Unter Türkis-Blau hat Sebastian Kurz eine autoritäre Wende in Österreich eingeleitet. Werte der einstigen Volkspartei waren nicht mehr relevant. Seine Politik orientiert sich stark an Jörg Haiders Idee einer “Dritten Republik”: Der Bundeskanzler soll möglichst viel Macht besitzen. Sollte die Kurz-ÖVP die kommende Wahl gewinnen, wird sie wohl autoritäre Politik vorantreiben.
Die Regierung von Bundeskanzler Kurz ist nach nur eineinhalb Jahren gescheitert. Nach den Wahlen am 29. September 2019 muss eine neue Regierung gebildet werden. Falls Sebastian Kurz bei diesen Wahlen mit seiner Partei gewinnt, wird er wohl mit einer von Norbert Hofer geführten FPÖ erneut eine türkis-blaue Koalition eingehen. Hofer hat sich das gewünscht. Auch auf Seiten der „Türkisen“ hält man das nach einer Aussage von Ex-Minister Gernot Blümel für möglich.
Vielen Stammwählern der einstigen ÖVP wird dieses Bündnis mit einer durch Ibiza völlig diskreditierten FPÖ wenig gefallen. Daher wirft die gut geölte türkise Propaganda-Maschine mit Nebelgranaten um sich und warnt vor einer angeblichen rot-blauen Koalition. Bleiben wir aber bei dem, was wirklich zu erwarten ist. Wohin würde uns eine türkis-blaue Kurz–Hofer Regierung führen?
„Ich finde, dass wir uns insgesamt auf einem ausgesprochen problematischen Weg befinden – von einer liberalen Demokratie hin zu einer autoritären Demokratie“ – Reinhold Mitterlehner, Ehemaliger ÖVP Parteivorsitzender und Vizekanzler
Machtkonzentration an der Spitze
Die alte ÖVP war ihrem Namen gemäß eine Volkspartei, zusammen gefügt aus unterschiedlichen Bünden und Interessengruppen – und damit unterschiedlichen Machtzentren. Das bedeutete manchmal schwerfällige innerparteiliche Entscheidungsprozesse. Zumindest auf Bundesebene existiert diese Partei nicht mehr. Sie wurde von Sebastian Kurz zerschlagen. Personen, die Kurz in Führungspositionen gehoben hat, haben keine eigene Machtbasis. Sie sind von Kurz abhängig, und nicht er von ihnen. Dieses Führerprinzip hat auch die Arbeit der Kurz-Strache-Regierung bestimmt. Kurz führte die türkis-blaue Regierung, die Minister und Ministerinnen hatten zu folgen. Die Ex-Regierung stützte sich dabei auf einen riesigen Presse-Apparat, der Kurz immer in das richtige Licht rückte.
Machtgier und Putsch
Sebastian Kurz hat sich selbst durch einen Putsch an die Macht gebracht. Er hat bewusst die Arbeit einer Regierung behindert, der er selbst als Außenminister angehörte. All das geschah nach einem schon lange vorher ausgeheckten, detaillierten Plan. Das und der hinter diesem Plan stehende grenzenlose Machtwille sind in der Geschichte der Zweiten Republik einmalig.
„Da ist eine Energie verwendet worden, die in dem Umfang jeden russischen Revolutionär vor Neid blass werden lässt, weil da ist man nicht so planmäßig vorgegangen“ – Reinhold Mitterlehner, Ehemaliger ÖVP Parteivorsitzender und Vizekanzler
Missachtung des Parlaments
Beunruhigend ist auch das Verhältnis des Ex-Kanzlers zum Parlament. Als es der türkis-blauen Regierung das Misstrauen ausgesprochen hat, antwortete die Türkisen mit einer Presseaussendung wie folgt:
„Heute hat das Parlament entschieden. Am Ende aber entscheidet in Österreich das Volk bei der Wahl. Unser gemeinsamer Weg mit Sebastian Kurz hat erst begonnen“
Zunächst fällt bei diesem Sager die Arroganz auf, mit der der Ausgang der Wahlen vorweg genommen wird. Kurz stellt eine Neuauflage seiner Regierung als Selbstverständlichkeit dar. Schwerer aber wiegt die unterschwellige Botschaft: Kurz verkörpert den „wahren Volkswillen“. Nicht so die ins Parlament gewählten Abgeordneten. Das erinnert an den Kampfruf von Pegida: „Wir sind das Volk“. Die anderen Parteien ( Jörg Haider hatte sie einmal „Altparteien“ genannt ) würden das Volk nicht vertreten. Sie sind also illegitim.
Arbeitnehmer-Vertretungen als Feindbild
Nicht nur das Parlament galt der Kurz–Strache Regierung als lästiges Hindernis in ihrem Machtstreben. Auch Nicht–Regierungsorganisationen standen im Weg und sollten eingeschränkt werden. Dazu noch ein unabhängiger ORF, der mit der Androhung von Kürzungen seiner Einnahmen gefügig gemacht werden sollte.
Aber vor allem die Sozialpartnerschaft, die Gewerkschaften und die Arbeiterkammer sind Kurz ein Dorn im Auge. Statt den Sozialpartnern Raum für Verhandlungen einzuräumen, hat Kurz die Sozialpartner einfach zur Seite geschoben. Entgegen den Regeln der Selbstverwaltung wurden in den Krankenkassen die Vertreter der Arbeitnehmer zu einer Minderheit gemacht. Dem Regierungsprogramm zufolge, sollen auch nicht länger die Arbeiterkammern, sondern Regierungsstellen über den Konsumentenschutz wachen. Es bleibt auch die Drohung aufrecht, die Arbeiterkammern durch eine starke Kürzung der Arbeiterkammer–Beiträge zu schwächen.
Die Sozialpartnerschaft hat viel zum Aufstieg Österreichs, zu seiner politischen und wirtschaftlichen Stabilität beigetragen. Kurz hat sie dennoch bekämpft. Hinter diesem Kampf steckt wohl mehr als eine Gegenleistung an seine Unterstützer und Geldgeber aus der Industrie. Dahinter steckt vor allem die Missachtung von Menschen und Einrichtungen, die sich seinem Willen nicht fügen.
Mit Türkis–Blau gegen Europa
Auch ohne Kickl und Strache bleibt die FPÖ in einer möglichen künftigen türkis-blauen Koalition zutiefst europafeindlich. Ihre Partner in der EU sind die rechtsextremen, nationalistischen, europafeindlichen Parteien Le Pens in Frankreich und Salvinis in Italien. Die FPÖ-Freundschaft erstreckt sich auch auf die autoritären Regierungen in Ungarn und Polen.
All das ist bekannt. Weniger die Europafeindlichkeit der vorgeblich pro–europäischen Kurz-ÖVP. In fast allen entscheidenden Fragen steht sie nicht für eine Stärkung, sondern für die Schwächung der Europäischen Union, auch wenn sie diese Haltung hinter dem vernebelnden Schlagwort von „Subsidiarität“ verbirgt. Die ÖVP ist strikt dagegen, dass sich die Union durch eigene Einnahmen finanziert. Sie ist aber auch gegen höhere Beiträge der Mitgliedstaaten. Aber Kurz hat es nicht bei diesem bloßen „Nicht-Mitmachen“ belassen. Er hat bewusst und im Einklang mit der FPÖ und anderen anti-europäischen Parteien Stimmung gegen die Union gemacht.
Kurz hat zum Beispiel erklärt, dass man leichthin 1.000 EU-Regeln außer Kraft setzen könnte. Genau 1.000 und nicht etwa 863 oder 1.217. Wie er zu dieser Zahl 1.000 kommt, konnten weder er noch sein Europaminister Blümel erklären. Und nach einem Beispiel für eine nicht notwendige Regel gefragt, konnte er nur eine nennen, die es in der von ihm skizzierten Form gar nicht gibt: Eine Regel zum gesundheitsverträglichen Frittieren von Pommes und Schnitzeln.
Das erinnert an die seinerzeitige Stimmungsmache Jörg Haiders mit seiner Warnung vor der „EU Blut–Schokolade“. Als kleiner Staat, angesichts seiner Geschichte und seiner geografischen Lage, hat Österreich ein ausgeprägtes Interesse an einer starken, handlungsfähigen Europäischen Union. In seiner kurzen Regierungszeit hat Sebastian Kurz diesem Interesse nicht gedient. Eine künftige türkis-blaue Regierung würde es weiterhin nicht tun.
Das Kurz’sche Menschenbild
Sein Menschen- und Gesellschaftsbild ist ein konservativ-autoritäres. Menschen werden durch Zwänge gesteuert. Gesellschaften sind hierarchisch und sollen es bleiben. Ungleichheit ist natürlich und kann bestenfalls ein wenig gemildert werden. Vielfalt ist bedrohlich. Die ideale Gesellschaft ist homogen. Schüler müssen durch eine strenge Benotung zum Lernen erzogen werden.
„Ich glaube nicht, dass es eine gute Entwicklung ist, wenn immer weniger Menschen in der Früh aufstehen um zu arbeiten und in immer mehr Familien nur noch die Kinder in der Früh aufstehen um zur Schule zu gehen“ (Kurz in einer Polemik zu den für ihn überhöhten Wiener Sozialleistungen )
Arbeitslose gäbe es in der Sicht des Ex-Bundeskanzlers hauptsächlich infolge der durch hohe Sozialleistungen gebotenen Anreize, nicht zu arbeiten. Kürzt man die Sozialleistungen, dann würde auch die Zahl der Arbeitslosen sinken. Eine solche Sichtweise bezeugt nicht nur tiefe Unkenntnis über wirtschaftliche Zusammenhänge. Die Sichtweise des Ex-Kanzlers erklärt sich auch daraus, dass er selbst nie in der Arbeitswelt gestanden ist und vom Studienabbrecher nahtlos zum Jungpolitiker gewechselt ist. Es mangelt ihm also an Kenntnis darüber, wie Menschen diese Arbeitswelt erleben. Hätte Kurz diese Erfahrung, dann wüsste er, dass für die meisten Arbeit gewollt und Arbeitslosigkeit eine Bürde ist.
So wie andere autoritär-reaktionäre Politiker, tritt also auch Kurz jene, die ohnehin am unteren Ende der gesellschaftlichen Hierarchie stehen. Er solidarisiert sich in menschenverachtender Häme mit all jenen, die Andere erniedrigen wollen, damit sie selbst höher stehen. Passend dazu eine Politik, die die Ärmeren zur Mehrarbeit durch Kürzung von Zuwendungen und Löhnen zwingen will. So festigt man steile gesellschaftlichen Hierarchien und die Unterschiede in Einkommen und Vermögen.
Die Dritte Republik
In einer Denkschrift ließ Jörg Haider einst Vorstellungen darüber zusammenfassen wie nach der Zerstörung der „Zweiten Republik“ eine „Dritte Republik“ beschaffen sein sollte: Die Macht sollte bei der Exekutive, und da wiederum bei einer einzigen Person konzentriert sein. Dieser Person sollten die Aufgaben des Regierungschefs wie auch des Bundespräsidenten übertragen werden. Es käme also zu einem Präsidialsystem nach US-Muster. Der Aufwertung der Person an der Spitze entspräche eine Abwertung der Minister und Ministerinnen. Sie sollten sich als Diener des Kanzlers/Präsidenten verstehen, und nicht als dessen Kollegen. Die Sozialpartnerschaft wäre weg. Parteien hätten keine Existenzberechtigung. Innenministerium und Verteidigungsministerium sollten in ein Ressort verschmelzen, das sowohl für die innere, wie auch für die äußere Sicherheit zuständig wäre. So hat sich Jörg Haider idealerweise eine „Dritte Republik“ vorgestellt.
25 Jahre nach dem Erscheinen dieser Denkschrift hat man sich unter Bundeskanzler Kurz tatsächlich auf den so vorgezeichneten Weg von der „Zweiten Republik“ zur „Dritten Republik“ begeben. Eine neue türkis-blaue Koalition, eine Kurz-Hofer Koalition, würde diesen Weg fortsetzen. Wir sind gewarnt.
Thomas Nowotny war Diplomat, Sekretär von Bundeskanzler Bruno Kreisky (1970 bis 1975), internationaler Beamter bei der OECD in Paris und der European Bank for Reconstruction and Development in London, Konsulent bei der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (AWS) und Dozent für Politikwissenschaft.
Sollte unser Basti-Burli wirklich HOMO sein, so sollte das auch bekannt gemacht werden!
Ich habe zwar nichts gegen diese Menschen, aber vielleicht kann man unser Basti-Burli von der Regierung wegloben!!