Wien ist erneut die lebenswerteste Stadt der Welt. In der diesjährigen Rangliste des britischen “Economist” landet Österreichs Hauptstadt erstmals seit Pandemiebeginn wieder auf dem Spitzenplatz – wie schon in den Jahren 2018 und 2019. Auf Platz zwei und drei folgen Kopenhagen und Zürich. Immer wieder belegt die Stadt Wien in den Rankings der UNO, des Economist und der Beratungsagentur Mercer den ersten Platz. Wie wird dieses Ranking erstellt? Welche Kategorien sind Teil davon und welche nicht?
Österreichs Hauptstadt Wien ist laut dem Index der britischen “Economist”-Gruppe, wieder zur lebenswertesten Stadt der Welt aufgestiegen. 2021 ist es aufgrund der Corona-Beschränkungen noch auf Platz 12 herunter gestuft worden, “weil seine Museen und Restaurants geschlossen waren”, heißt es im Bericht. 2022 nimmt Wien aber wieder den Spitzenplatz ein, den es bereits 2018 und 2019 hatte. Wien Wien ist damit zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren an erster Stelle des Lebensqualität-Rankings gelistet.
“Stabilität und eine gute Infrastruktur sind die Hauptanziehungspunkte der Stadt für ihre Bewohner, unterstützt durch eine gute Gesundheitsversorgung und viele Möglichkeiten für Kultur und Unterhaltung.”
Hinter Wien landen Kopenhagen und Zürich. Alle drei haben sozialdemokratische BürgermeisterInnen.
Was ist Lebensqualität eigentlich?
Wien schneidet regelmäßig ausgesprochen gut ab in Städte-Rankings. Aber wie wird das eigentlich gemessen? Und wie aussagekräftig sind diese Studien, um die Lebensqualität der Wienerinnen und Wiener zu bewerten?
Zwischen den Studien, die die Lebensqualität messen, gibt es einige Unterschiede. Schon bei der Definition von Lebensqualität ist man sich nicht einig. Denn Lebensqualität bedeutet für verschiedene Menschen verschiedene Dinge. Während etwa für junge Menschen in ihren 20ern und 30ern gute Ausbildungsmöglichkeiten und attraktive Jobs vorrangig sind, ist für Pensionisten das Freizeitangebot und die Gesundheitsversorgung wichtiger. Ein gelungenes Ranking zu Lebensqualität muss es also schaffen, die Bedürfnisse einer möglichst breiten Bevölkerung einzurechnen.
Die drei wichtigsten Rankings zu Lebensqualität sind neben dem Economist-Ranking jene von der UNO und von Mercer – und trotz einiger Unterschiede gibt es zwischen ihnen viele Überschneidungen. So finden sich in allen Studien die Qualität der Gesundheitsversorgung, die Kriminalität einer Stadt, der Ausbau des öffentlichen und individuellen Verkehrs, die Qualität von Luft und Wasser sowie die Frage, ob es genug leistbare Wohnungen gibt.
Wie wird gemessen?
Dass Studien die gleichen Kategorien in ihre Rankings einbeziehen, heißt aber noch nicht, dass sie auch die Werte für die Kategorien gleich berechnen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Kriminalitätsniveau. Während etwa die UNO hier Mordraten als einzige Basis nimmt, baut der Economist auch Kleinkriminalität und die Einschätzung seiner eigenen Experten über die allgemeine Sicherheitslage in den Städten ein. Insgesamt macht die Sicherheitslage 25 Prozent des Rankings aus. Außerdem unterscheiden sich die verschiedenen Studien danach, welche Bedeutung sie den verschiedenen Kategorien zuordnen. So macht im Ranking des Economists Bildung nur 10 Prozent der Wertung aus, Gesundheitsversorgung jedoch 20 Prozent.
Lebensqualität für wen?
Wichtig ist auch zu beachten, dass verschiedene Rankings verschiedene Bevölkerungsgruppen als Adressaten haben. So richtet sich etwa das Ranking von Monocle vor allem an Reisende, Studierende aus dem Ausland und Expats – also Ausländer, die für einen guten Job nach Wien gezogen sind. Für die Lebensqualität der Wienerinnen und Wiener ist die Anzahl an Sprachschulen oder von Buchhandlungen mit fremdsprachiger Literatur dagegen eher egal.
Dem Lebensqualitäts-Ranking von Mercer wird oft vorgeworfen eine Manager-Umfrage zu sein und nur deren Lebensqualität zu messen. Zwar handelt es sich bei Mercer um internationale Unternehmungsberatung, aber der Einfluss der Meinung von Managern auf das Ranking liegt nur im Promille-Bereich. In die Bewertung fließen zu 98 Prozent harte Daten ein, die von unabhängigen Instituten und staatlichen Behörden erhoben werden. Die restlichen 2 Prozent stützen sich auf Umfragen von Arbeitskräften aus dem Ausland. Davon ist wieder nur ein sehr kleiner Teil in Führungs-Positionen.
Warum Wien? Stärken und Schwächen der Stadt
In den meisten Städte-Rankings zu Lebensqualität belegt Wien eine Spitzenplatzierung, wenn nicht sogar den ersten Platz. Warum Wien in so vielen Rankings einen so guten Platz hinlegt, hat viele Gründe. Nicht nur hat Wien eine ausgezeichnete Verkehrs-Infrastruktur und ein reichhaltiges kulturelles Angebot, sondern punktet auch bei Qualität von Wasser und Luft. Eine weitere Stärke von Wien ist auch die niedrige Kriminalität und die hohe politische Stabilität. Dazu kommt ein weiterer Punkt, bei dem Wien heraussticht: Das leistbare Wohnen. Das liegt vor allem am ausgeprägten sozialen Wohnbau in Wien und dem starken Mieterschutz.
Und was sind die Schwächen von Wien in diesen Rankings? Wien ist keine internationale Metropole wie Tokyo oder New York – die Stadt hat also im Vergleich weit weniger internationale Flugverbindungen und auch das kulturelle Angebot ist kleiner als in New York oder London. Auch beim Straßenverkehr hinkt Wien anderen top-platzierten Städten hinterher. Im Vergleich etwa zu Bern oder Helsinki, gibt es auf Wiens Straßen mehr Staus.
Gute Studie, schlechte Studie
Es ist jedoch Vorsicht geboten bei der Bewertung von verschiedenen Städte-Rankings. Es gibt enorme Unterschiede bei Erhebung der Daten sowie bei der Transparenz. So lässt sich etwa bei der bereits genannten Studie von Monocle kaum Herausfinden, welche Daten in die Bewertung einfließen und von woher die Daten stammen.
Ein anderes Negativ-Beispiel sind die verschiedenen Rankings von NUMBEO. Im Gegenteil zu den Rankings der UNO oder des Economist, basieren die Rankings bei NUMBEO auf Online-Befragungen. Es gibt keine Informationen dafür wer an diesen Befragungen teilnimmt, sowie wie viele Antworten in ein Ranking einfließen. Zusätzlich beruhen die Rankings oft auf bereits verjährten Befragungen.