In rund 80 Tagen endet das Jahr 2017. Bis Frauen in Österreich jedoch Silvester feiern können, arbeiten sie – statistisch gesehen – gratis. Der sogenannte Equal Pay Day markiert heuer am 13. Oktober und macht auf die Lohnschere zwischen Männern und Frauen aufmerksam. Dass diese Ungleichheit ein Problem ist, haben auch die Parteien anerkannt. Doch was wird unternommen? Wie wollen die Parteien Gleichstellung herbeiführen? Wir haben uns die frauenpolitischen Forderungen von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und NEOS in ihren Wahlprogrammen genauer angesehen und zusammengefasst!
SPÖ
Frauenpolitik ist beim SPÖ-Programm, dem “Plan A” ein eigenes Kapitel gewidmet. Die SozialdemokratInnen setzen auf Lohngleichheit und wollen ein Gesetz zur Lohntransparenz “nach international erprobtem Vorbild” schaffen. Transparente Löhne sollen offenkundig machen, wieviel Männer und Frauen verdienen. Dazu soll das Gesetz zur Lohngerechtigkeit verbessert werden. Da Frauen oft in Niedriglohnbranchen arbeiten, wollen sie auch dort ansetzen und einen Mindestlohn von 1.500 Euro (steuerfrei) einführen. Bei Teilzeit-Jobs soll es weiters 50%ige Überstundenzuschläge geben. Auch davon würden vor allem Frauen profitieren. Daneben setzt die SPÖ auch auf eine Frauenquote von 40 Prozent – in der eigenen Partei wie auch in Leitungsfunktionen in der Privatwirtschaft.
In der Familienpolitik fordert die SPÖ einen Rechtsanspruch für den “Papamonat”, um mehr Väterbeteiligung bei der Karenz und damit mehr Gleichheit bei der Kinderbetreuung zu forcieren. Außerdem sollen Kinderbetreuungsplätze ausgebaut werden, um es Frauen zu erleichtern, auch Vollzeitjobs auszüben. Noch in zu vielen Regionen Österreichs gibt es keine flächendeckende leistbare Kinderbetreuung. Nur für 3 von 10 Kindern unter 6 Jahren gibt es in Österreich einen Betreuungsplatz, der mit einem Vollzeitjob vereinbar ist.
ÖVP
Im ganzen Wahlprogramm widmet ÖVP den Bedürfnissen von Frauen in Österreich zwei Absätze – konkret 106 Wörter. Die ÖVP stellt fest, dass Frauen weniger verdienen oder der Frauenanteil in Führungspositionen niedrig ist. Frauenförderung soll bei der Aus- und Weiterbildung von Forscherinnen passieren sowie eine bessere Berücksichtigung von Gendermedizin. Die Partei fordert “echte Wahlfreiheit” beim Thema Kinderbetreuung. Konzepte zur Herstellung von Lohn- und Vermögensgleichheit finden sich im Wahlprogramm nicht. Von den im Wahlprogramm in Aussicht gestellten Steuersenkungen würden in erster Linie jene profitieren, die sehr viel verdienen – und das sind in der Regel Männer.
FPÖ
Die Freiheitlichen sprechen in ihrem Programm stets von “unseren Frauen” und lassen offen, wer die “anderen” Frauen sind, denen ihre Politik nicht gilt. Sie warnt zudem vor “Gleichmacherei” von Männern und Frauen. Die FPÖ fordert gleichen Lohn für gleiche Arbeit und “Wahlfreiheit” – was für sie bedeutet, “dass eine Mutter ohne finanziellen Druck die Entscheidung treffen kann, ob sie bei ihren Kindern zu Hause bleiben will oder (…) arbeiten will“. Zu Schieflagen zwischen Männern und Frauen am Arbeitsmarkt findet sich im Programm der FPÖ nichts Konkretes – allerdings will sie “qualitätsvolle Teilzeitarbeitsplätze” für Frauen. Dass Teilzeitarbeit als Modell für Frauen die Einkommensschere schon jetzt vergrößert und auch später die Pensionsungleichheit zwischen Männern und Frauen verschärft, wird nicht angeführt.
GRÜNE
Um den Gender Pay Gap zu schließen, wollen die Grünen Branchen aufwerten, in denen mehrheitlich Frauen tätig sind und dort auch bei den Lehrlingen ansetzen. Außerdem sollen gesetzlich vorgeschriebene Einkommensberichte verschärft und Aktionspläne für Unternehmen verbindlich gemacht werden. Öffentliche Aufträge sollen an Frauenförderungsmaßnahmen in Unternehmen gekoppelt werden. Wie die SPÖ fordern auch die Grünen einen Mindestlohn. Außerdem wollen sie, dass Vater und Mutter gleich lange in Karenz gehen. Dazu kommen Frauenförderung in Unternehmen als Bewertungskriterium bei öffentlichen Ausschreibungen und eine Verschärfung bei den Einkommensberichten als Maßnahmen gegen die Einkommensschere.
NEOS
Im Fokus der NEOS steht die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes – sie soll, so die Logik, Frauen ermöglichen, sich selbst zu entwickeln. Kollektivverträge sollen durch Betriebsvereinbarungen ersetzt und die Arbeitszeit flexibilisiert werden. Frauenquoten sind in diesem Konzept nicht vorgesehen, gefordert werden dagegen einen Absetzbetrag, der Investitionen von Eltern in Kinderbetreuung forcieren soll. Fixiert werden soll ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem zweiten Lebensjahr. Das Frauenpensionsalter soll angehoben und ein Pensionssplitting eingeführt werden.
Wie weiter?
Die Parteien haben unterschiedliche Konzepte von Frauenpolitik. Für SPÖ, Grüne und NEOS spielt Frauenpolitik eine wichtige Rolle – auch wenn sich die jeweiligen Konzepte unterscheiden. Die ÖVP nimmt frauenspezifische Probleme vor allem dann wahr, wenn sie Frauen in Führungspositionen betreffen. Und die FPÖ schreibt in ihrem Kapitel das Notwendigste – wohl damit man sie nicht kritisieren kann, dass sie nichts dazu sagen möchte.
Barbara Hofmann – Renner Institut
Klaus Baumgartner – Jahoda Bauer Institut
Zum Weiterlesen:
Politik Aktuell: Lost in Paradise?
Viel Familien-, wenig Frauenpolitik (Analyse des ORF)
Magazin des Renner Instituts zum Thema Zukunft der Arbeit
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