Die Energiepreise sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen und treiben weiterhin die Inflation in die Höhe. Für viele Haushalte bleiben Strom und Gas eine große Belastung. Die Bundesregierung setzt deshalb acht Schritte, um Energie günstiger zu machen: von künftigen Preiseingriffen, niedrigeren Netzkosten bis zu günstigeren Sozialtarifen für ärmere Haushalte.
Im Interesse aller: Energieversorger müssen günstigere Tarife anbieten
Ein zentraler Schritt ist die Reform des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG). Erstmals wird das öffentliche Interesse an leistbarer Energie gesetzlich festgeschrieben. Energieversorger, die mehrheitlich in öffentlicher Hand sind, müssen künftig günstigen Strom für Haushalte und Unternehmen anbieten – das kann auch unter dem Marktpreis sein. Sie müssen das zudem in ihre Statuten und Satzungen hineinschreiben. Warum das die öffentlichen Mehrheitseigentümer nicht von sich aus bereits gemacht haben, liegt an den bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Denn auch wenn viele Energieversorger mehrheitlich in öffentlichem Besitz sind, sind sie rechtlich meist Aktiengesellschaften oder GmbHs. Wie etwa Verbund AG oder EVN AG. Das heißt: Sie unterliegen dem Gesellschaftsrecht und müssen die Interessen der Eigentümer – also auch der privaten Minderheitsaktionäre – wahren. In der Praxis bedeutet das: Gewinnorientierung steht im Vordergrund. Ohne eine gesetzliche Verpflichtung können Vorstände derzeit argumentieren, dass sie im Sinne aller Eigentümer verpflichtet sind, Strom marktüblich zu verkaufen, um Gewinne zu maximieren. Würden sie bewusst unter dem Marktpreis verkaufen, würden sie womöglich dafür haften müssen.
Wenn den Energieversorgern aber öffentliches Interesse an der Preisgestaltung gesetzlich vorgeschrieben wird, dreht sich die bisherige Logik um: Nicht mehr allein die Gewinnmaximierung, sondern die Versorgungssicherheit und Leistbarkeit stehen im Vordergrund.
Für die Unternehmen im öffentlichen Eigentum wird somit klargestellt, dass das öffentliche Interesse an kostengünstigem Strom nicht der Profitmaximierung geopfert werden soll. Inwiefern sich diese Gesetzesänderung konkret auf die Preise auswirken wird und wie sie sich mit bestehenden Rechtsgrundlagen vereinbaren lässt, wird sich zeigen.
Preissenkungen müssen an Kund:innen weitergegeben werden
Künftig sollen Energieversorger auch Preissenkungen schneller an ihre Kundschaft weitergeben müssen – nicht nur Erhöhungen. Das war bis jetzt noch nicht verpflichtend und ist deshalb unzureichend passiert.
Um künftig früher auf Preisschocks reagieren zu können, will die Regierung einen nationalen Energiekrisenmechanismus einführen. Steigen die Preise für Strom, Gas und Wärme unerwartet und besonders hoch – etwa aufgrund internationaler Krisen oder Marktverwerfungen – sollen automatisch preissenkende Maßnahmen greifen. Wie diese Maßnahmen genau aussehen, ist noch in Diskussion.
Preisgesetz soll auch wieder für Strom und Gas gelten
In Österreich gibt es das Preisgesetz. Es gibt dem Staat die Möglichkeit, in Ausnahmefällen Preise zu kontrollieren oder festzusetzen, wenn das im öffentlichen Interesse notwendig ist. Zum Beispiel, wenn lebenswichtige Güter oder Dienstleistungen zu teuer oder zu knapp werden oder wenn große Konzerne ihre Marktmacht ausnützen. Der Staat kann dann Höchstpreise festlegen, vorübergehend Preiserhöhungen verhindern oder Begründungen für die Preisentwicklung einfordern.
Bei der Energiekrise in der 1970er Jahren hat Österreich die Inflation mithilfe des Preisgesetzes erfolgreich bekämpft. Doch im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes Ende der 1990er wurden Strom und Gas explizit vom Preisgesetz ausgenommen. Die aktuelle Regierung will dies nun wieder rückgängig machen, um bei Krisen künftig in die Preise eingreifen zu können. Es müsste zwar mit dem EU- und Verfassungsrecht vereinbar sein – was durchaus eine Herausforderung darstellt –, doch ein Gutachten im Auftrag der Arbeiterkammer kommt zum Schluss, dass Preisregelungen grundsätzlich rechtfertigbar wären.
Internationaler Druck: Strompreis von teurem Gaspreis entkoppeln
Auf europäischer Ebene setzt sich die Regierung für eine Überarbeitung des sogenannten Merit-Order-Systems ein. Dieses System regelt, wie der Strompreis auf dem europäischen Markt gebildet wird und führte in den vergangenen Jahren zu Preisexplosionen. Denn der Strompreis orientiert sich am teuersten nachgefragten Kraftwerk – etwa Gaskraftwerken. Gas ist im Zuge des russischen Angriffskrieges sehr teuer geworden.
Ein neues Preismodell könnte künftig extreme Ausschläge verhindern und Strom langfristig erschwinglicher machen. Österreich folgt damit den Positionen von Spanien und Portugal, die den Gaspreis in der Energiekrise gedeckelt haben.
Kund:innen zahlen weniger Beiträge in den Ökostromtopf
Alle Kund:innen, die Strom beziehen – Haushalte, Unternehmen, Industrie -, zahlen mit ihrer Stromrechnung einen Beitrag zur Förderung von Ökostrom (EAG-Förderbeitrag). Dieser Beitrag soll für 2026 durch Effizienzsteigerungen um 85 Millionen Euro gesenkt werden. Dadurch würden auch die Stromkosten sinken.
Günstigere Netzgebühren für Haushalte und Unternehmen
Ein weiterer Bestandteil der Energiepreisreform betrifft die Netzgebühren. Unser Energiesystem mitsamt den Leitungen und der Infrastruktur wird immer kleinteiliger und dezentraler – und damit teurer. Die Kosten dafür tragen in Österreich zu über 90 Prozent die Haushalte und Unternehmen mit ihren Netzgebühren.
Kraftwerke, die in das Netz ihren Strom einspeisen, zahlen dafür nichts. Das will die Bundesregierung ändern und die Kosten gleichmäßiger verteilen. Damit soll die Belastung für Haushalte und Unternehmen sinken – und für große Kraftwerke steigen. Kleine private PV-Anlagen sollen allerdings ausgenommen werden.
Sozialtarif für ärmere Haushalte
Die Regierung will außerdem einen günstigen Stromtarif für ärmere Haushalte einführen – finanziert durch die Energiekonzerne. Alleinstehende Pensionist:innen mit weniger als 1.426 € (das ist auch die ORF-Beitragsbefreiungsgrenze) oder Paare mit weniger als 2.251 € monatlicher Pension haben Anspruch auf den Sozialtarif. Auch Sozialhilfebezieher:innen und Pflegegeldbezieher:innen sollen anspruchsberechtigt sein.
Für die genannten Gruppen gilt: Für einen Grundbedarf an Strom – aktuell sind pro Haushalt 2.900 kWh vorgesehen – soll der Netto-Strompreis nur noch 6 Cent betragen. Aktuell liegt der Marktpreis zwischen 12 und 16 Cent. Der Strompreis soll durch die Regelung also mehr als halbiert werden. Durchschnittlich rund 300 Euro Entlastung pro Jahr sind möglich, profitieren würden bis zu 250.000 Haushalte. Laut Regierungsprogramm soll dieser Sozialtarif auch für Wärme und Gas kommen.
Privatisierung auf Kosten der Allgemeinheit: Warum Energienetze in öffentlicher Hand bleiben sollten
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