Früheren Ladungen in den Untersuchungsausschuss ist MAN-Investor und ÖVP-Unterstützer Siegfried Wolf nicht gefolgt. Erst Anfang April stellte er sich den Fragen der Abgeordneten. Es ging darin um reduzierte Steuern, Russland-Kontakte und ÖVP-Unterstützung. Auf die wenigsten Fragen gab er Antworten. Hier dennoch 4 Erkenntnisse über Siegfried Wolf nach seiner Visite im U-Ausschuss.
Der MAN-Investor und ÖVP-Unterstützer Siegfried Wolf war bereits im vergangenen Ibiza-U-Ausschuss mehrfach geladen, blieb dem Ausschuss jedoch fern. Nachdem er auch vor zwei Monaten der Ladung in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss nicht nachkam, beantragten die Abgeordneten eine Beugestrafe. Am 6. April war es schließlich soweit und Wolf war anwesend. Aus seinem Unmut über laufende Untersuchungen und die Befragung machte er kein Geheimnis. Es gäbe Wichtigeres, befand er.
Die Befragung selbst war ihm sichtlich unangenehm. Auf über 30 Fragen gab er keine Antwort. Dennoch haben wir einiges über den Unternehmer erfahren.
1. Ermittlungen wegen Steuernachzahlung, Eurofightern und Grenzgänger-Goldbarren
Es gibt mehrere laufende Ermittlungen gegen Siegfried Wolf. Etwa bezüglich einer heiklen Steuer-Angelegenheit: Wolf sollte 2016 Steuern im Wert von ursprünglich 11 Millionen Euro nachzahlen. Doch er und sein Berater versuchten, diese Nachzahlung zu verhindern. Sie sprachen im Finanzministerium vor und wollten ausloten, ob man da nicht etwas für Wolf machen könnte. Dort saß zu diesem Zeitpunkt Thomas Schmid – der ihm ein offenes Ohr schenkte.
2018 stellte Wolfs Steuerberater einen Antrag auf Nachsicht beim Finanzamt Wiener Neustadt und die stimmte überraschend zu. Er musste „nur“ noch etwa 7,6 Millionen Euro nachzahlen. Chats zeigen, dass Schmid über die „Einigung“ mit Wolf sogar den Finanzminister informiert hat. Einem Mitarbeiter im Kabinett schickte er in dieser Zeit eine Nachricht, die zeigt, in wessen Auftrag sich die ÖVP sieht:
Thomas Schmid: „Vergiss nicht du hackelst im ÖVP-Kabinett!! Du bist die H… für die Reichen!“
Das Resultat waren nun Hausdurchsuchungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die WKStA ermittelt gegen Wolf, da die Behörde einen verbotenen Deal zwischen dem Unternehmer und einer hochrangigen Beamtin vermutet.
Bekannt ist auch, dass Siegfried Wolf als Beschuldigter im Eurofighter-Verfahren geführt wird. Bei der Befragung im U-Ausschuss stellte sich nun heraus, dass es in diesem Zusammenhang auch um grenzüberschreitenden Goldtransport geht. Auf die Frage des SPÖ-Abgeordneten Jan Krainer, ob es gegen ihn ein Verfahren wegen des Transports von Gold über die österreichische Grenze gebe, entschlug sich Wolf der Aussage – “weil es ein anhängiges Verfahren gibt”.
Der Standard hat bei der WKStA nachgefragt und erfahren, dass es im Eurofighter-Verfahren Ermittlungen gegen zwei Beschuldigte gibt, gegen die unter anderem wegen Geldwäsche und falscher Beweisaussage ermittelt werde. In diesem Zusammenhang spiele auch der Transport von Goldbarren eine Rolle.
2. Golfen, Feiern, Förderanträge: Wolf ist bestens vernetzt mit der ÖVP
Die rund 6-stündige Befragung zeigte trotz der unzähligen Entschlagungen, wie gut Siegfried Wolf mit der ÖVP vernetzt ist. Dass Wolf und Kurz in regem Austausch standen, ist bereits durch Chats belegt. Doch Wolf kennt alle Wichtigen, so auch den Großteil der Beteiligten am „Projekt Ballhausplatz“. Etwa Axel Melchior, den früheren ÖVP-Geschäftsführer, der sich auch um Spenden kümmerte. Ihn hat Wolf kennengelernt, als dieser als Caddy in seinem Golfclub Fontana gearbeitet hatte.
Ob der Befragte Gernot Blümel kennt? Den habe er einmal auf ein Sommerfest nach Kärnten eingeladen, so Wolf. Gemeint ist vermutlich die Unterstützungs-Gala auf Schloss Reifnitz, die Siegfried Wolf für den damaligen Außenminister Kurz organisierte.
Ob Wolf Bettina Glatz- Kremsner getroffen hat? Sie war eine Ansprechperson für Kurz-Spender:innen. „Sicher einige Male“, antwortet er.
Auch Elisabeth Köstinger kennt er „natürlich“, wie Wolf betonte. Weil er ja eine Landwirtschaft hat und deshalb Förderanträge stellt. „Nicht jeder, der gleich einen Förderantrag stellt, kennt gleich die Ministerin“, entgegnete SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer auf diese Begründung.
Auch auf der Sponsoren-Liste der ÖVP scheint Siegfried Wolf auf. Doch er stritt ab, jemals für die ÖVP gespendet zu haben. Auf dieser Liste zu stehen, würde nichts bedeuten. Dass er sehr wohl „mit allen mitteln“ für die ÖVP kämpfe, wie ein Chat nahelegt, stritt er ab. Er entschlug sich bei konkreten Nachfragen.
„Siegfried Wolf ist sehr einflussreich und gut vernetzt. Seit Jahrzehnten mischt er in der österreichischen Innenpolitik mit“, fasst es SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer zusammen.
3. Russland-Connections bis hin zum “großen Chef”
Chats belegen auch die Verbindung, die Siegfried Wolf zu Russland und dem Oligarchen Oleg Deripaska hat. In Chats drängte Wolf etwa Ex-Kanzler Sebastian Kurz dazu, in den USA wegen Sanktionen gegen seinen Geschäftspartner Deripaska zu intervenieren.
“Sebastian guten Morgen – wenn du heute mit US redest dann sollten die uns bitte sagen was US noch von uns verlangt?”, schrieb Wolf im November 2018 an Kurz. Auch unter Türkis-Grün, im Jänner 2020 bat Wolf Kurz erneut, der Kanzler möge “noch einmal White House (…) bitte anrufen”.
Mehrmals fanden zudem „Wirtschaftsgespräche“ in Russland statt. Chats legen nahe, dass manche davon Wolf selbst organisiert hat. Er habe dort ein Treffen von Rene Benko, OMV-Chef Rainer Seele und Kanzler Kurz (und ihm selbst) mit “dem großen Chef” Putin eingefädelt. Ob Benko wirklich dabei war, bleibt allerdings unklar. Wolf konnte sich, darauf angesprochen, nicht mehr erinnern. Dass er keine Mitfahrgelegenheit nach St. Petersburg brauchte, unterstrich Wolf mit Nachdruck:
„Ich habe ein eigenes Flugzeug, ich brauche bei niemandem mitfliegen!“ Siegfried Wolf im ÖVP-U-Ausschuss
4. Inszeniert sich als Unternehmer im Dienste der Republik – während er bei Löhnen kürzt
Im Laufe seiner Befragung inszenierte sich Siegfried Wolf als Selfmade-Unternehmer, der stets im Dienste der Republik arbeitet und stolz auf seine Leistungen ist. Dass er Arbeitsplätze schaffe, komme auch Österreich zugute. So zitiert er bei seiner Befragung einen alten Werbespruch der Wirtschaftskammer: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s dem Land gut.“
Sein Verständnis der Funktionsweise der Wirtschaft zeigte sich in der Praxis aber bei der MAN-Übernahme: Die war verbunden mit Lohnkürzungen und der Kündigung Hunderter MitarbeiterInnen.
“Welche Social Networks nutzen Sie hauptsächlich für Ihre politische Information?”
Da löst schon die Fragstellung Unbehagen aus. Für politische Information gibt es journalistische Medien, die vierte Säule der Demokratie. Dass “Soziale Netzwerke” mit fragwürdigen Algorithmen und Quellen als politische Informationsquelle missverstanden werden, ist der Grund, warum sich das politische Personal binnen eines Jahrzehnts derart verschlechtert hat.
Im Übrigen: Guter Artikel 🙂