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Sommer verschlafen, Chaos im Herbst: Die Regierung hat im Corona-Management viel falsch gemacht

Corona: Regierung macht Fehler und schiebt die Schuld auf die Bevölkerung

Die Bundesregierung nimmt Pharma-Unternehmen nicht genug in die Pflicht, findet Manfred Matzka.

Kontrast Redaktion Kontrast Redaktion
in Türkis-Grün
Lesezeit:6 Minuten
7. Dezember 2020
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Österreich im Herbst 2020. Die Regierung hat die Kontrolle über das Corona-Virus verloren. Im November hielt Österreich den traurigen Rekord der meisten Neuinfektionen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung – und musste die meisten Toten seit 42 Jahren beklagen. Doch die Fehler im Management der Krise haben früher begonnen.  Bereits in Ischgl und Tirol hat das Versagen der Behörden zu einer rasanten Verbreitung des Virus in ganz Europa gesorgt. Den Sommer hat die Bundesregierung verschlafen und Österreich ging weitgehend unvorbereitet in den gefürchteten Herbst und kam schwer in die zweite Corona-Welle.

Sommer ohne einen Gedanken an morgen

Auf den ersten Lockdown im Frühjahr 2020 folgte die komplette Öffnung aller Lebensbereiche. Ab August begannen die Infektionszahlen dann stark und stetig zu steigen. Die Regierung reagierte darauf nicht. Statt durchdachter Regelungen, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen, rangen sich Kurz uns seine grünen Anhängsel bloß „Empfehlungen“ ab. Kurz sprach sogar noch am 2. September vom „Licht am Ended des Tunnels.“ Öffentliche Veranstaltungen mit bis zu 5.000 Teilnehmern wurden erlaubt, ebenso private Treffen mit bis zu 25 Personen.

Einen Monat später, im Oktober, schlugen die Ärzte Alarm. Die Spitäler des in Österreich bestens ausgestatteten Gesundheitssystems drohten in Kürze zu kollabieren, über 5.000 Neuinfektionen pro Tag ließen plötzlich die Alarmsirenen heulen. Doch weder wurde genug Personal für den Intensivbereich der Spitäler geschult, noch hatte man genug Mitarbeiter für das Contakt-Tracing angeheuert. So brach dieser Schlüssel zur Durchbrechung der Ansteckungsketten in mehreren Bundesländern komplett zusammen.

Fehlende Sicherheitskonzepte für Tourismus, Schulen, Pflege

Als gäbe es keine globale Epidemie, wurde im Sommer die Image-Maschinerie für den Österreich-Tourismus angeworfen. Als sicherstes Urlaubsland der Welt wollte man sich darstellen. Ischgl war längst vergessen, und da tauchte ein für damalige Verhältnisse riesiges Cluster in St. Wolfgang auf. Grund dafür war auch, dass es keine Sicherheitskonzepte für den Sommertourismus gab. Die Gratis-Tests für Tourismus-Angestellte galten nur für Wirtschaftskammer-Mitglieder.

Auch in weit empfindlicheren Bereichen wie Schulen oder Pflegeheimen fehlt es teilweise bis heute an Konzepten für den sicheren Alltag. Das Ergebnis: Im zweiten Lockdown mussten die Schulen erneut geschlossen werden. Kinder aus bildungsfernen Familien fallen immer weiter zurück, Eltern und vor allem Alleinerziehende sind im Homeschooling überfordert. Noch immer warten 40.000 Schüler auf die von Minister Faßmann (ÖVP versprochenen Laptops. Die Charity-Aktion „Licht ins Dunkel“ musste einspringen, um Schüler ohne nötige Endgeräte zu versorgen. Auf digitale Unterrichtskonzepte warten Lehrer und Schüler bis heute.

Anstatt einen sicheren Pflege-Alltag zu garantieren, wurden alte Menschen monatelang sozial isoliert. Die Sperren der Heime wurde ohne ausreichend Vorsorge gelockert. Fast die Hälfte aller Corona-Toten sind Pflegeheim-Bewohner. In einer Einrichtung im Mürztal sind von 49 Schützlingen nur drei nicht an Corona erkrankt. Weil auch das Pflegepersonal großteils infiziert ist, musste sogar das Bundesheer zur Pflege einspringen.

Erst nach neun Monaten Pandemie kündigte die Regierung dann die Versendung von FFP2-Schutzmasken für Angehörige der Risikogruppen an.

Nicht genug Grippe-Impfungen, Management bei Chaos

Apropos fehlende Vorbereitung: Auch das Grenz-Management im Sommer lief nicht gerade rund. An den Süd-Grenzen kam es aufgrund mangelnder Kommunikation vom Bund mit den Ländern zu stundenlangen Staus.

Ebensowenig kümmerte sich das Gesundheitsministerium um die Beschaffung von genügend Grippe-Impfstoffe für ganz Österreich. Bereits in den ersten Wochen der Grippe-Saison mussten Hausärzte und Apotheken im ganzen Land ihre Patienten abweisen. Man hatte schlicht nicht genug Impfdosen eingekauft.

Was hingegen lange vorbereitet wurde, war die Corona-Ampel. Das Prestige-Projekt von Gesundheitsminister Anschober (Grüne) wurde lange angekündigt – um direkt ad absurdum geführt zu werden. Die Bezirke wurden zwar nach vier verschiedenen Farben geschaltet, doch diese blieben ohne jede Auswirkung. Die Empfehlungen der hauseigenen Corona-Kommission ignorierte die Regierung dabei völlig. Die Krisenstäbe warten seit Monaten auf personelle Nachbesetzung: Aus Parteikalkül besetzt Anschober die drei wichtigste Stellen für Corona-Management im Gesundheitsministerium nicht nach.

Massenkündigungen, Pleitewellen und Dividenden für Aktionäre

„Koste es, was es wolle“, kündigte Finanzminister Blümel (ÖVP) zu Beginn der Krise großmündig an. Die Finanzhilfen für Betriebe sollten „schnell und unbürokratisch“ fließen, die Kurzarbeit sollte es ermöglichen, die Mitarbeiter zu halten. Die Corona-Beihilfen erwiesen sich aber als alles andere als rasch und einfach. Wirtschaftstreibende klagten über seitenlange Formulare, überbordende Bürokratie und zu kleine Beihilfen. Tausende Angestellte und Arbeiter verloren ihre Posten.

Doch die Betriebe waren nicht die einzigen, die lange auf ihr Geld warten mussten: Eltern, die beim Familien-Härtefonds ansuchten, warteten monatelang auf das versprochene Geld. Alleinerzieherinnen in Karenz und geringfügig Beschäftigte waren von Anfang an von der Hilfe ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu den Eltern wurden die Betriebe mittlerweile großzügig entschädigt. Bis zu 80 Prozent des Vorjahresumsatzes bekommen sie im November ersetzt, im Dezember sind es bis zu 50. Davon profitieren nicht nur die kleinen Betriebe, sondern auch Möbelhausketten, deren Umsätze in der Krise sogar stiegen, oder die Glücksspiel-Industrie.

Wer profitiert: Steuerzahler finanzieren mit Corona-Hilfen Gewinne von Benko und Graf

Millionen für Konzerne ohne Gegenleistung, zahlreiche Entlassungen

Anders als in Deutschland knüpfte die schwarz-grüne Regierung die Beihilfen nicht an eine Arbeitsplatz- und Standortgarantie. Mehrere entsprechende Gesetzesvorlagen der SPÖ lehnten ÖVP und Grüne im Parlament ab. Die Folge: Konzerne wie ATM, MAN oder Swarovski streichen Corona-Staatsgelder ein und entlassen dann ihre Mitarbeiter, um im billigeren Ausland weiterzuproduzieren.

Eine Anfrage der SPÖ zeigt, dass Sebastian Kurz nicht einmal einen Anlauf machte, um sich gegen die Entlassungen und Standortschließungen einzusetzen. Dass das durchaus funktionieren kann, hat das Engagement der Landwirtschaftsministerin im Fall Agrana gezeigt. Aber der Erhalt der Zuckerfabrik half ja nicht nur den Arbeitern, sondern auch den Bauern.

Während die Industrie ganze Fabriken schließt und massenweise Menschen ihre Arbeit verlieren, zahlen sich die Manager der Mutterkonzerne weiter Boni aus und ihre Chefs und Aktionäre streichen Dividenden ein. Denn auch ein Verbot von Dividenden-Auszahlung beim Erhalt von Corona-Hilfen haben Schwarz und Grün abgelehnt.

Die Folge: Im Frühling verzeichnete Österreich im Verhältnis eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit wie Deutschland. Die Arbeitslosen werden mit einer Einmal-Zahlung von 300 Euro unterstützt – doch davon sind wiederum 20.000 Arbeitslose ausgeschlossen

Kurz schwankt zwischen Panikmache und Verharmlosung

Die Kommunikation der Regierung führte nicht nur zu einer Ermüdung in der Bevölkerung, sondern auch zu einer schrecklichen Verwirrung. Wurden im Frühling Menschen der Polizei zu einer Geldstrafe verdonnert, weil sie auf Parkbänken saßen, verkündete der Kanzler am 28. August plötzlich „Licht am Ende des Tunnels“. Die Regierung weigerte sich viel zu lange, Versäumnisse und Fehler einzugestehen und die Maßnahmen wieder zu verschärfen – das Ergebnis sind der zweite Lockdown und seitenlange Todesanzeigen.

So lange Todeslisten bzw. so viele, mehrseitige Todesanzeigen hatten wir schon lange nicht pic.twitter.com/wHAYx30c2g

— Michael Jungwirth (@MichelJungwirth) December 3, 2020

Regierungs-PR und überteuerte Einkaufspolitik statt Handeln mit Plan

Im zweiten Lockdown setzt die Regierung nun auf die eigene Image-Pflege. 27 Mio. Euro gab sie für Inserate für die Bewerbung der Massentests aus. Auf Informationen bei der angegebenen Website wurde vergessen. Die Massentests, die Kurz in einem ORF-Interview offenbar ohne Absprache mit Minister Anschober ankündigte, liefen auch nicht an, wie sie sollten. Schon am ersten Tag der Anmeldung muss die Seite wegen eines Datenlecks offline genommen werden. Ein Datenleck gab es übrigens auch schon bei den Corona-Hilfen.

Dann deckten u.a. ORF-Recherchen auf, dass die Bundesregierung um mindestens 93 Millionen Euro zu viel für Corona-Tests bezahlt hat. Für die Schnelltests, die bei den Massentestungen zu Einsatz kommen, wurden bekanntlich 27 Millionen zu viel hingelegt. Aber auch bei den laufenden Testungen seit Jahresbeginn wurden Steuer-Euros verschwendet: Österreich bezahlte für gleich viele Tests um 66 Millionen Euro mehr als Deutschland – obwohl teilweise dieselben Labore beauftragt wurden.

Vorbereitungen nur mit ÖVP-Bundesländern

Dabei lässt sich Sebastian Kurz bei der Planung der Corona-Maßnahmen nicht in die Karten schauen. Das geht so weit, dass man die geplanten Maßnahmen nur mit den ÖVP-Bundesländern absprach, mit den SPÖ-regierten nicht. Auch im Parlament bekommen die anderen Parteien die Gesetzesvorhaben oft wenige Stunden vor der Abstimmung.

Experten und Opposition konnten ihre Kritik so kaum einbringen, die Gesetze wurden auf Gedeih und Verderb durchs Parlament gepeitscht. So wurde das Budget von Gernot Blümel ohne Einpreisung der Corona-Kosten in den Nationalrat gebracht – und das sowohl im Frühjahr als auch im Herbst. Für Gemeinden, die wegen Corona massiv weniger Einnahmen habe, gibt es keine praktikable Unterstützung. Nur wer genug Geld hat, kann sich Corona-Hilfen holen. Die Spitze des Verordnungs-Eisbergs fand den Weg vor den Verfassungsgerichtshof: Dieser hob nach dem ersten Lockdown eine große Zahl der Verordnungen auf. Für Sebastian Kurz „juristsche Spitzfindigkeiten“.

Parlament Das Thema "Corona-Management" im Parlament

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Billie Eilish bricht seit Jahren mit den Regeln der Popindustrie – musikalisch, visuell und politisch. Die junge Grammy-Gewinnerin nutzt ihre Reichweite, um über Themen wie Körperbilder, mentale Gesundheit und Klimagerechtigkeit zu sprechen – und zeigt, dass Pop Haltung haben kann. Zitat: Was hat es für einen Sinn, anderen Leuten zu gefallen? Du musst rausgehen und die Welt verändern, und wir sind die Generation, die das tun wird. Billie Eilish

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