Eine Vermögenssteuer besteuert, wie der Name schon sagt, Vermögen. In der Regel werden damit sehr große Vermögen besteuert. Deshalb wird auch häufig der Begriff Millionärssteuer oder Millionärsabgabe verwendet. Die Idee hinter einer solchen Steuer ist, dass diejenigen, die sehr viel haben, auch etwas an die Gemeinschaft abgeben sollen – so wie es alle durch Steuern auf Arbeit oder Einkäufe tun. Mit den Steuereinnahmen kann der Staat dann mehr Geld in Sozialleistungen, Bildung, öffentliche Infrastruktur und andere Dinge investieren. Welche Rolle die Vermögenssteuer in Österreich spielt, in welchen Ländern es sie gibt und wie sie funktioniert, kann man hier nachlesen.
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Was ist Vermögen und welche Steuern gibt es darauf?
Was alles zum Vermögen dazugezählt wird, ist Definitionssache. In der Regel zielt eine Vermögenssteuer aber auf das Gesamtvermögen eines Steuerpflichtigen ab, also sämtliches Geldvermögen, Häuser, Grundstücke und Betriebe. Hat man Schulden, so werden diese vom Vermögen abgezogen.
Die Vermögenssteuer zählt zu den sogenannten Substanzsteuern. Das heißt, sie wird im Gegensatz zu Konsum- oder Ertragssteuern auf bestehende Werte erhoben, und nicht auf regelmäßige Einkünfte oder Konsum. Im Gegensatz zu anderen Substanzsteuern, wie der Grundsteuer, zielt die Vermögenssteuer auf das Gesamtvermögen.
Ebenso gehört die Vermögenssteuer zu der Gruppe der vermögensbezogenen Steuern. Hierzu zählen neben den Substanzsteuern noch die Erbschaftssteuer (in Österreich seit 2008 abgeschafft), die Schenkungssteuer und die Grunderwerbssteuer. Sie werden aber nur dann eingehoben, wenn man entweder, im Fall der Erbschafts- und Schenkungssteuer, etwas erbt bzw. geschenkt bekommt oder, im Fall der Grunderwerbssteuer, ein Grundstück „erwirbt“, also kauft, erbt oder geschenkt bekommt. Dagegen wird die Vermögenssteuer regelmäßig eingehoben, etwa jährlich oder halbjährlich.
Ab welchem Betrag ein Vermögen besteuert wird, ist nicht fix geregelt. Meistens gibt es hohe Freibeträge, die überhaupt nicht besteuert werden. Erst dann kommt die sogenannte Bemessungsgrundlage zum Tragen, also der Betrag, ab dem die Vermögenssteuer fällig ist. Nur der Teil des Vermögens, der über diesem Betrag liegt, wird besteuert.
Das SPÖ-Modell der Millionärsabgabe: Entlastung für die große Mehrheit
Das SPÖ-Modell für die Vermögenssteuer bzw. Millionärsabgabe sieht zum Beispiel folgendermaßen aus: Auf den Hauptwohnsitz entfällt ein Freibetrag von 1,5 Millionen Euro, der nicht besteuert wird. Auch der Hausrat, also alles, was sich im Haus befindet, wie Möbel, Bilder etc. wird nicht besteuert. Wer also ein Grundstück mit Haus besitzt, das weniger als 1,5 Millionen Euro wert ist, ist gänzlich von der Steuer ausgenommen.
Auch beim Geldvermögen gilt eine Bemessungsgrundlage von 1 Million Euro. Das heißt: Auch diese Million wird nicht besteuert, sondern nur das Vermögen, das darüber hinausgeht.
Ein Beispiel: Jemand besitzt ein Haus im Wert von 1 Million Euro und ein Vermögen von 2 Millionen Euro. Für das Haus gilt der Freibetrag von 1,5 Millionen, es wird also nicht besteuert. Auch die erste Million des Vermögens wird nicht besteuert. Erst für die zweite Million muss eine Vermögenssteuer gezahlt werden – konkret 0,5 Prozent, also 50.000 Euro. Ab einem Vermögen von 10 Millionen Euro muss 1 Prozent Vermögensabgabe gezahlt werden, ab 50 Millionen 2 Prozent.
Das SPÖ-Modell würde die reichsten 2 Prozent der Bevölkerung betreffen. Die große Mehrheit, nämlich 98 Prozent, müsste also keine Millionärssteuer zahlen.
Das Modell der SPÖ würde etwa 5 Milliarden Euro pro Jahr einbringen. Mit diesem Geld will die SPÖ die Steuern auf Arbeit senken und ins Gesundheitssystem investieren.
Wer sich nicht sicher ist, ob er nicht doch zu den reichsten 4 Prozent gehört, kann das ganz einfach mit diesem Rechner überprüfen. Bist du reich genug für eine Vermögenssteuer? Finde es mit diesem Rechner heraus!
Geschichte der Vermögenssteuer: Von der Antike bis zum Roten Wien
Die Idee einer Vermögensabgabe für Reiche gibt es schon seit der Antike. Im alten Athen und im Römischen Reich diente sie zum Beispiel der Kriegsfinanzierung. In der jüngeren Geschichte haben Vermögenssteuern vor allem in Krisensituationen die öffentliche Hand entlastet, Sonderausgaben beglichen oder die Infrastruktur finanziert. So zum Beispiel im Wien der 1920er Jahre: Wegen großer Wohnungsnot und sozialem Elend infolge des Ersten Weltkriegs, entschloss sich die, mit absoluter Mehrheit regierende, sozialdemokratische Stadtverwaltung, 1923 die sogenannten Breitner-Steuern einzuführen. Das waren mehrere Steuern, die auf die Initiative des Finanzstadtrates Hugo Breitner zurückgingen, und vor allem vermögende Personen trafen. Die Einnahmen aus diesen Steuern verwendete die Stadtregierung, um Wasserkraftwerke und Gemeindewohnungen zu bauen. Hier mehr dazu lesen!
Bekannt ist vor allem die Wohnbausteuer. Sie war keine Vermögenssteuer im engeren Sinn, weil sie nur auf einen Teil des Vermögens, nämlich die Wohnung entfiel. Allerdings war sie derart gestaffelt, dass kleine Wohnungen nur 2 Prozent ihrer Vorkriegsmiete als Abgabe entrichten mussten, Luxusimmobilien hingegen 36,6 Prozent. Diese soziale Staffelung führte dazu, dass beinahe die Hälfte aller Einnahmen aus der Wohnbausteuer von den reichsten 0,5 Prozent der Bevölkerung kamen. Die Stadtregierung finanzierte mit den Einnahmen den Bau der ersten Gemeindewohnungen. Noch heute ist auf vielen Wiener Gemeindebauten die Aufschrift zu lesen: „Erbaut aus den Mitteln der Wohnbausteuer“.
Österreich: ÖVP verhinderte wirksame Vermögenssteuer
Eine tatsächliche Vermögenssteuer wurde in Österreich 1939 eingeführt – als Übernahme des deutschen Rechts. Sie blieb auch nach 1945 in Kraft und wurde 1954 ins österreichische Recht überführt. Sie betrug 1 Prozent des steuerpflichtigen Vermögens. 1993 schaffte sie der damalige SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina mit der Begründung ab, sie treffe vor allem Unternehmen und bringe dem Staat wenig ein. Superreiche waren hingegen vom Bankgeheimnis geschützt – das damals noch gültig war. Sie zahlten zu der Zeit auch kaum Steuern auf ihre Kapitalerträge. Erst als Lacina die Banken verpflichtete, die Kapitalertragssteuer automatisch einzuheben, zahlten Reiche mehr Steuern. Außerdem wollte der Finanzminister andere Formen von Vermögen stärker besteuern, zum Beispiel Grundstücke und Erbschaften. Weil der Koalitionspartner ÖVP sich dagegen sträubte, kam es aber nicht dazu. Seitdem gibt es keine Vermögenssteuer mehr in Österreich.
Andere vermögensbezogene Steuern gibt es zwar noch, sie sind jedoch sehr niedrig. Sie machen nur einen minimalen Anteil des Steueraufkommens aus. Im Vergleich mit anderen Staaten liegt Österreich weit hinten, was die Besteuerung von Vermögen betrifft. Und das, obwohl die EU-Kommission, die OECD und sogar der IWF Österreich seit Jahren auffordern, Vermögen stärker zu besteuern.
Von der Schweiz bis Norwegen: In diesen Ländern gibt es heute eine Vermögenssteuer
Seit den 1980er Jahren schafften immer mehr Staaten die allgemeine Vermögenssteuer, so es sie dort gab, ab. Der Wirtschaftssoziologe Aaron Sahr sieht darin ein “Wettabrüsten”, veranlasst durch das abnehmende Wirtschaftswachstum in allen westlichen Ländern und die darauf folgende Liberalisierung der Wirtschaft. Er schreibt:
“Durch die allseitige Erleichterung transnationaler Kapitalgeschäfte wurde die Voraussetzung für den Siegeszug der Steueroasen geschaffen, wodurch sich die Standortkonkurrenz weiter verstärkte. […] Die Staaten waren damit ständig vom Abfluss von Finanzkapital in andere, lukrativere Regionen bedroht und es entstand eine Art Wettrennen darum, ein für das Kapital möglichst angenehmes Investitionsklima im eigenen Hoheitsgebiet zu erschaffen.” (Sahr, Keystroke-Kapitalismus, S. 34-35)
Trotzdem gibt es in einigen Ländern auch heute noch eine Vermögenssteuer. Zum Beispiel in der Schweiz: Dort wird die Vermögenssteuer von den Kantonen eingehoben. Sie betrifft das Gesamtvermögen und muss jährlich entrichtet werden.
2016 nahmen die Kantone und Gemeinden rund 7 Milliarden Franken mit der Vermögenssteuer ein.
Wie hoch der Steuersatz ist und welche Bemessungsgrundlage herangezogen wird, ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Generell liegt die Schweiz im oberen Mittelfeld, was vermögensbezogene Steuern betrifft.
Auch in Norwegen gibt es noch eine Vermögenssteuer. Sie gilt für Grundbesitz, Geldvermögen und anderes Sachvermögen, und wird ab einem Freibetrag von 870.000 norwegischen Kronen fällig. Alles, was darüber liegt, wird mit einem Steuersatz von 1,1 Prozent besteuert.
In Frankreich gab es bis 2018 eine vergleichsweise hohe Vermögenssteuer. Ab einem Freibetrag von 800.000 Euro war der Eingangssteuersatz von 0,55 Prozent auf das überschüssige Vermögen fällig. Emmanuel Macron erhöhte 2018 den Freibetrag auf 1,3 Millionen Euro und wandelte die Vermögenssteuer in eine reine Immobiliensteuer um. Das heißt, in Frankreich werden heute nur mehr Immobilien, die mehr als 1,3 Millionen Euro wert sind, besteuert. Geld- und Betriebsvermögen ist davon ausgenommen.
Andere Länder haben erst kürzlich wieder eine Vermögenssteuer eingeführt. In Spanien zum Beispiel müssen Menschen, die zwischen 3 und 5 Millionen Euro Nettovermögen haben, davon 1,7 Prozent an den Staat abgeben. Wer 5 bis 10 Millionen hat, muss davon 2,1 Prozent zahlen, und bei über 10 Millionen 3,5 Prozent.
Die Steuer betrifft somit nur das reichste 1 Prozent der spanischen Bevölkerung. Sie wurde 2022 eingeführt, um mit dem Geld die Menschen zu entlasten, die von der Inflation betroffen sind. Vorerst soll die Steuer bis 2024 gelten.
In Japan gilt seit 1950 eine Vermögenssteuer auf Gemeindeebene. Sie wird aber nur für Immobilien und Betriebsvermögen eingehoben. In Griechenland gibt es seit 1997 eine Vermögenssteuer, allerdings entspricht sie eher der österreichischen Grundsteuer, da sie nur Grundvermögen betrifft. Ähnlich in Russland: Dort gilt die Vermögenssteuer nur für Unternehmen. In den Niederlanden gab es zwar eine “echte” Vermögenssteuer, sie wird jedoch seit 2001 nur mehr auf Renditen aus Vermögen erhoben. Somit stellt sie de facto eine Kapitalertragssteuer dar, obwohl im Volksmund weiterhin von Vermögenssteuer die Rede ist.
Deutliche Mehrheit der Bevölkerung ist für eine Vermögenssteuer – Medien schreiben dagegen
Seit 2009 spricht sich die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung in Umfragen für eine Vermögenssteuer aus. Die Zustimmung liegt je nach Umfrage bei bis zu 70 Prozent.
Mittlerweile fordern auch immer mehr Superreiche, von der Politik besteuert zu werden. Interessanterweise spiegelt sich diese Zustimmung in Journalisten-Kommentaren österreichischer Tageszeitungen aber nicht wider. Denn laut einer Studie des Momentum Instituts werden Vermögenssteuern in 69 Prozent aller Kommentare in Standard, Presse, Kleine Zeitung & Co ablehnend beurteilt.
Der Studienautor Georg Hubmann führt diese Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung auf den Einfluss von kapitalstarken Lobby-Organisationen zurück: Zum einen sind Österreichs Tageszeitungen stark von Inseraten großer Firmen abhängig, deren Eigentümer häufig gegen Vermögenssteuern sind. Zum anderen sind die Herausgeber von Medien selbst oft vermögend, und würden sich nicht über Vermögenssteuern freuen. In den Kommentaren wird dann oft sehr undifferenziert über die Vermögenssteuer geschrieben: Meist bringen die Journalisten nur negative Argumente vor oder verbreiten Mythen. Die häufigsten dieser Mythen haben wir hier widerlegt.