Klimawandel

Wie Schweden aus Müll Millionen macht – und damit das Klima rettet

Foto: Unsplash/Ferhat Deniz Fors

Schweden macht aus 750.000 Tonnen Müll Strom, reduziert seine CO2-Abgase und spült durch gezielte Müll-Verbrennung Millionen in den Staatshaushalt. Auch Unternehmen und Händler werden beim Recycling in die Pflicht genommen. Schweden ist damit einer von Europas Vorreitern bei effizienter Klimapolitik.

Um das Klima zu retten, setzt Schweden auf Recycling

In sieben verschiedene Kategorien trennen die Schweden ihren Abfall

Durchschnittlich trägt jede Schwedin und jeder Schwede jährlich 480 Kilo Müll zur Recycling-Station. Metall, Plastik, und Glas werden direkt recycelt. Alles andere kommt – ähnlich wie in der Spittelau Wien – in eine Verbrennungsanlage. 750.000 Tonnen Müll werden so jährlich zu Strom und Wärme umgewandelt. Die CO2-Emission, die bei der Verbrennung entsteht, liegt weit unter den erlaubten Grenzwerten und ist im Vergleich zu Kohle- oder Ölverbrennung weitaus klimaneutraler.

Die schwedische Bevölkerung beteiligt sich so rege an der Mülltrennung, dass die Verbrennung des Restmülls nur durch Import von Müll aus anderen Ländern wie Großbritannien weiter betrieben werden kann. Dass füllt wiederum die schwedische Staatskassa. Denn andere Länder bezahlen für die Abgabe ihres Mülls. 2018 verdiente Schweden mehr als 50 Millionen Euro mit Mülltrennung und ökofreundlicher Müllverbrennung.

Bevölkerung und Hersteller in der Pflicht

Da sich auch in Schweden nicht jeder einzelne immer genau an die Mülltrennung hält, landet auch mal eine Windel oder eine Plastikverpackung in der Verbrennungsanlage. Die aus Plastik-Verbrennung entstehende Asche muss extra entsorgt werden. Die restliche Asche wird zum Beispiel für den Straßenbau verwendet – so wird alles bis aufs Letzte verwertet.

Damit das funktioniert, müssen alle sorgfältig trennen.

In sieben verschiedene Tonnen wird der Mist sortiert: Neben Papier, Zeitungen, Metall-Konserven, Plastik, und Bunt- und Weißglas gibt es auch eine Tonne für den Kompost. Wie in Österreich gibt es ein Pfandsystem und Entsorgungshöfe. Die Kommunen können bei Verstößen gegen die Verordnungen Strafen verhängen.

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Doch nicht nur die einzelnen Haushalte, auch Hersteller und Händler wurden in die Pflicht genommen: Für die Entsorgung von Verpackungsmüll sind Hersteller zuständig. Das bedeutet, dass Hersteller oder Zwischenhändler sich um das Einsammeln des Mülls und das umweltbewusste Recycling bemühen müssen. Das trifft zum Beispiel Hersteller, Vertreiber und Händler von Elektrogeräten. Verstöße stehen unter Strafe. So sorgen die Unternehmen selbst für die ordnungsgemäße Entsorgung: Sie schließen eigene Verträge mit Entsorgungs- und Wiederverwertungs-Unternehmen ab.

Klimapolitik als Steuerpolitik

Schon lange gibt es in Schweden eine Umweltsteuer. Seit 1991 hebt Schweden eine CO2-Steuer auf fossile Energien, Heizen und Warmwasser ein. Bis 2013 ging dadurch der Ausstoß um fast 14 Prozent zurück. Gleichzeitig sanken die Steuern auf Arbeit von 36 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 31 Prozent –  obwohl sich im gleichen Zeitraum die Wirtschaftskraft um 60 Prozent wuchs.

„Wir haben schon 1991 eine Steuer auf Kohlendioxid eingeführt. Damals waren es 24 Euro je Tonne. Seither haben wir sie in vielen kleinen Schritten erhöht, sie liegt jetzt bei 111 Euro je Tonne“, sagt die schwedische Finanzministerin Magdalena Andersson in einem Interview.

Schwedens Finanzministerin setzt sich für Klima ein. Ihre Mittel: Steuern und RecyclingSchweden gilt deswegen als Beispiel für die Vereinbarkeit von Klimaschutz und Wirtschaftsfreundlichkeit. Das liegt bestimmt auch daran, dass zu Beginn vor allem Privatkonsum, Groß- und Einzelhandel, der öffentliche Sektor und Dienstleistungen stark CO2-besteuert wurden. Die schwedische Regierung setzt Steuern bewusst als Steuerungsmaßnahme ein, wie Andersson der Süddeutschen Zeitung erklärt:

„Moderne Steuersysteme sollten eine breite Steuerbasis haben, wenige Ausnahmen zulassen, Steuerschlupflöcher gestopft haben und niedrige Steuertarife anbieten“

Auf Flüge gibt es seit 2018 extra Steuern, auf Reparaturen gelten wiederum gesenkte Steuern. So wird der Konsum gesteuert: Flugreisen werden vermindert, reparieren statt neu kaufen wird gefördert.

Best Practice für Zero Waste: Privatinitiativen helfen mit

Nicht nur staatliche Programme helfen in Schweden, die Umwelt zu schonen und das Klima zu entlasten. Projekte von Einzelpersonen und Gruppen leisten wichtige Beiträge. Ziel ist es nicht nur, den Planeten zu retten, sondern auch, die Gemeinden enger zusammenzuschweißen.

In Schweden steht das einzige Recycling Kaufhaus

Das Upcycling-Einkaufszentrum ist gut besucht. Bild: reset.org

Die ReTuna Återbruksgalleria ist ein Einkaufszentrum, das ausschließlich wiederverwertete, recycelte und reparierte Waren zum Verkauf anbietet. Wie in einem herkömmlichen Second Hand Shop bringen Kunden ihre Altwaren. Diese werden dann von Mitarbeitern überprüft und repariert. Im Anschluss finden Kleider, Geschirr, Farbdosen und Gartengeräte in 14 Geschäftslokalen sortiert ein neues Zuhause.

Ein ähnliches Projekt gibt es übrigens in Amsterdam: Das Zero Waste Lab ist ein Zentrum für die ganze Nachbarschaft. Die Menschen bringen ihren getrennten Müll und bekommen dafür eine Marke, die sie wiederum vor Ort im hauseigenen Kaffeehaus eintauschen können. Die Initiative sorgt so nicht nur für eine saubere Stadt und ein geschütztes Klima, sie bringt auch das Viertel wieder näher zusammen.

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Lukas
Lukas
23. Juli 2021 10:25

Toller Artikel, wir sollten Verpackungshersteller ruhig nochmehr in die Pflicht nehmen. Aber Vergleich mit Schweden: wir haben ja auch immerhin 6 Trennungen (nur nicht wien) und für die Gelbe Tonne ist bei uns ja auch der Hersteller/Handel zuständig, oder? Vlt trennen die Schweden einfach besser 😉

adabei
adabei
Reply to  Lukas
6. September 2021 13:11

die Schweden sin auch disziplinierter und folgsamer als wir

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