Der MAN-Konzern will den Standort in Steyr schließen. 2.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen vor der Kündigung. Doch der Konzern steht wirtschaftlich gut da und zahlt 2020 hohe Dividenden an Aktionäre aus. Steyr kann gerettet werden, ist sich Markus Vogl, langjähriger Betriebsrat und SPÖ-Abgeordnete, sicher. Aber es braucht Unterstützung von der Regierung.
Der MAN Konzern will den Standort Steyr schließen und 2.300 Mitarbeiter kündigen. Kommt das überraschend?
Markus Vogl: In der Dimension kommt das sehr überraschend. Es war schon immer wieder klar, dass es im Konzern Probleme gibt, aber mit dem Schritt der Werkschließung hat keiner gerechnet.
Für die Beschäftigten in Steyr ist das eine Katastrophe. Die Leute sind total verunsichert. Sie erfahren alles nur aus der Presse
Abgesehen davon gab es nur eine allgemeine Videobotschaft des Konzern-Vorsitzenden an sie. Reden tut niemand mit ihnen. Der Betriebsrat wird jetzt am Mittwoch eine Betriebsversammlung abhalten und beraten, wie es weitergeht. Die Gewerkschften ProGe und GPAdjp werden die Beschäftigten auf jeden Fall unterstützen, wenn sie Widerstand leisten.
Es gibt vom Konzern gegenüber dem Betriebsrat eine Garantie, dass der Standort erhalten bleibt – sogar vertraglich vereinbart. Kann die Konzernleitung den Vertrag einfach kündigen?
bis 2030 hat der Konzern für Steyr eine Standortgarantie abgegeben. Es gibt Ausstiegsklauseln im Vertrag, aber selbst in der schwersten Wirtschaftskrise 2008/09 hat sich das Konzern-Management an die Garantien gehalten. Damals gab es einen Einbruch bei den Aufträgen, das ist heute nicht der Fall. Trotzdem lässt das Management den Ausstieg jetzt prüfen.
Die Werkschließung in Steyr trotz Vertrag ist auch ein absoluter Tabubruch im Konzern: MAN gehört ja letztlich dem VW-Konzern und der schreibt hohe Gesamtgewinne.
Die Eigentümerfamilie Porsche-Piech ist mit 37 Milliarden Euro die reichste Familie Österreichs. Früher hätte man im VW-Konzern keine Standorte einfach so geschlossen. VW könnte es sich auch leisten, den MAN-Standort in Steyr wieder gut aufzustellen.
Was ist das Problem in Steyr?
Das Problem sind Fehler des Managements. Es gab eine Expansionsstragie, in Krakau und St. Petersburg wurden neue Werke eröffnet. Diese Strategie ist allerdings gescheitert. Die Strukturveränderungen hat der Vorstand zum Teil einfach falsch angelegt und zum Teil sind die Annahmen falsch gewesen, aber da können die Beschäftigten am allerwenigsten dafür. Die jetzt für Fehler im Vorstand bezahlen zu lassen, das geht einfach nicht. Man braucht dringend einen neuen Plan für den Standort. Eine Fehlentscheidungen zu treffen, kann passieren. Aber man kann nicht die Falschen dafür verantwortlich machen.
Die Betriebsräte starteten Montag Früh in intensive Verhandlungen mit der Konzernleitung in München, um die kolportierten Schließungspläne abzuwenden. Die gleiche Entschlossenheit für eine Sicherung der Arbeitsplätze in unserer Region erwarte ich mir auch von der Landes- und Bundesregierung.
Was könnte die Regierung tun? Welche Maßnahmen müsste der Nationalrat beschließen, um so ein Vorgehen zu verhindern?
Die Regierung hat ja bis jetzt nur Arbeitsstiftungen angekündigt. Die helfen schon. Aber vorher müssen wir bitte schauen, ob wir den Standort nicht noch retten können. Wenn der Standort schließt, ist das ja eine Katastrophe für die Stadt. Und bis jetzt hat es immer sofort Reaktionen von der Bundesregierung gegeben, wenn so etwas passiert ist. Das heißt: Man kann schon was machen, man muss es aber wollen.
Überhaupt braucht es für die Region einen Plan. Wir stehen vor einer großen strukturellen Veränderung. Wo sollen die neuen Jobs herkommen?