So extrem ist das FPÖ-Wahlprogramm 2024
Dossier

Die extremsten Forderungen im Wahlprogramm der FPÖ

Unter dem Titel „Festung Österreich. Festung der Freiheit“ fordert die FPÖ in ihrem Wahlprogramm eine Meldestelle für kritische Lehrer:innen und weitreichende Einschränkungen der Menschenrechte. Dafür soll es für Konzerne und Superreiche Steuersenkungen geben, bei gleichzeitigem Abbau von Sozialleistungen. Kontrast hat sich für euch das Wahlprogramm der FPÖ angeschaut und eine Liste der extremsten Forderungen zusammengestellt.

Meldestelle für kritische Lehrer:innen

Das FPÖ Wahlprogramm sieht vor, dass Schüler:innen ihre Lehrer – die eine “gebotene Neutralität” nicht einhalten – melden sollen. Diese sollen dann “Konsequenzen” zu spüren bekommen. Eine solche Meldestelle würde aber vor allem ein Klima der Angst erzeugen und Schulen in Verbotszonen verwandeln. Lehrer:innen werden damit pauschal verdächtigt und überwacht. Wenn Lehrpersonen in der Schule nicht mehr angstfrei politische Bildung und Geschichte unterrichten können, bedeutet das eine ernsthafte Gefährdung – nicht nur für unser Bildungssystem, sondern auch für die Demokratie in Österreich.

Kinder könnten ins Gefängnis kommen

Unter dem Vorwand, die Jugendkriminalität zu verringern, will die FPÖ die Strafmündigkeit von derzeit 14 Jahren auf 12 Jahre herabsetzen. Auch die ÖVP hat bereits mit einer ähnlichen Forderung aufhorchen lassen. Aber anstatt durch pädagogische Betreuung straffällig gewordenen Jugendlichen tatsächlich eine Perspektive für ihr weiteres Leben zu geben, sollen schon 12-jährige Kinder kriminalisiert werden.

Expert:innen sind gegen eine Senkung der Strafmündigkeit. So sagt zum Beispiel Andreas Hautz, Vorstandsmitglied der Fachgruppe Jugendstrafrecht in der Richtervereinigung und seit 25 Jahren Jugendrichter in Wien: “Wir sind der einhelligen Überzeugung, dass eine Senkung der Strafmündigkeitsgrenze zu nichts führt. Die Erfahrung zeigt, dass ein Zwölfjähriger das Unrecht seiner Tat oft gar nicht erkennt bzw. nicht schuld- oder tateinsichtig handelt.”

Um Kinder von strafbarem Verhalten abzubringen, „sind Prävention und Streetwork die richtigen Mittel. Kinder einsperren bringt dagegen nichts.“ 

Hass im Netz soll nur mehr bei Gewaltaufrufen bestraft werden

Im Internet wird viel Hass verbreitet. Das “Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz” soll das eindämmen und Menschen auch im digitalen Raum schützen. Im Dezember 2020 wurde das Gesetz im Parlament beschlossen – nur die FPÖ war dagegen. Denn: Dieses Gesetz würde angeblich die Meinungsfreiheit einschränken. Im Wahlprogramm kann man nachlesen, was die FPÖ wirklich an dem Gesetz stört:

“Durch einen überschießenden Verhetzungsparagrafen werden ‘rechte’ Politik und Meinungen tendenziell kriminalisiert.”  (S. 19)

Es geht also vor allem um Verbote rechter und rechtsextremer Inhalte im Internet. Dass das die FPÖ stört, ist nicht überraschend. Schließlich sind FPÖ-Politiker:innen schon mehrmals wegen der Verbreitung rechter bis rechtsextremer und neonazistischer Inhalte aufgefallen und teilweise auch verurteilt worden.

Gesellschaftliche Vielfalt ist für die FPÖ “Gehirnwäsche”

Die FPÖ spielt auch immer wieder mit Verschwörungs-Ideologie. So spricht sie von einer “Transgender-Gehirnwäsche”, die „auf eine Zersetzung unserer gesellschaftlichen Grundlagen abzielt“. Oder auch von „queeren Experimenten“. Gesellschaftliche Vielfalt wird als eine Gefahr für die traditionelle Familie angesehen und abgelehnt. Um ihre konservative Vorstellung von Familie zu “schützen”, wollen die Freiheitlichen in die Verfassung schreiben, dass es nur zwei Geschlechter geben darf. Menschen, die nicht in dieses Weltbild passen, spielen im FPÖ Wahlprogramm keine Rolle.

Die FPÖ hat auch Probleme mit der sexuellen Aufklärung von Kindern und Jugendlichen. Unter dem Satz “Stopp der Frühsexualisierung” wird vor einer “Indoktrinierung mit Transgender-Ideologie” gewarnt. Sexuelle Aufklärung und freie Entfaltung der eigenen Sexualität werden als Gefahr für die traditionelle Familie gesehen.

 

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Keine Millionärssteuer und keine Leerstandsabgabe – dafür Kürzungen im Sozialstaat

Das FPÖ-Wirtschaftsprogramm für die Nationalratswahl bevorzugt vor allem Konzerne, große Vermögen und Superreiche. Für die soll es Steuergeschenke in Form von Steuersenkungen geben. Deshalb sind die Freiheitlichen auch gegen eine Erbschafts- und Millionärssteuer. Das dürftige Argument: Österreicher:innen müssen ohnehin schon so viele Steuern zahlen. Doch 80 % der Steuern werden von Beschäftigten getragen, nicht von Millionenerben. Es wäre also gerade diese Steuer auf Erben und Vermögen, die Beschäftigte entlasten würde. Denn mit den Einnahmen könnte der Staat mehr Geld ins Bildungs- und Gesundheitssystem investieren oder die Steuern auf Arbeit senken.

Auch eine Arbeitszeitverkürzung und eine Leerstandsabgabe lehnen die Freiheitlichen ab. Die Leerstandabgabe wäre eine wichtige Maßnahme, um mehr Wohnungen – die durch Immobilienspekulation bewusst leer stehen – auf den Markt zu bringen.

Im Gegensatz dazu will die FPÖ die “Lohnnebenkosten” senken. Das sind allerdings Sozialstaatsbeiträge, die einen Teil unserer sozialen Absicherung finanzieren. Diese Beiträge sind also ein Teil des Lohns von Arbeitnehmer:innen – den die Arbeitgeber zusätzlich zum Bruttolohn in Krankenversicherung, Pensionsversicherung, Arbeitslosenversicherung und Unfallversicherung einzahlen. Weniger Lohnnebenkosten bedeuten weniger Krankengeld, weniger Pension, eine schlechtere Unfallversorgung und weniger Arbeitslosengeld.

Die FPÖ will die Arbeiterkammer schwächen

Die Kickl-FPÖ will der Arbeiterkammer, als größte und stärkste Arbeitnehmer:innen-Vertretung, die Finanzierungsgrundlage nehmen. So ist im Wahlprogramm eine Abschaffung der Kammerumlage in ihrer jetzigen Form vorgesehen. Über die Kammerumlage finanziert sich die Arbeiterkammer aber zum größten Teil. Ohne diese finanziellen Mittel müsste die AK ihr umfangreiches Beratungs- und rechtliches Vertretungsangebot von Arbeitnehmer:innen einstellen oder stark reduzieren. Denn im Gegensatz zu den Interessenvertretungen der Arbeitgeberseite – Wirtschaftskammer (WK) und Industriellenvereinigung (IV) – kann sich die AK nicht darauf verlassen, dass Großspenden den Betrieb aufrechterhalten, und ist deshalb auf die Mitgliedsbeiträge angewiesen.

 

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Die FPÖ will Pensionsvorsorge privatisieren

Auch bei der Finanzierung des Pensionssystems macht die FPÖ vor allem Politik gegen Arbeitnehmer:innen. So soll die staatlich finanzierte Pensionsversicherung in ein 3-Säulen-Modell umgewandelt werden. Das bedeutet, dass Versicherte neben der staatlichen und der derzeit noch freiwilligen betrieblichen Pensionsvorsorge, auch in eine private einzahlen müssen. Mit diesem Geld wird dann oft an der Börse spekuliert. Das Risiko dabei tragen dann die Arbeitnehmer:innen – und das ging in der Vergangenheit bereits schief.

Zum Beispiel hat der größte schwedische Pensionsfonds Alecta Geld in eine amerikanische Bank gesteckt und bei deren Pleite im Jahr 2023 1,9 Milliarden Euro verloren. Mit den Verlusten an der Börse sinkt auch der aktive Pensionsbezug der Anleger:innen – und bringt für sie die Unsicherheit, wie hoch ihre Pension ausfallen wird. Generell zahlen sich private Pensionsversicherungen aufgrund der hohen Kosten, der niedrigen Zinsen und der Unsicherheit am Finanzmarkt kaum aus.

Asylrecht soll durch Notgesetze ausgehebelt werden

Die FPÖ will das Asylrecht per Notgesetz aushebeln und willkürlich über die Rechte von Asylwerber:innen und Asylberechtigten entscheiden. Das Asylrecht ist aber ein international anerkanntes Grundrecht, verankert in der Genfer-Flüchtlingskonvention und den EU-Verträgen. Ein solcher Schritt könnte Österreich international isolieren und würde rechtliche Konsequenzen innerhalb der EU nach sich ziehen.

Staatsbürgerschaft soll schon bei kleinen Vergehen und “Geringachtung Österreichs” aberkannt werden

Auch der Zugang zur Staatsbürgerschaft soll nach FPÖ-Plänen deutlich erschwert werden. Diese soll es nur mehr für jene “Nicht-Österreicher” geben, die sich komplett anpassen – das heißt den FPÖ-Vorstellungen einer österreichischen Mehrheitsgesellschaft entsprechen. Bevor man dann die Staatsbürgerschaft bekommt, soll ein “Einbürgerungsvertrag” abgeschlossen werden:

“Wer durch Verbrechen, Missbrauch des Sozialstaates oder Geringachtung unseres Landes und Volkes gegen diesen Einbürgerungsvertrag verstößt, kann seine erhaltene Staatsbürgerschaft auch nachträglich wieder verlieren” – so die Forderung im FPÖ-Wahlprogramm. (S. 49)

Das heißt, man könnte die Staatsbürgerschaft schon bei kleinen, rechtlichen Vergehen oder einer fälschlich bezogenen sozialstaatlichen Hilfeleistung verlieren. Die Freiheitlichen wollen auch bereits erteilte Staatsbürgerschaften anhand dieser vagen Kriterien überprüfen und gegebenenfalls aberkennen. Das wäre nicht nur gegen die geltende Verfassung, sondern würde der FPÖ auch die willkürliche Ausbürgerung von Menschen ermöglichen. Bereits Anfang des Jahres verteidigten F-Chef Herbert Kickl und FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker die öffentlich gewordenen Massenvertreibungs-Fantasien bei einem Geheimtreffen in Potsdam.

Bisher gilt: Es macht keinen Unterschied, ob ein Mensch die Staatsbürgerschaft durch die Geburt oder erst später erhalten hat. Staatsbürger sind Staatsbürger. Nach den Plänen der FPÖ könnte diese aber dann allen Österreicher:innen, die gegen diese Kriterien verstoßen, aberkannt werden. Abgesehen davon würde diese Forderung – wie vieles andere im FPÖ Wahlprogramm – wohl gegen die Menschenrechte verstoßen.

Extrem – das will Kickl: Arbeiterkammer zerschlagen, Fahndungslisten für Andersdenkende, gegen Klimaschutz

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