeigte: „deine ganz persönliche Vorausinformation: Jetzt hat der Pilz dich angezeigt“, schrieb ihm Fuchs. Auch die Grundlage der Ermittlung teilte Fuchs dem Sektionschef mit, bevor sie sich darüber unterhielten, aus welchen Gründen eine Einstellung möglich wäre.

Für ihre Arbeit wurden Fuchs und Pilnacek im Jahrbuch der ÖVP 2021 ausdrücklich gelobt. Sie seien „das einzige Bollwerk gegen die linksradikale Kampftruppe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft“, wie der Blogger Andreas Unterberger in einem Gastbeitrag schreibt. Das Jahrbuch wurde unter anderem von U-Ausschuss-Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) herausgegeben.

13. Wolfgang Brandstetter: Ehemaliger Verfassungsrichter, Ex-Justizminister und Milliardärs-Anwalt

Der Anwalt Tojners, der diese Warnung erhalten haben soll, ist Pilnaceks ehemaliger Chef: Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter. Brandstetter wurde nach seiner Tätigkeit als Justizminister von Schwarz-Blau zum Richter am Verfassungsgerichtshof ernannt. Mittlerweile ist er wegen der Ermittlungen gegen ihn zurückgetreten.

Neben seinem Amt im Verfassungsgerichtshof war Brandstetter als Anwalt tätig – eben auch von Tojner. Brandstetter und Pilnacek, heißt es, sind in ihrer gemeinsamen Zeit im Ministerium sehr gut miteinander ausgekommen. Brandstetter soll 2019 seine guten Kontakte zu Pilnacek genutzt haben, um von der Hausdurchsuchung zu erfahren. So zumindest der Verdacht der Ermittler.

Außerdem wird Brandstetter unterstellt, Ermittlungsinformationen gegen den grünen Ex-Politiker Christoph Chorherr an Tojner weitergegeben zu haben.

Im Februar 2022 wurde außerdem bekannt, dass die Staatsanwaltschaft gegen Brandstetter wegen Verdacht auf Amtsmissbrauch ermittelt. Es geht dabei um eine umstrittene Personalentscheidung, in der Ex-Justizminister Brandstetter für einen Posten den Erstgereihten verhindert und anschließend degradiert haben soll. Das entsprechende Hearing sei „tribunalartig“ und das Vorgehen des Ministeriums „willkürlich“ gewesen, wie 2018 das Bundesverwaltungsgericht urteilte. Dass nicht damals bereits eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch eingebracht worden war, verhinderte unter anderem der damalige mächtige Sektionschef Christian Pilnacek.

14. Josef Pröll & Walter Rothensteiner: Treffen als Beschuldigte Pilnacek

Zwei weitere Fälle, die direkt mit Pilnacek in Kontakt stehen, sind Josef Pröll und Walter Rothensteiner. Pröll ist ehemaliger Finanzminister der ÖVP und Mitglied des Aufsichtsrates der Casinos Austria. Der Raiffeisenmanager Walter Rothensteiner war 25 Jahre lang Vorsitzender des Casinos Austria Aufsichtsrates und legte sein Amt im 2020 zurück. Beide sind Beschuldigte in der Casinos Affäre rund um die Bestellung des FPÖ-Bezirksrates Peter Sidlo zum Finanzvorstand. Die Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker umfassen damit auch das Finanzministerium.

Auch bei Pröll führte die Korruptionsstaatsanwaltschaft bereits eine Hausdurchsuchung durch. Pröll und Rothensteiner fühlten sich von der Staatsanwaltschaft unfair behandelt und hatten einen Termin im Justizministerium mit Christian Pilnacek, um sich zu beschweren. Zuvor trafen sie sich schon beim traditionellen Sauschädelessen der Raiffeisenbank. Für Pilnacek ein völlig normaler Vorgang, Staatsbürger sollen das Recht haben sich zu beschweren. Ob jeder so leicht einen Termin bei einem Sektionschef im Justizministerium bekommt wie Pröll und Rothensteiner, sei dahingestellt.

15. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka: Verdacht auf Amtsmissbrauch

Im März 2022 wurde bekannt, dass die Korruptionsermittler:innen gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wegen Verdacht auf Amtsmissbrauch ermitteln. Die Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker umfassten damit auch das zweithöchste Amt der Republik. Er soll, so der Verdacht, 2017 für die Besetzung des Vize-Chefs der Wiener Landespolizei mit einem ÖVP-Mann gesorgt haben. Die bestqualifizierte Kandidatin (die der ÖVP als SPÖ-nahe galt, selber aber immer betont hat, dass sie keiner Partei nahesteht) sollte den Job nicht bekommen. Das war aber selbst für Sobotka und seinen damaligen Kabinettschef Kloibmüller schwer zu argumentieren. Sobotka schrieb etwa an Kloibmüller: “In Wahrheit ist sie sehr kompetent, sie kann das, ist loyal.” Kloibmüller antwortet: “Fraktion (also die FCG; Anm.) dreht durch”, außerdem habe er für “unseren Kandidaten” alles vorbereitet: “Kommission steht und eigentlich ist alles eingehängt.“ Und, so Kloibmüller weiter, könne man damit „den Sozen zeigen, wo der Hammer hängt“. Sobotka: “Ok”.
Im Jänner 2024 wurde das Verfahren gegen Sobotka in dieser Causa eingestellt. Ein Amtsmissbrauch sei nicht nachzuweisen gewesen.

16. Ex-Kabinettschef Michael Kloibmüller: Sechs fragwürdige Postenbesetzungen

Michael Kloibmüller kam 2003 unter Ernst Strasser (ÖVP) ins Innenministerium, von 2008 weg war er Kabinettschef bei Fekter, Mikl-Leitner und Sobotka (alle ÖVP). Chats legen nahe, dass er als langjähriger Spitzenbeamter im Innenministerium eine zentrale Funktion im schwarzen Netzwerk einnahm, wenn es um Wünsche und Anliegen von ÖVP-Politikern, -Funktionären und -Beamten ging. Seinen Namen kennt man inzwischen vor allem, nachdem Chats aus seinem Handy öffentlich wurden. Nachdem es bei einem Bootsausflug ins Wasser fiel, übergab Kloibmüller das Handy einem IT-Experten im damaligen Nachrichtendienst BVT. Von dort gelangten die Daten allerdings an den Herausgeber von “Zackzack”, Peter Pilz, der sie der WKStA und im April 2022 dem U-Ausschuss übergab.

Durch die Chats aus seinem Handy ergab sich etwa der Amtsmissbrauchs-Verdacht gegen Wolfgang Sobotka. Inzwischen ist bekannt, dass auch ihn die Staatsanwaltschaft Wien in diesem Fall als Beschuldigten führt.

Dabei geht es um eine Postenbesetzung bei der Polizei aus dem Jahr 2017, in dem Sobotka aus „unsachlichen parteipolitischen Erwägungen“ für eine hochrangige Postenbesetzung in der Wiener Landespolizei gesorgt habe. Insgesamt wird gegen Kloibmüller in zumindest sechs Fällen wegen Verdachts auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch rund um Postenbesetzungen. Um welche Postenbesetzungen es geht, ist nicht klar.

17. ÖVP-Klubchef August Wöginger: Verdacht auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch

Auch gegen den ÖVP-Klubchef August Wöginger ermitteln die Korruptionsstaatsanwält:innen in einer fragwürdigen Postenbesetzung. Der Verdacht liegt auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch. Wöginger soll für eine parteipolitisch motivierte Postenbesetzung bei einem Finanzamt in Oberösterreich interveniert haben.
Das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding in Oberösterreich bekam 2017 einen neuen Chef. Der ist ÖVP-Bürgermeister aus dem Mühlviertel. Dass Postenbesetzung allerdings umstritten ist, bestätigt später auch das Bundesverwaltungsgericht. Denn: Der neue Finanzamts-Chef arbeitet erst seit kurzem beim Amt. Geeigneter war ganz offensichtlich eine langjährige, leitende Beamtin des Finanzamts Braunau-Ried-Schärding. Die Bewerberin, Christa Scharf, erhielt den Job jedoch nicht.
Öffentlich gewordene Chats legen nahe, dass August Wöginger bei Thomas Schmid – damals Kabinettschef im Finanzministerium – für seinen Parteifreund interveniert und „seinem parteipolitisch motivierten Besetzungswunsch Nachdruck“ verliehen hat.

Im Jänner 2023 wurde bekannt, dass in dieser Causa auch gegen den damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling wegen Verdacht auf Amtsmissbrauch ermittelt wird. Laut Aussage von Thomas Schmid, war dieser über den Personalwunsch informiert.

Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker

August Wöginger soll 2017 für eine parteipolitisch motivierte Postenbesetzung bei einem Finanzamt in Oberösterreich interveniert haben. Bei Thomas Schmid, der damals Kabinettschef im Finanzministerium war.

18. MAN-Investor Sigi Wolf und Finanzbeamtin: unrechtmäßiger Steuernachlass in Millionenhöhe?

Ein weiteres Thema rund um die Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker ist die Steuercausa Wolf. 2016 kamen Finanzbeamte nach einer Prüfung zu dem Entschluss, dass Siegfried Wolf rund 11 Millionen Euro an Steuern nachzuzahlen hatte. Diese wurden auf Druck des ÖVP-Kabinetts und unter Federführung von Thomas Schmid auf 7,6 Mio. Euro gesenkt. Und das, obwohl die Fachabteilung im Finanzministerium dagegen war, weil es nicht rechtmäßig wäre. Auch Strafzinsen in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro wurden ihm erlassen. Besonders für den Nachlass hat sich eine Finanzvorständin eingesetzt, die dafür mutmaßlich einen Spitzenposten im Finanzamt Baden bekam, dem „Flaggschiff” in diesem Feld. Das legt etwa der Chat nahe, in dem Wolf an Schmid schrieb:

„Thomas, guten Morgen!! Ich habe mit der Dame geredet. Sie will Baden.“ Sowohl gegen die Finanzbeamtin als auch gegen den ehemaligen Magna-Manager und MAN-Investor Siegfried Wolf sowie Thomas Schmid laufen Ermittlungen.

Am 20. Dezember 2021 fanden in dieser Causa Hausdurchsuchungen statt. Die Wirtschaft- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Bestechung.
Wie im Dezember 2021 bekannt wurde, ist Wolf allerdings auch seit Jahren Beschuldigter in einem Eurofighter-Ermittlungsverfahren. Was genau der Verdacht ist, ist unklar. In dieser Causa geht es allgemein unter anderem um den Verdacht der Geldwäsche und Falschaussage. Bei Siegfried Wolfs Befragung im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss stellte sich heraus, dass es in diesem Zusammenhang auch um grenzüberschreitenden Goldtransport geht. Fragen dazu verweigerte er aufgrund des laufenden Verfahrens.

19. Half Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling beim Steuernachlass von Investor Sigi Wolf?

Mit Ex-Minister Hans Jörg Schelling sind es inzwischen fünf ehemalige ÖVP-Finanzminister, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt. Es geht dabei um die Steuercausa von Siegfried Wolf – ihm wurden Steuern in Höhe von über vier Millionen Euro erlassen. Um das zu erreichen, gab es enorme politische Interventionen auf die Finanzverwaltung – und zwar während der Amtszeit von Finanzminister Schelling (2014-2017). Das zeigen sowohl Chats, als auch die Befragung von Finanzbeamten im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Schelling wird in dieser Causa als Beschuldigter geführt.
Schellings damaliger Generalsekretär Thomas Schmid setzte für Wolf alle Hebel in Bewegung, doch Wolf war auch selbst direkt mit dem damaligen Finanzminister Schelling in Kontakt. Im September 2016 informierte der Investor ihn, dass er mehrfach mit Schmid diesbezüglich geredet habe.

„Kümmere mich darum“, antwortete der Finanzminister. Auch mit Schmid tauschte sich Schelling über den Steuernachlass für Wolf aus und bat ihn dann: „Bitte SMS gleich löschen.“

Selbst nach seiner Zeit als Finanzminister setzte sich Schelling weiter für die Interessen des Millionärs ein: Während der Übergangsregierung 2019 verschaffte Schelling Wolf einen Rückruf des damaligen Finanzministers Eduard Müller, der unter Schelling Sektionschef gewesen war. Die Steuercausa Wolf ist ein zentrales Thema bei den Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker.

Im Jänner 2023 wurde bekannt, dass gegen Schelling auch in einer anderen Causa ermittelt wird. Der Verdacht: Amtsmissbrauch. 2017 soll August Wöginger für eine parteipolitisch motivierte Postenbesetzung bei einem Finanzamt in Oberösterreich interveniert haben: Chef des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding wurde ein ÖVP-Bürgermeister, der erst seit kurzm beim Amt gewesen war. Die offensichtlich besser geeinigente langjährige leitende Beamtin des Finanzamts bekam den Job nicht. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte später, dass es sich um eine umstrittene Postenbesetzung handelte. Laut Aussage von Thomas Schmid, war der damalige Finanzminister Hans Jörg Schelling über den Personalwunsch informiert:

„Ich habe ihm sicher gesagt, dass Wöginger einen Personalwunsch für eine Vorstandsposition eines Finanzamtes in Oberösterreich habe, dass ich mich schon darum gekümmert hätte und dass es sich dabei um einen ÖVP-Bürgermeister und ein ÖAAB-Mitglied handle“, so Schmid in seiner Zeugenaussage.

Schelling habe dies „einfach zur Kenntnis genommen“, so der Ex-Generalsekretär weiter.

20. Milliardär Rene Benko unter Bestechungsverdacht

Sigi Wolf ist nicht der einzige ÖVP-nahe Superreiche, gegen den in Steuercausen ermittelt wird: Kurz-Freund und Milliardär Rene Benko soll zwischen 2016 und 2018 den damaligen Generalsekretär Thomas Schmid mit der Aussicht auf einen Job mit einem Jahresgehalt von 600.000 Euro bestochen haben, so Schmid in seinem Geständnis. Schmid sollte im Gegenzug bei Steuerangelegenheiten behilflich sein. Dabei ging es um Steuern in Millionenhöhe, die Benko nach einem seiner Immobiliendeals abführen sollte und um die steuerliche Absetzbarkeit eines Privatjets. Freilich auch in Millionenhöhe.

Die WKStA hat den Verdacht, dass Bestechung bzw. Bestechlichkeit und Missbrauchs der Amtsgewalt vorliegt. Im Oktober ließen die Korruptionsermittler:innen deshalb die Büroräume seiner Signa Holding durchsuchen. Auch hier gilt die Unschuldsvermutung.

21. Ex-Finanzminister Hartwig Löger und die Casinos Causa

Hartwig Löger kommt aus der Versicherungsbranche. Er war nicht nur Vorstandsvorsitzender der Uniqa Versicherung, sondern hielt selbst laut News 12.500 Aktien am Uniqa-Unternehmen. 2017 wurde er unter Bundeskanzler Kurz Finanzminister und blieb es bis zur Übergangsregierung von Brigitte Bierlein 2019. Wenige Tage war er sogar Kurzzeit-Bundeskanzler.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Löger in der Casinos Causa, bei der es um angebliche Absprachen und Postenschacher geht. Im März 2019 hat der Aufsichtsrat der Casinos Austria einen neuen, dreiköpfigen Vorstand besetzt. Unter ihnen: Peter Sidlo (FPÖ). Dahinter stand eine koalitionsinterne Abmachung zwischen ÖVP und FPÖ, wonach „beide Regierungsfarben im neuen Casinos-Vorstand“ vertreten sein sollten. Der Verdacht lautet, dass Finanzminister Löger Casinos-Aufsichtsratschef Rothensteiner mitgeteilt habe, dass aufgrund eines „Deals“ zwischen Novomatic und der FPÖ der Kandidat Sidlo ernannt werden müsse. Das soll eine Aktennotiz Rothensteiners belegen.

Dass Löger bei den Deals beteiligt war, darauf deutet auch die Chat-Nachricht des früheren FPÖ-Obmanns Heinz-Christian Strache hin, der sich für die Unterstützung Lögers bei den Casinos (CASAG) bedankte. Löger antwortete darauf mit einem „Daumen hoch“.

Gegen Löger wird wegen Verdacht des Amtsmissbrauchs ermittelt, im November 2021 fand eine Hausdurchsuchung bei ihm statt, bei der auch sein Handy beschlagnahmt wurde.

22. Bettina Glatz-Kremsner: Die Kurz-Stellvertreterin wurde Casinos Chefin

Auch gegen die ehemalige Vizeparteichefin der ÖVP, Bettina Glatz-Kremsner, wird in der Causa Casinos ermittelt. Bei der Neubestellung von Spitzenfunktionen kam es zu folgenden Wechseln: Der FPÖler Peter Sidlo bekam Glatz-Kremsners alten Posten als Finanzvorstand. Glatz-Kremsner rückte zur Generaldirektorin auf. Ermöglicht wurde das durch Stimmen der Novomatic und der Republik Österreich im Aufsichtsrat der Casinos Austria. Alleine durch diesen Wechsel erhielt Glatz-Kremsner 1,6 Millionen Euro Abfertigung.

Gegen Glatz-Kremsner wird wegen Falschaussage in sechs Fällen ermittelt. Sie hat vor der Staatsanwaltschaft und vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss ausgesagt, zu Thomas Schmid nur berufliche Kontakte in seiner Funktion als Generalsekretär“ beim Finanzministerium, aber „keine informellen oder privaten Kontakte“ gehabt zu haben. Mittlerweile sind Nachrichten aufgetaucht, die sich anders lesen. Schmid hatte ihr eine „private Einladung“ übermittelt. Ziel war es, „unserem Gernot Blümel dabei ein bisschen zu helfen, sich zu etablieren“, so Schmid an Glatz-Kremsner, „es wäre super cool wenn du Lust und Zeit hättest zu kommen. Acht Leute, Abendessen und sehr informell.“ Am Tag nach dem Abendessen schrieb Glatz-Kremsner an Schmid: „Guten Morgen Thomas! Nochmals vielen herzlichen Dank für den wunderbaren Abend gestern und für Deine besondere Gastfreundschaft! Habe Deine Kochkünste und die interessanten Gespräche sehr genossen (…) herzlichst, Bettina“.

23. ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer: zweifelhafte Honorare vom Immobilienunternehmen “Wienwert”

Nachdem Gernot Blümel im Dezember 2021 zurückgetreten war, folgte ihm Karl Mahrer nach. Am 20. Mai 2022 wurde er offiziell zum Chef der ÖVP Wien gewählt. Am selben Tag wurde bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt. Die Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker sind somit um ein weiteres Thema reicher. Es geht dabei um monatliche Zahlungen von 10.000 Euro, die seine Frau vom Immobilienunternehmen “Wienwert” zwischen Juli 2017 und Jänner 2018 erhalten haben soll. Und das, ohne eine entsprechende Gegenleistung zu erbringen, so der Verdacht. Interne E-Mails legen nahe, dass es sich dabei eigentlich um ein Honorar für Karl Mahrer handelte. Dieser bestreitet alle Vorwürfe.

24. Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und die Wirtschaftsbund-Inseratenaffäre

Auch am anderen Ende von Österreich hat die WKStA Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker eingeleitet und zwar gegen den ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner. Thema war die Inseraten-Affäre rund um den Wirtschaftsbund, die im April 2022 bekannt geworden ist. Der Vorarlberger Wirtschaftsbund dürfte der ÖVP aus dem Inseratengeschäft enorm hohe Summen zukommen haben lassen – und das Geld auch nicht versteuert haben. Das Geld, das vom Wirtschaftsbund an die ÖVP gewandert ist, dürfte hauptsächlich aus dem Magazin Vorarlberger Wirtschaft stammen, für das der mittlerweile zurückgetretene Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler Anzeigen lukriert hat.

Ein Unternehmer, der anonym bleiben möchte, hat in einer eidesstattlichen Erklärung ausgesagt, dass Wallner um Inserate für die Wirtschaftsbund-Zeitung geworben und dafür Gegenleistungen in Aussicht gestellt habe. Wallner bestritt das.

Gegen ihn ermittelte die Korruptionsstaatsanwält:innen jetzt wegen den Vorwürfen wegen Vorteilsnahme nach § 305 StGB. Er könnte versucht haben, “als Amtsträger für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften Vorteile zu fordern”.

Im Juni 2023 wurde das Ermittlungsverfahren gegen Markus Wallner eingestellt.

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Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
Gegen diese ÖVP-Politiker und ihr Umfeld wurde und wird ermittelt

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saloo
saloo
8. November 2022 16:52

gilt für jede Partei nicht nur övp

Petra Pan
Petra Pan
7. Oktober 2021 18:11

Ein wichtiges Puzzle-Teil:
Thomas Schmid und Sebastian Kurz sind beide schwul, und waren lange Zeit ein Liebespaar. Als solche haben sie beschlossen, sich auf den Werg „nach oben“ gegenseitig zu unterstützen.
Zuerst hat Schmid Geld beschafft …. später hat ihn Kurz zum Chef der ÖBAG gemacht ….

rudolf
rudolf
3. März 2021 10:43

Leider wird die Korruption in Österreich immer MEHR!!
Wann greift die WKStA und der VfGH ein, dieses „Spiel“ zu beenden?
Wann wird unser?? BK zu den Anschuldigungen im IBIZA-AUSSCHUß mit Strache, einvernommen? Wir glauben, Er hat ANGST, dass es im so ergeht wie den französischen MP Sarkozy.

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