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Parteitag: Mit diesen Forderungen will die SPÖ Österreich verändern

Foto: David Visnjic

Unter dem Motto „Zurück zur Gerechtigkeit“ hält die SPÖ am 11. und 12. November 2023 in Graz ihren zweiten Parteitag in diesem Jahr ab. Dort stellen sich nicht nur Andreas Babler und Andreas Schieder zur Wahl – es geht bei Babler um den Parteivorsitz, bei Schieder um die Rolle als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl 2024. Beim Parteitag werden auch inhaltlich die Weichen für das nächste Jahr gestellt. Wer also wissen will, was die SPÖ im kommenden Jahr im Nationalratswahlkampf fordern will, kann einen Blick in die sogenannten „Leitanträge“ werfen. Wir haben die wichtigsten enthaltenen Forderungen in aller Kürze zusammengefasst.

Am 11. und 12. November findet unser 46. Ordentlicher Bundesparteitag in Graz statt. Unter dem Motto „Zurück zur Gerechtigkeit“ wählen die 613 Delegierten den Vorsitz der Partei, den Spitzenkandidaten für die kommende EU-Wahl. Darüber hinaus werden 12 sogenannte „Leitanträge“, 157 Anträge und 3 Resolutionen diskutiert und abgestimmt. Aus den „Leitanträgen“ lässt sich schließen, was die großen Ideen und Forderungen der Sozialdemokratie vor allem im nächsten Jahr, in dem eine Nationalratswahl und eine EU-Wahl abgehalten werden, sein werden.

1 – Recht auf Facharzt-Termin innerhalb von 14 Tagen

Schon mehrfach hat die SPÖ kritisiert, dass man als Patient:in häufig nicht mehr die E-Card zücken muss, um einen Facharzt-Termin zu bekommen, sondern die Bankomatkarte. Wer nicht genug Geld hat, wartet lange auf Untersuchungen, Diagnosen und Behandlungen. Das Risiko für die Gesundheit steigt und belastet Betroffene wie Familien. Das will die SPÖ ändern, indem sie einen Rechtsanspruch auf einen Arzt-Termin binnen 14 Tagen umsetzen will.

Damit das funktioniert, braucht es auch mehr Kassenärzt:innen. Deshalb will die SPÖ schon bei der Ausbildung ansetzen: Sie will die Medizinstudienplätze, die es an Österreichs Unis gibt, verdoppeln und Bewerber:innen für diese Studienplätze bevorzugen, wenn sie sich verpflichten, später im öffentlichen Gesundheitssystem zu arbeiten.

Außerdem sollen sich auch Wahlärzt:innen verpflichten, eine gewisse Zahl an Kassenpatient:innen zu betreuen.

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Binnen 14 Tagen soll jeder und jede das Recht auf einen Termin bei einer Fachärztin/einem Facharzt haben – wenn es nach der SPÖ geht. (Foto: Freepik.com)

2 – Pilotprojekt für eine 4-Tage-Woche

In den USA sowie in europäischen Ländern wie Spanien, Island, Portugal, Großbritannien und sogar in unserem Nachbarland Deutschland wurden groß angelegte Pilotprojekte zur Arbeitszeitverkürzung (bei vollem Lohn) bereits getestet. Endberichte und – bei noch laufenden Studien – Zwischenergebnisse zeigen, wie viele Vorteile eine 4-Tage-Woche mit sich bringt. Sowohl für die Beschäftigten als auch die Betriebe, die mitgemacht haben. In Island führte der Feldversuch sogar dazu, dass jetzt 86 Prozent der Beschäftigten die Möglichkeit bekommen haben, ihre Arbeitszeit zu verkürzen.

Auch in Österreich gehen viele Firmen mit der Zeit und verkürzen für ihre Beschäftigten die Arbeitszeit. Auch, um für Bewerber:innen attraktiv zu sein und die besten Köpfe zu bekommen. Ob Friseur, Konditor, Elektriker oder Beraterfirma: Unternehmen aus vielen Branchen setzen auf die 4-Tage-Woche.

Von einem großen Feldversuch ist man hier aber weit entfernt. Dabei könnte gerade ein solcher zeigen, wie man Arbeitszeiten verkürzen könnte, damit die Wirtschaft als Ganzes profitiert. Die SPÖ will das ändern und fordert ein Pilotprojekt zur 4-Tage-Woche. Die Idee:  500 Unternehmen aus allen Branchen werden unterstützt, die Arbeitszeit bei vollem Lohn zu verkürzen. Die Pilotphase soll wissenschaftlich begleitet werden und ein erster Schritt zur Arbeitszeitverkürzung sein.

„Wenn wir eine Verkürzung der Arbeitszeit fordern, gibt es jedes Mal einen reflexartigen Aufschrei seitens ÖVP und ihrem Klientel. Lassen wir uns von ihren fadenscheinigen Argumenten nicht beirren. Arbeitszeitverkürzung galt immer als unmöglich, bis sie umgesetzt wurde“, sagt SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler.

3 – Runter mit den Preisen

Laut Arbeiterkammer kostet ein täglicher Einkauf rund 10 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Einzelne Produkte wie Zucker oder Marmelade kosten heute mehr als das Doppelte als im September vorigen Jahres. Die Lebensmittelpreise sind auch im Vergleich zur generellen Inflation stärker gestiegen – und um rund 13 Prozent höher als in Deutschland.

Die SPÖ kritisiert die Bundesregierung dafür, nicht in den Markt und damit die Preisentwicklung eingegriffen zu haben. Das Ergebnis: Österreich hatte über Monate hinweg die höchste Inflation in Westeuropa. Einmalzahlungen für Mieten und Energie verpufften schnell und landeten direkt in die Taschen von Immobilienbesitzern und Energieunternehmen. In anderen Ländern hat man auf Gaspreisdeckel, Mietpreisbremsen und Steuersenkungen gesetzt.

Die Devise der SPÖ ist: Wenn der Markt nicht mehr funktioniert, muss der Staat eingreifen. Sie will, dass Mieten nicht mehr automatisch an den Verbraucherpreisindex angepasst werden, sondern um maximal 2 Prozent pro Jahr steigen dürfen. Sie will zudem die Energiepreise regulieren und eine Anti-Teuerungskommission einsetzen, die die Preis-Entwicklung überwacht.

4 – Millionäre besteuern, Arbeit entlasten

Nur 1,4 Prozent des gesamten Steueraufkommens stammen in Österreich derzeit aus vermögensbezogenen Steuern. Damit ist Österreich international beinahe Schlusslicht. Selbst die EU-Kommission und die OECD empfehlen Österreich deshalb seit Jahren, höhere Steuern auf Vermögen einzuführen. Hinzu kommt, dass Vermögen in Österreich besonders ungleich verteilt ist. So besitzen die reichsten 335 Österreicher:innen ein Drittel des gesamten Finanzvermögens. Genau diese reichsten Haushalte mit großen Vermögen sollen mit dem neuen Modell der SPÖ zur Millionärsabgabe zur Kasse gebeten werden.

Die SPÖ hat vor einigen Wochen ihre neuen Modelle zur Vermögens- und Erbschaftssteuer vorgelegt. Ihr ist wichtig: Das Eigenheim ist bei diesen Millionärsabgaben ausgenommen:

Nach dem SPÖ-Modell darf jeder Haushalt eine Million Euro besitzen, ohne eine Millionärsabgabe zu zahlen. Hierbei wird Finanzvermögen (Geld am Konto, Aktien usw.), Immobilien und Unternehmenseigentum zusammengezählt – und Schulden abgezogen. Erst ab dieser Summe fällt ein Steuersatz von 0,5 % an, ab 10 Millionen Euro 1 %. Für die Superreichen mit einem Vermögen von mehr als 50 Millionen Euro sind 2 % zu zahlen, für Vermögen von über 100 Millionen sind 3 % angedacht. Während in dem neuen Modell der SPÖ die top Reichsten – im Vergleich zu früheren Modellen – einen doppelten Steuersatz zahlen müssen, wird das Eigenheim ganz ausgenommen:

Das Haus oder die Wohnung, in der man lebt, bleibt zusätzlich zur 1-Million-Freigrenze steuerfrei.

Lediglich bei Luxusimmobilien ab 1,5 Millionen Euro fällt nach dem Modell eine Steuer zwischen 0,5 und 2 % an. Treffen würde die Millionärsabgabe nur etwa die 2 Prozent der reichsten Menschen in Österreich.

Nach Berechnungen der SPÖ bringt eine Millionärssteuer 100 Mio. Euro in der Woche.

Das Institut für Empirische Sozialforschung (IFES) hat im Auftrag der Gewerkschaft GPA erhoben, welche Lösungen sich die Österreicher:innen wünschen, wenn es darum geht, den Wohlfahrtsstaat weiter zu finanzieren. Das Ergebnis: 8 von 10 wollen eine stärkere Besteuerung von Übergewinnen bei Energieunternehmen. 7 von 10 wollen eine Erbschafts- und Vermögenssteuer ab 1 Million Euro.

5 – Höhere Löhne für Frauen

Österreich hat mit 18,8 Prozent Differenz einen der höchsten Gender Pay Gaps in der EU. Zum Vergleich: Im Schnitt beträgt der Gap 12,7 Prozent. Ein Weg, die Lücke zu schließen, ist Transparenz bei den Löhnen für Männer und Frauen in denselben Betrieben. „Transparenz ist der Schlüssel für eine faire und gleiche Entlohnung für alle Arbeitnehmer:innen“, erklärt Evelyn Regner, die sich auf EU-Ebene für eine Richtlinie genau dazu eingesetzt hat.

Geht es nach der SPÖ, sollen Unternehmen Strafen bezahlen, wenn sie Frauen unterbezahlen. Darüber hinaus will die Sozialdemokratie höhere Löhne in den Bereichen Pflege, Elementarpädagogik (Kindergärten) und Schulen. Denn es sind Branchen, in denen verstärkt Frauen beschäftigt sind und zum Funktionieren unserer Gesellschaft beitragen.

6 – Keine Erhöhung des Pensionsantrittsalters

45 Jahre arbeiten ist genug, finden die Sozialdemokrat:innen. Sie befürchten, dass – sollten ÖVP und FPÖ wieder die Regierung stellen – diese das Pensions-Antrittsalter auf 67 Jahre erhöhen. All das, nachdem noch ÖVP und Grüne die „Hacklerregelung“ abgeschafft sowie die Invaliditäts- und Schwerarbeitspension zusammengestrichen haben. Die SPÖ lehnt ein erhöhtes Antrittsalter ab. Nicht nur ist es vielen gesundheitlich gar nicht möglich, in diesem Alter noch zu arbeiten, es gibt auch schlicht die Jobs nicht, die für diese Menschen funktionieren. Viele verlieren in ihren späten 50ern den Job und finden dann keine Anstellung mehr. Sie müssen von der Arbeitslosigkeit in die Pension wechseln, was mit großen Abschlägen einhergeht und Altersarmut befördert. Dem will die SPÖ entgegentreten.

7 – Kostenfreie Pflege, kostenfreie warme Mittagessen für alle Kinder

Gesundes, kostenloses Essen für jedes Kind statt Fastfood samt Belehrungen für Eltern durch den Kanzler: Das wünscht sich die SPÖ für ganz Österreich. Was bundesweit noch illusorisch ist, hat Andreas Babler auf Gemeinde-Ebene umgesetzt. Als Bürgermeister hat er dort – abgesegnet vom Gemeinderat – die „Volxküche“ ins Leben gerufen. Ab Dezember erhalten alle Kinder – von der Krabbelstube bis zur Schule – einmal am Tag ein frisches Mittagessen. Das Pionier-Vorhaben wird von Spitzenkoch Sepp Schellhorn begleitet. Er wird persönlich vor Ort sein, um das Küchenteam zu schulen und zu unterstützen.

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Beim Schaukochen mit Kindern packen Andreas Babler (SPÖ) und Spitzenkoch Sepp Schellhorn gemeinsam an. (Foto: Privat z.V.g.)

Flächendeckende Versorgung, die nicht vom Geldbeutel abhängt, soll es auch in der Pflege geben. Immer mehr Menschen in Österreich sind auf Pflege angewiesen. Gleichzeitig fehlen bis 2030 bis zu 100.000 Pflegekräfte. Die SPÖ will kostenfreie Pflege für alle, eine bessere Entlastung für pflegende Angehörige und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Ziel muss u.a. eine Arbeitszeitverkürzung in der Pflege sein.

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Axel Magnus
Axel Magnus
15. November 2023 17:15

Ich versteh es noch immer nicht: 70% wollen Erbschafts- und Vermögenssteuern ab 1 Million und wir nehmen sie nicht ernst. Im Gegenteil: Wir sagen ihnen mit unserem Modell, dass sie unrecht haben.

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