Während Millionen Menschen ihre Arbeit verloren haben und viele von ihnen in die Armut gerutscht sind, haben die Reichsten der Welt von der Corona-Krise profitiert. Und zwar nicht obwohl die Wirtschaft eingebrochen ist – sondern weil sie eingebrochen ist. Die Finanzpolitik von Notenbanken und die Krisenpolitik von Regierungen haben dazu geführt, dass der Reichtum von Milliardären um 60 Prozent gestiegen ist. Wir erklären, warum.
Reicher nicht trotz sondern wegen der Krise
Milliardäre sind die Gewinner der Corona-Pandemie. Während weltweit mehr als 100 Millionen Menschen in die Armut abgerutscht sind, haben die Reichsten von der Krise profitiert. Sie haben ihren Reichtum um satte 60 Prozent vermehrt. Die Summe, um die ihr Vermögen gewachsen ist, kann man sich gar nicht mehr vorstellen: vier Billionen Euro. Das sind 4.000 Milliarden, das 50-fache des österreichischen Budgets in einem normalen Jahr – mehr als doppelt so viel wie das „Wiederaufbau“-Budget der EU, auf das man sich 2020 geeinigt hat.
Und nicht nur das: Auch die Anzahl der Dollar-Milliardäre weltweit ist gestiegen: Von 2.000 Milliardären im Jahr 2019 auf 2.700 Milliardäre im Krisenjahr 2020. All das während die Weltwirtschaftsleistung um 3,3 Prozent eingebrochen ist.
Das heißt: Die Reichsten wurden nicht reicher, weil die Wirtschaft florierte. Sondern sie wurden reicher, weil die Wirtschaft eingebrochen ist. Klingt widersprüchlich, ist aber wahr: Denn die Geldpolitik der Banken und die staatlichen Wirtschaftshilfen haben auch dazu geführt, dass sich Anleihen und Aktien der Superreichen gut entwickelt haben – oder sogar besser als gedacht.
Alles auf Kosten der Steuerzahler und der nächsten Generationen, die an Kürzungen zu leiden haben, wenn nicht endlich ein Ausgleich auf Steuer-Ebene stattfindet.
Einfach erklärt: Wie die Krisen-Finanzpolitik Milliardäre reicher machte
Die Pandemie hat die Weltwirtschaft durcheinander gebracht. Im Versuch, die Situtiaon zu stabilisieren, haben Notenbanken und Regierungen mit ihrer Geld- und Wirtschaftshilfen-Politik aber auch den Reichsten zu mehr Milliarden verholfen.
“Milliardär:innen haben ihren massiven Vermögenszuwachs im vergangenen Jahr nicht verdient – sie haben das Geld praktisch vom Staat geschenkt bekommen“, fasst es die Ökonomin und Journalistin Grace Blakely zusammen.
Aber wie kam es dazu?
Notenbankpolitik und Staatsanleihen-Käufe: Die Notenbanken – beispielsweise die EZB – haben den Leitzins gesenkt und massiv Staatsanleihen gekauft. Staatsanleihen sind eine Möglichkeit, damit Staaten “frisches” Geld bekommen und z.B. in Krisenzeiten investieren können. Laufen die Anleihen aus, bezahlt der Staat das Geld zurück. Früher bekam man für eine österreichische Staatsanleihe mit einer Laufzeit von 30 Jahren noch über 6 Prozent Zinsen. 2020 jedoch hat Österreich nur noch Anleihen mit 0,0 Prozent-Zinsen emittiert. Für private Anleger wurden sie uninteressant – weil ohne Rendite. Aber die EZB hat sie gekauft. Und der Staat muss keine Zinsen zahlen. Klingt erst mal gut, hat aber eine Folge:
Aktienboom: Niedrige Zinsen bei Anleihen aller Art machen diese für Anleger unattraktiv. Sie wenden sich also dem anderen Markt zu: dem Aktienmarkt. So ist es auch 2020 passiert. Ein Aktienboom war die Folge. Weil die Nachfrage nach Aktien gestiegen ist, sind die Börsenkurse auch entsprechend nach oben gesaust. Zur Freude jener, die bereits Aktien hatten: Sie konnten sie zu viel höheren Preisen verkaufen.
Dividenden-Auszahlungen: Aktionäre profitierten aber auch auf anderen Wegen: Bei guten Aktienkursen geben Unternehmen mehr Aktien aus – und steigern dadurch Gewinne. Höhere Gewinne bedeuten auch höhere Dividenden für Aktionäre.
Staatshilfen für Unternehmen: Zusätzlich zu all dem gab und gibt es auch noch Staatshilfen für Unternehmen. In Österreich beispielsweise die Unterstützung für Kurzarbeit, den Härtefallfonds, Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz, Ausfallbonus, Kreditgarantien, Steuerstundungen und Investitionsprämien. So fließt Geld direkt in Unternehmen – und stabilisiert sie, wie auch die Einkünfte von Aktionären. Denn Dividenden auszuschütten war in den meisten Ländern im Fall von Staatshilfen nicht verboten.
Für die Aktionäre jener Unternehmen, die im Leitindex ATX der Wiener Börse gelistet sind, gibt es spätestens 2021 Grund zur Freude. 17 von 20 ATX-Unternehmen haben bereits veröffentlicht, wie hoch die Gewinnausschüttungen in diesem Jahr sein werden:
Bis zu 3,2 Mrd. Euro Dividenden werden heuer an die Aktionäre fließen. 2020 waren es 1,6 Mrd. Euro.
International: Corona verstärkt Vermögenskonzentration
Ruchir Sharma ist Fondsmanager und hat für die Financial Times die Daten des Wirtschaftsmagazins Forbes über die Privatvermögen der Reichsten analysiert. Dass Menschen zu Reichtum kommen, ist für ihn kein Problem – sehr wohl aber, wenn dieser Reichtum aus zweifelhaften Wirtschaftsbereichen (er nennt hier die Ölwirtschaft oder auch Immobilienspekulation) stammt. Auch, dass Vermögen vererbt wird, sei schlechter, weil das dazu führt, dass sich über Generationen hinweg Macht und Einfluss in Elite-Familien vermehren. Vor allem aber, wenn Vermögen in den Händen einiger weniger konzentriert ist und dort wächst, sieht Sharma als gefährlich: Denn am Ende schadet das der Demokratie.
„Viel Geld bedeutet – ob wir das wollen oder nicht – auch Macht. Habe ich genug Geld, kann ich die öffentliche Meinung beeinflussen: Wenn ich mich an Zeitungen beteilige, als Superreicher ganze Medienkonzerne aufkaufe, dann habe ich auch die Macht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Das ist das tragische an der derzeitigen Gesellschaft. Das hat mit einer Demokratie, wie wir sie verstehen – als Volksherrschaft, nichts mehr zu tun“, bringt es Günter Grezga, Ex-Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank München, in einem Interview auf den Punkt.
Ruchir Sharma hat verglichen, wie stark die Vermögenskonzentration in den Ländern der Welt ist. Dazu hat er die Privatvermögen von Milliardären mit dem Brutto-Inlandsprodukt (BIP) ihrer Länder verglichen. Dabei zeigte sich, dass auch in Ländern wie Schweden, Frankreich oder Deutschland die Privatvermögen im Corona-Krisenjahr gestiegen sind. Und der Anteil, den sie am BIP haben.
Milliardäre in Österreich: Wachsende Vermögen bei ÖVP-Spendern und Sympathisanten
Die Krise hat weltweit mehr Milliardäre hervorgebracht. Auch in Österreich. 2019 gab es hierzulande 9 Milliardäre – im März 2021 sind es 12. Um ein Drittel mehr als vor zwei Jahren. Unter den Top 10 finden sich einige ÖVP-Großspender, ÖVP-Berater und -Sympathisanten.
Platz 4: René Benko
Benko ist Gründer der Signa Holding. Diese übernahm ab 2012 schrittweise die Karstadt-Kaufhäuser, ab 2018 die Warenhauskette Galeria Kaufhof – 2019 wurden beide zur „Galeria Karstadt Kaufhof“ verschmolzen. Im Zuge der Corona-Krise meldete diese Insolvenz an. Bis Oktober 2020 wurden etwa 40 Niederlassungen geschlossen. 3.200 Menschen haben ihre Jobs verloren.
Benko selbst hat aber die Krise bestens überstanden. Er konnte sein Vermögen 2021 um 900.000 Dollar auf 5,6 Mrd. Dollar (4,6 Mrd. Euro) ausbauen. Er zählt zum engsten Kreis um Sebastian Kurz und berät diesen in Wirtschaftsangelegenheiten.
Platz 6: Heidi Horten
Die „Kaufhaus-Erbin“ Heidi Horten konnte im Krisenjahr ihr Vermögen auf 3,2 Mrd. Dollar (2,63 Mrd. Euro) ausbauen. Sie belegte damit Platz 6 der 10 reichsten Österreicher. Sie hatte der ÖVP binnen eineinhalb Jahren 931.000 Euro – also fast 1 Million Euro – gespendet. Allerdings gestückelt, damit die Spenden jeweils knapp unter der Meldepflicht lagen.
Platz 8: Wolfgang Leitner
Wolfgang Leitner ist CEO des Maschinenbaukonzerns Andritz. Leitner konnte 2021 sein Vermögen um etwa 600.000 Dollar auf 1,8 Mrd. Dollar (1,48 Mrd. Euro) steigern. Die Andritz AG hat 2021 ihre Dividenden-Ausschüttung verdoppelt. Noch im letzten Jahr nahm der Konzern 28 Millionen Euro an staatlichen Kurzarbeitsgeldern in Anspruch und kündigte 180 MitarbeiterInnen.
Auch Leitner sympathisiert mit der ÖVP: „Ich habe nie an die ÖVP gespendet. Ich halte sie aber für eine sehr gute Partei.“
Platz 10: Stefan Pierer
Den letzten Platz der Liste belegt KTM-Gründer Stefan Pierer mit einem Vermögen von 1,3 Mrd. Dollar (1,07 Mrd. Euro). Auch er gehört zu den Unterstützern der ÖVP. 2017 spendete er der Kurz-Partei über 430.000 Euro für ihren Wahlkampf. Auch Pierer nahm 11 Millionen Euro Corona-Hilfen in Form von Kurzarbeitsgeldern für seine KTM, schüttet an sich selbst aber sieben Millionen Euro Dividende aus und erhöhte seine Vorstandsbezüge um 30 Prozent.
Staaten müssen für Ausgleich sorgen – mit Steuern auf Reichtum und Millionenerbschaften
Millionäre und Milliardäre hatten in der Krise nicht nur keine Existenzängste, sondern sie haben von den politischen Instrumenten umfassend profitiert. Es ist nur fair, dass sie dieses Geld zurückgeben. Am besten systematisch.
Derzeit werden fast 80 Prozent des Staatshaushaltes von Beschäftigten, Konsument:innen und kleinen Selbstständigen finanziert. Steuern auf Vermögen, Vermögenszuwächse und Unternehmensgewinne tragen hingegen nicht einmal zu 10 Prozent zum Budget bei.
Würde Österreich eine echte Vermögenssteuer einführen und das Niveau von Ländern wie den USA, Großbritannien oder Frankreich annähern, könnten fast die gesamten Corona-Schulden binnen zwei Jahren beglichen werden. Auch eine Erbschaftssteuer könnte das Budget ordentlich aufstocken. Würde man beispielsweise das Modell der SPÖ umsetzen, hätte der Staat 500 Millionen Euro im Jahr mehr zur Verfügung. Mit einem kleinen Beitrag der Reichsten hätte der Staat genug Einnahmen, um in Arbeitsplätze, Klimaschutz, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur zu investieren – all das ohne Kürzungen.
Deshalb verheimlicht der “Bildungs”-Sender ORF seit dem Corona-Desaster in den Wirtschaftsnachrichten der Mittags-ZIP den Börsenüberblick: 60% Kursgewinn in 1.5 Jahren im Durchschnitt, 2.000% bei BioNTech! Und das zu Lasten der steuerzahlenden Bevölkerung.
Je reicher sie werden, je mehr zerstören sie ihre und unsere Zukunft. Siehe Wertschöpfungskette: wenn alle Unternehmen Gewinn erwirtschaften und der Preis am Ende der Kette akzeptabel ist, müssen zumindest am Anfang der Kette Menschen, andere Lebewesen und die unbelebte Natur ausgebeutet werden.